Achtung, dieses Review enthält Spoiler!

Was soll ich über diesen Film sagen? Da die grobe Handlung sicher jedem bekannt ist, gehe ich ausnahmsweise darüber hinweg und frage: Wieso strickt ein solch virtuoser Filmemacher wie Spielberg brilliante Set-Pieces so aneinander, daß die wichtigsten Verbindungsstellen gleich auch die größten Schwachstellen sind?

Und nein, ich rede hier nicht von der vielzitierten Frage: Wie kam Anderton mit seinen alten Augen in die Precrime-Zentrale? Ich halte nicht viel davon, einen Film an seinen Goofs, an seinen Nitpicks zu messen.

Aber kommen wir doch zuerst mal zu den grandiosen Dingen, die ich hier erwähnen möchte, und die alleine schon denn Eintrittspreis rechtfertigen:
- Die von Spielberg geschaffene nahe Zukunft wirkt zu keiner Zeit nicht überzeugend. Hut ab!
- Die Kamerafahrt von oben über die Etage eines Apartmenthauses, so als wäre keine Decke vorhanden, ist perfekt. Und das ohne Computertricks, das war eine echte Kulisse! Prächtig.
- Auf die Idee, das Fluchtauto um den Helden herum zu konstruieren, ist aberwitzig. Man muß es sehen, um es zu glauben.
- Andertons Besuch bei seinem „Augenoptiker" und dessen Krankenschwester... hier rutscht der Film beinahe ins Surreale ab.
- Die Spiders!
- Die genialste Kameraeinstellung... Anderton und Agatha, jeder mit gehetztem Gesicht, jeweils über die Schulter des anderen in eine Leinwandecke blickend... Gänsehautgarantie. Und Spielberg gibt zu, daß es völliger Zufall war...

(Schön fand ich auch, in dem USA-Today-Leser in der U-Bahn einen meiner Lieblingsregisseure zu erkennen: Cameron Crowe.)

Da ist es nur schade, daß Spielberg in absolut essentiell wichtigen Szenen so auf Autopilot schaltet, wie er es hier tut. Das ist schlichtweg nachlässig und faul. Folge davon ist, daß der Zuschauer kein Precog sein muß, um den Handlungsverlauf zu ahnen. Beispiele:
- In dem Moment, wo das Schicksal von Andertons Sohn erläutert wird, ist das Motiv für den Mord, der ihm angehängt werden soll, mehr als nur sonnenklar. Bis der Film sich das eingesteht und es enthüllt, vergeht laaange Zeit.
- Eines der ältesten Klischees wird bedient: Dem Publikum wird gleich zu Anfang der vermeintliche Bösewicht als falsche Fährte vorgestellt. Der echte Bösewicht enthüllt sich später dem vermeintlichen gegenüber. Auch diese Enthüllung ist bereits am Anfang der Szene so offensichtlich, daß es fast schon schmerzhaft ist anzusehen, wie Spielberg auf das nicht mehr wirklich augenöffnende Ereignis hinarbeitet.
- Der Ausgang des finalen Showdowns zwischen Anderton und dem Bösewicht ist eine weitere Überraschung, die bereits Momente am Anfang der betreffenden Szene auf der Hand liegt.

Fazit: So faszinierend ein Großteil des Films ist, so ist es enttäuschend und frustrierend zugleich, daß das Gehirn des aufmerksamen Zuschauers in Schlüsselszenen zu Spielbergs Stichwortgeber wird.