http://www.apple.com/trailers/sony/3_iron.html

Bin-jip ist schon irgendwie so ein typischer 'Kunst-Film'... aber bei aller Stille und 'Ereignislosigkeit' doch irgendwie (zumindest für mich) keine Minute langweilig.

Worum geht es?

Ein junger Mann bricht in Häuser und Wohnungen ein, deren Bewohner verreist sind. Dort sieht er fern, macht sich etwas zu essen, macht Fotos von sich vor den Fotos der Bewohner, macht die Wäsche, gießt die Blumen, erledigt kleine Reparaturen. Eines Tages bricht er in ein Haus ein, in dem noch jemand zuhause ist - eine von ihrem Mann mißhandelte Frau versteckt sich, als sie den Einbrecher hört. Sie beobachtet ihn eine Weile unauffällig bei seinem seltsamen Tun; schließlich sieht er sie und flieht. Doch etwas an ihr hat ihn berührt, und so kommt er zurück - ebenso allerdings der gewalttätige Ehemann. Der Einbrecher streckt ihn mit einem geschickt geschlagenen Golfball nieder. Die Frau verläßt mit ihm das Haus und bricht von nun an zusammen mit ihm in anderer Leute Häuser und Leben ein.

Das alles ist allerdings nur der Anfang; es passiert schon noch etwas mehr. Aber zuviel will ich hier nicht verraten.

Bin-jip - das heißt auf Deutsch 'Dreiereisen', was ein besonders schwerer Golfschläger ist, wenn ich das richtig verstanden habe - ist seltsam, poetisch, überraschend (auch überraschend komisch, in einigen Momenten), manchmal etwas verstörend, rätselhaft, vor allem aber enthält der Film einige unbeschreiblich wunderbare Szenen, darunter die gesamte Endsequenz, über die ich hier nichts verraten sollte, da sie wirklich ganz erstaunlich und wunderschön ist. Eine andere Szene, die nicht ganz so spoilerhaltig ist, kann ich hier vielleicht kurz beschreiben: Die beiden Protagonisten sind getrennt worden und die Frau sucht nun die Orte ihrer gemeinsamen Einbrüche alleine auf wie auf einer Art Pilgerfahrt. Eines Tages kommt sie an das Haus, in dem sie sich zum ersten (einzigen?) Mal geküßt haben. Die Bewohner sind nun natürlich zuhause. Es ist ein traditionelles koreanisches Haus mit einem Innenhof, in dem der Hausherr an einem Goldfischbottich werkelt. Die Heldin betritt den Hof; der Hausbesitzer fragt sie, wer sie sei, was sie wolle, doch sie antwortet nicht, sondern geht wie selbstverständlich an ihm vorbei, durch die offene Tür ins Wohnzimmer, streckt sich auf dem Sofa aus und schläft sofort ein. Der Hausbesitzer ist verwundert, aber läßt sie gewähren. Nach einem Weilchen kommt seine Frau, auch sie ist sehr erstaunt, doch er überzeugt sie mit wenigen Worten, die Fremde schlafen zu lassen. Irgendwann wacht sie wieder auf, erhebt sich, und verläßt das Haus so stumm und selbstverständlich, wie sie gekommen ist. Es ist natürlich unmöglich, die Wirkung dieser Szene in Worte zu fassen, doch vielleicht können zumindest einige aus dieser Beschreibung den Zauber des Films zumindest ansatzweise erahnen.

Ich weiß, das ist eine sehr vage Empfehlung, und außerdem dürfte der Film aus vielen Kinos schon wieder verschwunden sein, doch der Programmkino-Kreislauf ist ja etwas anders als das Erscheinen und schnelle Verschwinden aktueller Filme in Mainstream-Kinos, und so kann es durchaus sein, daß Bin-jip noch in einigen Programmkinos läuft und in einigen vielleicht sogar gerade erst anläuft. Hier z.B. läuft er nach einer mehrwöchigen Pause, in der er nirgends zu finden war, jetzt wieder in zwei Kinos. Es lohnt sich also, noch ein wenig danach Ausschau zu halten - zumindest, wenn man einen wirklich ungewöhnlichen Film sehen möchte, der einen gewissermaßen in einen Wachtraum-Zustand versetzt.

Ach ja, noch eines: In Bin-jip wird kaum gesprochen. Der Held spricht den ganzen Film über kein Wort, die Heldin gerade mal einen Satz, und viele andere Personen kommen nicht gerade im Film vor. Der Eindruck, der entsteht, ist beinahe der eines Stummfilms. Trotzdem fand ich jede Minute des Films interessant und habe Dialoge keinen Moment lang vermißt - ja, wenn dann doch jemand spricht, wirkt es regelrecht störend.

Fazit: Ein Geheimtip für Leute, die mal was ganz anderes sehen möchten, und ein 'Kunstfilm', der sowohl intelligent als auch berührend ist.