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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Rezension: Die letzte Generation



FloVi
30.10.2002, 09:09
Inhalt
Der Wettlauf zwischen den USA und Russland um das erste Raumfahrzeug geht in seine Endphase, als gigantsiche Raumschiffe die Erde besuchen und die Frage, ob wir allein im Universum sind unmissverständlich mit Nein beantworten. Die simple Tatsache ihrer Anwesenheit ist Beweis genug für die technische Überlegenheit und dennoch versucht ein Land den Einsatz von Atomwaffen, der in einem Akt vollkommener Demütigung schlicht und einfach ingnoriert wird, Schaden richtet er sowieso keinen an. Die Außerirdischen, für die bald der Name Overlords kursiert, sprechen direkt nur zu einem einzigen Menschen, dem Generalsekretär der UNO. Die Overlords, offenbar konsequente Gegner physischer Gewalt, beenden jeglichen bewaffneten Konflikt und ihre Anwesenheit führt zu weltweitem Wohlstand, ohne dass auch nur im geringsten erkenntlich wird, welchen Vorteil sie daraus ziehen. Tatsächlich überlassen sie den Menschen die eigene Verwaltung, Verbote sind spärlich und richten sich in erster Linie gegen den unnötigen Einsatz von Waffen oder Gewalt, selbst gegen Tiere.

Und doch gibt es Widerstand, genährt vor allem durch den Umstand, dass sich die Overlords niemals zeigen. Lediglich die seltene Stimme des Oberkontrolleurs Karellen ist den Menschen durch äußerst seltene Ansprachen bekannt. Als der UNO-Generalsekretät von einer radikaleren Gruppe entführt wird, ist die Konditionierung gegen Gewalt selbst dort so weit fortgeschritten, dass dem Mann kein Haar gekrümmt wurde. Die Aliens geben ein kleines Stück nach und eröffnen, dass sie sich in exakt fünfzig Jahren zu erkennen geben werden.

Das folgende halbe Jahrhundert ist geprägt von Aufklärung, Wissenschaft und Langeweile. Und trotz größter Bemühungen löst das Antlitz der Alien zunächst Unbehagen aus, denn sie sind die Verkörperung dessen, was sich der Mensch immer unter Teufel und Dämonen vorgestellt hat.

Dank der unbestreitbaren Vorteile durch die Overlords hält die Angst und Verwirrung nicht lange an, doch die Anzeichen, dass auch die Aliens auf etwas warten und ihrerseits von einer größreren Macht gelenkt sind, werden immer deutlicher. Nach weiteren fünfzig Jahren ist es dann soweit, und als die Menschen erkennen, um was es eigentlich geht, ist alles zu spät. Das Ende der Menschheit, so wir wir uns begreifen, steht unmittelbar bevor.

Meinung
Natürlich habe ich als SF-Begeisteter auch einiges von Arthur Charles Clarke gelesen. Und auch auf die Gefahr hin, gesteinigt zu werden, ich halte ihn für den meistüberschätzten Autor des Genres. *Die letzte Generation* (Childhood's End) ist allerdings erste Sahne, für mich das beste seiner Bücher, wenn nicht sogar das einzig wirklich gute. Nicht so vordergründig wie *3001*, nicht so platt wie *Hammer Gottes* und lange nicht so schwatzhaft wie die *Rama*-Bücher.

Dabei handelt es sich hier um eine Story, die eigentlich nur Kurzgeschichten-Qualitäten besitzt, doch Clarke versteht es die Geschichte zu dehnen, ohne dabei langatmig zu wirken. Der Autor erzielt das vor allem durch die interessanten Betrachtungen der menschlichen Gesellschaft in einer Zeit völligen Friedens. Hier dreht Clarke richtig auf und führt vor, dass Perfektion nichts anderes bedeutet als Stagnation, dass wir eine gewisse Aggressivität einfach brauchen oder schlicht im Sumpf der Langeweile untergehen. Nach dem Einstiegsknall nimmt dieser Teil der Geschichte den Leser voll in Anspruch, bis es zu einem durchaus würdigen Ende kommt, dem einzigen Teil des Buches, das für meine Begriffe tatsächlich zu sehr in die Länge gezogen wurde, gerade so, als wollte sich Clarke nicht von der Geschichte lösen. Dieser Eindruck beginnt bei der Schilderung des Overlord-Planeten, auf den sich ein Mensch als blinder Passagier eines Versorgungsschiff schummelt und setzt sich fort, als dieser Mensch wenige Monate später wieder zur Erde zurückkehrt, auf der seit seiner Abreise bereits achtzig Jahre vergangen sind (Einsteins Zwillings-Phänomen).

Allerdings ist das nicht ganz so tragisch, denn auch der Leser möchte noch nicht gleich gehen, viel zu sehr nimmt er Anteil an den wundersamen, deprimierenden und zugleich hoffnugsvollen Entwicklungen der menschlichen Rasse. Da stören auch ein paar recht altmodisch anmutende Begriffe wie *Radiofernschreiber* nicht, immerhin ist das Buch Anfang der 50er Jahre entstanden und erinnert in seiner Wortwahl ab und zu an andere Klassiker wie etwa Heinleins *Puppet Masters*. Auch der Beginn des Buches mit seinem zu der Zeit typischen Invasionsgeschichten-Anfang passt in diese Ära, doch dann wird der Leser völlig überrascht als die Geschichte einen ganz anderen Verlauf nimmt. Aber so sollte gute Unterhaltungsliteratur eben sein, auch wenn sie höhere Ansprüche an sich selbst stellt, wie es die SciFi manchmal gerne tut.

Fazit
Wer die Mühen nicht scheut, sich den vergriffenen Titel in einem Antiquariat zu besorgen, wird mit einem wirklich guten Buch belohnt.

Steckbrief
Die letzte Generation
Childhoods End
Arthur C. Clarke, 1950
Besprochene Ausgabe:
Goldmann Taschenbuch
aus der Reihe *SF-Classics*
Übersetzung: Else von Hollander-Lossow
ISBN 3442247632
Preis (Antiquariat): durchschn. 3,50 EURO
(z.B. http://www.abebooks.de)