Working Holiday Visum (WHV)

[ranger_one]

Hi,

da ich vorrausichtlich für das nächste Ausbildungsjahr wieder keine Ausbildung bekomme, bin ich am Überlegen ob ich ein WHV beantrage. Das Geld dazu hätte ich.

Hat hier einer im Forum schon Erfahrung damit gemacht oder kennt jemanden der so etwas auch vor hat?

Bin über jede Information dankbar die ich hier erhalte.

Gruß ranger_one

[Nager]

Ich bin gerade mit WHV in Australien und kann jedem empfehlen, diese Gelegenheit wahrzunehmen, wenn die Zeit dafür vorhanden ist.
Viele lassen sich leider von dem Gedanken, ein Jahr "zu verschwenden" oder von diesbezüglichen Kommentaren aus Familie und Umfeld von diesem einmaligen Erlebnis abhalten. Ich habe aber bisher noch niemanden getroffen, der es bereut hätte, den Schritt getan zu haben.

Die Erfahrungen, die man in diesem Jahr macht, halte ich in jedem Fall für sehr wertvoll. Man wird nach der Rückkehr zukünftigen Herausforderungen sicherlich lockerer begegnen können.

Das WHV zu beantragen ist kein großer Akt. Man füllt ein Online-Formular aus, wartet einen Tag und bekommt seine Bestätigung per Mail. Das einzige, was man braucht, ist eine Kreditkarte, um die ~100€ zu bezahlen.
Dazu kommen noch ~1000€ für Hin- und Rückflug plus etwaige Versicherungsgelder, wenn man darauf wertlegt und man ist im Geschäft.

Falls du mehr wissen willst, frage ruhig.
Oder schau mal ins Reisebineforum.

[ranger_one]

also dann fang ich mal an zu fragen

Bist du über eine Organisation in Australien oder machst du dort alles selbstständig?

wo hast du die ersten Tag übernachtet?

wie sieht es dort mit dem Jobangebot aus? Hab auf einigen Seiten gelesen das es da so ein schwarzes Brett gibt wo Jobs angeboten werden.

Wo in Australien bist du genau?

Wie lange bist du noch in Australien?

Erzählt einfach mal bitte so über deine ersten Tage, dass wäre sehr hilfreich für mich.

danke

Cu ranger_one

[Nager]

Ok, der Reihe nach. *g*

Ich rate davon ab, mit einer Organisation zu reisen. Das einzige, was man bekommt, ist Bequemlichkeit, da man sich selbst um nichts zu kümmern braucht. Der Organisation bezahlt man für den erhaltenen "Komfort" einen dicken Batzen Geld, bekommt dafür in der Regel Flug, Visum, ein paar Tage Unterkunft, Bankkonto, Steuernummer und eine garantierte Jobvermittlung, sowie sonstige Extras wie vergünstigte Inlandstouren von Werbepartnern etc.
Das klingt alles an und für sich nicht schlecht, wenn man die Sache aber selbst in die Hand nimmt, bekommt man sehr schnell mit, wie einfach alles selbst zu arrangieren ist.

Den Flug bucht man ganz einfach im Reisebüro der Wahl (Preise vergleichen, nicht für mehr als 1000€ in der Hauptsaison hin und zurück buchen). Viele Australienreisende buchen bei HM-Touristik oder STA Travel.

Das Working Holiday Visa beantragt man in ein paar Minuten online (benötigt Reisepass und Kreditkarte). Bestätigung erfolgt in der Regel bereits am nächsten Tag.

Einen Schlafplatz nach der Ankunft zu finden ist das kleinste Problem. In jeder größeren Stadt gibt es haufenweise Hostels, die speziell für Backpacker eingerichtet sind. Dort kommt man für ~$20/Nacht unter und knüpft erste Kontakte. Jedes Hostel hat außerdem ein schwarzes Brett für Jobs, Fahrtgemeinschaften, Unterkünfte, etc.. Manche Hostels betreiben eine eigene Arbeitsvermittlung oder bieten selbst Jobs an.

Nach der Unterkunft läuft man einfach zur Bankfiliale der Wahl (z.b. Westpac) und meldet ganz normal ein Konto an. Die Steuernummer beantragt man ebenfalls online. Für das Zusenden der Unterlage benötigt man eine Postadresse - hier einfach die Adresse vom Hostel benutzen. Nach etwa einer Woche sollte alles erledigt sein.

Was Jobs betrifft ist hier IMO der größte Haken an den tollen Vermittlerfirmen zu finden. So schön es auch ist, einen Job garantiert zu bekommen und sich also keine großen Geldsorgen machen zu müssen, so groß ist dann oft die Enttäuschung, wenn es darum geht, konkret etwas zu verdienen. Denn oft landet man in vermittelten Jobs, für die im Hintergrund kräftig Provision herumgeschoben wird, die schlechter bezahlt sind, als wenn man sie sich selbst besorgt hätte. Und gerade Fruitpickingjobs sind in der richtigen Jahreszeit überhaupt kein Problem. Mich hat es gerademal zwei Anrufe gekostet, einen zu finden. Hier rate ich also ganz fest dazu, sich selbst die Mühe zu machen. Die hierbei gemachten Erfahrungen sind sicherlich später hilfreich - und andere Reisende, von denen man in den Hostels *sehr viele* (gerade auch Deutsche) treffen wird, stehen einem sicher mit Rat und Tat zur Seite.

Für einen Fruitpicking-Job oder sonstigen Farmjob braucht man an Voraussetzungen gar nichts mitzubringen. Wenn man sich mit zum Teil richtig harter körperlicher Arbeit unter knallender Sonne anfreundet, kann man sehr schnell richtig viel Geld machen, denn die meisten Farmer bezahlen nach geleisteter Arbeit (sprich: mit Obst gefüllte Kisten) und nicht nach Arbeitszeit.

Wenn man nach mehr strebt, als Farmarbeit, braucht man ein Curriculum Vitae, sprich einen Lebenslauf und ordentliche Klamotten, um bei Vorstellungsgesprächen Eindruck zu machen (darauf legen die Aussies Wert). Natürlich gibt es da auch Ausnahmen.
Einen Job im Bau bekommt man relativ leicht vermittelt, muss aber erstmal Geld für diverse Sicherheitstrainings hinblättern. Ähnliches gilt für Jobs, die etwas mit Gesundheit oder Erziehung zu tun haben - hier muss man erstmal einen großen Rundumcheck bei einem zertifizierten Arzt hinter sich bringen, der einen ordentlich Geld kostet...

Ich selbst habe mich gleich auf die Fruitpickerei gestürzt und es nicht bereut. Der Einstieg ist sehr hart, gerade wenn man solche Arbeit nicht gewöhnt ist, aber wenn man sich ein paar Tage durchbeißt, wird es besser. Ich habe mich relativ schnell daran gewöhnt und war über den Arbeitszeitraum (5 Wochen bisher) imstande, mich von Tag zu Tag zu steigern. Nachdem die 5 Wochen rum waren, habe ich mich so fit gefühlt, wie lange nicht mehr und hatte mein Arbeitsoutput zum Schluss im Vergleich zur ersten Woche verdreifacht und gut $200 Brutto am Tag verdient. Und da ist durchaus noch mehr drin.

Da du noch ein paar Details wissen möchtest:

Ich habe die ersten Tage privat übernachtet, was ein sehr glücklicher Umstand war. Ich habe nach meiner Landung in Melbourne (und nach ausreichender Akklimatisierung) mich online auf die Suche nach Fruitpickingjobs gemacht. Da gibt's genug Anlaufadressen, man frage nur mal google. Sogar die Regierung betreibt eine Job-Datenbank. Zur Not gibt's auch noch eine brandaktuelle Harvest-Hotline, die einem schnell weiterhelfen kann.

Ich bin dann einfach auf gut Glück zum erstbesten Farmer gefahren, der mich haben wollte, mit dem Hintergedanken, dass ich ja weiterziehen könne, falls es mir nicht gefiele. Es hat mir gefallen und ich bin wie gesagt fünf Wochen geblieben und habe Pfirsiche und Äpfel gepflückt. Anschließend bin ich nach Adelaide gereise und dort sitze ich nun noch immer. Sonntag mache ich mich auf zurück ins Riverland, um mit ein paar Wochen Orangenpflücken mir das Geld für ein Auto zusammenzusparen, um anschließend endlich mit dem Reisen beginnen zu können.

Fazit dieser langen und konfusen Erzählung: Informiere dich ausreichend, es gibt genug Webseiten im Netz, die sich ausschließlich mit diesem Thema beschäftigen. Eine gute, http://www.reisebine.de, habe ich dir schon empfohlen. Und wenn du die Zeit hast, dann nutze die Gelegenheit und springe einfach ins Blaue. Du wirst es sicherlich nicht bereuen.