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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sass - Die Meisterdiebe



DerBademeister
22.09.2001, 00:00
Am Dienstag abend begab es sich, dass ich nach einer Ewigkeit mal wieder zu einer Sneak Preview in die Münchner Karlstor-kinos gefahren bin. Nachdem ein Freund von mir bei der dem Film vorangehenden Verlosung noch einen Visitenkartenhalter gewonnen hatte (irgendwie wusste er nicht so recht, was er jetzt damit anfangen sollte), konnte es losgehen.

Als der Titel über den Bildschirm flimmerte, stöhnten die meisten Leute laut auf. Meine Kumpels hatten in der vorigen Sneak Preview schon einen Trailier zu dem Film gesehen, und waren nicht gerade davon begeistert, einen deutschen Film zu sehen.

Deutsche Filme sind langweilig, billig produziert, haben schlechte Schauspieler. Kurz: Die Deutschen können keine Filme drehen!

Niemand leugnet diese Tatsache.
Und ich bin dieser Niemand, denn der Film hat mir den glauben an das, was man als dass "Deutsche Kino" bezeichnet (NEIN, "Der Schuh des Manitu" steht sicher nicht dafür, auch wenn ich mir sicher bin, dass in diesen Mist mit 7,5 mio ein dutzendfach größeres Publikum gegangen ist, als es bei "Sass" der Fall sein wird.), zurückgegeben. Und schon alleine dafür danke ich ihm.
Aber halt, dass ist natürlich noch nicht alles. Kommen wir also zum...

INHALT

Der Film handelt von einer wahren Geschichte, die so wirklich passiert sein soll. Das Thema wurde auch in den Siebzigern schonmal für's deutsche Fernsehen verfilmt.
Er spielt im Deutschland der zwanziger Jahre, und erzählt die Geschichte der Brüder Erich (Jürgen Vogel) und Fritz Sass (Ben Becker), die im Berlin der Nachkriegszeit (natürlich des ersten!) aufwachsen. Sie besitzen eine Autowerkstadt, die jedoch nicht viel abwirft. Beide träumen von einem besseren Leben, vom Leben der Schönen und Reichen, der Upperclass in Berlin, die täglich in Tanzpalästen wilde Parties feiert. Doch die Gegenwart sieht anders aus: Das Finanzamt will ihnen wegen nicht beglichenen Steuern die Werkstatt dichtmachen.
So beschließen die Brüder aus Rache, das Finanzamt auszurauben. Der Coup gelingt, jedoch ist ab jetzt die Polizei auf die Beiden angesetzt. Verblüfft, wie einfach es war, beschließen sie weitere Banken auszurauben. Mit jedem Bankraub steigt ihr Bekanntheitsgrad in Berlin, und genauso der Ärger der Polizei, die einfach immer einen Schritt zu langsam ist. Beide beginnen, dass schöne Leben der Stadt in Sauß und Braus zu genießen...
Dies hat Konsequenzen, denn auch die Unterwelt meldet Interesse an ihren Fähigkeiten an, und als sie 8 Millionen Wahlkampfgelder der NSDAP rauben, hat dies ein tötliches Nachspiel.

BESETZUNG
Der Film ist bis in die Nebenrollen perfekt besetzt. Eine geniale Leistung der beiden Schauspieler Vogel und Becker, denen man das zusammengeschweißte Brüderpaar vorbehaltlos abkauft. Daran kommt im nächsten Jahr niemand beim Deutschen Filmpreis herum.

MUSIK
Die Sounduntermalung des Films ist zumeist ruhig und hintergründig, und unterstützt wunderbar die Atmosphäre des Berlin's der 20er Jahre, die sich den ganzen Film über aufbaut.

AUSSTATTUNG/SFX
Die Ausstattung ist für einen deutschen Film  beispielhaft. Ich will gar nicht erst wissen, wieviele Millionen der Filmförderung in die Kostüme der Statisten bei den rauschenden Festen, die vielen "antiken" Autos, und die (Innen)ausstattung der Gebäude geflossen sind. Einfach perfekt!

SFX gibt es keine großartigen, allerdings einen, der unangenehm auffällt. Dies ist eine Sequenz von der Reichsbahn, die mich irgendwie an eine Modelleisenbahn erinnert hat. Da hat die CGI-Firma, die sogar die beste in Europa sein soll, keine gute Arbeit geleistet. Es gibt noch einen weiteren Effekt mit einem Nazi-zeppelin über Berlin, der hingegen recht gut gelungen ist.

KRITIK
Der Film besticht durch ein Ambiente, wie ich es selten im Kino erlebt habe, und noch nie bei einer deutschen Produktion. Alles, die Kostüme, Sets, die Schauspieler, Musik und Kameraführung erzeugen eine Stimmung, wie wenn man selbst dabei wäre, wenn die beiden Brüder einen neuen Bruch begehen, oder in einem Opernsaal ein rauschendes Fest feiern.
Die Story ist spannend und nie langweilig. Bis auf einen Charakterstrang (den von Fritz' Geliebter) entwickeln sich alle Charaktere den Film über. Aus den beiden armen Schluckern werden nach und nach schwerreiche Superstars, während die Bewunderung für beide in der ganzen Stadt immer mehr zunimmt.
Wie nur wenige Filme kann er mitreißen, wie nur wenige Filme kann einen das tragische Ende bewegen und berühren.
Einmal mehr beweist der Film, dass man mit einem guten Drehbuch letztendlich viel mehr erreicht, als mit 100 mio $-Actionsequenzen. Das kann mittlerweile jeder, doch stimmiger Storyaufbau ist und bleibt wohl eine Seltenheit.
Wenn Ihr diesen Film nicht seht, habt Ihr was verpasst! Der beste deutsche Film der jüngeren Zeit, und bis jetzt für mich der beste Film des Jahres.
Daher, und nur wegen der kleinen, angesprochenen Faux-pas bekommt der Film von mir eine

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