Ich hatte schon beim Lesen von Roberts Intro in Ausgabe 463 das Bedürfnis, dieses nicht unkommentiert zu lassen. Allerdings fehlte mir damals die Zeit direkt zu reagieren und schließlich vergaß ich es. Eben las ich #468 und die Sache kam mir wieder in den Sinn.

Damit jeder weiß, um was es geht:

Zitat Zitat von e!Scope #463
INTRO – Tempo & Freiheit
__________________________________________________ _
von Robert Lißack

Liebe Leserinnen und Leser,

Manche Dinge schlagen dem Faß echt den Boden aus! Was musste ich da heute
in der Zeitung lesen? In einigen Städten in den Kinos geht man dazu über,
Polizisten in Zivil einzuschleusen und bei verdächtigen Leuten
Leibesvisitationen durchzuführen und die Handys während der Vorstellung
einzusammeln, damit nur ja niemand etwas abfilmen kann.
Also früher wurden ertappte Verbrecher so behandelt, heutzutage der
normale Kinobesucher… Man wo sind wir da nur hingekommen?

Sicherlich erinnern Sie sich noch daran, wie man immer auf die
Stasi-Bespitzelung und die Verfolgungsmethoden der Gestapo im Dritten
Reich geschimpft hat. Heutzutage sind wir viel schlimmer dran, da wünschen
wir uns wehmütig (wer’s denn mal erlebt hat!) in alte Stasi-Zeiten zurück…
Hier sind die Spitzel noch persönlich und mit Papier und Bleistift
rumgegangen. Doch heutzutage nehmen Computer jedes Gespräch auf, speichern
jede Email, scannen Briefe, Handys werden geortet, GPS im Auto findet alle
Autos, Kameras filmen die Menschen, katalogisieren sie, Fingerabdrücke
sind schon auf dem Ausweis, zusammen mit der DNA. Noch nie war es so
leicht, für ein Verbrechen an falsche DNA zu kommen und so falsche Spuren
zu legen. Ja, bei unserer heutigen Realität würde selbst Orwell erblassen…

Bald kann man richtig Kasse damit machen, den Leuten zu verraten, wie man
dennoch annonym bleiben kann… falls das überhaupt noch möglich ist…

Wahrscheinlich werden wir das, was ich hier geschildert habe auch nicht
aufhalten können. Denn Deutschland besteht aus Autofahrern und diese
werden keine Partei wählen welche ein allgemeines Tempolimit auf
Autobahnen einführen will (die SPD). Also wählen sie die CDU, doch diese
will genau die beschriebenen Dinge einführen.

Man kann es auch so ausdrücken: Für die Möglichkeit, so schnell zu fahren
wie man möchte, sind die Deutschen bereit, ihre Freiheit zu opfern…

Wahrhaft apokalyptische wie leider auch sehr wahre Gedanken sind das…
Aber mit der Lektüre des e!Scope-Magazins kommen sie schnell wieder auf
andere Gedanken! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende.


Robert Lißack
Mal abgesehen davon, dass ich die Bemerkung über die Stasi und Gestapo auch nicht gerade als besonders passend bezeichnen würde (wobei ich mal hoffe, dass das mehr unter die Kategorie mißglückter Scherz fällt und nicht etwa ernst gemeint war), hat mich der Hang zur Schwarzmalerei gestört. In Deutschland wird beispielsweise keineswegs die DNA im Pass gespeichert, sondern "nur" Biometrie (was nicht heißt, dass ich das gut finde). Im Zusammenhang mit dieser unzutreffenden Aussage wird dann auch noch ein, in meinen Augen abstruses, Szenario über das Legen falscher DNA-Spuren angeschnitten. Hinzu kommen noch so falsche Verallgemeinerungen wie alle Autos sind ortbar und jede Mail wird gespeichert.
Die ganze Sache hat ja durchaus einen wahren Kern und auch ich empfinde diese Entwicklung zu immer mehr Überwachung als äußerst problematisch und bedenklich. Es ist auch okay, wenn man auf so etwas mal in einem Intro hinweist, aber dann bitte ohne Übertreibungen.

Zitat Zitat von e!Scope #468
__[ INTRO - Überwachung total]__________________________________
von Robert Lißack

Liebe Leserinnen und Leser,

das war ja mal eine ziemlich spannende Woche. Vor allem Abseits der
Phantasien hat sich eine Menge getan. Denn unsere Realität hat begonnen,
die Fiktion zu überholen. Schauen Sie mal nach, was so auf
http://www.heise.de geschrieben wird. Beispielsweise werden in einigen
Großstadtkinos jetzt Kinobesucher einer Leibesvisitation durch Polizisten,
die mit im Saal sitzen, unterzogen. So werden keine "Raubfilmer" erwischt,
aber der ungescholtene Kinobesucher wird zum Verdächtigen degradiert.

Und mehr noch: Im Bundestag wird eine Bestimmung durchgejagt, die es der
Polizei ermöglicht, zu sagen "Gefahr im Verzug" und eine Wohnung zu
durchsuchen. Die Polizei darf nun alles mitnehmen, was ihr gefällt, also
meistens den PC und CDs und ähnliches. Bisher durfte sie den PC zum
Beispiel nur mitnehmen, wenn die "Gefahr" auch "Raubkopierer" hieß und ein
Richter die Durchsuchung anordnete. Das ist alles nicht mehr nötig! Die
Polizei hat die alleinige absolute Kontrolle.

Aber es kommt noch schlimmer: Diese Erkenntnisse und die Vorratsdaten der
Provider kommen in einen "Datentopf". Auf diesen dürfen die Rechteinhaber
jederzeit zugreifen, bisher gab es weder diesen "Topf", und wenn es
Ermittlungen gab, dann mussten die Rechteinhaber (Film & Musikfirmen) dies
gerichtlich beantragen, Einsicht nehmen zu dürfen. Nun benötigen diese
weder einen Verdacht, noch einen Grund, noch ein Gericht, sondern dürften
sich X-beliebige Vorwürfe zusammenbauen, die zu den Daten aus dem "Topf"
passen können und können Millionen von Bürgern praktisch kostenlos
abmahnen.

Dann gibt es ein weiteres Gesetz, durch welches Verlage wieder die
Rechteinhaber an Werken werden, für welche sie bisher keine Rechte mehr
hatten, weil diese an den Autoren gegangen sind. Das heißt viele Autoren
müssen sich nun auf Abmahnungen von den Verlagen gefasst machen, da sie
versäumt haben, dem zu widersprechen, dass der Verlag die Rechte an allen
Veröffentlichungen zurückerhält.

Und weil die Medienlobby weiß, dass diese Gesetze so nie durch den
Bundestag kommen würden, werden diese ganzen "Ergänzungen" in ein bereits
abgesegnetes Verfahren eingebracht, damit möglichst niemand mehr etwas
einwenden kann... Die Datenschutzgemeinde läuft Sturm, doch niemand merkt
das!

Zu "Stasi-Zeiten" mussten die Spitzel noch "Mann gegen Mann" spionieren
und alles auf Papier festhalten, mittlerweile können fast 100 Prozent der
Bürger fast ohne Personalaufwand rund um die Uhr überwacht werden. Wir
werden uns schon bald in der "Stasi-Zeit" zurück sehnen und wehmütig sagen
"achja, damals ging es noch gut, da konnte man wegrennen". Und heute? GPS,
Handy, UMTS, DSL, Navi, Vorratsdatenspeicherung... alles Freiheitskiller
erster Güte. Die einzige Chance hierin besteht in der gigantischen
Datenmenge. Die Staatsanwaltschaft in NRW fahndete beispielsweise nach
einem Terrorverdächtigen mehrere Tage lang und sammelte 2,5 Terrabyte an
Daten... Versuchen Sie erst gar nicht, dies auf 80 Millionen Bundesbürger
umzurechnen...

Was übrigens bedenklich an der Vorratsdatenspeicherung ist: Es werden auch
die Daten der Ärzte und Anwälte gespeichert, womit das Arztgeheimnis und
die anwaltliche Schweigepflicht nun abgeschafft wurde.

Ist das eine herrliche Welt!

Und noch etwas ärgert mich sehr. Ich benutze einen Intel-PC. Die EU hat ja
nach sechs Jahren dauernder Ermittlungen endlich ein Verfahren gegen Intel
eröffnet. Diese haben systematisch die Leben der Manager der PC-Konzerne
bedroht, damit diese keine AMD-Prozessoren mehr einbauen. Auf diese Weise
konnten sie Ende der 90er Jahre in Japan ihren Marktanteil von 78 Prozent
auf 100 Prozent erhöhen. Unglaublich!

Nun ja, genug der Schwarzmalerei. Ich bin mir sicher, dass es bald genug
Verfassungsklagen dagegen geben wird. Denn es kann ja nicht sein, dass in
Deutschland plötzlich fast nur noch Verbrecher leben, denn nichts anderes
würden die bisher beschlossenen Regelungen bedeuten, welche die Koalition
uns da als "Ergänzungen" reingeschmuggelt hat.

Ich empfehle Ihnen, falls Sie das Thema interessiert, mit folgenden Links
anzufangen:

http://www.heise.de/newsticker/meldung/99505
http://www.heise.de/newsticker/foren...orum_id=127824

Und nun viel Spaß mit der aktuellen e!Scope-Ausgabe!


Robert Lißack
fictionBOX-Network
Hier setzte sich dieser schlechte Stil dann fort. Hier werden Gesetzesvorschläge (Content-Industrie soll Zugriff auf Vorratsdatenspeicherung erhalten) als bereits beschlossene Rechtslage dargestellt, obwohl dies eben nur der Wunsch eines Ausschusses war, der aber nicht angenommen wurde. Lässt sich übrigens auch bei heise.de nachlesen:

Zitat Zitat von http://www.heise.de/newsticker/meldung/99802
Der Rechtsausschuss konnte sich in der Plenarsitzung ebenfalls nicht mit seiner Forderung durchsetzen, dass auch etwa die Musik- und Filmindustrie Zugriff auf die Datenberge erhalten sollten.
Also bitte etwas genauer informieren, bevor man seinen Artikel schreibt. Und so Formulierungen (oder soll man sagen Unterstellungen) wie "X-beliebige Vorwürfe zusammenbauen" zeugen auch nicht gerade von objektiver Auseinandersetzung mit dem Thema. Dann mal eben schnell wieder Navis und GPS als Überwachungswerkzeuge in den Raum werfen, was in dieser verallgemeinerten Form völlig aus der Luft gegriffen ist (ein GPS-Empfänger ist nämlich normalerweise keineswegs ortbar). Die Stasi muss dann auch wieder als Vergleich herhalten, was entweder bedeutet, dass dieser Vergleich doch ernst gemeint ist oder Robert einfach das Gespür für gelungene Auflockerung fehlt.