Gestern habe ich mal wieder Richter Alexander Hold im Namen des Volkes sprechen hören. Ab und zu bleibe ich bei diesen Sendungen hängen, mehr oder weniger regelmäßig sehe ich mir jedoch nur Streit um Drei im ZDF an, doch wo liegt hier der Unterschied?

Der ist auf den ersten Blick vielleicht nicht zu erkennen, hat man ihn jedoch erst ausgemacht, drängt er sich bei jeder Sendung regelrecht auf.

Zunächst die Gemeinsamkeiten: Alle Sendungen stellen lediglich Fälle nach, bei den Beteiligten Klägern, Beklagten und Zeugen handelt es sich in der Regel um Schauspieler, deren darstellerische Fähigkeiten meist auf ein Minimum beschränken, sofern überhaupt welche vorhanden sind. Richter und (Staats-) Anwälte sind größtenteils Angehörige juristischer Berufe, doch im Grunde ist das nur von sekundärer Bedeutung. Eine Ausnahme bildetete anfänglich die Sendung der Richterin Barbara Salesch. Hier wurden die Fälle tatsächlich in einem öffentlichen Schiedsgerichtverfahren behandelt, das Urteil war demnach bindend, doch das hat sich mittlerweile geändert, auch hier nur noch gestellte Fälle.

Also, wo liegt nun der Unterschied zwischen Salesch und den anderen Privatsender-Gerichten und dem öffentlich-rechtlichen Streit um Drei?

Die Antwort liefern die Streitigkeiten an sich.

Im ZDF behandelt man in der Regel Fälle, die so oder ähnlich täglich hundertfach in Deutschland vorkommen. Da geht es von Montag bis Donnerstag bei Richter Guido Neumann um Reisekostenrückerstattung, Mietrechtsangelegenheiten, Schadenersatzansprüchen, Nachbarschaftsstreitigkeiten und so weiter. Das weite Feld des Arbeitsrechtes wird jeden Freitag von Richter Ulrich Volk beackert, der im "richtigen Leben" Fachanwalt für Arbeitsrecht in Wiesbaden ist.

Die behandelten Fälle sind fiktiv oder zumindest nachbearbeitet, doch realistisch genug, um sie nachvollziehen und auf eigene Streitereien anwenden zu können. Besonders hilfreich sind dabei die Kommentare des Experten Wolfgang Büser, der mit echten Urteilen Bezüge zum eben gesehenen Fall herstellt und nebenbei auch juristische Fachbegriffe erläutert. Sein Wortgeplänkel mit dem Moderator ist zwar unterste Schublade, aber die zwei Sätze lassen sich meist noch ertragen.

Sehr interessant ist am Ende auch imer die Verteilung der Gerichtskosten. Obwohl der Richter (wie im richtigen Leben) durchaus den einen oder anderen gut gemeinten Hinweis in den Raum stellt, bleiben viele stur auf ihrem Standpunkt und bekommen anschließend zumindest eine Mitschuld, die sich dann auch in Euro und Cent ausdrückt.

Aus Gesprächen mit Anwälten und Kollegen aus der Immobilienbranche weiß ich, dass diese Sendung tatsächlich dazu beitragen kann, manche Streitereien erst gar nicht gerichtlich entscheiden zu lassen. Das spart Zeit, Geld und Nerven bei allen Beteiligten sowie Ressourcen bei den ohnehin überlasteten deutschen Amtsgerichten.

Auf den Internetseiten des ZDF kann man auch weitergehendes Informationsmaterial zur Sendung bekommen. Vorbildlich hierbei ist die Möglichkeit, für die Fälle der vergangenen Woche die Urteile samt Begründung und passende Vergleichsurteile einzusehen.

Sendezeit: Montag bis Freitag, 15:00 im ZDF

URL:
http://www.zdf.de/ratgeber/aktuell/streitu...drei/index.html


Im Gegensatz dazu stehen die meisten Fälle bei den Richtern auf Sat.1 und RTL. Allein die Anwensenheit eines Staatsanwaltes zeigt schon, hier geht es um Strafrecht, das heißt der Ankläger ist die Bundesrepublik Deutschland, der Geschädigte tritt allenfalls als Nebenkläger auf. Die behandelten Fälle sind hier ganz offensichtlich nach ihrer möglichst spektakulären oder emotionalen Außenwirkung ausgewählt und lassen kaum einen Bezug zur eigenen Realität herstellen. Selbst das Mitdenken wird nicht unbedingt gefördert, da oft irgendein (Überraschungs-) Zeuge (meist kurz vor Ende) dem Fall eine nicht vorhersehbare Wendung gibt.

Entsprechend ist auch das Internetangebot zu den Sendungen aufgebaut, statt Infos gibt's hier Autogrammkarten und Spiele. Besonders negativ aufgefallen ist mir ein Link zu einer angeblichen Rechtsberatung, die meiner Ansicht nach durch die Verwendung einer teuren 0190-Nummer zur Abzocke wird.

Sendezeiten und URL's:
Das Jugendgericht: Montag bis Freitag um 16:00 Uhr auf RTL
http://www.rtl.de/action/jugendgericht.html

Richterin Barabara Salesch: Montag bis Freitag um 15:00 Uhr auf SAT.1
http://www.sat1.de/richterin/

Richter Alexander Hold: Montag bis Freitag um 16:00 Uhr auf SAT.1
http://www.sat1.de/richterhold/

Fazit:

Streit um Drei kann durchaus als Informationssendung betrachtet werden, die versucht auf eine unterhaltsame Art Einblicke in das deutsche Zivilrecht zu geben. Das mit der Unterhaltung klappt zwar nicht, doch der Informationsgehalt ist sehr hoch. Die Gerichtssendungen bei den Privatsendern haben dagegen keinen nennenswerten Informationsgehalt und können getrost als reine Unterhaltungssendungen betrachtet werden. Das wäre auch keineswegs verwerflich, würden sie nicht ständig versuchen einen anderen Eindruck zu vermitteln.

Positiv an allen Sendungen ist, dass hier zumindest das deutsche Rechtssystem zu Grunde liegt. Ich kenne nicht wenige Anwälte, die sich darüber beklagen, dass ihre Klienten durch Matlock und Co. mit amerikanischen Rechtsvorstellungen in die Kanzleien kommen.