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Thema: DDR - was bleibt?

  1. #1
    Mittlerer SpacePub-Besucher
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    Ich hatte gestern eine interessante und zum Teil heftige Diskussion über die DDR. Eine klassische Ost-West-Diskussion würde ich meinen, auch wenn der eine arme Wessi gegen uns drei Ossi-Weiber nicht viele Chancen hatte.

    Die Frage ist aber trotzdem interessant, so dass ich sie an euch weitergeben möchte. Was bleibt von der DDR? Welcher Eindruck bleibt in der Erinnerung der Menschen zurück?

    Auf der einen Seite ist das (Ost)Klischee, dass früher alles besser war. Und auf der anderen Seite die häufig gehörten (West)Ansichten, dass in der DDR ALLE Leute IMMER unterdrückt und bespitzelt wurden, alle niedergeschlagen und deprimiert herumgelaufen sind, es Essen nur mit Lebensmittelmarken gab und fließendens warmes Wasser, Strom und Farbfernsehen sowieso unbekannt waren.

    Mein Standpunkt: Ich weiß, dass die DDR ein totalitärer, nicht demokratischer Staat war, der die Rechte seiner Bürger massiv einschränkte – und den ich auch nicht zurückhaben möchte.
    ABER die meisten Leute lebten die meiste Zeit doch relativ ungestört und mit dem System arrangiert – so wie man sich eben mit dem System, in dem man lebt abfindet (ich kann auch heute nicht überall in den Urlaub hinfahren, wo ich möchte – ich sag nur Sahara-Geiseln – und den Staat heute zu kritisieren mag auch in gewissen Sinne Unannehmlichkeiten bereiten). Es war also nicht grundsätzlich ein schlechtes Leben. Die Beschränkungen nahm man halt als gegeben hin – man kann Auslandsurlaub maximal in den sozialistischen Bruderländern machen, gut, das war eben so. Nicht jeder konnte studieren, das war halt so...

    Jetzt sagt ihr mal: Bin ich naiv und verkläre die Vergangenheit (ich muss dazu sagen, ich war 14 bei der Wende – eigentlich schon alt genug, um mich richtig erinnern zu können)? Oder war bei uns in der Provinz das Leben einfach friedlicher und einfacher (aber ehrlich, wo außer Berlin war in der DDR keine Provinz)? Oder überwiegt heute einfach der Eindruck von Stasi und Unterdrückung, weil das dramatischer klingt?
    Vinnis Goldene Regel Nr. 11:
    Betrüge jeden, nur nicht dich selbst!

    Zorthans Freistatt

  2. #2
    Flinker Finger Avatar von Gilgamesh
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    Ich würde mal behaupten, dass die DDR eigentlich nichts anderes als eine Fußnote der Geschichte bleiben wird.
    Es war ein künstlicher Staat, von einem Sieger des WWII aus eigenem Machtkalkül geboren.
    Natürlich ist es klar und völlig logisch, dass Du Dich jetzt an die angenehmeren Dinge erinnerst. Dies ist bei uns Menschen einfach so und es ist auch einer unserer größten Vorteile, Dinge, Geschehnisse einfach zu verdrängen (schon alleine die Tatsache, dass man sterblich ist, wäre bei permanenter Erinnerung der Hammer).
    Des weiteren ist es eine Eigenschaft von uns Menschen, dass wir uns mit fast jeder Situation arrangieren können, man findet eben überall seine Nischen, da der Mensch nun mal ein Opportunist ist. Dabei muss ich z.B. an das Buch Papillon denken. Dieser Mann arrangierte sich, bis zu seiner Flucht sogar mit einer der widerlichsten Strafsysteme des 20. Jahrhunderts, dem Banco.
    Dies bezieht sich gerade auf die Menschen, welche in dieses System hineingeboren wurden, man kannte ja schließlich nichts anderes.

    Was mich immer wieder wunder, ist dieser immer noch vorhandene Ossi-Wessi-Ablauf.
    He, Ihr seid alle Deutsche, eigentlich ohne Unterschied. Diese Vorurteil, wie z.B. alle Ossis sind faul, im Gegenzug sind nur wenige Wessis die großen Checker.
    Vielleicht solltet Ihr einmal damit beginnen, dieses nur in den Köpfen vorhandenen Gefälle zu eliminieren...
    Fear...fear attracts the fearful...the strong...the weak...the innocent...the corrupt...Fear...Fear is my ally..

    At last we will reveal ourselves to the Jedi. At last we will have revenge....

  3. #3
    Dauerschreiber Avatar von Whyme
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    Naja...

    Wenn Du heute nicht überall hinfahren kannst, dann hinderst Du dich selber daran und nicht der Staat. Das gleiche gilt für ein Studium. Wenn Du in der DDR etwas gegen den Staat gesagt hast, dann wurdest Du inhaftiert und ohne ordentliches Verfahren für immer weggeschlossen. In der BRD ist sowas nicht möglich. Strafen erwarten Dich nur, wenn Du etwas extrem Verfassungsfeindliches sagst und selbst dann wirst Du vor ein Gericht gestellt und hast die Chance, dich zu rechtfertigen und wieder frei zu kommen. Und Du kannst in der BRD auch nicht angeklagt werden, weil dein Nachbar Dich verpfeift, Und ich habe die Möglichkeit, Deutschland zu verlassen und woanders zu leben, wenn es mir hier nicht gefällt, ohne dass ich als Verräter gelte, fliehen muss und das Risko auf mich nehme, an der Grenze erschossen zu werden.

    Du hast recht, wenn Du sagst, es unterscheidet sich nicht vieles von der DDR zur BRD heute. Aber der große, und für mich sehr wichtige, Unterschied ist: Es ist nicht der Staat, der mir etwas vorschreibt. Ich setzt die Grenzen selber und wenn ich meine, dass ich trotz des Kidnapping-Risikos eine Sahara-Tour machen will, dann kann ich das tun. Und auch im dicksten politischen Zoff mit den USA wäre die Regierung nicht auf die Idee gekommen, mir eine Reise dahin zu verbieten. Die einzigen Hindernisse, die es hier gibt, vor allem der Zeitmangel, an denen kann ich arbeiten um sie zu überwinden.

    Das nennt man Freiheit. Und die ist zumindest mir halt sehr wichtig. Der Gedankte, dass mir jemand verbietet, meine Träume zu verwirklichen, ist mir ein Graus.

    Ich bezweifle nicht, dass die Bürger der ehem. DDR sich auch frei gefühlt haben und glücklich waren. Aber das ganze funktionierte nur, weil sie sich mit dem abgefunden hatten, was um sie herum war. Sie hatten sich damit zufrieden gegeben, wie es war und das beste daraus gemacht. Dass die DDR heute gerne durch die Rosarote Brille gesehen wird, liegt vor allem daran, dass das Leben im Vergleich schwerer geworden ist. z.T. sicherlich auch durch die größere Eigenverantwortung, die man tragen muss.

    Das ist jedenfalls die Quintessenz, die ich aus Diskussionen in 5 Jahren Freundschaft mit einer "Ossi" gezogen habe.

    Whyme
    I used to think it was awfull that life was so unfair. Then I thought wouldn't it be much worse if life were fair and all the terrible things that happen to us came because we deserve them? So now I take great comfort in the general hostility and unfairness of the universe.

  4. #4
    Mittlerer SpacePub-Besucher
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    Hmmmm... Ja, klar, rückblickend sieht immer alles besser aus und man darf nicht alles durch die rosarote Brille sehen. Aber ich will auch nicht, daß die Leute die DDR durch die dunkelschwarze Brille sehen - weil so wie nicht alles rosa war, war halt aber auch nicht alles finster und grau, wie's heute gern gezeigt wird.

    Und, ich geb's ja zu, auch mir ist meine persönliche Freiheit sehr wichtig, obwohl ich wie gesagt, nicht viel von der konkreten Unfreiheit bei mir und meinem Umfeld mitbekommen habe. Aber vielleicht war ich da wirklich noch zu jung...

    Was das Gefälle in den Köpfen angeht: Also ich halte mich für relativ weltgewand und habe sowohl Ossis als auch Wessis in meinem Bekannten- und Freundeskreis, was für mich keinen Unterschied macht. Aber es gibt die Vorurteile - meist von Leuten, die noch nie "drüben" waren. Ich fürchte ja, diese metale Trennung wird so lange halten wie die tatsächliche...
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    Zorthans Freistatt

  5. #5
    Dauerschreiber Avatar von Whyme
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    Auf beiden Seiten, Vinni...

    Es gibt auch genügend Ossis, die mit Vorurteilen an die Wessis herangehen ohne dass man ihnen etwas getan hat und die sich die DDR, weshalb auch immer, zurückwünschen. Aber in ein paar Generationen wird das eine zu vernachlässigende Minderheit sein.

    Whyme
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  6. #6
    Mittlerer SpacePub-Besucher
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    Auf beiden Seiten, Vinni...
    Hab ich nie bestritten. :P

    Aber du sagst es selbst: In einigen Generationen... Dann sind wir aber wirklich soweit, daß die bösen Nachwehen der DDR länger existieren als der Staat selbst.
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  7. #7
    Dauerschreiber Avatar von Whyme
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    Als ob das was neues wäre...

    Das Dritte Reich bestand 12 Jahre und die Verarbeitung dauert nun schon fast 60 Jahre an...
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  8. #8
    Wiederholungstäter Avatar von kleinerewoelfin
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    Hallohalli!

    Meine Eltern beide kommen aus der DDR, meine Mutter wurde kurz vor dem Mauerschluss, mit 12 Jahren, von meiner Oma rübergeschleust. Von meinem Vater weiß ich nicht viel. Das war eine turbulente und unsichere Zeit, ohne Frage.
    Es war weder alles rosarot noch grau / schwarz. Die Leute hatten sich arragiert. Wenn es was nicht direkt gab, irgendwo konnte man garantiert noch über Freunde und Bekannte finden, was man suchte.
    Meine Mutter und meine Oma ließen ihr ganzes Leben hinter sich, als sie der DDR den Rücken kehrten. Familie und Verwandschaft blieb drüben. Und für mich war es jedes Jahr wie eine Reise in eine andere Welt. Wir brachten viel Zeuch rüber, Kaffee, andere "Konsumgüter" - einmal, zweimal im Jahr. Ich kann heute nachvollziehen, was meine Eltern gefühlt haben müssen, als sie durch die Grenze gefahren sind.
    Unsicherheit und Angst. Genau das, was z.B. auf dem Weg nach Österreich, als die Grenze noch überwacht wurde mit Argusaugen, nicht so war. Man hatte das gefühlt, dass man etwa verbotenes tat. Man war der Gewalt des Staates und der Willkür des überwachenden Soldaten ausgeliefert auf Gedei und Verderb.
    Ich erinnere mich noch an einen Grenzübergang. Meine Oma hatte einen kleinen Wecker mit. So einen zum aufziehen. Sie hatte ihn ganz unten in ihrem Rucksack, und er hatte seine Alarmfunktion selbst eingestellt. Natürlich, wie sollte es anders sein, ist er an der Grenze losgegangen. Die Soldaten haben das komplette Auto auseinandergenommen, als wären wir Verbrecher. Dabei wollten wir doch nur unsere Verwanden besuchen fahren. Vier Stunden lang haben sie alles auseinandergenommen, und als sie dann endlich befriedigt waren, ließen sie uns alleine mit dem ganzen Kram draußen um das Auto verteilt. Passieren durften wir.
    Ja, es war wie eine andere Welt. Befremdlich ausschauende Häuser, und die Natur schien auch anders auszusehen. Irgendwie bedrückt und doch voller Leben. Und die Leute waren zu frieden mit dem, was sie hatten. So schien es zu mindest.
    Wir haben gefeiert, haben Spaß gehabt. Sind in die Sommerhäuschen gefahren, in die Natur hinein. Ich habe das Gefühl, dass die "Ossis" (obwohl ich sie so nicht wirklich nennen mag - es sind schließlich Deutsche, wie wir "Wessis" auch) glücklich waren, mit dem was sie hatten. Sie waren glücklich, *überlebt* zu haben. Glücklich mit dem was sie hatten.
    Sicherlich kann ich auch nur für meine Verwanden und Bekannten sprechen. Auch bei ihnen war der ein oder ander bei der Stasi, unausgesprochene Verdachte, ausgesprochene Gerüchte. Manch einer wusste es, ein anderer nicht. Der große Geheimapperat war scheinbar unerreichtbar, mysteriös, keiner wusste, was hinter dem kurzem Namen sich verbarg. Vielleicht hatten sie auch nur einfach Angst, zu fragen.
    Leider kam es auch bei meiner Verwandtschaft irgendwann der Zeitpunkt, als sie uns unser ach so besseres Leben neideten. Dass sie sagten, wir kämen ja nur vorbei, um zu zeigen, dass wir viel besser dran seien, als sie. Dass wir sie mit unseren Geschenken ja eigenltich nur noch weiter in den Staub treten wollen. Was wir nie wollten und ich persönlich auch niemals einem anderen antun würde. Vielleicht war das auch ein solches Gerücht von der Stasi in den Raum geworfen und weitergetragen worden von Mund zu Mund. Vielleicht war es auch einfach der Anfang des Mauerfalls, damals schon, im Volk. Der Staat DDR bröckelte vor sich hin.
    Die Idee, nur soviel zu Arbeiten, wie ein Plan voraussetzt, faszinierte mich. Andererseits schreckte sie mich ab. Zur Arbeit zu gehen und dann nichts zu tun, weil der dumme Plan ja schon vollkommen und zur Zufriedenheit des Vorarbeiters fertiggestellt war, würde mich rasend machen. Einerseits. Andererseit war es doch ein nettes laues Leben, dachte ich mir. Nichtstun und trotzdem bezahlt werden? Das war doch toll. Nur brachte es dem Land leider nichts. Dem ungewollten Zwilling der ach so florierenden BRD.
    Das volle Ausmaß des Mauerfalls hatte ich damals nicht verstanden, dazu war ich noch zu jung. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, dass beim Mauerfall, so mitreißend und erwartungsvoll er gewesen war und zu ihm hingebangt und gehofft wurde, es hätte einiges besser und anders laufen müssen.
    Aber der Meinung bin ich schon, seit damals die ganzen Hilfsarbeiter aus dem Ausland hereingeholt wurden. Es wurde leider vieles nicht überdacht, sondern fast schon "aus dem Bauch heraus" getan, Dinge, die anders vielleicht besser laufen würden. Aber das kann man gut auf die ganze Geschichte der Welt münzen.
    Es ist schade, dass es immer noch Ossis und Wessis gibt, und auch ich falle manchmal scherzhaft in die "Neuen Bundesländer" hinein, und nutze unbewusst den Ausdruck "drübn" (mit einem leichten sächsischem Akzent) wenn es um die ... tja .... wie nennt man die Länder denn jetzt? DDR, ehem. DDR, die "Neuen" Bundesländer?

    Ich glaube, bis wir keinen neuen Namen für diese Bundesländer haben, einen einprägsamen, kurzen Namen, solange wird die DDR immer in unseren Köpfen rumspuken. Einen schnellen, eingebürgerten Sammelbegriff wird man nicht schnell wieder los. Leider.

    Aber um nochmal auf das (eigentliche) Thema (*hust* ) zurückzukommen.
    Bei dem Gedanken an die DDR bleibt mir eine wunderschöne Zeit mit sehr lieben Verwandten. Mit manchmal Angst und Unsicherheit, was als näxtes passiert. Mit viel Ruhe und Natur, soviel, wie ich hier in "meiner" BRD nie tanken kann. Mit einer Engelsgeduld, weil ich nicht von Anfang an jedes Sächs'sche Wort direkt verstanden habe. Mit Momentaufnahmen in meinem Gehirn von schönen Dingen, aber genauso von nicht allzu schönen Dingen. Ich möchte jedoch nicht in der Haut meiner Mutter oder meiner Oma stecken, zu dieser lang vergangenen Zeit. Was sie für Ängste ausgestanden haben müssen, verschrieen zu werden als Vaterlandsverräter und evtl. nie wieder in ihre Heimat zurückkommen zu dürfen. Das auszuhalten bedarf einer sehr großen Anstrengung.
    Eigentlich möchte ich die Zeit nicht missen, denn sie war auf eine Art lehrreich und berührt das Herz, wie es sonst kein Kinderherz kann, glaube ich.

    Just my couple of tons of cents.

    kleinerewoelfin
    Welcome to the Information Center!
    A room staffed by professional computer people whose job it is to tell you why you cannot have the information you require.
    --
    And the wolf playeth:

  9. #9
    Dauerschreiber
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    Meine ganz subjektiven Erinnerungen and die DDR:

    1. Eine grüne Grenze und auf de anderen Seite standen komische Männer mit ´nem Fernglas und ´ner Waffe um die Schulter. Stunden später hatte ich dann endlich die Darth Vader Figur die ich so lange suchen musste.

    2. Muss so um 89 gewesen sein als vermehrt Schüler in Trainingsklamotten an der Schule aufgetaucht sind. Tja, so hab ich zum ersten Mal erfahren das es im Osten rumort.

    Dass die DDR heute gerne durch die Rosarote Brille gesehen wird, liegt vor allem daran, dass das Leben im Vergleich schwerer geworden ist. z.T. sicherlich auch durch die größere Eigenverantwortung, die man tragen muss.
    Ach herrje, immer diese Rosarote Brille. Ist die wirklich notwendig?

    Ich als bekennender Besserwessi stell mit das Leben in der DDR gar nicht mal so schlimm vor.

    Okay, es würde da kein McDoof geben, dafür aber Breuler - oder wie die Grillhähnchen auch heiße - mag ich eh lieber. Wegen der fettigen Haut. Das verstopft so richtig schön die Eingeweide und man darf eher in Grab krabbeln. Lecker.

    Ansonsten, da gibt ´s auch Inseln, oder (?) - keine Sorge, das muss man jetzt nicht verstehen - und natürlich FKK. Sowieso heiß es doch das die Ossis längst nicht so verkrampft sind wie der Westen. Hängt das mit der Kirche zusammen? Aber die evangelischen Kirchengänger waren ja schon immer etwas netter als die Leute unterm Papstrock.

    Das mit den Plattenbauten könnte mich wohl nach einiger Zeit nerven. Andererseits verbreitet das auch dieses gewisse Großstadtflair. Wenn man gar nicht weiß wie New York aussieht, dann könnte man doch bestimmt auch über all die Hochhäuser im Osten staunen, oder?

    Ach ne, wer will das schon? Wenn ich so überlege, hatte doch was der Osten. Ich stell es mir nett vor in so ´nem blauen Hemd durch die Stadt zu wandern und jeder denkt: die arme Sau, aber da muss jeder mal hin. Dieses kollektive Leiden, das schweißt ein ganzes Volk zusammen. Wo haben wir das denn heute noch?

    Das nennt man Freiheit. Und die ist zumindest mir halt sehr wichtig. Der Gedankte, dass mir jemand verbietet, meine Träume zu verwirklichen, ist mir ein Graus.
    Mir auch. Obwohl ich natürlich ein wenig Verständnis für die Ostalgie hab. Man hatte im Osten halt nicht soviel Wahlpflichten, und nur ein Kästchen auf ´m Wahlzettel, aber wer will dass schon?

    Anfangs ist der Supermarkt natürlich richtig schön bunt, wenn man zum ersten mal drin ist. Nach einiger Zeit kennt man aber jeden Scheiß, und will doch nur das eine. Ja ja, man hatte die Wahl. Und was wenn nicht? Ich darf eh keine Bananen essen. Trotzdem kauf ich sie immer wieder. Egal. Mein Leben, meine Konsequenzen. Ich = Idiot. Dann lieber nix Bananen?

    Frei fühlen klingt nett. Wir sind also frei. Ich fühl mich frei, aber auch nur weil ich mir einbilde was dafür zu tun. Mitleid hab ich mit vielen meiner Mitmenschen die sich von jedem Scheiß einschüchtern lassen. Das hat nichts mehr mit Freiheit zu tun. Und haben die dann das Gefühl des frei seins überhaupt verdient? Die belügen sich doch nur selbst.

    Ich wäre dafür Deutschland wieder zu teilen. Wir machen daraus ´n Gesellschaftsspiel: Jeder beginnt in der DDR, und wer dann was dafür tut sich frei zu fühlen darf in den Westen. Der Rest darf auf ewig im Plattenbau vergammeln. Weil sie es nicht anders verdient haben.

    DDR - was bleibt?, wie erinnert man sich?
    Ums mal auf den Punkt zu bringen: Ein Ort, hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen, wo man ganz nett Leben kann, wenn man auf Freiheit verzichten kann.
    "Both destiny's kisses and its dope-slaps illustrate an individual person's basic personal powerlessness over the really meaningful events in his life: i.e. almost nothing important that ever happens to you happens because you engineer it. Destiny has no beeper; destiny always leans trenchcoated out of an alley with some sort of Psst that you usually can't even hear because you're in such a rush to or from something important you've tried to engineer."

  10. #10
    DerBademeister
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    Ums mal auf den Punkt zu bringen: Ein Ort, hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen, wo man ganz nett Leben kann, wenn man auf Freiheit verzichten kann.
    Und wenn sie nicht gestorben sind (Honni lässt grüßen), dann leben sie noch heute (vorzugsweise in Südamerika, wie frühere Führungseliten gescheiterter deutscher Staaten).

  11. #11
    Wühlmaus Avatar von Nager
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    Ich bin Baujahr 1981, war also zur Wende gerade an der Altersgrenze, wo ich mir bewusste Erinnerungen behalten konnte, mit denen ich zumindest heute rückblickend etwas anfangen kann. Und ich muss sagen, dass ich sehr dankbar für diese Erinnerungen bin, denn die schönsten Erzählungen, Filme und TV-Ostalgieshows können nicht das Gefühl ersetzen / synthetisieren, wie es war, das ganze miterlebt zu haben.

    Wie man heute über die DDR denkt, wie die eigenen Erinnerungen "gefärbt" sind, hängt meiner Meinung nach sehr vom Elternhaus / den privaten Lebensumständen in der DDR ab. Viele Menschen haben sich damals in eine Art Biedermeierdasein zurückgezogen, in die eigenen 4 Wände, den letzten Ort, wo man in der Familie (meistens) seine Ruhe vor dem Staat hatte. Man hat sich wie gesagt so gut wie möglich arrangiert, sich gegenseitig ausgeholfen, wenn etwas fehlte. Aber nicht alle lebten so "unbeschwert". Es gab immer Menschen, die sich mit dem System nicht abfinden konnten und die immer und immer wieder mit ihm in Konflikt gerieten, die pausenlos bespitzelt und gegängelt und ihres Lebens nicht froh wurden. Selbst schuld? Manchmal hatte man allein schon das "Pech", als Kind einer Person auf die Welt zu kommen, die dem System bereits unangenehm aufgefallen war..

    Eine kurze Geschichte dazu: Der Lebensgefährte meiner Mutter wurde als sohn eines Kantors geboren und hatte sich allein durch diesen Umstand bereits für den Besuch der EOS und damit für ein Studium an einer ordentlichen DDR-Uni disqualifiziert (wofür es allgemein bereits ausreicht hätte, nicht der FDJ anzugehören und / oder sich als Angehöriger der Kirche zu bekennen). Nachdem er die POS überstanden hatte, ging er an die einzige nicht-staatliche christliche Universität der DDR (ja, sowas gabs auch) nach Hermannswerder bei Potsdam, wo er Komposition studierte, da er nicht unbedingt Theologe oder Katechet werden wollte. Andere Studiengänge waren nicht erlaubt.
    Nach dem Studium stellte er schliesslich einen Ausreiseantrag, was ja formal möglich war, da die DDR nicht zuletzt nach der Unterschreibung der Stockholmer Konvention seinen Bürgern grundsätzliche Menschenrechte gewährte, zu denen auch die Reisefreiheit gehörte. Nur konnte man eben bei weitem nicht so leicht ausreisen, wie heute. Man musste einen begründeten Antrag auf ständige Ausreise aus der DDR stellen und dann eine "Bearbeitungszeit" in Kauf nehmen, die leicht in die Jahre gehen konnte. In der Zwischenzeit wurde einem das Leben nach Möglichkeit zur Hölle gemacht. Man wurde einfach mal so aus der Wohnung geworfen, bekam ein Berufsverbot auferlegt, was in der DDR, wo es praktisch keine Arbeitslosigkeit und damit auch keine Arbeitslosenhilfe gab, besonders tragisch war, etc. Da war es immer noch am "einfachsten", über Ungarn abzuhauen..
    Als die "Erlaubnis" endlich ankam, hatte der Lebensgefährte meiner Mutter satte 24 Stunden Zeit, das Gebiet der DDR zu verlassen und zwar so wie er war, mit lediglich etwas Handgepäck. Alles andere musste er zurücklassen und verschenkte es kurzerhand an Bekannte. Bevor er die Grenze überschreiten durfte, wurde er einem längeren Verhör unterzogen, in dem er vorallem ausführlich über Westkontakte berichten musste. Ende der 70er Jahre glücklich im "Westen" angekommen (da die BRD die DDR nicht anerkannte, war er automatisch Bundesbürger), baute er sich dort schnell ein neues Leben auf, kam allerdings nach der Wende sofort in den Osten zurück..
    Ein Freund von ihm, der gleichzeitig mit ihm den Antrag gestellt hatte, war nicht so glücklich. Auf dem Weg zur DDR-Grenze wurde er nach einem Verhör wegen irgendeiner fadenscheinigen "staatsfeindlichen" Aktion eingelocht und nahm sich wenig später im Knast das Leben. So konnte es gehen, wenn man sich nicht mit dem Staat arrangiert hatte.

    An die DDR-Zeit selbst habe ich zwar noch einige Erinnerungen, aber was mir vorallem lebhaft im Gedächtnis haften geblieben ist, betrifft die Erfahrungen der Wendezeit. Dazu schreibe ich später etwas, das wird mir jetzt zuviel.

  12. #12
    DerBademeister
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    Ich habe diese Sehnsucht nach der "Guten alten Zeit" ja nie so ganz verstanden, und finde dieses Verhalten auch bedenklich. Es erinnert ein wenig an die Gesellschaft nach der Nazizeit, die von ihrer Vergangenheit lieber auch nichts wissen wollte, und sich stattdessen auf die guten Dinge besann.
    Wobei dieser Konflikt damals gelöst wurde, da die Bundesrepublik so gut wie jedem Bürger ein besseres Leben bieten konnte als die Nazis es selbst zu ihren besten Zeiten vermochten. Bei vielen ehemaligen DDR-Bürgern ist das ja nicht der Fall. Angepasste Leute die mit dem Regime nicht in Konflikt standen, und einen gesicherten Job hatten, die heuer aber in 30 % Arbeitslosigkeit-Gebieten mit großen sozialen Spannungen auf der Straße sitzen, sehen "ihre DDR" nun mal in besseren Licht, als das, in dem der Staat als ein äußerst langlebiges totalitäres Regime in der Historie tatsächlich scheint.

    Ich kann auch nachvollziehen, das viele Menschen in dieser Nischengesellschaft, dem Rückzug ins Private der Familie, wo man das einzig bischen Freiheit hatte, und wo man aufeinander angewiesen war, durchaus etwas sehr positives sahen und sehen, v.a. im Hinblick auf die zunehmende Entwurzelung familiärer Strukturen in unserer heutigen Zeit.

    Man sollte aber auf keinen Fall vergessen, aus welchem Grund es dazu kam.

    Im Grunde bietet wohl jede Staatsform, auch der Totalitarismus sozialistischer Parteidiktaturen, gewissen Gesellschaftsschichten ein Maß an Wohlstand, der zu großer Akzeptanz des Staates führen kann.
    Dort liegt auch die Basis des Konflikts zwischen "Ossis" und "Wessis", da letztere in der "behüteten" Demokratie der BRD aufgewachsen sind und nichts anderes kennen, und denen ständig das absolute Böse einer Diktatur anhand des Naziregimes vor Augen gehalten wurde (diese Vergangenheitsaufarbeitung fand im Osten ja nie statt). Diese können eben nicht verstehen, wie überhaupt jemand in einem unterdrückerischen Staat wie der DDR leben konnte oder gar wollte, da es allem zuwiderläuft was sie gelernt und erlebt haben.

    Angesichts dessen verwundert auch die wesentlich größere Akzeptanz antidemokratischer Tendenzen wie des Rechtsradikalismus in Ostdeutschland wenig.

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