Zitat Zitat von Dr.BrainFister Beitrag anzeigen
Wenn deine Theorie stimmen würde, müsste eigentlich auch die FDP auf der Erfolgswelle mitschwimmen. Aber obwohl sie alle von dir auf die Grünen zugemünzten Kriterien erfüllt, steckt sie schon seit Jahrzehnten immer wieder in tiefen Krisen fest. Tja, hmmm, irgendwas scheinst du wohl übersehen zu haben.
Die FDP ist seit jeher eine Partei mit einem Kernwählerpotenzial von vielleicht 5 %, die restlichen Prozentpunkte die sie einfahren sind Wähler die sich dann bei jeder Wahl aufs Neue spezifisch für die FDP entscheiden (oder eben nicht), z.B. enttäuschte Wechselwähler die von der Union ihre Zweitstimme abziehen, so wie es bei der letzten BT-Wahl häufiger geschehen ist.

Seit die FDP an der Regierung ist wird ihre Hallodripolitik der Wirklichkeit unterzogen und sie stürzt dementsprechend ab, da der konservative und der bürgerliche Wähler keine solche Instabilität mag. Er erwartet solides, ruhiges Regieren und war im Nachhinein vermutlich mit Schwarz-Rot zufriedener. Zudem bietet sich ihm mit den Grünen eine weitere Alternative die man dank des grünen Anstrichs auch wesentlich besser seinen Mitmenschen verkaufen kann ohne als neoliberales Arschloch dazustehen. Ganz exemplarisch dafür steht der neue MP Kretschmann, Familienvater und überzeugter Katholik. Der ist selbst für einen CDU-Wähler im erzkonservativen Ländle kein rotes Tuch wie die vermeintlichen Steinzeitkommunisten von der SED Linkspartei die kaum an der Macht, sofort Porsche und Mercedes verstaatlichen würden.

Auch die schwachen Erfolge der Linken lassen sich nicht allein durch mangelnde PR und zu viel Trotzigkeit ggü. den pöhsen Konzernen erklären. Würde diese Partei ein wirklich überzeugendes kapitalismuskritisches/-alternatives Programm bieten, hätte sie sicherlich einen besseren Stand in Deutschland. Denn es gibt in unserer Bevölkerung wahrscheinlich mehr Kapitalismusverdrossene als man vermuten würde. Die passende Klientel ist also eigentlich vorhanden.
Dabei solltest Du allerdings eine Tatsache berücksichtigen: Viele Wähler stimmen entgegen ihrer eigenen Interessen. Das ist kein spezifisch deutsches Phänomen, in den Staaten stimmen z.B. auch gerade diejenigen Bürger für die Republikaner die von deren Oberschichtenpolitik am Ehesten über den Tisch gezogen werden. Oder sie gehen überhaupt nicht wählen, was für viele potenzielle Wähler der Linkspartei ebenfalls zutreffen dürfte.

Wenn die Linkspartei einen nachhaltigen Erfolg erzielen will ohne sich derart ans Establishment zu verkaufen wie die Grünen, wird das nur über charismatische Köpfe und eine professionelle Medienarbeit gehen welche die Parteilichkeit des größten Teils unserer Medienlandschaft hart angeht und thematisiert. Gegenwärtig ist davon wenig zu sehen.

Man muss übrigens kein Fan der Linkspartei sein um dies zu bedauern. Eine starke Linkspartei würde die SPD unter Druck setzen sich wieder der Sozialdemokratie zuzuwenden, was aus meiner Sicht unabdingbar für die Fortsetzung dieser Demokratie ist da wir keine zwei wirtschaftsliberale Volksparteien brauchen. Es ist also eine Sache grundlegender checks and balances dass eben auch linkes Gedankengut parlamentarisch ausreichend repräsentiert wird.