Einen wirklichen Effekt scheint das "Duell" nicht gehabt zu haben. Die SPD konnte zwar etwas zulegen, allerdings haben die Grünen im gleichen Atemzug verloren. Das "linke" und das rechte Lager sind also weiterhin etwa gleich stark, da aber alle SPD-Spitzenpolitiker noch einmal kategorisch jede Zusammenarbeit mit der Linken ausgeschlossen haben, hat sich am Kräfteverhältnis zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb nichts geändert. Einige Genossen bereiten sich offenbar schon auf eine große Koalition vor, da alle wissen dass es für Rot-Grün nicht reichen wird. Lieber ein bischen an der Macht sein als weitere vier Jahre Opposition, wenns schon nicht zur Kanzlerschaft reicht.

Meine Prognose ist weiterhin dass es zu einer Neuauflage von Schwarz-Gelb kommt, denn wie bei den letzten Landtagswahlen werden wieder genug Zweitstimmen von der Union zur FDP wandern um Diese über die 5 % Hürde zu hieven, damit die Koalition ihren Wähleranteil von ~46 % auch voll ausspielen kann ohne die in Umfragen häufig kolportierten 4 % FDP Zweitstimmen zu vergeuden. So doof wie die "Linken" bei SPD und Grünen sind die bürgerlichen Wähler dann doch nicht.

Die Neuauflage von Schwarz-Gelb könnte noch am ehesten durch eine zu starke Linkspartei oder die AfD (Alternative für Deutschland) gestört werden, da keines der Umfrageinstitute sicher sagen kann wie viele Prozent diese Euro-Protestpartei holen kann. Falls sie Union und FDP genug Stimmen klauen kann um sich knapp über die 5 % Hürde zu hieven, wird es zur großen Koalition kommen. Falls die Linkspartei zusammen mit SPD und Grünen mehr als die Hälfte der Sitze hat, wird es zur großen Koalition kommen da die SPD auf die eigene Kanzleroption verzichtet.

So oder so wird in allen Szenarien Merkel weiterhin an der Macht bleiben.


Vermutlich mit der FDP, vielleicht mit der SPD mit der sie genauso bequem leben kann, im unwahrscheinlichen Fall auch mit den Grünen. Merkel hat viele Optionen zur Kanzlerschaft, Steinbrück hat sich die einzige Option zur Kanzlerschaft (die Linke) selbst verboten.

Um noch einmal zum TV Duell zurückzukommen:
Stefan Niggemeier schlug in seinem Blog vor, die Moderatoren bei diesem Duell einfach abzuschaffen und die Kandidaten stattdessen direkt ein Streitgespräch miteinander führen zu lassen. Michael Spreng, der Erfinder des TV-Duells, sieht es ähnlich:
Besser wären zwei große TV-Auseinandersetzungen: ein Duell der Kanzlerkandidaten – aber nur mit einem Moderator und mit einem gelockerten Regelwerk, das auch ein längeres Streitgespräch erlaubt, das nicht permanent durch das Abhaken neuer Fragen unterbrochen wird. Und – noch wichtiger – wieder eine Elefantenrunde aller Spitzenkandidaten. Damit sich Kanzlerin und Kanzlerkandidat auch den Argumenten der “Linken”, Grünen und der FDP stellen müssen. Eine Kontroverse Trittin gegen Merkel oder Steinbrück gegen Brüderle oder Gysi wäre spannnender und aufschlussreicher gewesen als das Duell.

In der alten Form, mit dem Parallelduell der vier Moderatoren und den ärgerlichen Regeln (siehe oben), ist das TV-Duell als echte Entscheidungshilfe für den Wähler tot.
Ich fände Niggemeiers Version am Besten (gab es so schon mal bei einem Österreichischen Kanzlerduell in den 70ern). Allerdings würde sich Merkel niemals auf so etwas einlassen, da ihre didaktischen Schwächen und inhaltslosen Phrasen umso offenkundiger würden, je weniger strukturiert die Debatte ist. Peer Steinbrück ist zwar kein eloquenter Mann mit einem schneidigen Format wie sein Mentor Helmut Schmidt, verglichen mit Mutti wirkt aber selbst er bei freier Rede wie ein Charismatiker.