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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Abenteuer Zugfahrt



Sheila
14.04.2004, 20:37
Ich mochte schon immer mit der Bahn fahren. Jede einzelne Fahrt konnte sich als kleines Abenteuer entpuppen. Man konnte interessante Manschen kennen lernen oder einfach zu spät kommen, damit ja nicht der Anschlusszug erwischt wird. Und außerdem ergaben solche Zugfahrten immer wieder amüsante Anekdoten.

Auch heute, wo ich zu meinen Eltern fuhr, um dort Ostern zu verbringen, erlebte ich eine von jenen berühmten Verspätungen, die doch so typisch für die Bahn waren. Gerade hatte der freundliche Zugbegleiter sein Bedauern geäußert, das aus betriebstechnischen Gründen eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h möglich war und sich daher die Ankunftszeit am Zielbahnhof um 60 Minuten verzögern würde. Prima, dachte ich. Mein Anschlusszug war da schon weg und auch der Ausweichzug der mir gerade in den Sinn gekommen war, würde wohl dann weg sein. Nun ja aufregen nützte wenig. Wie man nun weiter kam würde mit Sicherheit kurz vor dem Zielbahnhof durch gegeben werden. So machte ich das Beste aus dieser Situation und beschloss ein wenig zu dösen und nebenbei ein wenig Musik zu hören.

Ein lautes Wort holte mich aus sanftem Schlummer. Verärgert nahm ich meine Kopfhörer aus dem Ohr um nach den Ursprung dieser Störung zu suchen.

„Du musst.“ Eine schrille und unangebracht laute Frauenstimme erklang mir gegenüber, wo in einer Vierersitzgruppe eine etwas ältere Frau und ein junger Mann saßen. Beide sahen sehr attraktiv aus und waren auf eine schwer zu erklärende Art nobel gekleidet, obwohl auch jeder anderer so rum laufen könnte. Vermutlich waren es Mutter und Sohn.

„Gar nichts muss ich Mutter.“ Seine stimme war wesentlich angenehmer zu hören und nicht ganz so laut wie die der älteren Dame ihm gegenüber.

„Aber es wird Zeit. Wir wollen endlich Enkel.“ Erschrocken über so viel Direktheit glitten mir die Kopfhörer aus den Händen und landeten mit einem leisen Klacken auf dem Boden. Natürlich wandten sich die Beiden zu mir und ich lächelte ihnen mit hochrotem Kopf zu, bevor ich mich bückte.

„Hier kann man sich nicht vernünftig unterhalten, ohne dass jemand mithört.“ Schimpfte die Frau, klar bei ihrer Lautstärke mussten wir zwangsläufig mithören, stand auf und entschwand Richtung 1. Klasse. Amüsant war zu bemerken dass man richtig spüren konnte wie das ganze Abteil erleichtert aufatmete.

Das erste was ich sah als ich meinen Kopf wieder hob waren blaue Jeans, dann kam ein grüner Pullover und zu guter Letzt das lächelnde Gesicht des jungen Mannes, der noch soeben einen Disput mit seiner Mutter ausgetragen hatte.

„Ent… Entschuldigung. Ich wollte eigentlich gar nicht.“ Stammelte ich verlegen.

„Ich hoffe die Auseinandersetzung hat sie nicht gestört.“

„Nein. Ich meine ist halb so schlimm.“ Männer hatten mich schon immer unsicher gemacht. Vor allem diejenigen deren Aussehen unverschämt gut war und für deren Lächeln ein Waffenschein nötig war.

„Mein Name ist Joe.“

„Ich bin Alexis.“ Mit einem Wink deutet ich ihm an er dürfe sich ruhig zu mir setzten. Er holte also seine Sachen und bot mir, nachdem er alles verstaut und sich gesetzt hatte, Schokolade an. Ausgerechnet Kaffee-Sahne. Die Sorte von Schokolade an die ich absolut nicht ran kam. Daher lehnte ich sein Angebot höflich ab.

„Schade.“ Fand er. „Dabei wollte ich mich für die Störung vor hin entschuldigen.“ Es war echt süß wie leid es ihm tat.

„Es ist nicht so dass ich keine Schokolade mag. Es ist nur so Kaffee-Sahne ist di e Sorte von Schokolade die ich überhaupt nicht mag.“ Erklärte ich lachend, in der Hoffnung dass sich daraus ein Gespräch entwickeln würde.

„Was für Arten von Schokolade bevorzugst du denn?“ Sich selber ein Stück von der Schokolade in den Mund schiebend, tat er mir den Gefallen. Und über das Gespräch der verschiedenen Geschmacksarten entwickelte sich ein angenehmes Gespräch, welches ein jähes Ende fand, als wir in den Zielbahnhof einfuhren und der Zugbegleiter die nächst möglichen Verbindungen durch gab. Ich durfte eine halbe Stunde warten.

„Am besten machst du es so.“ Gerade erklärte ich Joe wie er am schnellsten zu einer Zugverbindung kam, da der Servicepoint hoffnungslos überlaufen war, als seine Mutter uns entgegen kam.

„Da bist du ja. Komm lass uns in die Longe gehen. Wir müssen hier eine Stunde verbringen.“ Innerlich musste ich auflachen. Seiner Mutter gefiel es gar nicht hier warten zu müssen, für mich war das bereits zur Normalität geworden.

„Ehrlich gesagt Mutter würde ich gerne noch eine Weile mit Alexis plaudern. Und außerdem benötigen wir noch eine Zugverbindung.“ Joe konnte sich wirklich gewählt ausdrücken. Aber mir hatte der etwas umgänglichere Ton, welchen er mir gegenüber gebrauchte, besser gefallen.

„Muss das wirklich sein? Hier draußen ist alles so laut.“ Und nicht standesgemäß fügte der gehässige Teil meiner Persönlichkeit hinzu. Dann traf mich ihr abschätzender Blick. „Wer ist sie überhaupt?“

„Darf ich dir meine Verlobte Alexis vorstellen?“ Hatte sich mein Unterkiefer herunter geklappt oder nicht? Ich kann mich nicht mehr erinnern. Allerdings weiß ich noch wie ich mich gefühlt habe, so in der Art: Das kann doch nur ein Traum sein. Doch ein kleines Zwicken von meiner rechten Hand in den linken Handrücken bestätigte mir das dem nicht so war. Das was soeben passiert war, war real und nicht jenes kleiner Abenteuer die sich während einer Zugfahrt ereignen konnte. Das hier war zu einem Großen Abenteuer mutiert!!!


ENDE

Sheila
27.03.2005, 22:59
Ich habe das ganze mal überarbeitet :):

************************************************** *********

Mit dem Zug fahren war für mich schon immer eine Art Glücksspiel gewesen, es war immer fraglich wann und mit welcher, eventuellen Verspätung er ankäme. In letzter Zeit ist es mir oft passiert, das ich ein bis zwei Stunden länger unterwegs war, nur weil ich einen meiner Anschlusszüge nicht mehr erreichen konnte, dank der vielfältigen Verspätungen der Bahngesellschaft. Noch seltener, als das meine Züge mal pünktlich ankämen, war eine Begründung, warum so drastische Verspätungen überhaupt möglich waren. Zumindest hatte ich bei jener Fahrt, auf welche ich mich hier beziehen werde, Glück, denn dieses mal gab es eine Begründung und das sogar noch bevor der Zug angefahren war. Durch die, auf angenehme Lautstärke gebrachten, Lautsprechern gab der freundliche Zugbegleiter bekannt, das aufgrund von betriebstechnischen Störungen eine Maximalgeschwindigkeit von achtzig Stundenkilometern möglich sei und die Endstation erst 60 min später, als vom Fahrplan veranschlagt, zu erreichen war. Nachdem die Lautsprecher verstummten gingen mir einige weniger schmeichelhafte Bezeichnungen durch den Kopf, was mich die Bahngesellschaft alles konnte, aber ändern war an der Tatsache nichts mehr. Das einzige was mir übrig blieb war es mir gemütlich zu machen, soweit es ging, und die Fahrt zu genießen, soweit es in einem schlingernden Zug überhaupt ging. Und ich hatte Glück, nach dem nächsten Halt des Zuges wurde eine Vierergruppe frei die ich sofort für mich beanspruchte, dass war wesentlich besser als eine Doppelsitzreihe, die ich noch mit einem anderen Fahrgast teilen musste, vor allem konnte ich meine Beine ausstrecken. Ich machte es mir wie schon erwähnt gemütlich, schaltete meine Musik hinzu und blickte aus dem Fenster und lies meinen Gedanken freien Lauf, welche alsbald in einen angenehmen Dämmerzustand fielen, wobei das momentane sanfte Schaukeln das Zuges und das Rattern der Räder auf den Schienen ihr übriges taten.


„Du Musst.“ Eine unangebrachte, aufgebrachte laute weibliche Stimme riss mich kurz darauf, wie mir schien, aus sanften Schlummer. Den Nebel des leichten Schlafes abschüttelnd blickte ich mich um und bemerkte, das die Frau genau mir gegenüber, auf der anderen Vierersitzgruppe saß und ihm gegenüber ein junger Mann, was mich doch sehr überraschte, denn diese unangenehme Frau schien mir nicht gerade sein Typ zu sein. Ich rieb mir vorsichtig die Augen, wenn ich derart aus dem Schlaf gerissen wurde, wurde ich schnell gehässig und sicher war das Paar mir gegenüber Mutter und Sohn. Der Sohn, ich hoffte inständig des er ihr Sohn war, hatte unglaublich blaue Augen, so blaue Augen das es mir sogar hier auffiel, obwohl ich doch etwas weit weg saß um seine Augenfarbe genau erkennen zu können und dann seine flachsblonden Haare, von dem zwei drei Strähnen ihm frech ins Gesicht fielen. Dieser Mann war ein Traum und hätte mit Sicherheit einen Waffenschein benötigt um so gut auszusehen dürfen. Seine Mutter konnte ich nicht so gut einsehen, da sie ein wenig verdeckt war, dank meiner derzeitigen Sitzposition, ich wollte mich natürlich nicht bewegen, da es doch sehr aufgefallen wäre, das ich lauschte, unfreiwillig natürlich, doch ich lauschte. Noch jetzt, da die Geschehnisse länger zurück liegen ist es für mich kaum begreifbar, dass ich just in diesem Moment, dem Phänomen der <<Liebe auf dem ersten Blick>> erlegen war und ihm erging es da nicht anders, behauptet er immer wieder.


„Gar nichts muss ich Mutter.“ Erwiderte der Blauäugige Mann in einer ruhigen Art und Weise und brachte meine Fantasie zum überschäumen, in dem es mir vorgaukelte er würde zu mir rüber kommen und mich mit Koseworten überhäufen. Nebenbei fiel mir auf, das Beide Kleidung von ausgesuchter Qualität trugen und sich zumindest um Geld keine allzu großen Sorgen zu machen brauchten.

„Aber die Kinder meiner Freundinnen sind bereits alle verheiratet. Und einige erwarten gar ihr erstes Enkelkind.“ Damit hatte die Frau ihren Standpunkt klar gemacht, sie wollte Enkelkinder und wie dies geschehen sollte und mit wem schoss mir die Röte zu Kopf. Natürlich stellte ich mir das mit mir und dem blauäugigen Traum von Mann vor.

„Tut mir leid Mutter, aber da zieh ich nicht mit.“ Dann schwiegen Beide eine geraume Weile und selbst jetzt mussten auch sie bemerken wie ungewöhnlich still es im Großraumwagen war. Der Sohn lächelte bereits entschuldigend und wandte sich offensichtlich an die anderen Fahrgäste, da blieb sein Blick an mir haften und gewahrte mit Sicherheit meinen Kopf, der sich erst jetzt von der Röte erholte. Ich hätte meinen können das sich sein Lächeln leicht verändert hatte, nicht amüsiert sondern eher ja verliebt. Wenn ich jetzt daran denke war das wirklich so gewesen, er hatte mir damals ein anderes Lächeln geschenkt, ich selber hatte mich dann aufgesetzt und meine Kleidung zurecht gerückt, sobald die Beiden Ruhe gaben würde ich mir ein Buch zur Gemüte ziehen.

„Komm Josef. Hier kann man keine vernünftige Unterhaltung führen, ohne das man Zuhörer hat.“ Immer noch erklang ihre Stimme durch den gesamten Wagen und sollte wohl anklagend wirken.

„Geh ruhig. Ich finde es hier sehr interessant.“ Dabei schaute er zu mir und was mach ich? Ich werde rot und schaue betont interessiert aus dem Fenster.

„Unser Gespräch ist noch zu Ende.“ Die Frau erhob sich und wollte Richtung 1. Klasse gehen, als ein besonders heftiger Schlenker der Bahn, die bei 80 Kilometerstunden und weniger eine sehr wacklige Angelegenheit war, ihr Gleichgewicht durcheinander brachte, zwar konnte sich die Mutter halten und stöckelte erhobenen Hauptes davon, doch wurde sie von schmunzelnden Fahrgästen begleitet, ihre hoheitsvolle Aura war dahin.


„Hallo sagte er, nachdem seine Mutter endgültig aus unserem Wagen verschwunden war und selbst ihre Aura verpufft war.

„Hallo.“ gab ich zurück und versuchte überall hin zu schauen nur nicht zu ihm, der der mein Herz so hoch schlagen lies.

„Entschuldige bitte falls meine Mutter dich geweckt hat.“ Meine Ohren fühlten sich heiß an, er hatte mich schlafend gesehen, das hieße ja ich wäre ihm schon eher aufgefallen als bisher angenommen.

„Ist schon okay.“ druckste ich nur herum, verdammt sonst war ich doch nicht so auf dem Mund gefallen, ich konnte mit Männern wirklich gut flirten doch bei ihm gelang es mir aus irgendeinem Grunde nicht.

„Darf ich?“ Mit einem Kopfnicken, gab mir mein männlicher Gegenüber zu verstehen, das er sich zu mir setzten wollte.

„Nein.“ Antwortete ich zögernd und dann geschah etwas. Er warf mir einen Blick zu, einer jener Blicke die ich bald, da hatte ich noch keine Ahnung wie tief meine Bindung zu ihm noch an diesem Tage sein würde, öfters zu spüren bekäme, zu. Dieser Blick sagte aus, das ich eigentlich genau das Gegenteil von dem meinte was ich sagte. Daher setzte er sich auch über meinen Nein hinweg und siedelte kurzerhand zu mir über und ich war derart baff das ich nichts widersprechen konnte. „Äh... Ich sollte mich auch entschuldigen, da ich so hinübergestarrt habe. So etwas ist ja unhöflich, ich meine Menschen anstarren.“ stammelte ich hervor, bevor dieser Mann, welcher für sein Aussehen und sein Lächeln einen Waffenschein benötigte, noch einen Ton sagen konnte. Dieser lehnte sich zurück und schien mit seiner Antwort zu warten, während der mich beobachtete wie ich mich wieder vernünftig hin setzte, denn auch da war unhöflich einem potentiellen Gesprächspartner gegenüber eine Sitzposition einzunehmen, die ihm sagt ich will nicht mit dir reden.

„Schade, dabei dachte ich du hättest dich in meine Augen verliebt.“ Ich wagte es gar nicht zu ihm zu schauen, sicher umspielten seine Lippen ein verschmitztes Lächeln. Aber ich fand ihn sympathisch; er wollte mich aus meinem Schneckenhaus herauslocken, doch dazu brauchte es mehr als solch einen unverschämten Flirtversuch.

„Ich bin Joe.“

„Alexis.“ Dann hielt Joe mir eine Tafel Schokolade hin und meinte ich solle doch ruhig zugreifen. Ich betrachtete die Schokolade eingehend und schon ihr Aussehen warnte mich, noch bevor der typische Geruch in meine Nase stieg. Kaffee-Sahne, eine der wenigen Schokoladensorten, die ich nicht mochte.

„Schade.“ Bedauerte er nach meiner Ablehnung. „Dabei wollte ich mich für die Störung mit einem schönen Stück Schokoladen nochmals entschuldigen.“

„Naja.“ Genierte ich mich, es war richtig peinlich wie viel Schmeichelei Joe von sich gab. „Es ist nicht so das ich keine Schokolade mag.“ Wagte ich einen Erklärungsversuch und fand den Mut ihn an zu sehen. „Es ist eher so, dass Kaffee-Sahne mir nicht schmeckt. Ich bevorzuge andere Sorten.“

„Und welchen sind eher nach deinem Geschmack?“ Ohne es zu wollen hatte ich den perfekten Start für angenehmen Smalltalk hinbekommen. Und über Milka mit Kuhflecken und Alpia zartbitter kamen wir zu anderen Themen und verbrachten die Reisezeit mit angenehmen Geplauder, wobei sich noch herausstellte das wir das selbe Ziel hatten und mit Sicherheit noch den Rest der Fahrt zusammen sein konnten, denn unsere Themenpool war noch lange nicht ausgeschöpft.


„Am besten ist es wenn du am....“ Wir waren endlich angekommen, man war ich froh endlich aus diesem Zug steigen zu können. Der Zugbegleiter hatte nur die direkten Anschlusszüge genannt. Aber wir mussten noch einmal umsteigen und daher mussten wir nun herausfinden welchen Zug wir beim nächsten Zwischenziel nehmen mussten. Gerade wollte ich Joe erklären, das es am besten ist wenn wir dies an einem der Fahrkartenautomaten täten, denn dann müssten wir nicht unsere Füße in den Bauch stehen nur damit wir am Servicepoint eine Information erhalten würden, welche man sich wesentlich bequemer besorgen konnte, als wie aus dem Boden gestampft seine Mutter vor uns stand.

Sheila
27.03.2005, 23:02
„Josef.“ Sagte sie. „Wir haben eine Stunde Aufenthalt.“ Es schien ihr gar nicht zu gefallen so lange auf einem Bahnhof zu warten. „Besorgst du uns bitte eine Information über den weitern Verlauf unserer Reise? Ich warte derweil in der Lounge auf dich, wo es sich hoffentlich angenehmer die Zeit verbringen lässt, als in dieser Halle hier.“ Ich hätte schwören können ihr Gedanken zu hören, die sagten nie wieder werde ich mich in einen Zug setzten.

„Ich wollte mich bereits diesbezüglich erkundigen Mutter. Doch würde ich gerne die Zeit mit Alexis verbringen wollen. Ich hole dich selbstverständlich rechtzeitig ab.“ Josef konnte wirklich geschwollen reden, anscheinend legte seine Mutter Wert darauf, oder aber er wollte sie verärgern.

„So, so und wer ist Alexis?“ Dieser Ton, der hätte einen Ziegelstein, wie Butter zerschneiden können und einen abschätzenden Blick den sie mir zuwarf, brachte Joe dazu etwas vollkommen unüberlegtes zu tun.

„Alexis, Mutter.“ Er legte einen Arm um meine Schulter und zog mich zu sich. „Alexis ist meine Verlobte.“ Ich glaube in diesem Moment, mitten auf dem Bahnsteig des Leipziger Bahnhofes, dort wo Menschen sich unterhaltend an uns vorbei liefen, wo aus den Lautsprechern die Züge angesagt wurden, hatten seine Mutter und ich ein und den selben Blick im Gesicht und beide trafen direkt Joes Augen. Und einen Moment war eine greifbare Stille um uns herum.

„Nun gut, dann lass ich dich mit deiner Verlobten allein.“ Joe’ s Mutter brach das Schweigen und lies erahnen das sie Taktgefühl besaß. Diese Eigenschaft war bei ihrem Sohn weniger ausgeprägt, sonst hätte er mit Sicherheit mich nicht in so etwas hinein geritten. „Lass. Ich trage ihn selber.“ winkte sie ab, als meine Zugbekanntschaft den Koffer seiner Mutter in die Lounge bringen wollte. Schweigend sahen wir also den trippelnden Schritten, welche so typisch für Stöckelschuhe waren, hinter her, bis sie außer Sicht- und Hörweite war. Dann drehte ich mich um und warf Joe einen entrüsteten Blick zu.

„Verlobte?“ Schnaubte ich wütend.

„Ich dachte du hättest nichts dagegen.“ Er schien ein wenig verlegen zu sein, ich war wütend, ich fühlte mich total hinters Licht geführt.

„Ich fass es nicht.“ Rief ich schockiert aus, schulterte meine Reisetasche und lies ihn einfach stehen. Doch Joe dachte gar nicht daran allein auf dem Bahnsteig zurück zu bleiben und folgte mir kurzerhand, während ich versuchte seine Gegenwart vorerst zu ignorieren. Was aber nicht so klappen wollte, da seine Nähe mir durch Herzklopfen und Schmetterlinge im Bauch vollauf bewusst war. Als erstes lenkte ich meine Schritte zu einem Fahrkartenautomaten , wo man sich auch Zugverbindungen holen konnte. Ich lies mir die zwei mal ausdrücken, immerhin benötigte Joe auch eine, aber als ich mich umdrehte und um ihn den Zettel in die Hand zu drücken, sah ich sein Gesicht, das etwas gehetzt wirkte und auch irgendwie zerknirscht, doch das tat meinem momentanen Gefühlen immer noch keinen Abbruch. Ich war immer noch verdammt sauer und wütend auf ihn. Im Moment nicht fähig auch nur irgend ein Wort zu sagen, schnaubte ich ihn einfach nur an. Es war ein Laut der folgendes zum Ausdruck bringen sollte: <<Nicht zu fassen.>> Dann ging ich einfach weiter und ließ ihn abermals stehen, immerhin mussten meine Eltern informiert werden das ich später ankam als gedacht und zu allem Überfluss gab mir Joe anstandslos Kleingeld, als ich in meinen Portemonnaie nur einen fünf Euro Schein fand. Als meine Mutter unterrichtet war, gab ich ihm das Restgeld und wollte ihn abermals stehen lassen, jetzt einfach nur weil ich nicht wusste wie ich reagieren sollte, nach Wut und Verärgerung kam nun Verwirrung und ich stellte mir die Frage was Joe überhaupt bezwecken wollte.

„Alexis so warte doch mal.“ Rief er hinter mir hier.

„Ich finde es ist alles geklärt oder?“ Mein Trotz regte sich. „Du hast deine Mutter schockiert und ich war zur falschen Zeit am falschen Ort und durfte das Opferlamm spielen.“ Entgegnete ich gepresst und drängte mich an ihm vorbei.

„Wer hat dich verletzt?“ Fragte Joe einen langen Atemzug später. Es musst ihm viel Überwindung gekostet haben das schon jetzt zu fragen, denn später würde er auf mich in dieser Hinsicht wesentlich feinfühliger und sanfter eingehen als jetzt. Langsam drehte ich mich zu ihm um. „Wer hat dich derart verletzt das du Menschen so scheu gegenübertrittst das du lieber wegrennst als dich dem zu stellen, auf was du triffst?“ Meine Schultern hatten sich schon längst verhärtet und meine Hand, die den Schulterriemen meiner Reisetasche hielt verkrampfte sich, während die freie sich zu einer Faust ballte.

„Das geht dich gar nichts ...“ <<an>> Wollte ich sagen, doch er lies es nicht zu. Stattdessen nahm er mein Gesicht in seine Hände, zog es sanft zu sich, beugte sich ein wenig hinunter, da ich von wesentlich kleinerer Körpergröße war als er und küsste mich sanft. Mir ging es dabei durch und durch, mir wurde heiß und das energische Herzpochen, das ich glaubte unter Kontrolle zu haben brach wieder heraus und meine Knie wurden ganz weich, ich wunderte mich schon das ich überhaupt noch stand, als er von mir abließ.

„Bist du jetzt bereit mit mir zu reden?“ Fragte er lächelnd.

„Ja.“ Nickte ich. „Wenn wir uns irgendwo hinsetzten könnten.“

„Hast du Hunger? Dann lad ich dich zu Mc Woof ein.“ Ich nickte nur , ein Glück das er sagte er würde mich einladen, sonst wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, das er es überhaupt vor hatte. Während Joe anstand, was ich als gerechte Strafe empfand, immerhin war er teilweise für meinen derzeitigen Gemütszustand verantwortlich, suchte ich uns einen guten Nichtraucherplatzt und sehr weit weg von der Raucherecke.


„Das ist kein Scherz?“ Begann ich zwischen zwei Bissen Mc Chicken und dem Kauen.

„Nein.“

„Keine Trotzreaktion gegenüber deiner Mutter?“ Ich aß danach etwas von den Pommes.

„Nicht direkt.“

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht was ich davon halten soll.“ Seufzte ich auf und widmete mich meiner Cola Light, denn ich wusste wirklich nicht was ich nun mit dieser ganzen verfahrenen Situation machen sollte. Am liebsten hätte ich schon längst Nein oder Vergiss es gesagt, aber mein Herz ließ dies nicht zu. Immer wenn ich dazu ansetzten wollte, hämmerte es so laut und vernehmlich als wolle es sagen ich lebe, ich will nicht sterben. Es ging einfach nicht, ich konnte nichts in dieser Richtung sagen. „Aber warum dann? Was hat dich dazu gebracht, wenn nicht in direkter Linie deine Mutter zu verärgern?“

„Spürst du es nicht?“ Fragte Joe. „Spürst du nicht das Gefühl deines Herzens, deines Bauches wenn du mich siehst? Fühlst du nicht wie deine Knie nachgeben, wenn du nur daran denkst mich zu küssen? Mir geht es jedenfalls so. Dein reiner Anblick lässt bei mir die Glocken läuten.“ Ich war knallrot geworden, nicht nur das er meine Gefühle in der selben Heftigkeit erwiderte wie ich sie ihm gegenüber empfand, nein er hatte eben gerade mir seine Liebe gestanden ohne es direkt zu sagen.

„Das tut nichts zur Sache.“ Entgegnete ich widerwillig.

„Das heißt du sagst nein?“ Ich machte den Fehler in seine Augen zu schauen, welche mich flehend ansahen.

„Ja.“ Sagte ich.

„Nein.“ Revidierte ich meine Aussage. „Ich meine... Ich fühle mich geschmeichelt das mir so etwas überhaupt passiert, doch ich stelle mir das anders vor.“ Ich machte eine kurze Pause. „Ich stelle es mir romantischer vor, als auf einem Bahnsteig vor deiner Mutter und dann noch nicht mal gefragt zu werden. Nein du musst mich ja gleich als deine Verlobte vorstellen. Ich werde gerne gefragt bevor mich jemand als etwas vorstellt was ich nicht bin.“ Dann schwieg ich endgültig und hoffte das ich meine Gefühle gut zum Ausdruck bringen konnte.

„Einverstanden. Du sollst gefragt werden. Und...“ Er lächelte geheimnisvoll. „Es wird ein unvergesslicher Moment für dich werden. Nur muss ich sicher sein, möchtest du meine Verlobte sein?“ Nachdenklich saugte ich am Strohhalm meines Getränkes und lächelte, meine Antwort war doch schon längst klar.

„Ja klar, warum auch nicht.“

Sheila
27.06.2006, 00:43
Hier ist endlich die endgültige Version meiner Zugfahrtsgeschichte. Lest sie euch bitte durch, denn ich bin der Meinung das zu der vorhergehenden einiges noch hinzugekommen ist.

Zwischenstation

„Wir bitten um ihr Verständnis.“ Endete die Durchsage. Nicht schon wieder dachte ich. Jedes Mal, wenn ich unterwegs war, gab es auf der Strecke Hof-Leipzig aus den verschiedensten Gründen Verspätungen. Dieses mal war es eine betriebstechnische Störung, weswegen die Lok nur eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erreichen konnte. Aus diesem Grunde würde Leipzig erst eine Stunde später, als veranschlagt erreicht werden. Nun gingen mir, wie wohl auch anderen Fahrgästen, weniger schmeichelhafte Bezeichnungen durch den Kopf, was mich die Bahn alles konnte. Aber ändern konnte man daran nun auch nichts mehr. Also musste ich das beste aus dieser Situation machen.

Die Gelegenheit bekam ich auch bald. Nach dem zweiten Halt wurde eine Vierersitzgruppe komplett frei. Ich siedelte daher von meiner Doppelsitzgruppe um, zog meine Schuhe aus, macht es mir auf einer Bank bequem, nahm meine Musik und schaute aus dem Fenster. Als bald wiegte mich das Schaukeln des Zuges und das Rattern der Räder auf den Schienen in einen sanften Schlaf.


„Du Musst.“ Der verärgerte Ausruf einer Frau riss mich aus meinem Schlummer. Den Nebel des leichten Schlafes abschüttelnd blickte ich mich um, und bemerkte, dass die Frau gegenüber auf der anderen Vierersitzgruppe saß und ihr gegenüber ein junger Mann. Mein erster Gedanke war, eine reiche Frau mit ihrem Liebhaber. Aber dann würden sie sich nicht so öffentlich zeigen. Vorsichtig rieb ich mir den Schlaf aus den Augen, die Musik hatte bereits vor einiger Zeit aufgehört. Sicher waren es Mutter und Sohn, dachte ich dann folgerichtig. Der Sohn, ich hoffte inständig das es ihr Sohn war, hatte fantastische blaue Augen. Ich mochte blaue Augen, die so hell waren das sie einem regelrecht anstrahlten. Und dann seine flachsblonden Haare, die modisch geschnitten waren und doch so natürlich lagen. Noch jetzt, da die Geschehnisse länger zurück liegen ist es für mich kaum begreifbar, dass ich in diesem Moment, dem Phänomen der <<Liebe auf dem ersten Blick>> erlegen war. Ihm war es dabei nicht anders ergangen, behauptet er immer wieder.

Dank meiner liegenden Position konnte ich seine Mutter nicht so gut einsehen. da sie ein wenig verdeckt war. Ich hütete mich davor mich aufzusetzen um sie genauer in Augenschein zu nehmen. So gab ich vor weiterhin Musik zu hören.

„Gar nichts muss ich Mutter.“ Erwiderte der Blauäugige Mann bedächtig und mir rieselte es, wegen seiner weichen und doch bestimmten Stimme , angenehm den Rücken herunter. Nebenbei fiel mir auf, das Beide modische Kleidung von ausgesuchter Qualität trugen und sich zumindest um Geld keine allzu großen Sorgen zu machen brauchten. Wenn ich da an mich dachte... Nun ja von ausgesuchter Qualität war sie nicht, wohl eher von leidlicher. Zudem trug ich eher ungern wirklich die neuesten Modetrends. Ich nannte meinen Kleidungsstil zeitlos. So wie jetzt auch, ich trug eine bequeme Cordhose mit leichtem Schlag und eine leicht figurbetonte sandfarbene Bluse. Auch meine Haare sahen äußerst selten einen Friseur und wenn dann nur einen günstigen der mir die Spitzen schnitt. Momentan trug ich sie in etwa schulterlang, von vorn nach hinten durchgestuft.

„Aber die Kinder meiner Freundinnen sind bereits alle verheiratet. Und einige erwarten gar ihr erstes Enkelkind.“ Damit hatte die Frau ihren Standpunkt klar gemacht. sit schoss die Röte in den Kopf als ich mir unweigerlich vorstellen musste, daß ich mit ihm ... aber es blieb nur bei der Vorstellung und ich dachte nie im ernst daran das dies wirklich passieren könnte.

„Tut mir leid Mutter, aber da zieh ich nicht mit.“ Damit schwieg der junge Mann, als sähe er das Thema als beendet an. Jetzt erst bemerkten sie wie still es im Großraumwagen war. Der Sohn lächelte bereits entschuldigend die Fahrgäste an. Unweigerlich musste er auch mich ansehen. Und sein Blick an mir haften und gewahrte mit Sicherheit meinen Kopf, der sich erst jetzt von der Röte erholte. Sein Lächeln erstarb kurz auf seinen Lippen, nur um in einer anderen Intensität wieder zu erscheinen. Dieses Lächeln brachte mein Herz in einer Weise zum klopfen wie ich es noch nicht erlebt hatte und ich blickt sofort aus dem Fenster. Nur um nicht zu zeigen wie sehr mich sein Lächeln aus der Bahn warf.

„Komm Josef. Hier kann man keine vernünftige Unterhaltung führen, ohne das man Zuhörer hat.“ brummte die Mutter angespannt und vorwurfsvoll, so dass es alle Betroffenen vernehmen konnten.

„Geh ruhig Mutter. Ich finde es hier sehr interessant.“ Wobei seine Augen immer wieder in meine Richtung schauten. Ich spürte es regelrecht im Rücken, dennoch schaute ich weiterhin betont interessiert aus dem Fenster. Außerdem hatte ich ja noch Kopfhörer auf.

„Unser Gespräch ist noch nicht zu Ende.“ Die Frau erhob sich und wollte Richtung 1. Klasse gehen, als ein besonders heftiger Schlenker des Zuges, ihr Gleichgewicht durcheinander brachte. Es hätte für diese stolze Frau sehr peinlich sein können, wäre sie hingefallen, doch sie blieb stehen. Den Rock glatt streichend, sich kurz durch das rötlich getönte Haar streichend, stöckelte sie dann Richtung erste Klasse. Ich kam nicht umhin sie ein wenig zu bewundern und mich ein wenig plump zu fühlen. Denn ich war nicht rank und schlank, wie so viele Frauen, die das Titelblatt der verschiedenen Zeitschriften schmückten, sondern... Mmmh ich würde es als griffig und kompakt beschreiben.


„Hallo.“ sprach der Blauäugige mich direkt an. Nachdem seine Mutter endgültig aus unserem Wagen verschwunden war und selbst ihre Aura nicht mehr zu spüren war.

„Hallo.“ Gab ich zurück und war nun gezwungen Kopfhörer abzunehmen und mich vom Fenster loszueisen. Außerdem fiel es mir sehr schwer ihn direkt anzusehen. Doch die Höflichkeit gebot es nun einmal das man seinen Gesprächspartner direkt ansah.

„Entschuldige bitte falls meine Mutter dich geweckt hat.“ Mir wurde heiß um die Ohren. Er hatte mich schlafend gesehen. Hoffentlich habe ich nicht gesabbert!

„Ähm... Ist schon okay.“ Druckste ich nur herum. Verdammt sonst war ich doch nicht um Worte verlegen. Ich konnte meinen Gegenüber. wenn ich es darauf anlegte in Grund und Boden reden.

„Darf ich?“ Mit einem Kopfnicken, gab mir mein männliches Gegenüber zu verstehen, das er sich zu mir setzten wollte.

„Nein.“ Antwortete ich zögernd und dann geschah etwas äußerst seltsames. Er warf mir einen bestimmten Blick zu. Dieser Blick sagte das er genau wisse, wie rasend gern ich es hätte, dass er sich zu mir setzte. Daher setzte er sich auch über meinen Nein hinweg und siedelte kurzerhand zu mir über. Ich war derart verblüfft, über sein dreistes Verhalten, dass ich nicht widersprechen konnte.

„Äh... Ich sollte mich auch entschuldigen, das ich so hinüber gestarrt habe. So etwas ist ja unhöflich, ich meine Menschen anstarren.“ stammelte ich hervor, bevor dieser außerordentlich attraktiver Mann, noch einen Ton sagen konnte. Dieser lehnte sich zurück und schien mit seiner Antwort zu warten, während er mich beobachtete wie ich mich wieder vernünftig hin setzte. Jetzt da ich normal saß und auch meine Schuhe wieder trug, fiel mir auf das recht leger gekleidet war. Jeans und ein Sweatshirt. Doch sie konnten seinen Körper nicht verbergen. Er war wie ein Schrank, so gerade war er gebaut. Dieser Josef gefiel mir immer besser.

„Schade, dabei dachte ich du hättest dich in meine Augen verliebt.“ Witzelte er. Ich wagte es gar nicht zu ihm zu schauen, sicher umspielten seine Lippen ein verschmitztes Lächeln. Aber ich fand ihn sympathisch. Er wollte mich wohl näher kennen lernen, doch dazu brauchte es mehr als solch einen unverschämten Flirtversuch.

Sheila
27.06.2006, 00:45
„Ich bin Joe.“

„Alexis.“ Dann hielt Joe mir eine Tafel Schokolade hin und meinte ich solle doch ruhig zugreifen. Ich betrachtete die Schokolade eingehend und schon ihr Aussehen warnte mich, noch bevor der typische Geruch in meine Nase stieg. Kaffee-Sahne, eine der wenigen Schokoladensorten, welche ich überhaupt nicht mochte.

„Schade.“ Bedauerte er nach meiner Ablehnung. „Dabei wollte ich mich für die Störung mit einem schönen Stück Schokoladen nochmals entschuldigen.“

„Naja.“ Entgegnete ich immer noch verlegen. Es war total ungewohnt das jemand Fremdes, genau das war Joe für mich immer noch, so höflich und zuvorkommend war. Doch blickte ich ihn jetzt direkt an und musste höllisch aufpassen nicht in seinen Augen zu versinken.

„Es ist nicht so das ich keine Schokolade mag.“ Begann ich. „Es ist eher so, dass Kaffee-Sahne mir nicht schmeckt. Ich mag andere Sorten.“

„Und welchen sind eher nach deinem Geschmack?“ Ohne es zu wollen hatte ich den perfekten Start für angenehmen Smalltalk hin bekommen. Und über Milka mit Kuhflecken und Alpia Zartbitter kamen wir zu anderen Themen und verbrachten die Reisezeit mit angenehmen Geplauder. Dabei stellte es sich noch heraus, dass wir das selbe Ziel hatten und mit Sicherheit noch den Rest der Fahrt zusammen sein konnten. Ich freute mich riesig darüber, da unser Themenpool noch lange nicht erschöpft war.


„Am besten ist es wenn du am....“ Endlich waren wir angekommen. Man war ich froh endlich aus diesem Zug steigen zu können. Der Zugbegleiter hatte nur die direkten Anschlusszüge genannt. Aber wir hatten noch einmal umzusteigen und mussten daher nun herausfinden welchen Zug wir bei der nächsten Zwischenstation nehmen konnten. Sicher würde am Servicepoint, wo man sich Zugverbindungen geben lassen konnte, viel los sein. Die Automaten aber, welche ebenfalls Zugverbindungen ausgeben konnten, waren daher einfacher zu erreichen. Zudem hatte ich ein Wochenendticket. Joe hatte die Bahn Card 100 und auch er musste daher nicht an einen Service Point. Ich wollte Joe diese Tatsache gerade erklären, als wir auf seine Mutter trafen.

„Josef.“ Sagte sie. „Wir haben eine Stunde Aufenthalt.“ Es schien ihr gar nicht zu gefallen so lange auf einem Bahnhof warten zu müssen. „Besorgst du uns bitte eine Information über den weiteren Verlauf unserer Reise? Ich warte derweil in der Lounge auf dich, wo es sich hoffentlich angenehmer die Zeit verbringen lässt, als in dieser Halle hier.“ Ich hätte schwören können ihre Gedanken zu hören, die sagten nie wieder werde ich mich in einen Zug setzten.

„Ich wollte mich bereits diesbezüglich erkundigen Mutter. Doch würde ich gerne die Zeit mit Alexis verbringen wollen. Ich hole dich selbstverständlich rechtzeitig ab.“ Josef drückte sich sehr gewählt aus.

„So, so und wer ist diese Alexis?“ Dieser Ton, der hätte einen Ziegelstein, wie Butter zerschneiden können und der abschätzende Blick den sie mir zuwarf, brachte Joe dazu etwas vollkommen unüberlegtes zu sagen.

„Alexis.“ Er legte einen Arm um meine Schulter und zog mich zu sich. „Alexis ist meine Verlobte. Mutter.“ Ich glaube in diesem Moment, mitten auf dem Bahnsteig des Leipziger Bahnhofes, dort wo Menschen, sich unterhaltend, an uns vorbei liefen, wo aus den Lautsprechern die Züge angesagt wurden, hatten seine Mutter und ich ein und den selben Blick im Gesicht und beide trafen direkt Joes Augen. Und einen Moment war eine greifbare Stille um uns herum.

„Nun gut, dann lass ich dich mit deiner Verlobten allein.“ Joe’ s Mutter brach das Schweigen und lies erahnen das sie Taktgefühl besaß. Diese Eigenschaft war bei ihrem Sohn weniger ausgeprägt, sonst hätte er mit Sicherheit mich nicht in so etwas hinein geritten. „Lass. Ich trage ihn selber.“ winkte sie ab, als Joe den Koffer seiner Mutter in die Lounge bringen wollte. Schweigend sahen wir also den trippelnden Schritten, welche so typisch für Stöckelschuhe waren, hinter her, bis sie außer Sicht- und Hörweite war. Dann drehte ich mich um und warf Joe einen entrüsteten Blick zu.

„Verlobte?“ Schnaubte ich wütend.

„Ich dachte du hättest nichts dagegen.“ Er schien ein wenig verlegen zu sein, ich war wütend, ich fühlte mich total hinters Licht geführt.

„Ich fass es nicht.“ Rief ich schockiert aus, schulterte meine Reisetasche und lies ihn einfach stehen. Doch Joe dachte gar nicht daran allein auf dem Bahnsteig zurück zu bleiben und folgte mir kurzerhand. Während ich versuchte seine Gegenwart vorerst zu ignorieren. Was aber nicht so klappen wollte, da seine Nähe mir durch mein Herzklopfen und die Schmetterlinge in meinem Bauch vollauf bewusst war. Als erstes lenkte ich meine Schritte zu einem Fahrkartenautomaten Ich lies mir die zwei mal ausdrucken, immerhin benötigte Joe auch eine. Doch als ich mich umdrehte, um ihm den Zettel in die Hand zu drücken schäumte meine Entrüstung wieder hoch ob seines Anblickes. Wenigstens schien er gehetzt zu sein, also war ich schnell. Das war ich immer wenn ich sauer, wütend oder sehr verärgert war. Im Moment nicht fähig auch nur irgend ein Wort zu sagen, gab ich nur einen schnaufenden Laut von mir, der nichts anderes bedeutete als: <<Nicht zu fassen.>>. Dann ging ich einfach weiter und ließ ihn abermals stehen, immerhin mussten meine Eltern informiert werden, das mein Zug Verspätung hatten und sie mich daher erst zu einem anderen Zeitpunkt vom Bahnhof abholen sollten. Zu allem Überfluss gab mir Joe anstandslos Kleingeld, als ich in meinen Portemonnaie nur einen fünf Euro Schein fand. Als meine Mutter unterrichtet war, gab ich ihm das Restgeld, blieb aber stehen, konnte aber kein Wort sagen. Jetzt da ich einfach nicht mehr wusste wie ich reagieren sollte, nach Wut und Verärgerung kam nun Verwirrung und ich stellte mir die Frage, ob Joe es nicht doch ernst gemeint hatte. Aber als auch er nichts sagte, drängte ich mich an ihm vorbei und wollte weiter gehen.

„Alexis so warte doch mal.“ Bat er. Dieser Schuft mit diesen paar Worten brachte er mich dazu wieder dieses angenehme kribbelnde Gefühl im Rücken zu haben.

„Ich finde es ist alles geklärt oder?“ Sagte ich dennoch. Mein Trotz regte sich, als mir etwas klar wurde. „Du hast deine Mutter schockiert und ich war dir eben genau richtig. Durfte das Opferlamm spielen.“ Entgegnete ich gepresst und wollte weiter.

„Wer hat dich verletzt?“ Fragte Joe einen langen Atemzug später. Es musst ihm viel Überwindung gekostet haben das schon jetzt zu fragen. Denn
es war eine Frage, deren Antwort ein Teil meines Innerstes hätte offen legen müssen. Ich stockte und drehte mich langsam zu ihm um und sah ihn mit zusammengepressten Lippen an. „Wer hat dich derart verletzt das du Menschen so scheu gegenüber trittst das du lieber weg rennst als dich dem zu stellen, auf was du triffst?“ Meine Schultern hatten sich schon längst verhärtet und meine Hand, die den Schulterriemen meiner Reisetasche hielt verkrampfte sich, während die freie sich zu einer Faust ballte.

„Das geht dich gar nichts ...“ <<an>> Wollte ich sagen, doch er lies es nicht zu. Stattdessen nahm er mein Gesicht in seine Hände, zog es sanft zu sich, beugte sich ein wenig hinunter, da ich von wesentlich kleinerer Körpergröße war als er und küsste mich sanft. Mir ging es dabei durch und durch, mir wurde heiß und das energische Herzpochen, das ich glaubte unter Kontrolle zu haben brach wieder heraus und meine Knie wurden ganz weich, ich wunderte mich schon das ich überhaupt noch stand, als er von mir ab ließ.

„Bist du jetzt bereit mit mir zu reden?“ Fragte er lächelnd.

„Ja.“ Hauchte ich. Wo war die nächste Sitzgelegenheit? Ich traute mir nicht mehr zu noch lange stehen zu können. „Wenn wir uns irgendwo hinsetzten könnten.“ Bat ich mit einem Grinsen, um meine Unsicherheit ein wenig zu überspielen.

„Hast du Hunger? Dann lade ich dich zu Mc Do ein.“ Ich nickte nur. Dort angekommen nannte ich ihm meinen Wunsch. Und während Joe sich an stellte, was ich als gerechte Strafe empfand, immerhin war er teilweise für meinen derzeitigen Gemütszustand verantwortlich, suchte ich uns einen guten Nichtraucherplatz und sehr weit weg von der Raucherecke. Kurz darauf kam er mit seiner und meiner Bestellung.


„Das ist kein Scherz?“ Begann ich zwischen zwei Bissen Mc Chicken und dem Kauen.

„Nein.“

„Keine Trotzreaktion gegenüber deiner Mutter?“ Ich aß danach etwas von den Pommes.

„Nicht direkt.“

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht was ich davon halten soll.“ Seufzte ich auf und widmete mich meiner Cola Light, denn ich wusste wirklich nicht was ich nun mit dieser ganzen verfahrenen Situation machen sollte. Am liebsten hätte ich schon längst Nein oder Vergiss es gesagt, aber mein Herz ließ dies nicht zu. Immer wenn ich dazu ansetzten wollte, hämmerte es so laut und vernehmlich als wolle es sagen ich lebe, ich will nicht sterben. Es ging einfach nicht, ich konnte nichts in dieser Richtung sagen. „Aber warum dann? Was hat dich dazu gebracht, wenn nicht in direkter Linie deine Mutter zu verärgern?“

„Spürst du es nicht?“ Fragte Joe. Ich vergaß zu essen und zu trinken und sah ihn verdattert an. „Spürst du nicht das Gefühl deines Herzens, deines Bauches wenn du mich siehst? Fühlst du nicht wie deine Knie nachgeben, wenn du nur daran denkst mich zu küssen? Mir geht es jedenfalls so. Dein reiner Anblick lässt bei mir die Glocken läuten.“ Ich war knallrot geworden, nicht nur das er meine Gefühle in der selben Heftigkeit erwiderte, wie ich sie ihm gegenüber empfand, nein er hatte eben gerade mir seine Liebe gestanden ohne es direkt zu sagen.

„Das tut nichts zur Sache.“ Entgegnete ich widerwillig.

„Das heißt du sagst nein?“ Ich machte den Fehler in seine Augen zu schauen, welche mich flehend ansahen.

„Ja.“ Sagte ich.

„Nein.“ Revidierte ich meine Aussage. „Ich meine... Ich fühle mich geschmeichelt das mir so etwas überhaupt passiert, doch ich stelle mir das anders vor.“ Ich machte eine kurze Pause. „Ich stelle es mir romantischer vor, als auf einem Bahnsteig vor deiner Mutter und dann noch nicht mal gefragt zu werden. Nein du musst mich ja gleich als deine Verlobte vorstellen. Ich werde gerne gefragt bevor mich jemand als etwas vorstellt was ich nicht bin.“ Dann schwieg ich endgültig und hoffte das ich meine Gefühle gut zum Ausdruck bringen konnte.

„Einverstanden. Du sollst gefragt werden. Und...“ Er lächelte geheimnisvoll. „Es wird ein unvergesslicher Moment für dich werden. Nur muss ich sicher sein, möchtest du meine Verlobte sein?“ Nachdenklich saugte ich am Strohhalm meines Getränkes und lächelte, meine Antwort war doch schon längst klar.

„Ja.“ Antwortete ich nur.