Als ich das erste Mal von diesem Film hörte, klang er für mich wie ein zweischneidiges Schwert. Zum einen war es das neue Projekt von Regisseur und Autor Paul Thomas Anderson, dessen Hard Eight, Boogie Nights und allen voran Magnolia zu meinen absoluten Lieblingsfilmen zählen. Zum anderen hatte sich Anderson aber als Hauptdarsteller diesmal Adam Sandler auserkoren, dessen Filmen ich bislang nichts, aber auch gar nichts abgewinnen konnte. Seine nervtötende, unerträgliche Art war für mich das männliche Äquivalent der Nanny namens Fran.

Doch nun habe ich Punch-Drunk Love gesehen, und ich möchte Anderson und Sandler einfach nur zu einer perfekten Zusammenarbeit gratulieren. Im Gegensatz zum epischen Magnolia mit seinen über drei Stunden und einem Dutzend Hauptcharakteren, geht Anderson diesmal erstaunlich ökonomisch vor: zwei Hauptcharaktere, 97 Minuten.

Auch ist die Handlung zwar nicht mehr so wunderbar rätselhaft und interpretierungsbedürftig, aber nicht minder originell:

Der Kleinunternehmer Barry Egan (Adam Sandler) leidet unter seinen sieben Schwestern so arg, daß er unter jähzornigen Ausbrüchen leidet. Wenn er auf seine mühsam kaschierten Fehler angesprochen wird, zertrümmert er Glastüren oder auch mal eine Herrentoilette. In sein Leben tritt eines Tages nicht nur ein Harmonium, das er am Straßenrand findet, sondern auch Lena Leonard (Emily Watson), mit der er eine instinktive Verbindung spürt. Gleichzeitig hat Barry einen Marketingfehler der Firma Health’s Choice aufgetan: Durch das Aufkaufen von riesigen Puddingmengen kann er Bonusflugmeilen anhäufen. Doch damit nicht genug: Ein harmloser, unbeholfener Anruf bei einer Telefonsex-Hotline führt dazu, daß Barry erpreßt und von vier blonden Schlägern verfolgt wird. Aber eigentlich ist es eine Liebesgeschichte.

Klingt das schräg? Ist es auch. Aber haben wir nicht alle die Schnauze voll von mundgerechten, oft auch vorgekauten Hollywood-Standard-Plots? Nein? Dann hört jetzt auf zu lesen, meidet Punch-Drunk Love und geht ein Kino weiter in The Core.

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So. Jetzt wo die Ignoranten weg sind, sind wir ja unter uns. (Gestern abend im Kino, als meine bessere Hälfte und ich im urgemütlichen Foyer, wie es sie nur noch in Programmkinos gibt, warteten, kam auch eine Horde Menschen gehobeneren Alters aus der Vorstellung und tobte, der Film wäre ja unzumutbar. Das Publikum unserer Spätvorstellung erwies sich nicht nur als offen, sondern genoß den Film sichtlich.)

Zurück zum Film. Was Anderson hier macht, ist folgendes: Er hat beim Anschauen zahlreicher, unsäglicher Sandler-Filme die grundlegenden Defekte der Karikaturen, die Sandler bisher spielte, erkannt. Die hat er genommen, analysiert und drumherum einen glaubhaften, menschlichen Charakter gestrickt, der in diesem Film zwar Liebe erfährt, aber auch Heilung, was fast noch wichtiger ist.

Die Bilder sind meisterhaft erdacht, die Regieführung genial. Die hypnotisierende, kaleidoskopartige Wirkung des Films wird sogar dreimal völlig bildhaft dargestellt, kann man schwer beschreiben.

Außerdem sind noch die extrem kurzweilige Handlung, Gastauftritte von Andersons Stammschauspielern Luis Guzman und Philip Seymour Hoffman, der schräge Humor und mehrere Schockeffekte zu erwähnen, die es wirklich in sich haben.

Mehr kann ich eigentlich nicht sagen, ohne den Film kaputtzureden. Diesen Film sehen ist ihn zu erleben.

Fazit: Ihr seid offen für was Neues? Ihr wollt Langeweile und Hollywood-Einerlei über Bord werfen und Euch überraschen lassen? Dann geht heute noch in Punch-Drunk Love, für mich der beste Film seit langem.