Rekord bei rechtsextremer Kriminalität droht

Berlin (dpa) - Bei der rechtsextremen Kriminalität in Deutschland droht für 2006 ein Fünfjahresrekord. Bundesweit hat die Polizei von Januar bis November nach vorläufigen Zahlen 11.254 rechte Straftaten registriert, berichtet der "Tagesspiegel" (Freitag).

Experten gingen davon aus, dass 2006 so viele rechtsextremistische Delikte registriert wurden wie seit 2001 nicht mehr. Endgültige Zahlen für das gesamte vergangene Jahr werden erst im Frühjahr erwartet.
Wie die Bundesregierung auf die monatliche Anfrage der Linkspartei-Abgeordneten Petra Pau mitteilte, wurden im November bundesweit 1.100 rechte Straftaten gemeldet - mehr waren es im vergangenen Jahr nur in den Monaten Mai, Juni und Oktober. Nach dpa-Informationen wurden im November die meisten rechtsextrem motivierten Straftaten in Nordrhein-Westfalen (176) verzeichnet, gefolgt von Berlin mit 164 Straftaten.
Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch hatte vor kurzem gesagt, dass sich die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten in Berlin im vergangenen Jahr verdoppelt habe. Während es im Jahr 2005 allein 52 Gewaltdelikte gegeben hatte, erwartete Glietsch für 2006 einen Anstieg auf mehr als 100.
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Pau sagte dem Online-Dienst tagesschau.de, besonders erschreckend sei die hohe Zahl der Gewalttaten. Durchschnittlich gebe es täglich 2,5 Übergriffe in Deutschland - und dementsprechend viele Opfer. Sie forderte eine parteiübergreifende Strategie gegen den Rechtsextremismus. Die Rechtsextremismus-Expertin der Grünen- Bundestagsfraktion, Monika Lazar, unterstützte Paus Forderung. SPD- Vorstandsmitglied Niels Annen forderte einen Demokratiegipfel, der ein Zeichen gegen die rechtsextremen Straftaten setzen solle. FDP- Innenexperte Max Stadler sagte: "Die ansteigenden Zahlen rechtsextremer Straftaten zeigen, dass mit allen Mitteln des Polizei- und Strafrechts dagegen vorgegangen werden muss."
Entgegen dem Bundestrend kann Sachsen 2006 einen Rückgang der rechtsextremen Straftaten verzeichnen. Im ersten Halbjahr des Vorjahres sanken sie auf 906 im Vergleich zu 1092 im ersten Halbjahr 2005, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamtes am Freitag. Der Trend werde sich bis Jahresende fortsetzen. Die Zahl der rechtsextremen Gewaltdelikte blieb mit 45 (Vorjahreszeitraum: 44) praktisch gleich.
Auch in Brandenburg ist die rechtsmotivierte Kriminalität leicht zurückgegangen. 1108 Straftaten wurden von Januar bis November 2006 registriert, wie das Innenministerium mitteilte. 2005 seien es 1131 Delikte gewesen. Dies war den Angaben zufolge allerdings der höchste Wert seit 2001. Nach den vorläufigen Zahlen gehen nach Angaben des Innenministeriums die rechtsextremistischen Gewaltdelikte zurück. Bis November 2006 wurden 63 Fälle registriert, im Jahr davor waren es insgesamt 86 Straftaten.
In Niedersachsen ist die Zahl rechtsextremer Propagandadelikte wie das Zeigen von Hakenkreuzen oder das Grölen verfassungswidriger Parolen im vergangenen Jahr angestiegen. "Insgesamt hat sich die Zahl rechtsextremer Straftaten erhöht", sagte eine Sprecherin des Landesamtes für Verfassungsschutz. Nach Angaben des Innenministeriums gab es 2006 im Vergleich zu den Vorjahren auch mehr rechtsextreme Demonstrationen. Die Zahl rechter Gewalttaten sei dagegen weniger stark angestiegen.
Eine neue rechtsextreme Gruppe, die sich von der Kleidung kaum von Linksautonomen unterscheidet, ist unterdessen im Visier des Bundesverfassungsschutzes. Es gehe um ein "ernst zu nehmendes Phänomen", sagte eine Sprecherin der Behörde in Köln und bestätigte damit einen Bericht der "Frankfurter Rundschau". Die so genannten "Autonomen Nationalisten" (AN) seien "immer bereit, gewaltsam gegen Polizisten oder Gegendemonstranten zu agieren". Wie das Blatt berichtete, sind relevante AN-Gruppen bislang vor allem in Berlin, München und im Ruhrgebiet aufgetaucht.

Quelle: web.de