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Nun und dann ist Reich-Ranicki medial tot?
You may wish so, Grass.
Es wurde, nicht sehr dezent, Werbung für die Verfilmung Reich-Ranickis Lebens gemacht. Zudem, schaut man sich das Interview mit Gottschalck an, wirkt es als wollte Reich-Ranicki damit nur eine weitere, neue, eigene Show promoten. Mit der er was für die literatzität (oder so) des Fernsehen tun wird.
Plus fettem Wirbel:
Reich-Ranicki Back als Retter [obwohl er einst gegen das TV hetzte]
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Das hätte die BILD nicht besser formulieren können.

Und auf genau diese Boulevard-Spektakel-Niveau hat sich Reich-Ranicki mit seinem Ausbruch bzw. auch schon vorher mit seinem Kritikerstil begeben. Laut herumkrakelen kann jeder - viel mehr Substanz hatte seine Kritik nicht. Im Grunde gibst du Grass mit deiner Argumentation größtenteils recht: Das war eine große Show, die den Medienmenschen Reich-Ranicki wieder in den Mittelpunkt stellen sollte.

Dass sich irgendjemand allerdings an der Person Grass hochzieht und die Reich-Ranicki-Kriktik daran bemisst, war schon vorherzusehen. Es ist ein bisschen so wie Grass gesagt hat: Kaum jemand traut sich oder anderen zu, diesen "skandalösen" Ausbruch zu kritisieren. Und wenn es dann einer wie Grass macht, wird sogar diese Gelegenheit genutzt, ihn als Kritiker zu diskreditieren und dagegen Reich-Ranicki wiederum auf den Tron des gefeierten Retters des Fernsehens zu heben. (ich bin übrigens kein Grass-Fan und interessiere mich nicht sonderlich für sein Werk.)

Und wenn man schon schwarzweißdenkerisch ein Schnellschuss-Urteil zusammenbastelt, das Grass vorwirft, von Reich-Ranicki beleidigt worden zu sein und ihn das deshalb jetzt mit dieser Kritik zurückzahlen zu wollen - dann sollte man vielleicht auch mal darüber nachdenken, dass dies ebenso umgekehrt der Fall gewesen sein kann und Grass in der Vergangenheit Reich-Ranicki derart kritisierte, dass dieser künftig seine Medienmacht nutzte, um dessen Bücher zu "zerfetzen". Reich-Ranicki war sich nämlich der Macht seines Medienmeinungsmonopols definitiv bewusst und hat es sicherlich auch ab und zu genutzt, um persönliche Schlachten zu führen.

Oy! Er bringt die Literatur den normalen Menschen nahe. Also da gibt es wirklich schlimmeres. Nun und wie nahe Reich-Ranicki die FAZ dem BILD Leser gebracht hat könnte man bezweifeln.
Grass meinte damit eher, dass sich Reich-Ranicki mit seinem Show-Stil auf genau das Niveau herab begeben hat, das er kritisiert. Schließlich ist es Reich-Ranicki selbst, der diesen Unterschied zwischen "Unterschichten"- und "Bildungs"-Fernsehen hervorhebt. Indem er sagt, diese TV-Formate seien "blöd", "grauenhaft" etc., setzt er auch die Leute, die sich das anschauen auf ein gewisses Niveau. Andererseits haben sich viele Leute seine Sendungen nur angeschaut, weil er da lautes Boulevard-Theater ablieferte, bei dem vor laufender Kamera Gäste und Autor(inn)en beleidigt wurden. Ein bisschen wie "Ich bin Literaturkritiker/Autor - holt mich hier raus!". Dschungel-TV für Feulitonisten.


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