Ergebnis 1 bis 9 von 9

Thema: Ilium & Olympos

  1. #1
    Criss
    Gast

    Standard Ilium & Olympos

    Da ich mit dem Siebzigerrelikt und Autorengespann Niven/Pournelle nicht wirklich viele hinter dem Ofen hervorlocken konnte, und ich somit offensichtlich kein literarisches Feuerwerk abbrennen kann, versuche ich es mal mit etwas neuerer Literatur; in diesem Falle mit Dan Simmons und seiner Saga "Ilium/ Olympos".
    Fast 2000 Seiten..äh..ja, soll man es nun SF nennen, denn Simmons kann nicht leugnen, sich auch im Horror-Genre sehr wohl zu fühlen, was die expliziten Gewaltdarstellungen in dem Büchern zeigen, und außerdem beherbergt das Ganze auch noch eine gehörige Portion Fantasy, Abenteuerroman, Geschichte...undundund...mal ganz abgesehen von der Verarbeitung von Homers "Ilias", und den Werken von Shakespeare und Proust.
    Aber da wir uns mit solchen Kleinigkeiten nicht aufhalten wollen, lassen wir das ganze Spektakel unter dem Namen SF laufen, und werfen einen Blick auf dieses grandiose Epos.
    Oder ist es das vielleicht gar nicht?
    Wer hat die Bücher gelesen?
    Und setzen sie wirklich "neue Maßstäbe in der Science Fiction", wie manche Kritiker schreiben?
    Sollte man die "Ilias" kennen, um die Bücher zu verstehen, oder reicht es vielleicht aus, wenn man "Troja" gesehen hat?

    Ich persönlich ziehe den Hut vor der Phantasie, dem Einfallsreichtum und dem Schreibstil des Autors. Simons spielt z.Zt. in einer Liga, in der ihm nur wenige das Wasser reichen können (für Horror-Fans empfehlenswert: "Kinder der Nacht"), seine Geschichten sind wirklich "groß".

    Haben die Bücher das Zeug zum SF- Klassiker?
    Was meint ihr?

    Viele Grüße und ein schönes Wochenende,
    Criss
    Geändert von Criss (19.04.2008 um 14:48 Uhr)

  2. #2

    Standard AW: Ilium & Olympos

    Ich kenne zwar die beiden Bücher nicht, aber lese gerade The Fall of Hyperion (und habe natürlich zuvor Hyperion gelesen) vom gleichen Autor. Zumindest Hyperion gilt ja, wenn ich das richtig verstehe, eigentlich bereits als Klassiker, die Frage ist also beantwortet. ;-) Allerdings gibt es ein oder zwei größere Plotholes...

    Simmons' Stil finde ich zwar nicht schlecht, aber jetzt auch nicht herausragend gut. Aber ich bin stilistisch auch schwer zu beeindrucken - mein Lieblingsautor in der SF ist Gene Wolfe. *g* Was mir aber sehr gefällt, ist der Ideenreichtum, der in den beiden Büchern steckt.

    Worum geht es denn in Ilium und Olympos? Erzähl mal! Vielleicht sollte ich die ja auch auf meine Leseliste setzen...

  3. #3
    Criss
    Gast

    Standard AW: Ilium & Olympos

    Hm...tja, wie fang ich da am besten an..von vorn...ich zitiere als erstes mal den Klappentext:

    "Thomas Hockenberry, ehemaliger Professor für Philosophie an der University of Indiana, wird nach seinem Tod zusammen mit einigen Fachkollegen von den Göttern des Olymp auerwählt, im Auftrag der Muse Melete als Kriegsberichterstatter in Ilium tätig zu werden. Als so genannter Scholiker mit raffinierten High-Tech-Geräten ausgestattet, die es ihm ermöglichen, mitten Im Kampfgetümmel zu erscheinen und in Sekundenbruchteilen wieder zu verschwinden, soll er der Muse Zeugnis geben von den Wechselfällen des Trojanischen Krieges. Hockenberry kennt die "Ilias" allerdings zu genau, um nicht zu bemerken, dass sich zwischen dem, was er sieht, und den Versen Homers gewaltige Diskrepanzen auftun. Hat sich der berühmte griechische Epiker in sträflicher Weise dichterische freiheiten erlaubt, oder befindet sich Hockenberry etwa im falschen Krieg? Die Wahrheit ist viel erschreckender: Hockenberry wurde nicht etwa auf dem griechischen Olymp wiedererweckt, sondern auf dem Olympus Mons, dem höchsten Berg des Mars. Und es hat ihn nicht in die Antike, sondern in eine ferne Zukunft verschlagen, in der schon vor Jahrhunderten das nackte Grauen Einzug gehalten hat..."

    Soweit der Klappentext. Dies ist ein Handlungsstrang von dreien. Im zweiten macht sich eine Gruppe Moravecs auf eine geheime Mission zum Mars, um merkwürdige Vorgänge zu überprüfen. allerdings verläuft die Mission anders, als geplant.

    Der dritte Handlungsverlauf beginnt auf der Erde. Nur noch einige hunderttausende Menschen leben bis zum 99sten Lebensjahr, und steigen danach zu den "Ringen" auf. Harman, der einzige Mensch, der lesen kann, mißtraut der ganzen Sache und macht sich mit drei anderen auf die Suche nach der Wahrheit...

    Am Anfang verwirren diese drei völlig verschiedenen Handlungen etwas, und das Namenregister erweist sich als unverzichtbar, weil man vor allem am Anfang bei den ganzen Göttern, griechischen Helden, Moravecs und Normalsterblichen schnell die Übersicht verlieren kann. Doch die Geschichte gewinnt rasch an Geschwindigkeit, und auf jeder Seite verblüfft Simmons mit neuen Einfällen und Ideen. Die Kenntnis der "Ilias" ist nicht notwendig, aber es erleichtert die Sache etwas und erhöht das Lesevergnügen, wenn man sich ein wenig in der Geschichte des trojanischen Krieges auskennt, und auch die Götter der griechischen Mythologie in etwa zuzuordnen weiß.

    Die beiden Bücher gehören zusammen; "Olympos" knüpft nahtlos dort an, wo "Ilium" endet. Ich lese sie gerade zum zweiten Mal, und das sollte man vielleicht auch, da man beim ersten Mal von der Fülle der Namen beinahe erschlagen wird, man entdeckt noch einige Kleinigkeiten, die einem entgangen sind, weil man zu sehr damit beschäftigt war, nicht den roten Faden zu verlieren. Ich kann die komplexe Story jetzt noch einmal richtig genießen, und viele Zusammenhänge sind jetzt klarer.

    Simmons schreibt ja auch Horror; das merkt man den Büchern an. Die Schlachtszenen sind bis ins Detail beschrieben, und stellenweise mit bösem schwarzen Humor durchtränkt. Wenn "Troja" so verfilmt worden wäre, hätte der Film nie eine breitere Öffentlichkeit erreicht; von einer FSK- Freigabe ganz zu schweigen...

    Ich finde, es lohnt sich, die Bücher anzutesten.
    Ich hoffe, ich konnte weiterhelfen, Gruß,
    Criss

    P.S. zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich die "Hyperion"- Bände noch nicht gelesen habe, aber sie stehen schon lange auf meiner Liste. Im nächsten Urlaub sind sie fällig...

  4. #4
    Treuer SpacePub-Besucher Avatar von FloVi
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    Standard AW: Ilium & Olympos

    Ich habe Ilium angefangen, war mir dann aber zu abgedreht.

    Sollte man die "Ilias" kennen, um die Bücher zu verstehen, oder reicht es vielleicht aus, wenn man "Troja" gesehen hat?
    Also, wer da was von mitkriegen will, sollte sich den Film ansehen. Um Homers "Gesangsbücher" zu kapieren fehlt es mir zum Beispiel echt an Bildung.

  5. #5
    Criss
    Gast

    Standard AW: Ilium & Olympos

    Zitat Zitat von FloVi Beitrag anzeigen
    Ich habe Ilium angefangen, war mir dann aber zu abgedreht.
    Stimmt, gerade der Anfang ist sehr verwirrend; zumal die verschiedenen Handlungen nun erstmal überhaupt nichts mit einander zu tun haben, und man sofort mit einer Fülle von Namen und Informationen überhäuft wird. Ging mir beim ersten lesen genauso. Aber es wird besser...viel besser...

  6. #6
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    Standard AW: Ilium & Olympos

    Also Ilium hab ich in kürzester Zeit regelrecht verschlungen. Seit "Hyperion" und Peter Hamiltons "Night's Dawn" hab ich kaum so unterhaltsame und packende, gigantische Science Fiction gelesen. Und vor allem eine Geschichte, bei denen mehrere Handlungsstränge gleichzeitig ablaufen, deren Zusammenhang aber erst nach und nach herauskommt ist für mich immer ein Vergnügen. Aber als dann in "Olympos" die Anti-Islam Keule ausgepackt wurde, hab ich dann nur noch gähnend bis zum Ende weiter gemacht. Das fand ich schon bei den Dune Prequels recht bedenklichm weswegen ich sie auch nicht weiter gelesen hate.... scheint heutzutage halt modern zu sein...
    Geändert von Kaff (20.04.2008 um 16:25 Uhr)

  7. #7

    Standard AW: Ilium & Olympos

    Anti-Islam-Keule? Das hätte ich bei Simmons jetzt nicht erwartet. Immerhin hat er in Hyperion mit Kassad einen recht interessanten Helden, der aus dem islamischen Kulturkreis stammt, geschaffen... *enttäuscht*

    Aber auch bei Dune überrascht es mich. Ich meine, ja: der Imperator und das Imperium hatten auch schon bei Frank Herbert islamische Züge - aber ebenso die Fremen. Eine der Sachen, die ich an Dune interessant finde ist gerade, daß man dem Dune-Universum anmerkt, daß es unter anderem auch stark islamisch geprägt ist, und daß das nicht als grundsätzlich 'schlimm' gewertet wird. Die Zivilisationskritik, die in Dune steckt, scheint mir eher allgemein als auf eine bestimmte Religion oder Kultur ausgerichtet zu sein. Schade, wenn das in den Prequels ganz anders ist. (Nicht, daß ich auf die Prequels je viel gegeben hätte; ich war schon von den Fortsetzungen des Originals nicht begeistert.)

  8. #8
    Criss
    Gast

    Standard AW: Ilium & Olympos

    Bevor das jetzt hier in eine politische Diskussion ausartet, möchte ich nochmal vor Augen halten, daß es sich hier um einen SF-ROMAN handelt. Wir reden hier nicht über das Tagesgeschehen in der FAZ...

    Und man sollte bedenken: Simmons ist Amerikaner. Vielleicht hat er etwas zu verarbeiten. Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, daß er bisher in keinem seiner Romane mit einer politischen oder moralischen Keule durch die Gegend gelaufen ist...

    In "Ilium" ist Savi, "die ewige Jüdin" vertreten.
    In einem Interview habe ich gelesen (und ich erhebe keinen Anspruch auf die volle Wahrheit ), daß unter den vielen Ideen, welche Simmons zu dieser Geschichte inspiriert haben, unter anderem der Gedanke war: "Selbst in tausend Jahren wird es noch jemanden geben, der die Juden ausrotten will."

    Oder so ähnlich. Unter diesem Gedanken bekommt die Story doch gleich einen anderen Blick...

    So oder so...ich persönlich bin ein relativ unpolitischer Mensch; mich interessiert die Story. Und die ist wirklich gigantisch.

    Da ich Simmons nicht als Autor kenne, der in seinen Büchern seine politische Meinung vertritt, glaube ich nicht, daß er es hier tut, auch wenn der Verdacht naheliegt.
    Viele reden und schreiben gegen den Islam.
    Modern mag das sein.
    Aber das driftet jetzt wieder vom Thema ab..

  9. #9
    Grand Maester Avatar von tubbacco
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    Standard AW: Ilium & Olympos

    Zitat Zitat von Criss Beitrag anzeigen
    Aber da wir uns mit solchen Kleinigkeiten nicht aufhalten wollen, lassen wir das ganze Spektakel unter dem Namen SF laufen, und werfen einen Blick auf dieses grandiose Epos.
    Oder ist es das vielleicht gar nicht?
    Ein Epos? Ja! Ist es ein gutes Epos? Teilweise!
    Zitat Zitat von Criss Beitrag anzeigen
    Wer hat die Bücher gelesen?
    Meld! Nach den Hyperion Cantos und Endymion, welche ich über Jahre irgendwie übersehen hatte und diese mittlerweile zu den besten Büchern, die ich gelesen habe, zähle, habe ich mich gleich in den nächsten 2000 Seiten Wälzer Simmons gestürzt und bin über weite Strecken gut unterhalten wurden.
    Zitat Zitat von Criss Beitrag anzeigen
    Und setzen sie wirklich "neue Maßstäbe in der Science Fiction", wie manche Kritiker schreiben?
    Maßstäbe vielleicht in der Fantasie, die der Autor in diesen beiden Werken untergebracht hat, aber wohl keine Maßstäbe, was eine vernünftige Gesichte angeht.

    Und da sehe ich wirklich das Problem dieser beiden (eigentlich eher das des zweiten Buches) Bücher. Wo entwickelt sich diese Geschichte hin. Die Auflösung dessen ist etwas schwach und übereilt. Der Autor musste dann wahrscheinlich plötzlich fertig werden. Zahlose Handlungstränge werden nicht so richtig zu Ende geführt, die Bedrohung durch Setebos löst sich quasi von selbst, die Kritik am islamischen Terrorismus ist flach und neben Plotholes plagen vor allem einige größere Logikfehler das Epos.

    Zudem habe ich immer auf einen klärenden Höhepunkt gewartet, aber plötzlich hatte ich die Rückseite des Buchcovers in der Hand.
    Zitat Zitat von Criss Beitrag anzeigen
    Sollte man die "Ilias" kennen, um die Bücher zu verstehen, oder reicht es vielleicht aus, wenn man "Troja" gesehen hat?
    Es werden zwar aberhunderte Namen aus der Ilias wiedergegeben, aber die Wenigsten davon spielen eine Rolle. Über den Handlungsverlauf (sowohl Original, als auch Abweichung) der Ilias berichtet Hockenberry selbst, sodass hier kaum oder keine Vorkenntnisse nötig sein sollten.

    Natürlich gestaltet sich der Einstieg etwas schwer, aber das liegt eher an den nicht weiter beschriebenen (und das ist gut so, ich hasse Technobabble) zahlosen Technologien (Sonie, Quantenteleportieren, Servitoren, Voynixe), welche man erstmal auseinanderhalten muss.
    Zitat Zitat von Criss Beitrag anzeigen
    Haben die Bücher das Zeug zum SF- Klassiker?
    Was meint ihr?
    Klissiker wohl eher nicht (siehe Probleme oben), aber nichts desto Trotz über sehr lange Strecken gute Unterhaltung.

    Aber etwas schafft Simmons immer, was ich ihm hoch anrechne: Er weckt Interesse über die Themen die er schreibt (hier die Ilias). Schon bei den Hyperion Cantos und Endymion hat er das geschafft. Dort im Falle der Religionen, indem er ganz nebenbei einen Überblick über alle Weltreligionen gegeben hat. Sowas schaffen nicht viele Autoren.

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