In den letzten Wochen musste ich viel arbeiten und war infolgedessen gezwungen, unverhältnismäßig viel TV zu schauen. Ja, sowas gibt's.

Was mir dabei auffiel war die gnadenlose Überschwemmung der Werbeblöcke mit Klingelton- und Handy-Farblogo-Werbungen. Je nach Sendung bekommt man fast gar keinen anderen Spot mehr zu sehen. Man sehnt sich regelrecht nach einem unaufdringlich-entspannenden Discountmarkt-Spot, einer tiefsinnig-ansprechenden Waschmittel- oder einer prickelnd-erotischen Hundefutterwerbung.

Denn allerspätestens beim 20. Auftreten im 2. Werbeblock kann man die lautstark "AUGENKREBS" schreienden Spots mit dem vom Nachbarjungen für 2,50¤ in der Schulpause animierten Pastell-Nashorn nicht mehr ertragen. Aber auch das Weglaufen in die Küche nützt wenig, denn die direkt bei der "Barbie"- und "Girl"-Werbung abgeworbenen Sprecherinnen stellen einem mit der schrillen Penetranz einer genussvoll auf nasser Schultafel kratzenden Gabel nach, untermalt von hirntotem Gehupe, das einen unfreiwillig in das Midi-Zeitalter längst begraben geglaubter Computerspiele der frühen 90er zurückversetzt. - Wir haben jetzt seit einem Jahrzehnt auch bei Computerspielen Soundtracks in CD-Qualität und sind *endgültig* der 8-Bit-Ära entkommen. Warum in Herrgott's Namen muss man sich das ganze jetzt noch einmal auf dem Handy antun? Wie weit kann Masochismus gehen? History repeats itself, my ass!

Das passt immerhin zum Spielen alter C64-Klassiker auf winzigen Handytasten, bei deren Bedienung man als normal gebauter Mensch nach 5 Minuten Daumengelenkarthritis bekommt..

Der Industrie muss man indes gratulieren. Das Kunststück, ein Musikstück soweit zu reduzieren, bis davon noch eine piepselige Melodielinie übrig ist und dafür dann Geld zu verlangen, nötigt, bzw. würgt mir ob seiner Dreistigkeit einigen Respekt ab. Und alles deutet darauf hin, dass es tatsächlich Menschen geben muss, die das mühsam zusammengesparte Geld ihrer Eltern für derart Recycling-Gehupe und Leichenfledder-Geklingel rauswerfen, denn sonst gäbe es keine solche Schwemme von entsprechenden Werbespots.

Laut Heise nutzen immerhin 10% der Handybesitzer solche Angebote, bzw. sogar fast ein Viertel der 14- bis 29-Jährigen (!!&#33. Das sind 6,5 Millionen Menschen. 6,5 Millionen Menschen, die schon einmal eine grenzdebile Hit-Melodie im Midi-Gewand oder ein ansprechendes 25-Pixel-"Wallpaper" auf ihr Handy geladen haben. Und dafür GELD ausgegeben haben. Ich kann's mir nicht vorstellen.

Offenbar ist das Handy für viele zu einem so unverzichtbaren Statussymbol und Universalspielzeug (Knips Knips, hihihihihi) geworden, dass man der Versuchung einfach nicht widerstehen kann, seinen Liebling mit allen möglichen Extras aufzumotzen und dabei alles willig zu fressen, was die Industrie einem vorsetzt. Erinnert das sonst noch jemanden an die Puppe in Michael Ende's "Momo", die nur Freude bereitet, wenn man ihr immer wieder neues Zubehör kauft?

Wohin soll das noch führen? Werden Pop-Hits und ihre banalen Melodien zukünftig nur noch auf ihre Handyklingeltontauglichkeit hin optimiert, damit sie möglichst hoch in die Klingelton-Charts einschlagen? Scheiß auf CD-Singles. Ein Ausweg aus der selbstverschuldeten Tonträger-Krise! Also immer weiter feste druff mit diesen 0190-Telefonsex-Spots für Kinder.

Nachdem ich bei Kabel 1 über den "SMS"-Chat gestolpert bin, wo sich Leute kostenpflichtig per SMS über den Kabel-1-Videotext unterhalten (&#33, bin ich für die Zukunft auf alles gefasst.