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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : "Solaris" vom Meckervirus befallen?



Dr.BrainFister
17.02.2003, 16:38
Solaris, ein Film hinter dem sich große Namen verbergen. James Cameron, Steven Soderbergh, Schorsch Cloony usw. Also ein guter Film? Ein Garant für beste, intelligente Unterhaltung? Endlich Fresschen für Freunde von SciFi-Filmen mit "echten" Charakteren? Anwärter auf den lang ersehnten Den-hammer-uns-verdient-Oscar für die SciFi-gemeinde?

Scheinbar nicht. Denn genau dieses Völkchen von ungemein objektiv discotierenden Hobby-Kritikern verreißt Solaris schon im voraus. Hab bisher mehr schlechts als rechts drüber gelesen.

Woran liegts?

Betrauern wir mit Solaris nur eines der in letzter Zeit sich dramatisch häufenden Opfer des in der SciFi-Gemeinde grassierenden Meckervirus?
Befallene zeigen erste Anzeichen, indem sie plötzlich meinen, besonders auf Fortsetzungen (Termintor, Mission: Impossible...) ein höchst skeptisches Augenmerk zu legen. Oder Filme anhand des Trailers (The Core, Ring...) bereits im voraus verreißen.

Also ist gar nicht gewiss, dass Solaris wirklich schlecht ist?

Leider zeigt der Meckervirus, einmal in die Hirnbahnen eingedrungen, ein starkes Abwehrverhalten. Enorm aggressiv produziert er ganze Heerscharen an Worthülsen, die auf potentielle Gegner einfallen. Diese bleiben meist im Glauben durchlöchert und geistig ausgeblutet zurück. Viele dieser traurigen Opfer klagen noch Jahre später über das sogenannte "Desillusionierte Kopschüttel-Syndrom". Sie ziehen sich zurück, wollen allein sein und können bald nicht andres mehr als mit dem Kopf schütteln.
Worüber?
Jeden tag auf neue sehn zu müssen, wie der Meckervirus seinen Feldzug ausbreitet:
In "Ain´t it cool-News", in Internet-Foren, in der BILD-Zeitung... :blink:

chunga
17.02.2003, 18:57
hast du jemals einen film gesehen und gedacht: wow besser gehts es nicht und wochen, wenn nicht monatelang noch über den film nachgedacht? nachdem ich vor x jahren den russischen film solaris (und dann auch stalker) gesehen hab war ich schlichtweg fasziniert wieviel man mit bild und ton aussagen kann ohne dabei viel zu sagen. (2001 ist da sehr ähnlich) nachdem ich dann auch lem's buch gelsen hab wurde für mich noch deutlicher wie gelungen die verfilmung ist, denn das schon fast philosophische buch ist wirklich nicht ohne
als ich dann im herbst letzten jahres von der hollywood verfilmung gehört habe war ich echt sauer
die rein profitgesteuerten hollywood-leute versuchen mit modern aufgepeppten remakes schnelles geld zu machen (und fallen dabei immer wieder auf die klappe z.B. affenplanet,rollerball,zeitmaschine)
für mich war und ist klar, auch wenn ich clooney's solaris nicht gesehen habe dass der film nie an den originalfilm (und schon garnicht an das buch) herankommen wird
du kannst jetzt natürlich sagen dass man den film nicht vorab schlechtreden sollte, vielleicht gefällt er ja doch irgendwem, womit du wohl auch recht hast. ich finde es nur schade dass mit all der medienshow das alte kunstwerk verdrängt wird und die leute mit solaris plötzlich einen 'schlechten' hollywoodfilm assoziieren

Agamemnon
18.02.2003, 13:08
Ich habe kein Problem mit dem Film, da Soderbergh von Anfang an klarstellte, daß es sich nicht um einen "echten" Sci-Fi-Film handle bzw. er keinen Pfifferling auf die Austattung gab.
Und da mich die Story schon interessiert, werde ich auch wahrscheinlich ins Kino gehen.
Sci-Fi kann auch ohne Effekte sehenswert sein (siehe TNG/DS9).

captainjellico
18.02.2003, 21:17
Nun, leider muss ich zugeben, dass ich von diesem Virus, den Dr Brain Fister da beschrieben hat, befallen bin. Ich bin gegebüber Remakes und Sequels sehr skeptisch eingestellt. Warum? Erfahrung! Sehr selten erreicht meiner Meinung nach ein Remake die Qualität des Originals. Es gibt Ausnahmen, ich denke da zum Beispiel an den Thriller "Kap der Angst". Meistens jedoch fehlt den Remakes das gewisse Etwas, der Charme und die Originalität des Vorgängers. Beispiele dafür gibt es zuhauf. Chunga nannte einige davon.
In der heutigen Fimwelt ist es halt einfach so, dass ziemlich schnell Kohle rangeschafft werden muss. Lieber investiert man in die Ausstattung, in namhafte Schauspieler und ein bekanntes Thema, als sich den Kopf zu zerbrechen und etwas Neues zu wagen.

Sepia
18.02.2003, 21:26
Ich bin potentiell allem gegenüber skeptisch eingestellt, aber Solaris von Lem ist Gott und die Stadt in der ich lebe der Teufel, denn kein Kino zeigt Solaris. Wenn der Film nur ein Minimum dessen umsetzt, weswegen ich das Buch immer zu einem meiner drei Lieblings-Science Fiction-Bücher erkläre, ist er in meinen Augen besser als der Großteil des anderen Krams mit dem ich meine Nerven füttere.
Die russische Version habe ich nicht gesehen. Nicht mal die Stadtbibliothek hat den. Bei der nächsten Gelegenheit kann ich es ja mal mit der Unibibliothek versuchen, aber meine Zweifel sind groß, was das Vorhandensein anbetrifft. Afaik liegen die Rechte für den Film bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, aber scheinbar ist niemand gewillt eine der ca. 100 James Bond-Filme aus den "Dritten" zu streichen um stattdessen Solaris zu zeigen.

RocketMan
22.02.2003, 14:26
Criterion hat letzten November eine wirklich hervorragende Doppel-DVD von Tarkovskys Solaris von 1972 herausgebracht. Gibt es zur Zeit bei jedem gut sortierten Online-Händler für knapp 30 €.

Der Film ist die ultimative Antwort auf 2001: A Space Odyssey, ist nur noch um ein Vielfaches symbolischer und emotionaler. Wirklich genial ist auch der exzellente Bild- und Tontransfer, die neu übersetzten englischen Untertitel und überhaupt die zweite Disc mit dem ganzen Bonus-Material. Die Scheibe ist übrigens Regionalcode 0, also auf jedem Player weltweit abspielbar, der DVD-Player bzw. der Fernseher müssen nur NTSC-Signale "verdauen" können.

Alternativ kann man mich natürlich auch gerne besuchen, die Scheibe werfe ich dann ein! ;)

GaryOldman
28.02.2003, 23:16
Also ich habe die amerikanische Version schon gesehen und muss sagen, dass dieses Remake absolut beschissen ist. Wieso kann Hollywood es nicht lassen sich an Originalversionen zu vergreifen. Die russische Verfilmung des Klassikers von Lem ist sensationell genug. Da braucht man keine neue Verfilmung.


Leider zeigt der Meckervirus, einmal in die Hirnbahnen eingedrungen, ein starkes Abwehrverhalten. Enorm aggressiv produziert er ganze Heerscharen an Worthülsen, die auf potentielle Gegner einfallen. Diese bleiben meist im Glauben durchlöchert und geistig ausgeblutet zurück. Viele dieser traurigen Opfer klagen noch Jahre später über das sogenannte "Desillusionierte Kopschüttel-Syndrom". Sie ziehen sich zurück, wollen allein sein und können bald nicht andres mehr als mit dem Kopf schütteln.
Worüber?
Jeden tag auf neue sehn zu müssen, wie der Meckervirus seinen Feldzug ausbreitet:
In "Ain´t it cool-News", in Internet-Foren, in der BILD-Zeitung...


Ich lese gerne die Bild-Zeitung, die Zeitung hat so viele Bilder und immer ein Seite 1-Girl. Im übrigen ist mein Meckervirus echt und in mir entstanden, nachdem ich von Bukowski "Der Mann mit der Ledertasche" gelesen habe. Was hat das eigentlich mit dem Film zu tun?

Euer Gary

Estefan
22.05.2003, 23:57
Bin grade beim Stöbern auf diesen Thread gestoßen...

Ich habe "Solaris" nur in der amerikanischen Version gesehen. Dass es da eine polnische oder russische gab, wusste ich gar nicht, blos, dass der zugrundeliegende Roman von einem Polen (Lem) stammt.

Akteure:
- Kelvin, der eine Raumstation untersuchen will.
- Gibarian, ein Freund von Kelvin, auf dessen Betreiben Kelvin dorthin kommt.
- 2 Besatzungsmitglieder der Raumstation, deren Namen ich vergessen habe.
- ein riesiges Wesen, das den Planeten, um den die Raumstation kreist, in Form eines weltumspannenden Ozeans bewohnt.

Ich versuche im Kommenden, mich möglichst vage auszudrücken, um nicht allzu viel zu spoilern.

Kelvin gelangt auf die Raumstation und begegnet nach einiger Suche den dort noch lebenden Besatzungsmitgliedern. Er tritt dann aber nicht nur mit ihnen, sondern auch mit der "Inkarnation" einer Person, die in seinem Leben sehr wichtig war und in seinen Gedanken noch ist, in Kontakt. Seinen Kameraden geht es, abhängig von ihrer individuellen Lebensgeschichte, in vielen Aspekten ähnlich.

Durch die "Inkarnation" wird Kelvin mit Teilen seiner Vergangenheit konfrontiert, die er nicht bewältigt hat. Rückblenden und Kelvins Umgang damit stellen einen wichtigen Teil des Flims dar. Zudem kommt es zu Spannungen mit den Mannschaftsmitgliedern, die mit den inneren Problemen der Leute und der äußeren Gefahr mit der Station zusammenhängen.

Neben Kelvin der wichtigste Akteur ist das Planetenwesen. Man sieht es häufig durch die Bullaugen, von blau bis rot schimmernd und hohe Fontänen austoßend. Es ist auf seine Weise zentral bei allen Vorgängen, die die Mannschaft und die Station betreffen. Seine Handlungen und Motive bleiben unverständlich, und es wird nicht der Versuch gemacht, sie zu erklären. Das erscheint auch ziemlich sinnlos. Mir kam es so vor, als würden Menschen und das Wesen sich gegenseitig betasten, planlos, aufgrund irgendwelcher Beobachtungen, die sie beim anderen gemacht haben, ohne eine Ahnung zu haben, was das eigentlich anrichtet, und ohne die Reaktionen richtig deuten zu können.

Der Film konnt mit ziemlich wenig Text aus, und die Musik und Töne dazu fand ich wunderschön, stets passend zu den schönen Szenen und Bildern.
Dazu kommen die exzellenten Schauspieler, die interessanten Charaktere und die Handlung, die mich auch nach Filmende noch zum Nachdenken angeregt hat.
Meiner Meinung nach ein Spitzenfilm.