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Thema: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

  1. #1
    Forum-Aktivist Avatar von Reiner
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    Standard Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Der Herr der Ringe
    Die neue deutsche Übersetzung

    Die neue Übersetzung durch Wolfgang Krege ist eine wirklich gelungene Optimierung der Lesbarkeit des Buches. Gerade wenn man bisher nur die erste Übersetzung kannte und sich dabei erinnert, wie schwer es war und wie viel Mühe es machte, trotz der guten Geschichte und der Charaktere sich durch die umständlichen Formulierungen und des seltsamen Satzbaus zu kämpfen, die manche „mittelalterlich“ nannten.

    Nun, sicher sind ein paar Begriffe und Formulierungen durch Krege etwas zu zeitgemäß geraten und weder im Englischen noch Deutschen der Entstehungszeit des Buches bekannt gewesen, dieses hätte vielleicht nicht sein müssen. Doch die oft kritisierten neuen Begriffe wie „Chef“ oder „Sie“ sind, wenn man es nüchtern betrachtet richtiger.
    Beispiel: Das englische „you“ hat nun mal im Deutschen zwei Entsprechungen. Wenn man nun nicht gut Freund und auch noch verschiedener Generation angehört, so passt das „Sie“ definitiv besser – auch im „Herr der Ringe“.

    Krege sagt zu seiner Wortwahl selbst: „Die Hobbits haben zwar ländliche, aber nicht bäurische oder flegelhafte Manieren; deshalb reden sie Fremde in der Regel mit Sie an.“

    Zweites Beispiel: „Mr. Frodo, master!“, sagt Sam zu seinem Herrn. Die erste Übersetzung macht daraus „Herr, Herr Frodo!“, soll das besser sein als „Herr Frodo, Chef!“?
    Zumal man sich vorstellen muss, wie man die Sprache der lebenslustigen und vergnügten Auenländer auch sprachlich locker und salopp darstellen sollte, wenn man dieses Völkchen darstellen möchte.

    Eher der Kritk auszusetzen sind da Begriffe wie „Stuss erzählen“ und dergleichen, die sind dann vielleicht weniger aus der Zeit der Entstehung, aber genau das wollte Krege ja auch gar nicht.

    Allen die immer noch die alte Übersetzung, von Margaret Carroux, der neuen vorziehen sei gesagt, Krege bleibt auf dem Boden und er versteht es sehr gut allein durch die Sprache die verschiedenen Völker von Mittelerde zu charakterisieren.

    Der besten Beleg dafür welchen Erfolg die neue Art der Übersetzung hat zeigt meine eigene Erfahrung:
    Als ich Anfang der 80iger den „Herr der Ringe“ in der ersten deutschen Übersetzung zum ersten mal las (weil so viele Freunde davon redeten) war ich zwar vom Inhalt begeistert, doch ich quälte mich durch den Text und brauchte pro Buch ein ganzes Jahr.
    Seit dem wollte ich mir diese umständlichen Sätze (die man manchmal zweimal lesen musste, damit man klar kam) nicht noch einmal antun und war froh und stolz die Geschichte zu kennen, vor der nun wirklich gelungenen Kino-Umsetzung.
    Doch vor einiger Zeit nun bewusst das neue edle, rote Buch gekauft, so war es ein Genuß und kein Problem am ersten Abend bereits 150 Seiten zu verschlingen.

    Endlich kann man sich auf die Geschichte konzentrieren - endlich ein lesbarer „Herr der Ringe“.


    PS: Das englische Orginal ist lesbarer als die erste Übersetzung ins Deutsche. Wie würden wohl alle Kritiker urteilen, wenn die erste Übersetzung die zweite gewesen wäre, scheinbar näher am Orginal, aber schwer verdaulich!
    "Glaubst Du noch, oder denkst Du schon?" Giordano Bruno / "Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Albert Einstein. /"Ich kann zwar die Bewegungen von Himmelskörpern berechnen, aber nicht die menschlichen Verrücktheiten." Sir Isaac Newton. / Das Mitlesen in diesem Beitrag ist verboten, wenn Ihr zu jung dafür seid. https://anchor.fm/reiner-krauss/

  2. #2
    Mittlerer SpacePub-Besucher Avatar von Atlan67
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    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Ich persönlich ziehe die Caroux-Übersetzung vor, da sie auch von Tolkien authorisiert wurde bzw. von ihm genehmigt wurde. Krege hat sich, nach meinem Gefühlt, zuviel Freiheiten genommen. Das englische "Master Frodo" als "Chef Frodo" zu übersetzen sehe ich als einen dieser Fehler an. Da passt schon eher das "Herr" aus der Caroux-Übersetzung.

    Ich muss allerdings gestehen, dass ich The Hobbit in der Krege-Übersetzung besser finde wie in der alten. Das mag daran liegen, dass er sich etwas näher am englischen Original bewegt. Nur mit den Namen der Zwerge konnte ich mich nicht so recht anfreunden. Aber das war nur ein kleines Problem.

    Letztendlich ist es aber reine Geschmackssache, welche Übersetzung man vorzieht. Ich persönlich bevorzuge auf jeden Fall die englische Version.

  3. #3

    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Als ehemaliges Mitglied der Arbeitsgruppe der deutschen Tolkiengesellschaft zur Krege-Übersetzung (bin zwar Amerikanistin und nicht Anglistin, aber mit der englischen - und auch der deutschen - Sprache kenne ich mich recht gut aus) muß ich ganz deutlich sagen, daß ich Carroux trotz gewisser Schwächen weiterhin vorziehe. Wir haben damals einen Detailvergleich verschiedener Kapitel vorgenommen und in beiden Übersetzungen Schwächen und Fehler gefunden; das ist auch normal und kommt bei jeder längeren Übersetzung vor. In dieser Hinsicht liegen die beiden Übersetzungen also etwa gleich auf. In Bezug auf die Wiedergabe sprachlicher/stilistischer Differenzierungen des Originals, die bei Carroux etwas geglättet wurden, liegt Krege vorn. Diesen Vorsprung - um bei der Metapher des Rennens zu bleiben *g* - verliert er dann aber durch die m.E. völlig inakzeptable Verwendung übertrieben moderner Begriffe an einigen Stellen ("Penner", "Chef", sogar "Imbißbude", wenn ich mich recht entsinne usw.) wieder, die dermaßen herausstechen, daß sie den Leser völlig aus der Welt des Buches werfen. Ganz besonders schlimm ist das bei der Verwendung von "Chef" als Anrede von Frodo, denn damit werden die sozialen Umstände der Hobbits den unseren gleichgesetzt. Die Gesellschaft der Hobbits entspricht aber eher der (englischen) Gesellschaft des 18. oder 19. Jahrhunderts; Frodo ist nicht der Chef eines Betriebs, sondern gehört zum Landadel, und Sam ist nicht sein Angestellter im modernen Sinn, sondern sein Bediensteter und Schutzbefohlener in einem ganz und gar feudalen Sinn. Daher ist die einzig angemessene Anrede hier die feudale Anrede "Herr". Im Original sagt Sam ja auch nicht "boss" zu Frodo, sondern "master". Damit hat Krege also nicht bloß eine Sprachmodernisierung vorgenommen, sondern in den Inhalt des Buches eingegriffen, und das ist mehr als nur ein Kavaliersdelikt in einer Übersetzung.

    Damit will ich nicht sagen, daß Wolfgang Krege ein schlechter Übersetzer war. Er war ganz ohne Zweifel ein großartiger Übersetzer. Aber auch ein sehr guter Übersetzer kann sich mal im Ton oder Ausdruck vergreifen, und wenn der daraus resultierende Fehler grob genug ist, kann er einem auch eine gesamte Übersetzung vermiesen. Insbesondere, wenn es sich um einen so zentralen Ausdruck wie die Anrede einer Hauptfigur handelt.

    Im übrigen fand und finde ich die Carroux-Übersetzung sehr lesbar. Habe sie damals, beim ersten Mal, in ca. zweieinhalb Tagen verschlungen und danach noch ca. sieben weitere Male mit Vergnügen gelesen. Da ich auch das Original schon mehrfach gelesen habe, kann ich auch durchaus beurteilen, ob dieses in der Übersetzung halbwegs anständig wiedergegeben wird.

  4. #4
    Forum-Aktivist Avatar von Reiner
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    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Da haben wir ja eine ausgesprochen "Fach-Frau" an Bord, danke hmpf.

    Sach mal noch, woher Deine excellenten Englischkenntnisse herrühren ... nur aus der Schule?

    Zu meiner Beurteilung:

    Ja, ich kritisiere auch dass die neue Übersetzung gewisse übertriebene Modernierungen hat. Wobei ich nach einiger Zeit des Lesens "Chef" als gar nicht mehr schlimm empfand - auf Dauer dann sogar passender.

    Warum?

    Man schau sich einfach die excellente Verfilmung (New Line Cinema) an. Man sieht jetzt Sam vor sich in seiner flapsigen und manchmal naiven Art. Was hat dieser bäuerliche Sam in dieser Form mit einem gebildeten, britischen Aristrokaten des Mittelalters gemeinsam - nichts!
    Auch diese, seine Art aber auch die verschiedenen Kulturen und Völker, werden in unterschiedlicher Sprachweise im neuen Buch deutlich - viel deutlicher als zuvor.

    Kregge begründet dieses auch so im Nachwort.

    Und es macht es auch für mich plausibeler. Man merkt deutlich, dass die Sprache im Auenland anders ist als bei den Reitern von Rohan und die Sprache der Elben ist wieder eine Andere.

    Das finde ich gut und gelungen.

    Viel wichtiger noch als diese kleine Kritik, ist für mich die deutlich gesteigerte Lesbarkeit.

    Da ich beide Fassungen besitze habe ich mir immer wieder zum Anfang eines Kapitels die alte Übersetzung daneben gelegt und musste feststellen: Nö, das ist "verdrehter Satzbau", sowas mag man im Mittelalter gesagt haben, doch wer kann das heute flüssig lesen und noch verstehen.

    Die alte Übersetzung bediente sich dem Sprachaufbau des irdischen Mittelalters als Mittel zum Zweck. Als Mittel um eine bestimmte Assoziation und Vorstellung herzustellen.

    Auenland, Rohan und Mordor sind jedoch keine Länder auf der tatsächlichen Erde und stellen eine fiktive Fantasie-Geschichte dar.

    Auch wenn der Autor die britschen Landschaften und Sprachgewohnheiten seiner Zeit vor Augen hatte und verwendete, so verwendete wiederum die neue Verfilmung (The Lord Of The Rings) Landschaften aus Neu Seeland und wieder eine andere Sprache - hier akzeptieren wir das komischweise viel kritikloser.

    Also ich bin ein Freund geworden der neuen Übersetzung ... nicht kritiklos, aber grundsätzlich in die richtige Richtung, denn es ist ein Fantasie-Urgestein und keine Geschichte des Mittelalters über das Mittelalters - das sollte nicht vergessen werden.
    Geändert von Reiner (16.12.2006 um 17:20 Uhr)
    "Glaubst Du noch, oder denkst Du schon?" Giordano Bruno / "Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Albert Einstein. /"Ich kann zwar die Bewegungen von Himmelskörpern berechnen, aber nicht die menschlichen Verrücktheiten." Sir Isaac Newton. / Das Mitlesen in diesem Beitrag ist verboten, wenn Ihr zu jung dafür seid. https://anchor.fm/reiner-krauss/

  5. #5

    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Zitat Zitat von Reiner
    Da haben wir ja eine ausgesprochen "Fach-Frau" an Bord, danke hmpf.

    Sach mal noch, woher Deine excellenten Englischkenntnisse herrühren ... nur aus der Schule?
    Gott, nein. Mein Englischunterricht war über weite Strecken total miserabel. Und weil ich das erkannte und aber dennoch die Sprache lernen wollte, fing ich irgendwann (9. Klasse, also Anfang der 90er) an, englische Bücher zu lesen. Ich hatte dabei das große Glück, daß die ersten zwei oder drei Bücher, die ich erwischte, sprachlich sehr einfach waren (Ray Bradburys Fahrenheit 451 und irgendwas von Hemingway, glaube ich - beide Autoren sind für Anfänger sehr zu empfehlen!), so daß ich trotz meiner bescheidenen Kenntnisse recht gut zurechtkam. In der elften Klasse wagte ich dann - nach einigen erfolgreich gelesenen Büchern - den Sprung in den Vorleistungskurs Englisch, und siehe da, ich konnte mithalten, sogar mit den Leuten, die ein Jahr in den USA gewesen waren. Nach der Schule habe ich dann mit dem Lesen so weitergemacht und, als mir nach ein oder zwei Vergleichen auffiel, wie problematisch Übersetzungen sind, den Anteil englischsprachiger Bücher an meiner Lektüre noch vergrößert. (Fahrenheit 451 ist - zumindest in der alten Übersetzung - z.B. auch sehr problematisch; der Rhythmus von Bradburys Sprache kommt überhaupt nicht rüber und es gibt auch inhaltliche Verfälschungen.) Ein paar Jahre später (1998) entdeckte ich das Internet und das Phänomen "Fandom", wobei mir lange nicht klar war, daß dies keineswegs nur ein amerikanisches/englisches Phänomen war. Ich begann, mich auf Foren und Mailinglisten rumzutreiben (alle englischsprachig) und kilobyteweise Fanfiction zu lesen (selbstverständlich ebenfalls englisch, denn deutschsprachige Fanfiction gab es damals noch kaum, zumindest nicht im Internet; mag sein, daß es ein paar Zines gab). 1999 fing ich an, Fanfiction zu schreiben (http://www.allabouthmpf.com/fanfic.htm), und die ganze Zeit über las ich natürlich nebenher noch haufenweise englische Bücher (http://www.allabouthmpf.com/books.htm - ein virtueller Blick in mein Bücherregal; ETA: Bin gerade selbst mal neugierig auf das Verhältnis Deutsch : Englisch in meinem Regal geworden, und nach einer schnellen und sicher etwas ungenauen Zählaktion bin ich auf ein Verhältnis 1:2 gekommen, d.h. auf jedes deutsche Buch kommen circa zwei englische.) Ab 2000/2001 schaute ich auch verstärkt englischsprachige Serien und Filme. Na ja, und seit 2001 studiere ich Amerikanistik (beim Sprachtest am Anfang war der Kommentar des Profs zu meinem Ergebnis: "You're too good for this department." *g* Hab dann den obligatorischen "Basic Writing"-Kurs erlassen bekommen.), und 2003/2004 war ich dann auch noch ein Jahr in Birmingham, aber da war mein Englisch eigentlich schon mehr oder weniger in dem Zustand, in dem es heute ist. Allenfalls im mündlichen Ausdruck bin ich noch etwas besser geworden - Sprechen fällt mir nämlich erheblich schwerer als Schreiben, was sicher niemanden verwundert, der weiß, wie ich Englisch gelernt habe, nämlich fast ausschließlich durch Lesen und Schreiben.

    Man schau sich einfach die excellente Verfilmung (New Line Cinema) an. Man sieht jetzt Sam vor sich in seiner flapsigen und manchmal naiven Art. Was hat dieser bäuerliche Sam in dieser Form mit einem gebildeten, britischen Aristrokaten des Mittelalters gemeinsam - nichts!
    Frodo ist der Aristokrat, nicht Sam. Wie bereits gesagt, das Verhältnis zwischen den beiden ist feudal - grob gesagt: Herr und Knecht. Der Knecht schuldet dem Herrn Treue und Dienst, der Herr dem Knecht Schutz. Im Buch wird des öfteren recht klar, daß sich nicht nur Sam für Frodo, sondern auch Frodo für Sam zutiefst verantwortlich fühlt - viel, viel verantwortlicher als ein Chef es gegenüber seinen Angestellten tun würde. Ein Angestellter ist, egal, für wen er arbeitet, im Grunde immer noch sein eigener Herr. Der Chef schuldet ihm nichts als eine angemessene Bezahlung. Die Verwendung des Begriffs "Chef" in der neuen Übersetzung suggeriert, daß Frodos und Sams Verhältnis ein modernes Beschäftigungsverhältnis ist, was aber eben nicht der Fall ist. Na ja, ich wiederhole mich, ich habe das ja im Grund schon in meinem vorigen Beitrag dargelegt.

    Und es macht es auch für mich plausibeler. Man merkt deutlich, dass die Sprache im Auenland anders ist als bei den Reitern von Rohan und die Sprache der Elben ist wieder eine Andere.
    Das ist ja auch ein guter Ansatz. Aber "Chef" ist einfach so daneben, daß es das gesamte Gesellschaftssystem im Auenland in ein völlig falsches Licht stellt. Dadurch wird der Inhalt des Buches ganz entschieden verfälscht.

    Da ich beide Fassungen besitze habe ich mir immer wieder zum Anfang eines Kapitels die alte Übersetzung daneben gelegt und musste feststellen: Nö, das ist "verdrehter Satzbau", sowas mag man im Mittelalter gesagt haben, doch wer kann das heute flüssig lesen und noch verstehen.
    *husthust*

    Okay, stampfen wir sämtliche Literatur, die vor 1980 geschrieben wurde ein. Wer versteht das schließlich heute noch? Altmodisches Zeugs.

    Also... Einmal tief durchatmen...

    1.) Die vorherrschende Sprache in der alten Übersetzung ist *nicht* mittelalterlich. Sie ist antiquiert, aber nicht *so* antiquiert. Sie orientiert sich am Sprachgebrauch des - schätzungsweise - späten neunzehnten Jahrhunderts. Was durchaus zu den Hobbits paßt. Was, genaugenommen, sogar ideal ist für die Hobbits, die ja unsere Perspektive und daher auch den vorherrschenden Sprachstil bestimmen, denn die Hobbits wurden aus Tolkiens Sehnsucht nach der Welt seiner Kindheit geboren, und die Welt seiner Kindheit war das späte 19. und sehr frühe 20. Jahrhundert. Tolkien wurde 1892 geboren und wuchs größtenteils in Birmingham auf, wobei seine frühe Kindheit in ländlichen Vororten stattfand und dementsprechend ländlich geprägt war.

    2.) In den späteren Teilen des Herrn der Ringe sowie in Szenen, wo die Hobbits Elben begegnen usw. wird tatsächlich ein mittelalterlich anmutendes Deutsch verwendet. Dies ist völlig angemessen, denn der Mediävist Tolkien verwendete für diese Stellen ein vergleichbar 'mittelalterliches' Englisch. In beiden Fällen handelt es sich natürlich nicht um ein richtiges mittelalterliches Deutsch oder Englisch, denn *das* versteht heute wirklich niemand mehr - lies mal Walther von der Vogelweide oder so... http://de.wikisource.org/wiki/Reichston *g*

    Auch wenn der Autor die britschen Landschaften und Sprachgewohnheiten seiner Zeit vor Augen hatte und verwendete, so verwendete wiederum die neue Verfilmung (The Lord Of The Rings) Landschaften aus Neu Seeland und wieder eine andere Sprache - hier akzeptieren wir das komischweise viel kritikloser.
    Die Synchronisation der Filme basierte auf der alten Übersetzung. U.a. leicht daran zu erkennen, daß Frodo im Film von Sam kein einziges Mal "Chef" genannt wird. ;-) Es steht aber auch ganz deutlich im Abspann.
    Geändert von Hmpf (17.12.2006 um 14:57 Uhr)

  6. #6
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    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Ich war ziemlich überrascht, als ich erfuhr, dass die neue Übersetzung eigentlich die unpassendere ist. Dachte anfangs, die Carroux-Übersetzung wäre aufgrund ihrer Ernsthaftigkeit und Orientierung am Original die neuere. Also hat sich Herr Krege die Arbeit umsonst gemacht.
    Dass sich die Filmsynchro an Carroux und somit ans Original hält, hab ich damals auch positiv aufgenommen, auch wenn es mich nicht mehr betrifft.
    Als so schwierig zu lesen, empfand ich die alte Version nicht. Sie orientiert sich sprachlich am Original - welches ja auch nicht modernisiert wird. Oder falls doch, wäre das auch ein Frevel. Mittlerweile bin ich natürlich auf das Original umgestiegen.

  7. #7

    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Ich möchte meinen Ausführungen noch hinzufügen: Eine behutsame Modernisierung der Carroux-Übersetzung mitsamt Ausbügeln einiger darin enthaltener Schwächen wäre sicher nicht falsch gewesen. Da hätten wir (also die Deutsche Tolkiengesellschaft) uns vermutlich sogar richtig gefreut, denn viele von uns sind Anglisten u.ä. und uns daher durchaus auch der Schwächen der alten Übersetzung bewußt. Ist halt schade, daß es gleich so extrem ausfallen mußte und dabei so viele Sachen eher 'verschlimmbessert' wurden.

    Eine leichte Antiquiertheit der Sprache älterer Bücher darf m.E. ruhig sein. Ich meine, andere Bücher übersetzt man ja auch nicht alle dreißig oder vierzig Jahre neu. Das oben bereits mal von mir als ungenügend übersetzt erwähnte Fahrenheit 451 wurde so z.B. in den letzten Jahren lediglich mal ein wenig überarbeitet - die Originalübersetzung stammt aus den späten Fünfzigern, ist genauso "schlecht", wenn nicht sogar um einiges schlechter als die Carroux-Übersetzung des Herrn der Ringe, und es handelt sich auch um einen ähnlich großen Klassiker. Ist also eine gut vergleichbare Situation.

  8. #8
    Moderator Avatar von Last_Gunslinger
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    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Ich bin mit der neuen Übersetzung auch ziemlich unzufrieden. Gerade das CHef reißt mich jedesmal komplett aus der Welt herraus.
    Genau wie Kaff bin ich jetzt aber eh auf das Original umgestiegen und damit eh höchst zufrieden.
    Was ich nicht verstehe ist die große Akzeptanz der Filme bei den Leuten, die vorher das Buch gelesen haben. Wenn man nur die Filme Ok, aber wenn man das Buch vorher kannte?
    Ich habe mich zwar wahnsinnig auf die Verfilmung gefreut, wurde aber bitter enttäuscht. So sehr das ich nur den ersten Teil gesehen habe.
    Mir ist einfach alles viel zu gehetzt und die Stimmung des Buchs kommt einfach nicht auf.
    Dazu deckt sich das Design überhaupt nicht mit meiner Jahre lang gehegten Vorstellung.
    Aber jedem das seine. Mir können auf jeden Fall die Filme und die neue Übersetzung gestohlen bleiben.

  9. #9
    Forum-Aktivist Avatar von Reiner
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    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Ihr mögt in den Grundzügen schon recht haben.

    Doch wer sagt denn, dass die Carroux-Übersetzung zu seiner Zeit hätte nicht auch schon anders ausfallen dürfen?

    Wir vergleichen gerade eine Übersetzung einer Übersetzung, statt vom Original auszugehen.

    Okay, dass Frodo und Sam im Film den Begriff "Chef" nicht gebrauchen, ist beim besten Willen nicht das Thema. Ich stelle mir jedoch gerade vor, dass die drei Filme in der mittelalterlichen Sprache der ersten Übersetzung syncronisiert worden wären - was ja noch nicht mal im englischen Originalfilm so ist.

    Eine Wette: Diese Filme wären trotz toller Bilder an der Kinokasse baden gegangen, weil keiner sich auf den Film und jeder nur mühsam an den komischen Satzbau aufgehängt hätte.

    Das ist es doch, was die neue Übersetzung leistet: Ohne gravierende Änderungen eine flüssige und spannendere Lesbarkeit. Dabei ist er manchmal etwas zu weit gegangen, ja ... sehe ich auch so - doch für mich überwiegen die Vorteile.
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  10. #10
    Wiederholungstäter Avatar von Max
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    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Nach dem ich diesen Thread eine Weile verfolge, muss ich meinen Senf auch noch dazu geben.
    Jedenfalls habe ich die alte Übersetzung von HdR nur mal kurz reingeschnuppert und muss sagen, dass ich im Grunde Krege deutlich vorziehe. Die einfachere Schreibweise ist für ein Lesen deutlich vorteilhafter.
    Zwar gibt es manche detailverliebte Leser, für die ich auch etwas Verständnis habe, jedoch hänge ich mich nicht an das Wort "Chef" auf. Weder fande ich dieses Wort noch Imbissbude in irgendeiner Weise schlimm, noch vom Thema ablenkend. Ich denke die vielen, vielen Sätze außenherum verhindern das.

    Zu den Filmen kann ich nur sagen, dass sie begeisternd sind. Man muss sich natürlich auch vergegenwärtigen, dass es ein anderes Medium ist. Ein Film ist nicht für ein paar Leute gemacht, die einfach nur jedes Wort verfilmt sehen wollen, sondern für eine breite Masse an Kinogängern. Die Vorlagen zur Visualisierung waren auch teilweise von sehr bekannten HdR-Konzepten, welche es bereits mehrere Jahrzehnte vorher gab. Und gerade deswegen finde ich es so gelungen.

  11. #11
    Moderator Avatar von Last_Gunslinger
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    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Zitat Zitat von Max
    Ein Film ist nicht für ein paar Leute gemacht, die einfach nur jedes Wort verfilmt sehen wollen, sondern für eine breite Masse an Kinogängern.
    Das sehe ich ja auch ein. Und das den "normalen" Kinogänger die Filme begeistern verstehe ich sofort. Wie schon gesagt wundert mich auch nur die breite Akzeptanz bei denen, die schon seit Jahren das Buch kennen.
    Aber vielleicht bin ich da auch zu anspruchsvoll. Bin gewohnt mit meiner Meinung zu den Filmen alleine dazustehen.

  12. #12
    Forum-Aktivist Avatar von Reiner
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    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Zitat Zitat von Max
    Nach dem ich diesen Thread eine Weile verfolge, muss ich meinen Senf auch noch dazu geben.
    Jedenfalls habe ich die alte Übersetzung von HdR nur mal kurz reingeschnuppert und muss sagen, dass ich im Grunde Krege deutlich vorziehe. Die einfachere Schreibweise ist für ein Lesen deutlich vorteilhafter.
    Zwar gibt es manche detailverliebte Leser, für die ich auch etwas Verständnis habe, jedoch hänge ich mich nicht an das Wort "Chef" auf. Weder fande ich dieses Wort noch Imbissbude in irgendeiner Weise schlimm, noch vom Thema ablenkend. Ich denke die vielen, vielen Sätze außenherum verhindern das.

    Zu den Filmen kann ich nur sagen, dass sie begeisternd sind. Man muss sich natürlich auch vergegenwärtigen, dass es ein anderes Medium ist. Ein Film ist nicht für ein paar Leute gemacht, die einfach nur jedes Wort verfilmt sehen wollen, sondern für eine breite Masse an Kinogängern. Die Vorlagen zur Visualisierung waren auch teilweise von sehr bekannten HdR-Konzepten, welche es bereits mehrere Jahrzehnte vorher gab. Und gerade deswegen finde ich es so gelungen.

    Ja, so sehe ich es auch.


    Obwohl, und das finde ich dann schon für mich auch bemerkenswert - und damit unterscheide ich mich von Einigen die auch mit der alten Übersetzung groß geworden sind - da ich von der ersten Übersetzung ausging und auch zunächst den colorierten Schauspiel-Zeichentrickfilm kannte, sollte es eigentlich verwundern, dass man das Neue mehr mag.

    Somit wäre ich eigentlich ein Kandidat der das "Heiligtum des Originals" (wobei eine Übersetzung eben nie das Original ist, sondern nur ein (erste) Interpretation) hätte verteidigen müssen.

    Aber Anfang der 80iger war ich als junger Schüler dann auch etwas "geschockt" von der holprigen Lesbarkeit eines Fantasy-Klassikers. Kommt vielleicht daher, dass ich damals das flüssige Lesen der Perry Rhodan Romane gewöhnt war und nur, (wiederwillig) mir den 68er Generation Kult (so war es damals) vom "Herr der Ringe" angetan hatte - weil es irgendwie "in" war.

    Ich wurde wegen der schlechten Lesbarkeit nur genervt und fand es immer seltsam, dass man so ein "Bohei" aus dieser Art des Satzbaus machte - ja ein regelrechter Kult war das ... bis heute (wie man merkt).

    Somit haben mich die Kino-Filme unglaublich begeistert und endlich dazu animiert "Herr der Ringe" wieder neu zu entdecken.

    Was dem Regisseur Peter Jackson damit gelungen ist, ... ist ein neuer Klassiker und wird in die Kino-Geschichte eingehen wie einstmals "Krieg der Sterne".

    Nicht vergessen: Ein Film ist ein visuelles Medium und lange galt HdR als unverfilmbar. Nur einem HdR Fan wie Peter Jackson, der aber auch weiss wie ein Film funktionieren muss, konnte das gelingen wie es gelang = ein Meisterwerk!

    Nochmal: Schaut Euch die Filme an und man merkt, dass die Sprache der Darsteller moderner ist. Nur so konnte man eine Geschichte neu erzählen damit sie jeder verstehen kann. Es ist aber auch notwendig unvoreingenommen an die Filme heranzugehen. Nichts ist schlimmer als eine 1:1 Verfilmung die dann nicht wirklich visuell überzeugt. Ein Buchautor ist kein Drehbuchschreiber und ein Film ist kein Buch. Trotzdem kann man aus einem Buch ein Film machen, wenn man es anzupassen versteht.

    -------------

    Was wäre, wenn Tolkien heute leben würde und sein HdR heute schreibt ... die Sprache wäre eine Andere auch von ihm!

    Aber auch heute würde er Mittel und Wege finden, das darzustellen was er wollte - nichts anderes taten in Wahrheit Peter Jackson und Wolfgang Krege!


    PS: Man stelle sich nur mal vor, wie ich vor Jahrzehnten vom HdR wenig begeistert war - und heute bin ich Dank dieser beiden Personen ein neuer Fan von HdR - das ist es sicher allein schon wert, dass diese beiden Menschen ein altes "Schlachtross" in die Moderne mitgenommen haben und so einem viel größeren Kreis von Menschen anschaulich und verfügbar gemacht haben.

    Und genauso wie wir heute unsere Schwierigkeit damit haben, Bücher aus dem Mittelalter zu lesen, weil wir so einfach auch nicht mehr sprechen und neue Bezeichnungen für vieles verwenden, so wird in vielen Jahren kaum mehr jemand noch die alte Übersetzung lesen können.
    Geändert von Reiner (17.12.2006 um 19:10 Uhr)
    "Glaubst Du noch, oder denkst Du schon?" Giordano Bruno / "Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Albert Einstein. /"Ich kann zwar die Bewegungen von Himmelskörpern berechnen, aber nicht die menschlichen Verrücktheiten." Sir Isaac Newton. / Das Mitlesen in diesem Beitrag ist verboten, wenn Ihr zu jung dafür seid. https://anchor.fm/reiner-krauss/

  13. #13

    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Zitat Zitat von Reiner
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    Aber Anfang der 80iger war ich als junger Schüler dann auch etwas "geschockt" von der holprigen Lesbarkeit eines Fantasy-Klassikers.
    Also, 'holprig' finde ich die alte Übersetzung nun wirklich nicht. *Wenn* sie schwer lesbar ist - was sie, denke ich, aber nicht allgemein ist, sondern lediglich, wenn man relativ stark auf einen bestimmten Stil fixiert ist - dann liegt das eher daran, daß sie in einer etwas altmodischeren, gelegentlich auch etwas umständlicheren Sprache abgefaßt ist. Das macht sie aber nicht holprig. Auch lange, umständliche Sätze können sich sehr flüssig lesen lassen. Es ist lediglich eine Frage der Gewohnheit.

    Kommt vielleicht daher, dass ich damals das flüssige Lesen der Perry Rhodan Romane gewöhnt war
    Mit Verlaub: Das ist aber auch eine *völlig* andere Sache. Bei allem Respekt für Perry Rhodan - und daß ich Respekt davor habe, wird, denke ich, schon daraus deutlich, daß ich mich gerade für ein eigenes Perry-Forum hier in der Community ausgesprochen habe - ist doch Perry Rhodan vom Sprachniveau her eine Heftromanserie, d.h. sprachlich am kleinsten gemeinsamen Nenner des Sprachverständnisses orientiert. Wenn wir den Herrn der Ringe vom Sprachniveau mal so ungefähr auf Höhe der FAZ ansiedeln, dann ist Perry Rhodan eher auf Höhe der Bild-Zeitung angesiedelt. Verständlichkeit ist zwar eine Tugend, aber wenn wir sämtliche Literatur an ihrer Verständlichkeit für ein sprachlich eher einfach gestricktes Publikum messen wollten, könnten wir praktisch alle Klassiker und einen Großteil der Gegenwartsliteratur 'in die Tonne kloppen'.

    Um's nochmal ganz deutlich zu sagen: Der Herr der Ringe ist *auch im Original* kein leichtes Buch. Er liest sich *auch im Original* antiquiert. Das ist durchaus so gewollt. Er las sich sogar in den 50ern, also zur Zeit des ersten Erscheinens, bereits antiquiert. Tolkien schrieb durchaus bewußt ein etwas älteres Englisch, denn es lag seiner Mentalität näher. (So, wie z.B. ich teilweise ein etwas antiquiertes und umständliches Deutsch schreibe. Nicht, daß ich mich mit Tolkien vergleichen möchte; ich möchte nur deutlich machen, daß es eben *tatsächlich* Leute gibt, zu deren Stil sowas eben gehört.)

    Ich wurde wegen der schlechten Lesbarkeit nur genervt und fand es immer seltsam, dass man so ein "Bohei" aus dieser Art des Satzbaus machte - ja ein regelrechter Kult war das ... bis heute (wie man merkt).
    Ich mache keinen irrationalen Kult aus dem Satzbau. Ich stelle lediglich - nach reiflicher Überlegung und *detailliertem* Vergleich und in guter Kenntnis der verschiedenen Fassungen - bestimmte Schwächen in der Krege-Übersetzung fest, von denen einige m.E. über läßliche 'Sünden' hinausgehen.

    Nochmal: Schaut Euch die Filme an und man merkt, dass die Sprache der Darsteller moderner ist.
    Ich kenne zufälligerweise jemanden, der das Synchroscript korrekturgelesen hat (jep, das war jemand von der Deutschen Tolkiengesellschaft, ein ähnlich 'irrationaler Kultanhänger' wie ich *g*) und weiß daher recht genau, daß dort, wo irgend möglich, immer so eng wie möglich an der Carroux-Übersetzung gearbeitet wurde. Natürlich muß man bei einer Synchro generell Abstriche machen, da die Lippenbewegungen im Original ungefähr denen der deutschen Version entsprechen müssen; man muß also des öfteren etwas improvisieren. Aber recht viele Sätze haben es praktisch 1:1 in den Film geschafft.

    Und bevor hier der Eindruck entsteht, ich verließe mich nur aufs Hörensagen: Ich habe die Filme mehr als ein Dutzendmal gesehen, und ja, tatsächlich auch einige Male auf Deutsch.

    Nur so konnte man eine Geschichte neu erzählen damit sie jeder verstehen kann.
    Selbst, wenn die Sprache der Filme so modern wäre, wie Du meinst, bin ich nicht der Meinung, daß das generell notwendig ist, um einen guten oder auch nur erfolgreichen Film zu machen. Viele Historienfilme bedienen sich durchaus einer altmodischen Sprache; Shakespeareverfilmungen u.ä. ebenfalls (da ist die Sprache sogar noch wesentlich antiquierter als im Herrn der Ringe). Und sowohl Historienfilme als auch Shakespearefilme und -dramen erfreuen sich relativ gleichbleibend hoher Popularität.

    Im übrigen *muß nicht alles für jeden verständlich sein*. Ich weiß - das ist furchtbar undemokratisch und elitär von mir, das so offen zu sagen. Aber eine fortwährende Orientierung am kleinsten gemeinsamen Nenner führt über kurz oder lang zu einem Sinken des Sprachverständnisses und der intellektuellen Kompetenz der *gesamten* Bevölkerung. Das Gegenteil hingegen, also eine 'rücksichtslose' Verwendung verschiedenster Sprachebenen und Stile, darunter eben auch von schwieriger und antiquierter Sprache, gibt *allen*, also auch der sogenannten 'einfachen' Bevölkerung, eine Gelegenheit, durch Übung und Gewohnheit ihr Sprachverständnis und ihre intellektuelle Kompetenz zu steigern.

    Never write down to your audience.

    Was wäre, wenn Tolkien heute leben würde und sein HdR heute schreibt ... die Sprache wäre eine Andere auch von ihm!
    Wie schon gesagt, Tolkien war bereits zu seinen Lebzeiten 'altmodisch'. Ich denke, das wäre er heute ebenfalls noch. Seine Verbundenheit gegenüber einer vergangenen (Sprach)kultur war vielleicht *das* zentrale Merkmal seiner Persönlichkeit.

    Und genauso wie wir heute unsere Schwierigkeit damit haben, Bücher aus dem Mittelalter zu lesen, weil wir so einfach auch nicht mehr sprechen und neue Bezeichnungen für vieles verwenden, so wird in vielen Jahren kaum mehr jemand noch die alte Übersetzung lesen können.
    Wenn *das* irgendwann der Fall sein wird, wird die Krege-Übersetzung davon genauso betroffen sein. Es dauert Jahrhunderte, bis sich eine Sprache so weit verändert, daß Texte in ihr für Sprecher, die mit einer neueren Version dieser Sprache aufgewachsen sind, nicht mehr verständlich sind. Da machen die vierzig Jahre, die zwischen den beiden Übersetzungen liegen, den Kohl nun wahrlich nicht fett. Und in zwanzig Jahren oder vielleicht schon in zehn wird auch Krege schon wieder milde altmodisch wirken für die neue junge Generation, die dann schon wieder ihren eigenen Slang usw. hat.

    Altmodisch wirkt Sprache sehr schnell - da können, gerade, wenn es sich um eine besonders aktuelle, modische Sprache handelt, schon fünf bis zehn Jahre reichen. Texte aus den späten Neunzigern, die auf 'hip' gemacht waren, wirken jetzt schon etwas komisch. Bis etwas allerdings wirklich dem aktuellen Sprachverständnis unverständlich wird, vergehen locker vierhundert Jahre oder mehr. Der oben bereits erwähnte Shakespeare ist für moderne Engländer noch recht gut verständlich; und auch uns in Deutschland hier machen Texte aus dem 19., 18., 17. und mit Einschränkungen auch noch aus dem 16. Jahrhundert keine unüberwindbaren Probleme (zum selber Nachprüfen dieser Behauptung, hier etwas aus der ersten Hälfte des 17. Jh.: http://gutenberg.spiegel.de/gryphius...rste/eitel.htm). Voraussetzung dieser langen Verständlichkeit ist aber natürlich die fortgesetzte Übung jeder neuen Generation im Umgang mit Texten, die nicht unmittelbar ihrem eigenen Sprachgebrauch entsprechen. Das ist eine zentrale Kulturtechnik, die im Moment allerdings leider immer unpopulärer wird.


    @Last_Gunslinger: Zu den Filmen wollte ich mich auch noch äußern (mag sie sehr gerne, habe aber auch so meine Probleme mit einigen Sachen), aber dieses Posting ist schon so ein Monster, daß ich da nicht noch eine zweite Grundsatzdiskussion reinpacken möchte. Vielleicht morgen... *g*
    Geändert von Hmpf (17.12.2006 um 22:15 Uhr)

  14. #14
    Forum-Aktivist Avatar von Reiner
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    01.12.2003
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    Standard AW: Der Herr der Ringe - die neue Übersetzung beurteilt

    Nun, ... wie bereits erwähnt kann ich Krege auch nicht ganz kritiklos so stehen lassen, grundsätzlich sehe ich jedoch die deutlich bessere Lesbarkeit, bei gleichzeitigem Erhalt der Sätze (ja kein Satz ist weg oder eben verloren gegangen ) ... als Gewinn und somit überwiegen für mich die Vorteile.
    "Glaubst Du noch, oder denkst Du schon?" Giordano Bruno / "Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher." Albert Einstein. /"Ich kann zwar die Bewegungen von Himmelskörpern berechnen, aber nicht die menschlichen Verrücktheiten." Sir Isaac Newton. / Das Mitlesen in diesem Beitrag ist verboten, wenn Ihr zu jung dafür seid. https://anchor.fm/reiner-krauss/

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