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Thema: Werden Smilies bald Pflicht?

  1. #1
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    Forumsteilnehmer muss sich vor Gericht verantworten

    Wegen Äußerungen in einem Diskussionsforum bei Telepolis muss sich ein Münsteraner vor Gericht verantworten. Am kommenden Mittwoch verhandelt das Amtsgericht Münster, weil er durch seinen Beitrag den Anschein erweckt haben soll, er billige die Terroranschläge von New York und Washington im September 2001.


    Im Juni 2002 thematisierte das Magazin der Netzkultur Telepolis im Artikel Das Massaker, das nicht sein darf die mutmaßliche Tötung von Taliban durch die afghanische Nordallianz. Unter anderem gratuliert der Münsteraner in seinem Beitrag den "Mördern vom 11. 09. 2001"; sie hätten den Mut gefunden, am "wahren Abschaum" ein Massaker zu verüben. Der Beitrag schließt mit der Formulierung: "Wer Sarkasmus findet, der/die möge ihn bitte weiterverwenden."

    Der Münsteraner sieht sich als überzeugter Kriegsgegner. Er hatte mit seinem Beitrag den gewaltverherrlichenden Ton eines anderen Forumsteilnehmers sarkastisch aufgreifen wollen, um ihn "mit vertauschten Rollen und ironisch überspitzt zu erwidern", heißt es in einer Erklärung. Zudem sei bei den Ermittlungen gegen ihn auf "illegale Datenbestände" bei seinem Provider zurückgegriffen worden.

    Quelle: heise.de
    Das ist der Artikel, um den es geht: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/12758/1.html

    Und hier der Forenbeitrag: http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read...&forum_id=30631

    Viel kann man dazu nicht sagen. Vielleicht, dass Leute, die auf Smilies verzichten, weil man seine Meinung auch ohne diese Modeerscheinung kund tun kann, demnächst wohl Sarkasmus verzichten müssen. Oder Smilies setzen - am besten anstatt des Satzzeichens. Man muss halt immer an die etwas weniger nachdenkenden Mitmenschen denken, an denen Ironie und Sarkasmus vorbeigehen...

    Ich war mal so frei und habe die Quelle dazugeschrieben, sonst glaubt das ja niemand. – Loser

  2. #2
    DerBademeister
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    Denjenigen, der da die Strafanzeige gestellt hat, sollte man zum lebenslangen Zwangsabo von titanic verurteilen. Vielleicht lernt er dann, einen Text etwas entspannter und v.a. mal zwischen den Zeilen zu lesen.

    Aber warum soll einen das wundern in einem Land, dem per PISA bescheinigt wurde, das 1/4 seiner Bürger praktisch Analphabeten sind, die selbst einfache Texte nicht analysieren und verstehen können. Wie gering muss eigentlich der Prozentsatz derer sein, die so einen Sarkasmus auf höherem Niveau erkennen?

    Wäre es nicht traurig, könnte man über diese "typisch deutsche" Meldung eigentlich nur lachen.

    PS: Eher werde ich Einsiedler im Dschungel von Papua-Neuguinea, als das ich Smileys in meine Beiträge setze. Das mache ich seit das erste Modem bei mir angeschlossen wurde so, und werde mir auch weiterhin das Recht nehmen, meine Beiträge nach eigenem (größtenwahnsinnigen) Gutdünken smileyfrei zu gestalten.

  3. #3
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    Den Autor (Holger) vor Gericht zu zerren, wegen einer Äußerung in 'nem Forum, ist meiner Meinung nach übertrieben. Obwohl... nee, übertrieben trifft's nicht richtig. Unfug ist da passender. Wir sind im Internet, hier sehe ich demjenigen, dessen Meinung ich vorgesetzt bekomme, nicht in die Augen. Außerdem höre ich nicht wie dieser jemand seine geistigen Ausbrüche betont. Aber auch wenn ich weder Mimik noch Aussprache bzw. Betonung wahrnehme, kann ich einen Beitrag so verstehen wie es der Autor möchte. Dafür gibt es Stilmittel, die Smilies überflüssig machen. Sarkasmus oder meinetwegen Ironie oder Zynismus sind - je nachdem, wie deutlich und überspitzt ich einen Sachverhalt beschreiben möchte - drei dieser Stilmittel, derer sich der Autor meinem Textverständnis nach bedient hat. Sie verfehlen ihre Wirkung zwar teilweise wegen des indirekten Hinweises auf verwendeten Sarkasmus am Ende seines Beitrages, aber hey, Leude, Holger meinte das nicht so wie es sich beim bloßen Aneinanderreihen aller Worte anhört.
    Klar, ich weiß nicht, was Holger meinte. Das weiß er selbst, sonst niemand. Ich kann höchstens aus dem Text schließen, welche Wirkung er mit seinem Post vermutlich erzielen wollte. So wie ich das sehe ist es nicht die, die wir momentan beobachten. Ich nehme an, dass er provozieren wollte, 'ne Prise Sarkasmus ist dafür schließlich gut geeignet. Na was soll's, der Schuß ging nach hinten los, jemand hat den Post zu ernst genommen und nun wird Holger sich verantworten. Bleibt abzuwarten, was das Münsteraner Gericht zu der Angelegenheit sagt, und ob und inwiefern sich an Holgers Schreibstil etwas nachhaltig ändert.

    Auf Kaffs Frage in der Themenüberschrift bin ich bewußt nicht direkt eingegangen.

    //edit: ;-)

  4. #4
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    Es ist wirklich traurig und lachhaft zugleich. Ich frag mich, welcher Mensch auf sowas eine Strafanzeige stellt.

    @X1alpha
    Aber auch wenn ich weder Mimik noch Aussprache bzw. Betonung wahrnehme, kann ich einen Beitrag so verstehen wie es der Autor möchte.
    Klar, ich weiß nicht, was Holger meinte. Das weiß er selbst, sonst niemand.
    Meiner Meinung nach widersprichst du dir hier zwar selbst, aber sprichst trotzdem einen Knackpunkt an: man muß sich einfach darüber im Klaren sein, daß man Äußerungen in einem Forum, mißverstehen kann - Smilies hin oder her. Und genau deshalb unterscheidet sich diese Kommunikation ja auch von einem "normalen" Gespräch von Angesicht zu Angesicht, in dem man mehr Möglichkeiten hat seinem Gegenüber zu verklickern, was genau man meint. Und gerade deshalb ist es für mich um so unverständlicher, wie solche unverhätnismäßigen Reaktionen zustandekommen.

  5. #5
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    Der Sarkast ist inzwischen freigesprochen worden:

    Freispruch für Telepolis-Forenteilnehmer Holger Voss

    In der Verhandlung um einen Meinungsbeitrag im Forum von Telepolis vor dem Amtsgericht Münster wurde der Angeklagte Holger Voss von dem Vorwurf freigesprochen, er habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass unbefangene Leser seine Äußerungen als Zustimmung zu Terroranschlägen interpretieren. Wie die Richterin Schach zum Freispruch ergänzend ausführte, bleibt offen, was ein "unbefangener Beobachter" im Internet in einem Forum wie Telepolis sein kann. Die mit dem Fall zusammenhängende Frage der angeblich unzulässigen Speicherung von IP-Verbindungsdaten durch den Provider T- Online wurde nicht erörtert. (kompletter Artikel bei heise.de)

  6. #6
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    Zum Freispruch: gut so. Ich hätte mich doch sehr gewundert, wenn selbst der Richter bzw. in diesem Fall die Richterin den Text als faktisch, und nicht als sarkastisch aufgefaßt hätte. Menschen in so 'nem Amt müssen Streritfragen mit einem kühlen Kopf, ohne Vorurteile angehen. Wenigstens hat mir dieses Urteil nicht unter die Nase gerieben, dass meine Vorstellung vom Richterdasein Wunschdenken ist.

    //Off-Topic: Roac, dass ich auf der einen Seite behaupte, den Autor so verstehen zu können wie er es möchte, und noch im gleichen Atemzug einwerfe, dass genau das nicht geht, ist ein Überbleibsel meines Deutschunterrichtes. Die (wie ich finde sehr kompetente) Lehrerin, die mich in den letzten zwei Jahren meiner Schulzeit unterrichtet hat, erinnerte mich bei so einer Äußerung darüber, was jemand möchte immer wieder daran, dass es kein Text hergibt, die Absichten des Autors festzustellen. Wenn die überhaupt jemand kennt, dann ist es der Autor selbst, sonst niemand. Er kann beispielsweise durch Stilmittel versuchen, dem Leser seine Absichten darzulegen. Ob der Leser den Text 100%ig richtg auffasst, sprich so wie es sich der Autor vorstellt, ist dann immer noch fraglich. Lange Rede, gar kein Sinn: wenn ich mich dabei ertappe wie ich so locker, flockig vor mich hinschreibe und einem Autor andichte, was er möchte, erinnere ich mich praktisch im gleichen Moment daran, was mir damals beigebracht wurde. Und dass dass - wenn man es genau nimmt - nicht richtig ist, versuche ich dann dirkt mal dem Leser meines Textes zu sagen.

    //edit: Huppala, Tippfehler übersehen

  7. #7
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    @X1alpha
    Kapiere. Eine Verständisfrage noch: Was hältst du jetzt nicht für richtig - was dir deine Lehrerin beigebracht hat, oder daß man versteht, was der Autor meint.

    Mich würde es als Autor ziemlich frustrieren, müßte ich davon ausgehen, daß sich viele Leser diesen Grundsatz zu eigen machten - denn dann würde das ja von vornherein bedeuten, daß mich keiner versteht. Wozu schreibe ich dann was? ... Kann mir noch jemand folgen?

  8. #8
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    Ich habe zum Thema nichts mehr zu sagen, möchte aber gern Roac antworten. Deshalb sorry fürs Off-Topic! Ich halte das für richtig, was sie mir damals beigebracht hat, Roac. Weil es mir einleuchtet, logisch ist. Uns Menschen rutschen immer mal wieder Sätze raus wie beispielsweise: "Der Autor möchte dem Leser des Textes erklären, was [...]" - aber das ist grober Unfug, wenn du dir so einen Satz genau anschaust. Du kannst nicht wissen, was die Intention des Autors beim Verfassen des jeweiligen Textes war. Warum er den Text geschrieben hat, was er mit dem Text verdeutlichen oder erklären möchte, kannst du nicht sicher sagen. Vorausgesetzt er war zum Zeitpunkt des Schreibens im Besitz all' seiner geistigen Kräfte, weiß er das möglicherweise selbst. Aber auch darüber kannst du bestensfalls spekulieren. Er kann dir zwar sagen, warum er das und das geschrieben hat, und welchen Zweck der Text hat. Aber mehr als es ihm glauben kannst du dann nicht. Mal abgesehen davon, dass sich ein Autor aber recht selten über eines seiner Werke äußert, ist eine verläßlichere Methode generell, dem Zweck eines Textes mit Hilfe einer Interpretaion auf die Spur zu kommen. Anhand von Textmerkmalen wie z.B. Wortwahl, verwendeter Stilmittel, Satzbau oder Satzlänge bestimmst du mehrere wahrscheinliche Bedeutungen. Die wahrscheinlichste nimmst du als richtig an, den Rest verwirfst du.

    Um dahinter zu kommen, was der Autor möchte, brauchst du eine Portion Erfahrung bei der Textinterpretation - und das Werkzeug. Soll heißen ein Regelwerk, das festlegt wie dieses oder jenes zu interpretieren ist. Halte dir aber unbedingt vor Augen, dass du niemals, unter keinen Umständen sicher sein kannst den Text richtig verstanden zu haben. Der Umkehrschluß daraus ist folgender: Du kannst "richtiges" Textverständnis als Schreibender nicht sicherstellen. Wenn du gut bist, kannst du durch deinen Stil zwar ein Mißverständnis beinahe ausschließen, aber eben nicht völlig unmöglich machen. Es hört sich vielleicht übertrieben an, ist bei eingehender Betrachtung aber nicht weniger oder mehr als die Wahrheit. Ich nehme unsere Sprache inzwischen in etwa so wahr: nehmen wir an jemand redet gerade mit mir. Ich kann in 99 % aller Fälle sofort sagen, was dieser jemand von mir möchte. Und ich bin dann meistens so verwegen und behaupte, dass ich mir sicher bin. Doch genau das ist falsch. Wie eben erklärt, geht das nicht. Manche Menschen suchen dann bei einem tatsächlichen Mißverständnis den Fehler lieber erst mal beim anderen, anstatt bei sich. Das passiert mir dummerweise auch ziemlich oft. Ich kann manchmal selbst nicht begreifen, dass ich eine vermeintlich eindeutige Aussage falsch verstanden habe. "Der muss sich falsch ausgedrückt haben, ich hab' ihn schon richtig verstanden, anders kann es nicht sein..." Klar, die Wahrscheinlichkeit, dass ich mein Gegenüber bei dem Satz "Mir ist heiß" falsch verstehe, ist verschwindend gering, aber nie gleich Null! Hier im Internet ist sie ungleich höher als bei 'ner vergleichbaren Situation im Real-Life. Hier gibt es keine Gestik, Mimik etc.

    Richtiges Textverständnis ist so unendlich viel schwerer als es scheint. Nun doch noch ein kleines Texthäppchen zum Thema: je mehr Stilmittel in einem Text verborgen sind, desto anfälliger wird er für Mißverständnisse. Zynismus setzt dieser Anfälligkeit meiner Meinung nach die Krone auf, da er die gefährliche Gratwanderung zwischen genau richtigem Verständnis und völlig falschem sein kann. Beim Sarkasmus, der Vorstufe des Zynismus, ist es einfacher, eigenen Humor richtig einzubringen, aber auch das kann relativ schnell in die Hose gehen wie der anscheinend mißverstandene Text von Holger Voss zeigt.

    //edit: da hatte ich doch glatt ein Detail vergessen...

  9. #9
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    @X1alpha
    Danke, ich glaube , ich verstehe in etwa, was du meinst.

    Um wieder zurück zum Topic zu kommen:
    Tja, auch wenn ich natürlich froh bin, daß Holger freigesprochen wurde, enttäuscht es mich doch, daß generell zum Thema vom Gericht nichts gesagt/entschieden wurde. Aber so ist das wohl immer mit den Gerichten ...

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