Zu Luna, Pike und Betty:

Ja, Crichton verfolgt seine Ziele sehr energisch und ordnet ihnen alles unter. Es ist deutlich zu sehen, dass er seine Mittel nun anders wählt, als früher. Sein Charakter hat sich verändert. Auch wenn mir persönlich diese Veränderung nicht gefällt, hätte ich da kein Problem mit, wenn es auf Moya andere Charaktere gäbe, auf die ich meine Sympathien richten könnte: An deren Abenteuern ich teilhabe, die miteinander tratschen und intriegieren, ihre Ziele verfolgen und vielleicht sogar Veränderungen mitmachen.


Charakterentwicklung, Stereotypen und Realismus in Staffel 4

Moya: Ein biomechanoides Transportgerät, mehr nicht. Ihr Wille und Überlebenstrieb scheint ihr mit Talyns Tod abhanden gekommen zu sein.

Pilot: Er erfüllt fast nur noch Servicefunktionen auf Kommando. Eine einzige Stelle fällt mir ein, wo er aktiv wird: Er fragt John und Aeryn in "I shrink therefore I am", ob er in den "Tormented Space" fliegen solle. Das wars aber auch schon. <font class='spoiler'>In 4.19 kann er nicht mal verhindern, dass die Charrids an Bord gelangen.</font> Seine Persönlichkeit ist in der Serie bedeutungslos geworden.

Noranti: Eine dreckige und chaotische Kräuterfrau, das bleibt sie vom Anfang bis zum Schluss.
Warum will die Frau auf Moya bleiben? Weshalb hilft sie ihren Mannschaftskameraden?

Sikozu: Ihre erste Handlung auf Moya war das Erteilen von Befehlen. Mein erster Eindruck war der einer besserwisserischen und jähzornigen Person, lange bleibt sie auf die Nervensägen-Rolle beschränkt. Nachdem sie den Leviathan-Plünderern entkommen ist, weshalb bleibt sie dann auf Moya? Dass Scorpius an Bord kommen würde und sie mit ihm Gemeinsamkeiten entdeckt <font class='spoiler'>oder dass sie gegen die Scarraner am Ende mithelfen könne</font>, hat sich erst viel später erwiesen. Sie bekommt erst gegen Ende interessante Aspekte. <font class='spoiler'>Im Katratzi-Treiteiler ist sie die Einzige mit einem realistischen Motiv, John und Aeryn zu folgen - im Gegensatz zum ganzen Rest.</font>

Rygel: Er taucht fast nicht mehr auf und leistet kaum mehr Widerstand, wenn riskante Entscheidungen gefällt werden. Er, der hunderte Zyklen in Gefangenschaft ungebrochen überstanden hat, ist des Kämpfens müde geworden. Dominar Rygel XVI hat vergessen, wer er ist.

Ka D&#39;Argo: In den vergangen Staffeln ist D&#39;Argo ruhiger und beherrschter geworden. In einer Folge der Aktuellen wird auch deutlich, dass er mit einem Dämonen seiner Vergangenheit, dem Mörder seiner Frau Lolan, beherrscht umgehen kann. Das er sich aber im Zaum halten kann, ist schon eine Weile klar, also stellt das keinen charakterlichen Fortschritt dar. Wahrscheinlich ist er wegen seiner Ruhe auch zum Kapitän gewählt worden. Dennoch trifft er keine relevante Entscheidung während seiner kompletten "Amtszeit" Die Entscheidung, in den "Tormented Space" zu fliegen, trifft nicht er und er wird nicht gefragt.
Seine Heimat und sein luxanischer Hintergrund scheinen keine Bedeutung mehr für ihn zu besitzen. Er versucht nicht einmal, sie zu retten, als Graysa den luxanischen Raum an die Scarraner zu verschachern droht. Ka D&#39;Argo, der einstens stolz auf seine luxanische Herkunft, auf sein Volk und seine Traditionen war, ist zum Vaterlandsverräter geworden. Nicht dass ich ihn deshalb so einfach verurteile - blos frage ich mich, wie es dazu kommt.

Chiana (mein Lieblingscharakter): Am Anfang der Staffel hatte ich mir große Hoffnungen für sie gemacht. Sie sah leicht verändert aus, und hatte eine neue Fähigkeit. Blos brachte sie die irgendwann nicht mehr zum Einsatz. Sie ist und bleibt hauptsächlich die naive Bordschlampe. Und das, obwohl sie schon in der 1. Staffel ("Nerve" fällt mir da ein) deutlich bewiesen hat, dass viel mehr in ihr steckt - sie kann neben flirten auch denken, planen, ballern... Ihre Abenteuer nach "Dog with two bones" werden nicht erwähnt. Sie wollte zum Nebari-Widerstand, über dieses Thema fällt aber in der kompletten Staffel keine Silbe. Scheint so, als ob in ihrer Heimat ihre aktive Seite einen schweren Rückschlag erlitten hat.
Die Badezimmer-Szene in "A Constellation of Doubt" hat mir richtig wehgetan. Chi ist zwar noch nicht das Dummchen vom Dienst, aber wenn es bei ihr eine Entwicklung gibt, dann geht sie in diese Richtung.

Für alle diese Charaktere gilt, dass ihre Persönlichkeiten, Hintergründe und Motive für die Staffel belanglos sind. Sie fällen keine wesentlichen Entscheidungen, entwickeln sich nicht weiter und spielen keine Rolle im Handlungsbogen. Sie sind nur noch Crichtons willige Lakeien bei all seinen Abenteuern, und müssen sich in den Einzelfolgen mit den Handlungsbrosamen begnügen, die ihnen im Laufe ihrer Crichton-Gefolgschaft in den Schoß fallen. <font class='spoiler'>Dass Sikozus Interessen am Ende gedient wird, scheint Zufall zu sein.</font>

Aeryn: Zunächst taucht sie nur in Crichtons Phantasie auf. In "Promises" wird sie gerettet. Dann tritt sie wieder in den Hintergrund, bis sie in "Bringing Home the Beacon" von den Scarranern gefangen wird. Die foltern sie, lassen sie aber nur am Leben, weil ihr Kind von Interesse sein könnte. Auf seiner DNA könnten nämlich Wurmlochinfos drauf sein. Jetzt kann sie nur noch warten, gerettet zu werden.
Aeryn ist von den ersten bisher Aufgezählten die erste wichtige Person. Sie ist das Objekt der Begierde von John Crichton. Der Eiertanz zwischen den Beiden frisst nach ihrer Wiedervereinigung (und sogar schon davor) dann einen gut Teil der Sendezeit. Die Scarraner interessieren sich für ihren Fötus. Aeryn selbst als aktiv handelnde und planende Persönlichkeit ist irrelevant für den Fortgang der Rahmenhandlung. Als eigene Ziele formuliert sie nur den Erhalt ihres Embryos. Und John Crichton (ich vergaß es fast).

Scorpius: Scorpius entscheidet sich in "Promises", sich der Crew anzuschließen. Im Lauf der Staffel bringt er sich immer stärker ein, aus eigenen Motiven. Er ist neben Crichton <font class='spoiler'>und am Ende vielleicht Sikozu</font> der Einzige, der für sich denkt und handelt.

Crichton: Über seinen schlechten Charakter habe ich mich bereits ausgelassen... Er fällt die Entscheidungen, er treibt die Rahmenhandlung voran, auf ihn richten sich die Intrigen der Scarraner und Sebaceaner, er gelangt in die unmöglichsten Situationen und auf die uneahrscheinlichste Weise wieder heraus, ihm folgen die meisten seiner Kameraden wie willige Schafe. Wenn man zu sowas nicht "Held" sagen kann, weiß ich auch nicht, er ist zwar ein Held, der sich der dunklen Seite der Macht zugewandt hat, aber Held bleibt Held - der Dreh-und Angelpunkt seiner Umwelt. Er ist die alternativlose Hauptfigur der Staffel, seine Handlungen sind die einzigen, die zählen. Er entscheidet sich dafür, hoffnungslos, einzig und allein Aeryn zu verfallen. Dieser Besessenheit stellt er sogar seine Sorge um die Wurmlochtechnologie zurück. Die Folgen erwähnte ich bereits.


Die 4. Staffel - Handlung

Crichton war auch schon früher der Wichtigste, aber alle Anderen auf Moya sind bis zur Bedeutungslosigkeit in den Hintergrund getreten. Mit ihrer Passivität sind sie für mich unglaubwürdig geworden.
Die politischen Verwicklungen berühren nur Scopius, Crichton <font class='spoiler'>und Sikozu</font>, alle übrigen sind aus unerfindlichen Gründen Crichtons willige Helfershelfer.
Aeryn ist nur wichtig, weil Crichton sie liebt, der Rest der Crew ist Teil des Bühnenbildes ihres Liebesbaletts, bei dem die Tänzer sich vor und zurückbewegen und einander umkreisen, <font class='spoiler'>bis der zu Tode gelangweilte Estefan beginnt, Popcorn auf die Bühne zu werfen.</font>

Mein Problem: Ich kann Crichton nicht ausstehn, so wie ich das sehe, ist die 4. Staffel extrem crichtonfixiert, und die 5., wenn es denn eine gibt, wird das wohl bleiben. Für mich gibts in der Serie keine wichtigen Alternativpersonen, mit denen ich mich identifizieren könnte, und den Handlungsbogen an sich find ich schon länger großteils unglaubwürdig. Seit "Kansas", um genau zu sein.

Ufff heut erläuter ich den letzten Punkt nimmer näher...