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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Netto ist nicht Netto, auch bei Netto



Reiner
15.05.2009, 17:49
Nicht nur LIDL sondern auch sonst ist in der Branche nicht alles im Lot, bzw. Netto ist nicht gleich Netto:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,622053,00.html

PS: Ja, auch bei anderen Ketten, z.B. Elektronik-Handel, die großen der Branche, (aus eigener Erfahrung) ist das durchaus üblich ... nur niemand traut sich was zu sagen, denn ohne gewerkschaftlichen Schutz ist man sonst morgen vor der Tür. Derzeit kann man ja auch noch mit der Wirtschaftskrise drohen, denn es gibt ja genug Jobsuchende.

:embarass:

Teylen
15.05.2009, 18:25
Das man die Aktionsware der nächsten Woche nicht während der aktuellen aufbaut ist doch, nun wirklich nicht ungewöhnlich?
Also wenn man verhindern mag das die Kunden es auch bereits am Samstag einkaufen und die größten Warenbestände bis Montag schon abgegriffen sind. Nun und den Kunden die sich am Montag vor Ladenöffnungszeiten an der Tür platzieren um auch z.B. einen PC abzugreifen auch entsprechend etwas zu bieten.

Die Beschwerde darüber ließt sich, als würde sich ein Entwickler oder Soft-/Hardware Administrator ernsthaft beschweren wollen das er Firmenweite Updates für die kurzzeitig keiner z.B. Zugriffs auf das Warenwirtschaftssystem hat nicht Tagsüber einspielen kann. Imho, schon irgendwie, absurd.

Naja und als Manager einer Filiale bekommt er auch sein Gehalt dafür das er sie entsprechend konsequent führt. Im Gegensatz zu den meisten Leuten in der IT-Branche werden im Einzelhandel doch sogar Überstunden vergolten?
Er müsse den neuen Kollegen schließlich vom Kassenöffnen bis zur Abrechnung beistehen. <- das klingt sehr Lidl'ig; also so ein Beistand. ^^;

Reiner
15.05.2009, 19:52
Das man die Aktionsware der nächsten Woche nicht während der aktuellen aufbaut ist doch, nun wirklich nicht ungewöhnlich?
Also wenn man verhindern mag das die Kunden es auch bereits am Samstag einkaufen und die größten Warenbestände bis Montag schon abgegriffen sind. Nun und den Kunden die sich am Montag vor Ladenöffnungszeiten an der Tür platzieren um auch z.B. einen PC abzugreifen auch entsprechend etwas zu bieten.

Die Beschwerde darüber ließt sich, als würde sich ein Entwickler oder Soft-/Hardware Administrator ernsthaft beschweren wollen das er Firmenweite Updates für die kurzzeitig keiner z.B. Zugriffs auf das Warenwirtschaftssystem hat nicht Tagsüber einspielen kann. Imho, schon irgendwie, absurd.

Naja und als Manager einer Filiale bekommt er auch sein Gehalt dafür das er sie entsprechend konsequent führt. Im Gegensatz zu den meisten Leuten in der IT-Branche werden im Einzelhandel doch sogar Überstunden vergolten?
Er müsse den neuen Kollegen schließlich vom Kassenöffnen bis zur Abrechnung beistehen. <- das klingt sehr Lidl'ig; also so ein Beistand. ^^;

Überstunden entlohnt?
Auf welchem Planeten gibts das?

Als ich noch bei einen großen Elektrofachmarkt war ... gabs weder für Inventur (Silvester zur Not bis zum Feuerwerk wenn nötig) was, noch nach dem schließen der Türen.

Also Aktionsware aufbauen kann man am Morgen des ersten Aktionstages z.B. Montags und nicht nach Feierabend Samstags. Aber man merkt wie wenig die Leute wissen über den Einzelhandel, wenn man nicht mal Insider war.

Teylen
15.05.2009, 19:58
Überstunden entlohnt?
Auf welchem Planeten gibts das?
Leute die nicht in der IT arbeiten haben mir gegenüber behauptetet das es sie gibt. (Also in anderen Berufen)


Also Aktionsware aufbauen kann man am Morgen des ersten Aktionstages z.B. Montags und nicht nach Feierabend Samstags. Aber man merkt wie wenig die Leute wissen über den Einzelhandel, wenn man nicht mal Insider war.
Es ist doch egal ob man Samstag eine Stunde länger bleibt oder Montags eine Stunde früher kommt. Wenn der Kunde am Montag um 8 Uhr - oder wann man öffnet - in den Laden kommt will er die Angebote abgreifen die ihm am Wochende per Werbeflyer in den Briefkasten gesteckt wurden.

Reiner
15.05.2009, 20:03
... es tut nicht not den Aufbau z.B. Samstags Nachmittags zu machen, und die Preisauszeichnung für Montag vorbereitet zu haben. Ein guter Chef kann das. ;)

Teylen
15.05.2009, 20:53
Nun, aber da meckert doch der Chef der Filiale? ^^;

Reiner
16.05.2009, 10:37
Tja, der Filialleiter könnte sich und seinen Angestellten das Leben schnell leichter machen, wenn er Chourage hätte.

Es ist auf alle Fälle (unschöne) Praxis, dass "Sondertätigkeiten" und Vorbereitungen gerne vor und nach der offiziellen Arbeitszeit gemacht werden sollen - ohne Überstunden und Bezahlung. (In welcher anderen Branche gibts denn sonst noch "Überstunden zugunsten des Arbeitgebers"?)

Wo es gewerkschaftlichen Einfluss gibt merkt man deutlich bessere Bedingungen und weniger psychologischen Druck von Oben, doch der ist eher selten im Einzelhandel und wird gerne durch viele viele GmbH's erschwert.

Dashan
17.05.2009, 10:23
In welcher anderen Branche gibts denn sonst noch "Überstunden zugunsten des Arbeitgebers"
Überall. Steht dann mit der netten Formulierung "Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten und werden nicht gesondert vergütet, außer, sie wurden schriftlich angeordnet" mit im Vertrag. Oder ähnlich.

Dr.BrainFister
17.05.2009, 11:07
also, um es kurz zu machen: wer angebote zu dumping-preisen erwartet, muss sich nicht wundern und die moralkeule schwingen, wenn dann in diesen discountern auch zu dumping-bedingungen gearbeitet wird. was meint ihr, wie diese preise zustande kommen?!

über die arbeitsbedingungen bei netto regt man sich doch nur auf, weil es sich im eigenen näheren umfeld abspielt. aber das, was für die verbraucher zu weit weg oder zu abstrakt ist, sort doch kaum jemanden mehr, obwohl es da auch genug widrige umstände gibt. was ist mit den milchbauern? was ist mit den schwellenländern, die für uns billigschrott und ramschklamotten produzieren? oftmals unter arbeitsbedingungen, die die gesundheit langfristig kaputt machen und von denen die familien gerade so überleben können.

beispiel:
http://www.youtube.com/watch?v=PEGT8OKLLsc

dicounter-doku:
(teil 1)
http://www.youtube.com/watch?v=SeefJLWrqM8
(teil 2)
http://www.youtube.com/watch?v=wyeOhUCSQHg
(teil 3)
http://www.youtube.com/watch?v=Dy1DQl76il0
(teil 4)
http://www.youtube.com/watch?v=PwyPHRB90t8
(teil 5)
http://www.youtube.com/watch?v=NpIzIkVMhFU

denkt hier irgendjemand über sowas nach, wenn er/sie einkaufen geht? sorry, aber ich glaube eher nicht. ein bisschen scheindiskutieren und heiße luft in den virtuellen raum pusten ist da bequemer. ;)


.

nevermore
17.05.2009, 11:33
In welcher anderen Branche gibts denn sonst noch "Überstunden zugunsten des Arbeitgebers"?

Also eigentlich kenne ich das kaum anders. Besonders schön geht es auch in der Branche "Forschung und Wissenschaft" zu, wo teilweise diplomierte oder gar promovierte Leute ganztags auf halben Stellen oder Drittel-Stellen oder gar Hilfskraftstellen arbeiten, wo teilweise bewusst auf Zeiterfassung verzichtet wird, so dass die Arbeitszeiten nirgendwo aufscheinen (dadurch ist man vor Klagen wegen Überschreitens der gesetzlichen Höchstarbeitszeit sicher), wo es völlig normal ist, dass nach Feierabend, an Wochenenden und Feiertagen und im Urlaub gearbeitet wird, wo es sowieso keinen Betriebsrat gibt, alles mit dem Argument, das sei ja im Interesse der Karriere der Mitarbeiter. Komischerweise liest man darüber in der Presse so gut wie nichts.

DerBademeister
17.05.2009, 15:10
also, um es kurz zu machen: wer angebote zu dumping-preisen erwartet, muss sich nicht wundern und die moralkeule schwingen, wenn dann in diesen discountern auch zu dumping-bedingungen gearbeitet wird. was meint ihr, wie diese preise zustande kommen?!
.

Es wäre schon möglich bei Niedrigpreisen anständige Löhne zu zahlen - allerdings würden sich die Milliarden der Besitzerdynastien in der Lebensmittel/Einzelhandelsbranche (Albrecht, Beisheim etc.) dann etwas weniger stark vermehren.

Und sowas geht wirklich nicht, besonders die beiden Albrechts wollen noch ihre vierzigste Milliarde auf dem Konto haben bevor sie in die ewigen Jagdgründe eingehen. Da müssen die Angestellten schon mal Abstriche machen.

Reiner
17.05.2009, 17:18
Es wäre schon möglich bei Niedrigpreisen anständige Löhne zu zahlen - allerdings würden sich die Milliarden der Besitzerdynastien in der Lebensmittel/Einzelhandelsbranche (Albrecht, Beisheim etc.) dann etwas weniger stark vermehren.

Und sowas geht wirklich nicht, besonders die beiden Albrechts wollen noch ihre vierzigste Milliarde auf dem Konto haben bevor sie in die ewigen Jagdgründe eingehen. Da müssen die Angestellten schon mal Abstriche machen.

Und genau DA sind wir am Punkt des ganzen Dilemmas!!

Wer viel hat will noch mehr. Irgendwann geht das aber nur noch auf Kosten Anderer.

Also gilt es möglichst auf niedrige Personalkosten zu schauen, dabei aber so clever zu sein und als möglichst GUTER Mensch da zu stehen - meist mit dem Totschlagargument, man schaffe ja Arbeitsplätze.

Grundsätzlich sind aber Arbeitsplätze per se nicht das Maß aller Dinge, wenn man 1 Euro Jobs und Kinderarbeit in vielen Ländern stillschweigend duldet. Natürlich wird immer auf die Firma und der Mitbewerber im Ausland geschaut, wo der sparen kann muss man selber auch noch.

Die Spirale der Lohnreduzierung, der Beobachtung und quasi weltweiten Ausbeutung von Arbeitnehmern in vielen Branchen ist lang. "Netto" ist mal nur wieder ein Beispiel unter vielen, welches es kurz in die Schlagzeilen geschafft hat - morgen schon wieder vergessen, denn wir wollen ja alle "möglichst billig" (einkaufen).

Dies ach so gelobte "soziale Marktwirtschaft" ist wirklich Vergangenheit, und ich fürchte sie wird es auch bleiben, da wir ja nicht mal mehr den Wert von Arbeit und Dienstleistung sehen. Wenn Hotlines als "Gratisservice" erwartet werden, dürfen die Mitarbeiter am besten auch nur für nix arbeiten (viel mehr ist es ja auch nicht mehr).

Wenn Geschäfte möglichst rund um die Uhr aufhaben sollen, dann darf man sich auch nicht mehr wegen mangelndem Personal und Bedienung aufregen oder weil nur eine Kasse geöffnet hat und man nun Schlange stehen muss. Die Deutschen sind aber hier schon extra komisch, denn in USA ist es gang und gebe das nur die großen Ketten lange aufhaben (noch nicht mal alle oder gar rund um die Uhr wie vielfach behauptet), doch da erwartet ab 18 Uhr niemand mehr, dass eine Wursttheke noch besetzt ist, sondern man greift zu Abgepacktem. Zur Einführung der langen Ladenöffnungszeiten hat man gerne das Argument verkündet, "auf Mallorca kann man auch bis 22 Uhr einkaufen", doch niemand erzählte das dort eben von 13 bis 17 Uhr Siesta ist (also geschlossen).

So oder so wird es wenig bringen was man sich zur Bekämpfung der aktuelle Krise vornimmt, denn jedes Gesetz hat sein Schlupfloch und ein Unternehmer wird wieder neue Tricks finden um gut gemeinte soziale Dinge zu umgehen. Damit es nach der Krise und nach dem automatischen Aufschwung wieder zur Nächsten kommt, dafür sorgt schon die Gier des Einzelnen

DerBademeister
17.05.2009, 20:32
Ich wollte damit ausdrücken dass sich Brainfisters auf guter Moral begründete Argumentation nicht so einfach halten lässt. Gerade Unternehmen wie ALDI sind sehr profitabel und könnten durchaus bessere Löhne zahlen - das würde aber die Gewinne der Privateigentümer schmälern. Das sind keine schlingernden Konzerne wo die Mitarbeiter Gehaltskürzungen tragen müssen um den Konkurs zu vermeiden. Fister kann natürlich mit einigem Recht fordern "dann straft die Lohndumper ab indem Ihr bei teureren Fachgeschäften einkauft" - das verkennt aber die Lage vieler Menschen, die gar nicht den finanziellen Spielraum dafür haben und bei Läden wie Aldi und Netto einkaufen *müssen* eben *weil* ihre eigenen Löhne und Gehälter für mehr nicht ausreichen. Konzerne wie ALDI profitieren von der Verarmung der Gesellschaft.

Man sollte dieses Phänomen auch im landesweiten Kontext sehen. Dass es Deutschland erheblich schlimmer trifft als unsere europäischen Nachbarn, ist eben nicht der derzeitigen Wirtschaftskrise geschuldet, sondern der Politik der Regierungen Kohl, Schröder und Merkel, welche in den letzten 20 Jahren mit ihrer Lohn- und Steuerpolitik substanziell die Kaufkraft der Mittelschicht, und damit den Binnenmarkt geschwächt haben. Für den Titel "Exportweltmeister" kann sich der Michel nämlich nichts kaufen - in der Krise, die global stets besonders stark den Export betrifft, wirkt ein starker Binnenmarkt wie der Fels in der Brandung.

Wäre das Lohnniveau Heute noch auf dem Level von 1990, hätten die Bürger beispielsweise alleine letztes Jahr über 100 Milliarden Euro zum Verkonsumieren mehr in der Tasche gehabt - was dies für die Binnennachfrage bedeutet, kann sich sicherlich jeder ausmalen.

Dennoch predigt die Politik seit vielen Jahren unisono mit den Unternehmen die Lohnzurückhaltung. Niedrigere Löhne würden Deutschland angeblich "wettbewerbsfähiger" machen und somit Arbeitsplätze schaffen und erhalten. Die aktuelle Krise zeigt klar, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Der frühere Wohlstand Deutschlands beruhte signifikant an unserem Status als Hochlohnland - und diese hohen Löhne waren eben kein Wettbewerbsnachteil, sondern Standortvorteil, da sie ein Hinweis auf gut ausgebildete Arbeitskräfte und produktive Unternehmen waren.

Noch vor dreissig Jahren war ein deutsches Durchschnittseinkommen zum Beispiel doppelt so hoch wie das eines Briten - mittlerweile haben uns die Briten überholt. Dennoch ist Deutschland kein Arbeitskräfteparadies mit Vollbeschäftigung geworden.

Traurig finde ich, dass trotz der größten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren in den Köpfen der Eliten noch keinerlei Umdenkprozesse bezüglich der Führung von Staat und Wirtschaft zu erkennen sind. Wenn sich hier nichts ändert, werden Zeltstädte à la USA auch in Deutschland bald Realität werden. Der Staat muss die Kosten der Krise nun einmal irgendwem aufbürden, und wenn er so weiter verfährt wie bisher, wird sich die Oberschicht schadlos halten, während die Mittelschicht einmal mehr zum Opferaltar geführt wird. Viel zu holen gibt es dort allerdings nicht mehr.

Reiner
17.05.2009, 20:42
... da kann ich nur 100% zustimmen.

Doch was hilft es. Wir könne die Ursachen erkennen, bereden und trotzdem wird genau das Gegenteil von dem geschehen was vernünftig ist.

Grund ist einzig die Unternehmerlobby und die sogenannten Wirtschaftswissenschaften, die permanent den radikalen Markt gepriesen haben.

Die aktuelle Krise wird nur kurzfristig mehr Staat bringen, doch auch das ist ja nicht das Heilmittel, sondern nur der dumme Steuerzahler der für die Finanzzocker bezahlen muss - doppelt!

DerBademeister
17.05.2009, 20:52
Realistisch betrachtet lässt sich in der Tat wenig gegen diese Konzentration an Macht und Kapital unternehmen - zumindest nicht mit "demokratischen" Mitteln. Eine spannende Frage ist sicherlich ob es im Zuge dieser Krise in irgendeinem Land zum Aufleben einer wirtschaftsterroristischen Gruppe wie der ehemaligen RAF kommen wird.

Reiner
17.05.2009, 20:55
Auch wenn es ein Buch von 1999 ist, doch immer wieder kann ich nur sagen ... so falsch liegt der Autor (leider) nicht und Einiges hat sich heute als sehr wahr erwiesen:

http://www.amazon.de/Börsenkrach-Weltwirtschaftskrise-Weg-Dritten-Weltkrieg/dp/3930219344

DerBademeister
17.05.2009, 20:57
Was hat die fedcon damit zu tun?

Reiner
17.05.2009, 22:14
Was hat die fedcon damit zu tun?

Gute Frage ... nix! LOL

Das war ein Linkfehler hier ... darum oben korrigiert und hier nochmals neu:
http://www.amazon.de/Börsenkrach-Weltwirtschaftskrise-Weg-Dritten-Weltkrieg/dp/3930219344

Dr.BrainFister
17.05.2009, 22:29
Ich wollte damit ausdrücken dass sich Brainfisters auf guter Moral begründete Argumentation nicht so einfach halten lässt. ...
beide sichtweisen sind wichtig. was ihr hier momentan macht, ist lediglich die übliche einseitige stammtischnörgelei über die bösen bosse. aber wo bleibt die eigene verantwortung? sind wir als verbraucher völlig frei davon?

es ist eigentlich ziemlich bezeichnend, dass auf meine frage, ob hier beim einkaufen schon mal jemand die widrigen umstände bei produktion und arbeitsbedingungen berücksichtigt hat, noch keine antwort kam. statt sich mal an die eigene nase zu fassen, wird der finger gleich wieder in eine richtung gewiesen (auf "die da oben"), die eh soweit weg ist, dass man selbst nichts damit zu tun hat und sich somit über sein eigenes konsumverhalten keine gedanken machen muss.

ich finde, wir machen es uns da sehr einfach. wir haben genug geld, um uns regelmäßig neue hifi-geräte zu kaufen und um alle paar wochen ins kino zu gehen. oder um bei H&M und anderen ramschgeschäften klamotten in einem ausmaß zu shoppen, die wir eigentlich nicht wirklich bräuchten. aber wer hat schon mal dran gedacht, z.b. geschenkartikel oder lebensmittel wie reis im fair-trade-geschäft zu kaufen? dort gibt es viele tolle, hochwertige produkte, die gar nicht so teuer sind wie die meisten glauben. nur das weiß kaum jemand, weil der großzügig gewachsene wohlstandsspeck uns so müde und bequem macht, dass wir solche alternativen erst gar nicht ausprobieren.


.

DerBademeister
17.05.2009, 23:38
Letztlich ist das Konsumverhalten der Leute so dass sie eher bei Bekleidung sparen werden als bei Unterhaltung (Elektronik). Das ist so wie auch der Friseurberuf eine der ersten Kostenschrauben wenn das Einkommen nicht reicht und man sich unter verschiedenen Bedürfnissen entscheiden muss.

Es gibt aber auch genug Mitbürger bei denen gilt "weder noch", da diese weder Elektronik, noch Kino oder Bio-Essen bezahlen können. Da muss man sich nur einmal die wachsende Zahl der Nutzer von Essenstafeln ansehen (aktuell sind das eine Million) - und da sind nicht nur Sozialfälle drunter, sondern auch viele Familien in denen die Eltern erwerbstätig sind.

Ich würde mich z.B. auch gerne ausschließlich von Bio-essen ernähren, aber das ist im Budget einfach nicht drin.

Wenn Du die Frage der persönlichen Verantwortung stellst, so steigt sie meines Erachtens mit dem Kapital / Wohlstand dass jemand zur Verfügung hat. Bei Dir oder mir ist diese persönliche Verantwortung wegen unseres geringen Einkommens zwar vorhanden, aber recht gering, bei Karl und Theo Albrecht sieht das schon anders aus, da Entscheidungen dieser Menschen auf hunderttausende Mitbürger Auswirkungen haben. Mein Eindruck ist der: Die Unterschicht hat gar nicht die "Zeit" bzw. Bildung / Lebenseinstellung um über die persönliche Verantwortung zu philosophieren. Das ist ein Faible von uns Mittelschichtsabkömmlingen mit guter Bildung. Aber dort wo dieses Bewusstsein am Wichtigsten wäre, nämlich bei unserer Oberschicht, scheint es am Wenigsten vorhanden. Mir sind zumindest keine berühmten Philantropen unter unseren Milliardären bekannt die sich mit Bill Gates oder Warren Buffett messen könnten. Und gerade unsere Einzelhandelsmilliardäre wie die Albrechts haben ihre Milliarden mit der Ausbeutung von Mitarbeitern und Subunternehmern gemacht.

Teylen
17.05.2009, 23:43
Ich sehe immer noch nicht das eigentliche Problem das mit dem Start Posting angesprochen wurde. Wenn man einen Laden hat, und da läuft eine Aktion, und man mag nicht haben das die Kunden alles einen Tag davor weg hamstern, muss man das Zeug entweder nach Ladenschluss aufbauen oder vor Ladenschluss. Aller Wahrscheinlichkeit nach jedoch zu einer Zeit die außerhalb der normalen Arbeitszeit liegt.

Das ist eine Tatsache von der es mich überrascht, das es einem eventueller Einkäufer, oder wer immer für die Lageraufbauten verantwortlich ist, nicht schon vorher bewusst ist.
Das wäre als wenn jemand System Administrator wird und plötzlich ein Fass aufmacht weil er merkt das größere Intallationen nicht während der Arbeitszeit gemacht werden und man einen weit gefassten Support braucht. Weil die Lagerarbeiter um 6:30 laufende Systeme haben wollen und die Manager um 19-20 Uhr auch.

Daran ändert dann auch Fair Trade nichts, oder Bio ändert auch nichts.
Ob man in einen Billig Discounter geht, in einen Fair Trade Laden, zum Feinkost Laden oder nur Bio käuft. Der Kunde will in den Laden gehen und einkaufen. Und er will wohl nicht das da wer raum baut. Was heißt das der Verkäufer so oder so davor und danach rum werkeln muss. (Und wenn er n Bio Bauer ist, sogar noch einen Bauernhof bestellen und sowas)

Naja und für die Angestellten.
Also es ist ja auch ein Unterschied ob man als Verkäuferin bei Lidl arbeitet oder vielleicht doch eher Verkäufer im Fair Trade Laden macht. Wobei man wohl beim letzteren eher weniger verdient. Nun oder ob man als Einzelhändler bei Media Markt an der Kasse sitzt oder als Sales Person bei einem etwas spezialisierten / anspruchsvolleren Distributor

Gerade Unternehmen wie ALDI sind sehr profitabel und könnten durchaus bessere Löhne zahlen - das würde aber die Gewinne der Privateigentümer schmälern.
Es würde nicht nur die Gewinne schmälern sondern da kommt ein anderer Unternehmer, und senkt die Preise und gewinnt Land. Und irgendwann ist der Gewinn nicht nur geschmälert sondern geht komplett pleite.


Dass es Deutschland erheblich schlimmer trifft als unsere europäischen Nachbarn, [..]
Naja, also in Belgien gehe ich normalerweise immer in dem DelHaize um die Ecke einkaufen. Da stapeln die nicht so störend die Waren hoch wie in dem Lidl in Deutschland, ich vermute mal das die das nach der Arbeitszeit machen.
Ich habe da noch keinen Belgier jammern gehört.
Aber die beschweren sich auch net wenn die in den GB/Carrefour einkaufen gehen müßen, der was häßlicher als der DelHaize aussieht aber wohl was billiger ist.

Nun und keiner kommt einen an und nötigt einem nen Besuch beim Feinkostladen auf damit die armen DelHaize Verkäufer nicht so viel arbeiten / leiden müßen.

Oh und nicht nur die Lebensmittelpreise sind wohl in Belgien gleich hoch, die haben sogar höhere Steuern als in Deutschland bei ähnlichen Gehälter.


Noch vor dreissig Jahren war ein deutsches Durchschnittseinkommen zum Beispiel doppelt so hoch wie das eines Briten - mittlerweile haben uns die Briten überholt. Dennoch ist Deutschland kein Arbeitskräfteparadies mit Vollbeschäftigung geworden.
In Britanien bilden sich lange Schlangen vor den Arbeitsämter.
Nun und die Lebenshaltungskosten sind auch wesentlich höher - was man selbst beim Urlaub spürt.

Imho ist diese künstliche Mittelschichtpanik, naja, irgendwie sinnlos.

Reiner
18.05.2009, 08:48
Wie "DerBademeister" zurecht feststellt ... gehen immer mehr Leute "baden".

Schimpfen auf "die da oben" ist nicht allein richtig, doch man möge beachten, dass immer mehr Leute gezwungen sind bei Aldi & Co. einzukaufen, weil man eben auch weniger in der Tasche hat für den täglichen Bedarf - eine Spirale nach unten!

Kann also "der da unten" etwas dafür dass er sich nicht leisten kann teuere, hochwertigere Produkte zu kaufen? Kann er was dafür, dass er beim Kauf von Spielsachen nur noch wählen kann zwischen "Made in China und Made in China"?

Ich finde: Nein, kann er nicht.

Teylen
18.05.2009, 14:03
Schimpfen auf "die da oben" ist nicht allein richtig, doch man möge beachten, dass immer mehr Leute gezwungen sind bei Aldi & Co. einzukaufen, weil man eben auch weniger in der Tasche hat für den täglichen Bedarf - eine Spirale nach unten!
Die meisten gehen nicht bei Aldi einkaufen weil sie gezwungen sind
Ich habe Menschen schon über viel jammern gehört, aber nicht das sie bei gezwungen wären bei Aldi einzukaufen. Tatsächlich gehen die Menschen da einkaufen:
- wo es bequem ist
Wenn der Aldi 20m näher liegt als der Feinkost Laden, werden die meisten schlicht zu faul sein bis zum Feinkostladen zu gehen.
Zumal man im Discounter dann auch alles bekommt was man so für die Woche braucht, das heißt man muss nicht zum Metzger, zum Obstladen, zum Kaffeeladen, zum Elektronik laden und in's Reisebüro. Man flitzt einfach einmal durch den Discounter, fertig.

- Wegen der Atmosphäre und der Qualität
Einerseits haben, zumindest einige Discounter, eine einladende Gestaltung. Zumindest gehe ich in 'meinen' DelHaize, weil mir die Gestaltung gefällt. Nun oder in Deutschland mag ich das Kaufland nu oder Neukauf.
Es ist ja nicht so das man den Aldi oder einen Netto betritt und sich denkt bah. Wohingegen ich mich z.B. in Metzgerein eher unwohl fühle da die so klein sind und man dauernd beobachtet wird.
Naja und dann ist es ja auch noch so, man kriegt in den Supermärkten und Discounter ja auch noch Zeug das schmeckt. Man kann sich Obst kaufen, das durch die Auslage im Aldi nun nicht grottig wird. Ich persönlich mag einfach die Mortadella im Lidl. Nun und auch der Rest ist okay.
Ob man seinen Rechner im Aldi, MediaMarkt oder bei einem teureren Einzelhändler kauft man jetzt nicht den Unterschied. Also je nach den Ansprüchen. Teilweise bieten dann sogar Aldi PCs für ihren Preis mehr.

- das einem finanziell entgegen kommt
Betrachtet man die Fakten,... die meisten gehen nicht in den Feinkostladen weil sie sich das Angebot nicht leisten können sondern schlicht weg nicht leisten wollen. Es gibt auch im Aldi/Lidl/Netto Obst, sogar Bio Obst, und das wird nicht schlechter nur weil es mit Dumping Preisen ausgezeichnet ist.
Und da spricht dann einfach preislich wenig dafür das man teurere Ware kauft. Nur so aus Selbstzweck.


Kann also "der da unten" etwas dafür dass er sich nicht leisten kann teuere, hochwertigere Produkte zu kaufen?
Abgesehen von der allgemeinen Polemik das wir total verarmt sind.
Würde es etwas bringen?

Ich zweifele ganz massive daran das Verkäuferinnen bessere Arbeitsbedingungen kriegen nur weil die Ware die sie verkaufen teurer ist. Eher im Gegenteil, je teurer etwas ist, desto mehr Leistung wünscht der Kunde, desto mehr müssen die schaffen.

Reiner
18.05.2009, 15:15
Stimmt durchaus, dass die Produkte beim Discounter gut sind. Die Frage ist nur, wie erkaufen sie sich den Preisvorteil?

Ganz einfach: Man muss sparen wo es geht ... beim Einkauf, bei der Logistik, beim Personal. (Wo es nicht gehen soll: Öffnungszeiten.) Folge: Personal bleibt trotz geringer Entlohnung nur bei der Stange, wenn es quasi erpressbar wird. Möglichst mit Arbeitsplatzverlust drohen und damit viel Einschüchterung betreiben.

Die Wahl z.B. einen guten Metzger um die Ecke zu haben, statt die Theke im Discounter, hat man mangels Alternative immer weniger. Ganze Dörfer haben kein Einzelhandel mehr, weil auf der grünen Wiese eine Kette wie z.B. REWE oder EDEKA aufgemacht hat. Ältere Leute ohne PKW haben dann Probleme überhaupt versorgt zu werden.

Also auch hier eben keine wirklich "freie Wahlmöglichkeit". Wie schon bei der Frage ganzer Produktgruppen. Hat man beim Einkauf von Spielwaren, Bekleidung oder Schuhe eine Wahl des Herstellerlandes? Wohl eher kaum bis gar nicht mehr. Ein Marken-Turnschuh kaufen heisst zu wählen vielleicht zwischen Malaysia oder Singapour, jedoch kaum zwischen einem europäischen Land.

Ja selbst ein deutsches Auto wird in großen Teilen im Ausland produziert oder gar entmontiert. Soviel zu Unterstützungsmöglichkeit von deutschen Arbeitsplätzen (selbst wenn man wollte oder könnte, es geht nur noch selten und in wenigen Branchen.)

Teylen
18.05.2009, 16:22
Stimmt durchaus, dass die Produkte beim Discounter gut sind. Die Frage ist nur, wie erkaufen sie sich den Preisvorteil?
In erster Linie durch Masse und Produkte die eben letztlich nicht mit der Spitzen Qualität ist sondern, je nach Produkt, guter oder schlechter Durchschnitt.

Nun und gerade was das Personal angeht, beschäftigt ein Lidl mehr als ein kleiner Laden.


Die Wahl z.B. einen guten Metzger um die Ecke zu haben, statt die Theke im Discounter, hat man mangels Alternative immer weniger. Ganze Dörfer haben kein Einzelhandel mehr, weil auf der grünen Wiese eine Kette wie z.B. REWE oder EDEKA aufgemacht hat.
Sowas ist das grober Unsinn, vermutlich hast du bisher nur in der (Gross-)Stadt gelebt? Ich komme aus der Eifel, einem Dorf, etwa 5000 Einwohner, in der Eifel. Mit noch kleineren Dörfern drum herum.
Den einzigen kleinen Skandal den es da gab war als der Lidl, der schon da war seit ich denken kann, von der Dorf Mitte zum Dorf Rand in ein 'Industrie Gebiet' gezogen ist.
Neben dem Lidl steht ein Schlecker, der zweite Schlecker Mitten im Dorf, ein Bäcker, der etwa dritte allgemein, eine Metzgerei, ein Optiker und ein Getränkehandel.

Es gibt Orte die haben keinen Supermarkt. Zum Beispiel Lasserg, wenn ich mich nicht irre, wenn die da nicht einen hingestellt haben. Die haben da auch keinen anderen Einzelhandel (Metzgereien oder sonst was). Dort fällt dann kein Metzger weg, sondern es kommt die Möglichkeit überhaupt Fleisch einzukaufen dazu.


Ältere Leute ohne PKW haben dann Probleme überhaupt versorgt zu werden.
Das liegt aber nicht an den Supermarkt.
Wenn es nämlich einen Supermarkt gibt, und sie mindestens noch mit ihren Rollator gehen können, können sie auch einkaufen. Nun und dann ist ein Supermarkt besser als mehrere Einzelhandels Geschäfte da kürzer.
Können sie nicht laufen bringt auch ein Einzelhandel direkt um die Ecke nichts.

Ob alte Leute versorgt werden liegt daher weniger an Rewe oder Einzelladen sondern ob sie Kinder haben die sich um sie kümmern.
Nun und wenn die alten Leute [oder arme deutsche Autounfalls Opfer ^^] in Belgien leben können sie bei mindestens einer der achsobösenausbeuterbilligpreis Supermarkt-Kette anrufen, bzw. Online bestellen, die dann den Einkauf machen und die Sachen bis an den Kühlschrank schleppt.


Also auch hier eben keine wirklich "freie Wahlmöglichkeit". Wie schon bei der Frage ganzer Produktgruppen. Hat man beim Einkauf von Spielwaren, Bekleidung oder Schuhe eine Wahl des Herstellerlandes?
Weil man im Netto / Aldi auch so viele Schuhe bekommt?
Oder fehlt es in Bezug darauf an Argumenten?

Weil man die Wurst vom Bauern, Obst von der Farm bekommt man ja durchaus noch. Man kann sogar Spielzeug und Krams aus Eine-Welt-Läden kaufen oder aus der Region wenn man das Zeug mag.

Es ist doch viel mehr auch noch so das die Supermärkte die Wahlmöglichkeit erweitern. Da kann man dann auch mal Obst wählen das gerade keine Session hat. Nun und gerade weil man wählen konnte haben sich Waren aus bestimmten Ländern derart etablieren und durchsetzten können.


Ja selbst ein deutsches Auto wird in großen Teilen im Ausland produziert oder gar entmontiert. Soviel zu Unterstützungsmöglichkeit von deutschen Arbeitsplätzen (selbst wenn man wollte oder könnte, es geht nur noch selten und in wenigen Branchen.)
Genau, weil in Deutschland ja gar kein bisschen etwas an dem Auto macht.
Gibt gar keine Zulieferer von Autoteilen in Deutschland.
Die haben sich vermutlich nur eingebildet z.B. Bremsen mit zu produzieren.

Reiner
18.05.2009, 17:13
Die Eifelregion ist natürlich sehr ländlich geprägt, doch schon auch im Südwesten (ganz ohne wirkliche Großstadt) gibt es Verdrängung durch Großketten.

In meinem Geburtsort (Dorf mit rund 900 Einwohner) hat ausserhalb (rund 3 km entfernt) ein Rewe, Aldi etc auf der grünen Wiese sich angesiedelt. Seit der Zeit gibt es den Metzger und den Lebensmittelhändler dort nicht mehr (einzig eine Bäckerei hält sich wacker, weil er auf Auslieferung und "fahrende Bäckerei" gebaut hat).

Nun, was ein Vergleich mit den Herstellungsländern von Spielzeug und Markenschuhen mit Netto oder Aldi direkt zu tun hat? Nix, doch es ist ein weiteres Beispiel für die Eingrenzung der Wahlmöglichkeiten der Verbraucher.

Deutsche Automarken: Natürlich gibt es auch Bosch etc. als Zulieferer in Deutschland, doch z.B. viele Amaturen (z.B. VDO) kommen aus dem Osten und werden nur in Deutschland entmontiert. Mein deutschen Auto übrigens ... kam aus Belgien, leider konnte ich das vorher nicht beeinflussen - selbst wenn ich es gewollt hätte.