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Thema: Brokeback Mountain

  1. #1
    Moderator Avatar von Amujan
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    Rotes Gesicht Brokeback Mountain

    Brokeback Mountain



    Zitat Zitat von kino.de
    In den frühen 60er Jahren verdingen sich der Ranch-Gehilfe Ennis Del Mar (Heath Ledger) und der texanische Rodeo-Cowboy Jack Twist (Jake Gyllenhaal) den Sommer als Schafhüter für einen reichen Rancher. In der weiten Einsamkeit der Berge von Wyoming kommen sich die beiden näher, als es die Konvention der Zeit gestatten, und können auch dann nicht voneinander lassen, als jeder für sich versucht, als Ehemann mit Familie glücklich zu werden.
    So, ich weiss ich hab mir Zeit gelassen, den Film auch schon vor über einem Monat gesehn, aber dafür heute gleich ein paar mehr.

    Zunächst einmal bin ich beeinfruckt, wie schön nah man hierbei der Vorlage geblieben ist, was vermutlich auch daran lag das Annie Proulx, ihrerseits Verfasserin der gleichnamigen Kurzgeschichte mit am Drehbuch gearbeitet hat. Ihrer Feder entsprangen im Übrigen auch "The Shipping News", für die sie den Pulitzer erhielt und die auch in einen wunderbaren Film mit Kavin Spacey und Julianne Moore (dt. Schiffsmeldungen) umgesetzt wurden. Aber das nur am Rande.

    Der Film erhält mit der davor obligatorisch laufenden Marlboro Werbung natürlich gleich noch ein Label weg: ein 135min Marlboro Spot, dabei wird gar nicht geraucht (oder doch?). Sicherlich wurde der Film über die Maßen gehypt, weil zwei Hollywood-Beaus die Hauptrollen einnehmen. Dabei gibt es jährlich duzende Saprtenfilme die auf den diversen Festivals gezeigt werden, aber nicht solchen Trubel verursachen, weil sie eben nicht im Bewusstsein der Menschen sind. Auch entzieht es sich uns Europäern bzw. Deutschen worüber genau sich in den USA die Konservativen aufregen. Schliesslich seiht man nie irgendwas und eigentlich raufen sich die beiden die ganze Zeit eher als liebevollen Sex zu haben.

    In der Szene hat er natürlich sofort den Namen Bareback Mountain weg, weil genau das macht Ennis da mit Jack im Zelt, und dann sogar noch ohne Spucke: Aua! sage ich dazu. Jedenfalls lohnen die paar "Sex"szenen die ganze Aufregeung nicht, aber darum geht es ja EIGENTLICH auch überhaupt nicht in dem Film. Sondern um die Konsequenzen, die ausgelebte Homosexualität in den 60ern in den USA hatte, man kann behaupten, dass sich da teilweise nicht viel verändert hat. Ein Mann der nicht bereit ist sein wahres Leben zu Leben, aus Angst vor sich selbst und den Menschen um ihn herum.

    Aber auch Jack steht nicht wirklich zu sich und seiner Homosexualität, denn auch er gründet eine Familie. Dabei belügen sie beide sich selbst und treffen sich irgendwann im Jahr über 20 Jahre verteilt zum "Bergfick". Bis zum Ende schaffen sie es nicht auszubrechen und ein gemeinsames Leben zu beginnen und Jacks Eltern auf deren Farm zu helfen.

    Der Film hat eine ganz egenartige Wirkung auf die Menschen, jeder hofft irgendwie, dass sich Ennis doch noch aufrafft und mit Jack ein neues Leben beginnt, was jedoch abrupt wie für Ennis selbst mit dessen letzter zurückgeschickter Karte endet. Jeder blieb zunächst sitzen und man hörte sehr viele Schnüffs und Papiergeraschel im Saal und niemand sagte etwas, niemand traute sich. Sonst gibts immer wen der sofort hinausstürmt o.ä. hier blieb das aus.

    Ein Film der definitv gesehen werden sollte, ich kann hier aber auch das Buch empfehlen, wobei da natürlich die wunderbaren Landschaftsaufnahmen auf der Strecke bleiben.

    Daten:
    Drama - USA 2005
    FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
    Länge: 134 Min.
    Verleih: Tobis
    seit 09.03.2006 im Kino
    Geändert von Amujan (18.04.2006 um 18:47 Uhr)

  2. #2
    Super-Moderator Avatar von cornholio1980
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    Standard AW: Brokeback Mountain

    Hier jetzt endlich mal mein Review:

    Eigentlich ist es erschreckend, für was für eine Aufregung ein Film über 2 schwule Cowboys selbst in der heutigen Zeit noch in den konservativeren Teilen Amerikas sorgen kann. Der Film wird boykottiert, in öffentlichen Radiosendungen denunziert - und dann sogar noch von unser aller Held George W. Bush als "Schund" bezeichnet (und das, ohne dass er ihn sich überhaupt angesehen hätte). So sehr die konservativen Schichten auch rebelliert haben mögen - insbesondere die Kritiker waren von "Brokeback Mountain" begeistert, weshalb er auch als großer Favorit für die 78. Oscar-Verleihung galt (was die Academy nicht daran hinderte, den Award für den besten Film an "L.A. Crash" zu verschenken). Und nach all diesen Lobpreisungen scheint sich langsam aber sicher auch das amerikanische Volk endlich für "Brokeback Mountain" zu interessieren und ihm den Erfolg zuteil werden zu lassen, den er sich ohne jeden Zweifel verdient hat.

    Mittlerweile habe ich "Brokeback Mountain" schon mehrmals gesehen - im Kino, im Flugzeug etc. - und das binnen weniger Wochen. Wo andere Filme langweilig werden würden, hat "Brokeback Mountain" selbst bei mehrmaliger Sichtung nichts von seiner Faszination verloren - ganz im Gegenteil. War ich anfangs noch zurückhaltend, ihm die Höchstnote zu verleihen, bin ich nach mehrmaliger Sichtung endgültig überzeugt, dass es sich bei diesem Film um ein Meisterwerk handelt - hat mir doch "Brokeback Mountain" bei jedem erneuten Sehen noch eine Spur besser gefallen.

    Was ich an dem Film besonders bemerkenswert finde, ist die Tatsache, dass die zu so heftigen Diskussionen führende Schwulenthematik nicht mal wirklich so sehr thematisiert wird. Im Herzen des Films steht nicht das schwul sein, und auch nicht, eine bestimmte Message bezüglich Homosexualität rüberzubringen, sondern einfach die Geschichte einer Liebe zweier Menschen, die aufgrund der gesellschaftlichen Zwänge zum Scheitern verurteilt ist. Wenn man es ganz einfach ausdrücken will könnte man also sagen, Brokeback Mountain ist "Romeo und Romeo".

    Doch natürlich macht die Tatsache, dass die Homosexualität der Hauptfiguren nicht im Mittelpunkt steht, die Story bzw. den Film an sich nicht weniger mutig. Vor allem beeindruckt die Tatsache, dass man sich für diese Liebesgeschichte zweier Männer an das Sinnbild für harte Männer, nämlich die Cowboys, herangewagt hat - und die Verlegung der Handlung in die Südstaaten verringert die Brisanz auch nicht gerade. Da kann man wirklich nur sagen: (Cowboy-)Hut ab!

    Eine Liebesgeschichte über zwei schwule Männer zu erzählen ohne die Homosexualität richtig zu thematisieren, sondern ihre Liebe als etwas alltägliches, ja sogar natürliches darzustellen, gehört zu den größten Stärken des Films. Die schauspielerischen Leistungen der Hauptdarsteller sind eine weitere. Während man von Jake Gyllenhaal nach sehr vielschichtigen und unterschiedlichen, aber immer überzeugenden Darstellerleistungen ("Donnie Darko", "Jarhead") ohnehin nichts anderes mehr gewohnt ist, überrascht vor allem Heath Ledger, der als schüchtern-verschlossener Ennis sogar noch eine bessere Leistung abliefert als sein Gegenüber.

    Ebenfalls nicht zu verachten sind die Leistungen der Nebendarsteller, die sich vor allem aus ehemaligen Teenie-Queens zusammensetzen. Mit ihrer Darstellung als naiv-liebenswerte Alma liefert Michelle Williams eine der beeindruckendsten Leistungen des gesamten Films ab (dass sie den Oscar für ihre Rolle nicht bekommen hat war angesichts der Konkurrenz einerseits absehbar, und andererseits eine Schande) - einfach nur großartig. Doch auch ihren Kolleginnen Anne Hathaway ("Plötzlich Prinzessin") und Linda Cardellini ("Freaks & Geeks", "E.R.") gelingt es völlig zu überzeugen und trotz ihrer eher kleinen Rollen einen Eindruck beim Zuseher zu hinterlassen.

    Der wahre Star des Films ist aber ohnehin Ang Lee's großartige Inszenierung. Gemeinsam mit Kameramann Rodrigo Prieto erzählt er diese berührende Liebesgeschichte in großartigen Bildern, von denen dem geneigten Zuschauer wohl einige noch lange in Erinnerung bleiben werden - exemplarisch seien die Auseinandersetzung während des 4. Juli und die malerischen Eindrücke von Brokeback Mountain genannt.

    Neben den wundervollen Bildern überzeugt aber auch Ang Lee's Inszenierung an sich, erzählt er doch diese Liebesgeschichte auf berührende, aber nie in Kitsch oder Pathos abgleitende Art und Weise. Szenen, die andere Regisseure als Tränendrücker erster Güte verbraten hätten, inszeniert Ang Lee mit einer gewissen Distanz, was ihnen jedoch im Endeffekt deutlich mehr Wirkung verleiht, da es echter und ehrlicher wirkt. Vor allem das Ende ist wirklich bewegend - wobei neben Ang Lee und Heath Ledger auch Soundtrack-Komponist Gustavo Santaolalla großen Anteil daran hat, der mit "Wings" eines der schönsten und eingängigsten Themes seit Jahren geschaffen hat.

    Wenn es an "Brokeback Mountain" überhaupt etwas gibt, dass weniger gelungen ist, dann ist das das Altersmakeup der Schauspieler und -innen. Sowohl die Teenage-Queens als auch die Hauptfiguren sehen selbst nach 10-20 Filmjahren nur unwesentlich älter aus. Dies gilt insbesondere für Jake Gyllenhaal, der selbst in den späteren Szenen (wo er eigentlich schon an die 40 sein sollte) immer noch wie 25 aussieht. Angesichts der Klasse des restlichen Films sollte man über diese vernachlässigbare Schwäche aber wohlwollend hinwegsehen und stattdessen einfach dieses angenehm ruhige und höchst gelungene Liebesdrama genießen....

    Fazit: "Brokeback Mountain" überzeugt vor allem mit guten bis hervorragenden Darstellerleistungen, der angenehm ruhigen und unspektakulären Erzählweise, der großartigen Inszenierung bzw. Kameraarbeit und einer interessanten, mutigen Handlung, die ans Herz geht. Vor allem die Tatsache, dass nicht die Homosexualität der Hauptfiguren, sondern einfach die (zum Scheitern verurteilte) Liebe zweier Menschen im Mittelpunkt des Films steht, macht "Brokeback Mountain" zu einem zeitlosen Meisterwerk und einem (zukünftigen) Klassiker der Filmgeschichte...
    Wertung: 10/10
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    "I believe that when we leave a place, part of it goes with us, and part of us remains. Go anywhere in this station, when it is quiet, and just listen. After a while you will hear the echos of all our conversations, every thought and word we've exchanged. Long after we're gone, our voices will linger in these walls."
    Andreas Katsulas as G'Kar - Objects in Motion / The Lost Tales-Intro


  3. #3

    Standard AW: Brokeback Mountain

    >Ihrer Feder entsprangen im Übrigen auch "The Shipping News", für die sie den Pulitzer erhielt und die auch in einen wunderbaren Film mit Kavin Spacey und Julianne Moore (dt. Schiffsmeldungen) umgesetzt wurden.

    Werbeeinlage: The Shipping News ist übrigens ein ganz wunderbares Buch, das man unbedingt mal lesen sollte, wenn man es noch nicht getan hat. ;-) Wie man allerdings Quoyle mit Kevin Spacey besetzen konnte... *kopfschüttel* ... Ich meine, es ist ein zentrales Element von Quoyles Charakterisierung, daß er rein physisch ein ziemliches Monstrum ist - geradezu grotesk häßlich. Und, so gut Kevin Spacey als Schauspieler auch ist, groteske Häßlichkeit ist ihm nun mal nicht eigen...

    Okay, Ende der Werbeeinlage. Sorry. Zurück zum Thema. Habe Brokeback Mountain leider nicht gesehen. (The Shipping News auch nicht, weil ich das Buch zu sehr liebe ;-) - da werde ich unflexibel.)

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