Zitat Zitat von Reiner Beitrag anzeigen
100% dacort mit Simara!

Ja, ... nicht die "bösen" NATO-Truppen sind Kolonialisierer und somit die "Imperialen Sturmtruppen", sondern diejenigen die vorhatten - wie es im Kosovo sehr erfolgreich gelingt (wer hätte das gedacht noch vor 10 Jahren!!!!) - ein friedliches Miteinander verschiedener Volksgruppen unter eigener Führung aufzubauen.

Das war das Ziel, nach der Vertreibung der Taliban (welche unschätzbare Denkmäle in Afghanistan gesprengt haben = Buddha-Statuen von Bamiyan; welche mit Folter und Totesstrafe auf offener Bühne richten; welche Frauen wohl im Wert unter einem Haustier sehen; welche jeden anders Denkenden vernichtet sehen wollen).

Aufgrund der korrupten Regierung in Kabul (die eh nur eine Art Bürgermeisterregierung ist und ausserhalb der Stadt schon fasst keine Gewalt ausüben kann) und der Unentschlossenheit im Norden, als die Taliban vom pakistanischen Grenzgebiet wieder einsickerten, kam es zu den Folgen wie sie derzeit beobachtet werden.

Ob wir wollen oder nicht ... aus der ursprünglichen "Wiederaufbautruppe mit Selbstschutzmodus" (hier Bundeswehr in Afghanistan) wurde zwangsweise eine "selbstverteidigende Einigeltruppe". Wenn sie aber mal präventiv - zur Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben der eigenen Soldaten - angreift, statt wieder nur zu warten und dann auch noch die "andere Backe hin hält" ... kommt sie gleich in's Gerede der Boulevard-Presse. Ein unmöglicher Zustand. Es kann nicht sein, das Soldaten an Waffen ausgebildet werden, sie aber dann blos nicht einsetzen sollen.

Ja, die Ausrüstung ist nicht überall optimal. Die Marder Schützenpanzer werden im Sommer bis zu 80 Grad Celsius im Mannschaftsraum heiss - bis heute hat man keine Klimaanlage nachgerüstet. Ja, ausgefallenes Gerät wird nur schwer ersetzt und optimal gepanzerte Fahrzeuge gibt es immer noch zu wenige.

Ja, die BW war noch vor Jahren anders aufgestellt und trainiert - das hat sich radikal geändert. Wer nach Afghanistan geht wird nicht nur vollumfänglich geimpft sondern erhält eine "Impfung" in Sachen: Abgesetztes Gefecht; Gegenangriff; Häuserkampf ... das sind die Dinge die mittlerweile und schlagartig ÜBERLEBENSWICHTIG geworden sind.
Wenn ich diesen halbseitigen Beitrag als Replik auf meine Nachfragen ansehen darf, finde ich ihn doch mehr als erbärmlich, da hier keinerlei kritische Reflexion stattfindet, keine Sinnfrage gestellt wird. Es liest sich wie der übliche konservative Simplicissimus, der Nibelungentreue wie in der guten alten Zeit preist, und Kritik an der politischen Führung und an sinnlosen Kriegen mit Kritik am einfachen Soldaten verwechselt, als wäre es seine eigene Ehre die hier angegriffen und verletzt würde.

Die Christen haben einen Spruch, der gut auf diese Situation passt: "Gott gebe mir den Mut, Dinge zu ändern die ich ändern kann, die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen die ich nicht ändern kann, und die Weisheit, zwischen Beiden zu unterscheiden."

Eben diese Weisheit geht unserer politischen Führung ab. Wir haben nur begrenzte Ressourcen, und es ist die Pflicht einer guten Staatsführung diese Ressourcen dort zu investieren wo sie auch Nutzen bringen, und nicht dort wo sie wirkungslos verpuffen. Nachdem wir nun 8 Jahre in diesem Land sind, viele Milliarden investiert haben, mehrere dutzend unserer Mitbürger dort ihr Leben ließen, ist es hart einzugestehen dass wir trotz aller Mühen nichts erreicht und das Leben der Menschen dort nicht verbessert haben. Es ist aber wichtig sich dies einzugestehen, damit diese Ressourcen und Leben nicht weiter in einem Hexenkessel verbrannt, sondern dort eingesetzt werden wo sie einen tatsächlichen Nutzen bringen.

Nehmen wir nur mal das Feld Frauenrechte was hier angesprochen wurde. Diese haben sich in Afghanistan trotz beträchtlicher Investitionen unsererseits nicht verbessert. Auf der anderen Seite gibt es auch in unserem Land genug Frauen die in Parallelwelten leben, weggesperrt und unterdrückt werden. Es gibt Organisationen die dagegen kämpfen, die aber letztlich wie auch alle anderen sozialen Einrichtungen an massivem Budgetmangel leiden und mit einem Bruchteil der Ausgaben für den Afghanistankrieg hier und vor Ort viel Gutes tun könnten.

Der Humanismus ist universell, aber die Durchsetzung desselbigen ist immer eine Frage dessen wie viele Ressourcen wir investieren wollen, und wie diese verteilt werden sollen. Wir können eben nicht allen Menschen helfen, und je weiter diese weg sind, je unterschiedlicher ihre Auffassung von Menschenrechten oder einem guten Leben von unseren Auffassungen sind, desto schwieriger sind sie auch zu erreichen, desto schwieriger ist es dort etwas zu bewegen.

Dies sind Tatsachen, und so lange ich keine überzeugenden Argumente höre wie wir Afghanistan in den nächsten vier Jahren vom Wüstenstaat in eine Demokratie mit blühenden Landschaften verwandeln werden, bleibe ich dabei dass wir unsere Ressourcen dorthin investieren sollten wo sie auch etwas bewirken.