Glottisfly
31.08.2001, 02:50
Das heutige Konzert, von dem ich vorhin wiedergekommen bin, brachte mich auf Idee, in diesem Thread mal nachzufragen, was für eine Art von
Musik ihr hört, ob ihr auf die Musik <b>achtet</b> oder eventuell sogar selber Musik macht.
Aber zuerst zu dem Konzert:
Ein guter Freund von mir ist ein absoluter Fingerstyle-/Country- und Nylongitarrenfreak und hat mir schon oft davon vorgeschwärmt. Also haben ich und ein anderer Kumpel uns heute dazu bereiterklärt in hier in Dortmund zu einem Gitarrenkonzert zu begleiten, daß ein gewisser Tommy Emmanuel halten sollte.
Im bestuhlten Fritz-Hänssler-Haus angekommen besah ich mir erstmal die anderen Konzertbesucher. Hier und da ein paar Opis und Omis, da und dort einige in meinem Alter, aber das Durchschnittsalter lag irgendwo zwischen 30 und 40. Naja, dachten wir uns und nahmen in der fünften Reihe in der Mitte vor der Bühne Platz.
Um Acht ging's dann los: Ein Sprecher vom Fritz-Hänssler-Haus stellte uns Tommy Emmanuel vor. Der etwa 45jährige Emmanuel enterte samt seiner 20 Jahre alten Steel-String-Guitar die Bühne, stöpselte sich ein und los ging's mit einem der unglaublichsten Konzerte, die ich je gesehen habe. Der bestens gelaunte und vor Spielfreude nur so sprühende Gitarrist zeigte eine technisch und gefühlsmäßig fast schon übermenschliche Melange aus Finger-Style, Blues, Jazz und Rock, alles auf einer Akkustikgitarre.
Ständig mit den Tönen "mitgehend" und technisch in einer selten gesehenden Brillianz ersetzte dieser Mann eine komplette Backingband und wußte das mittlerweile rappelvolle Haus in jeder Sekunde zu überzeugen.
Nach einer knappen Dreiviertelstunde holte er für zwei Songs eine 15-jährige englische Gitarristin auf die Bühne, die er begleitete. Trotzdem waren sämtliche Augen auf Emmanuel gerichtet, der mit seiner mitreißenden Art einfach nur ein fassungsloses und begeistertes Grinsen auf die Gesichter sämtlicher Anwesenden zauberte. Danach kam seine Begleitband ("liebe kumpels", wie der stets zu Scherzen aufgelegte Gitarrist meinte), zwei deutsche Freunde von ihm, ein Schlagzeuger und ein Bassist auf die Bühne und Tommys breitgefächerter Stil wand sich nun eine Viertelstunde dem Jazz zu.
Nach eineinviertel Stunden gab's ersteinmal eine viertelstündige Pause, die ich zu einer Zigarette nutzte (nicht hauen, <b>Dilla</b> ;)), überzeugt, daß diese Leistung nicht zu toppen ist.
Fuckin' Pustekuchen!
Nach der Pause gab's wieder Tommy solo zu sehen, wo er einen witzigen Gitarrenworkshop einbaute, in dem er musikalisch verdeutlichte, wie man seine Art zu spielen üben kann. Das Ganze hatte fast kaberettistische Züge und der komplette Saal lachte sich halb tot.
Danach kam ein absoluter Stilbruch und einer der absoluten Höhepunkte des Abends. Der Australier Emmanuel widmete einen seiner Songs den Aboriginals, den australischen Ureinwohnern.
In diesem Song jagte Tommy seine Gitarre durch's Effektgerät und erzeugte unglaubliche Töne; die perfekte Musikuntermalung für eine australische Landschaft und ein australisches Ureinwohner-Fest. Unbeschreiblich!
Überhaupt setzte Tommy seine Gitarre häufig auch als Percussioninstrument an. Während er die kompliziertesten Läufe zockte, machte er immer zwischendurch coole Percussioneffekte - ebenfalls unbeschreiblich.
Zum Abschluß des Konzerts (mittlerweile war jeder, aber auch absolut jeder in der Halle völlig hin und weg ihm) kam noch mal seine Band auf der Bühne, und Tommy legte mal ebenso seine Gitarre beiseite, setzte sich ans zweite bereitstehende Schlagzeug und lieferte sich ein unglaubliches Schlagzeugduell mit seinem Drummer. Dagegen ist ein Phil Collins, der ja auch während seiner Konzerte solche kleinen Intermezzi einlegt, ein ziemlich schlechter Witz. Nach dem vermeintlichen Rausschmißstück mußte Emmanuel noch zwei Mal auf die Bühne zurückkehren; niemand wollte ihnen gehen lassen, der Standing-Ovation-Applaus schien kein Ende zu nehmen.
Nach über drei Stunden regulärer Spielzeit ging eines der besten Konzerte meines Lebens zu Ende - dabei ist am Schönsten, daß Emmanuel völlig auf dem Teppich geblieben ist, ständig Interaktion und Blickkontakt mit dem Publikum suchte und uns hinterher sogar noch die Gelegenheit gab, ihn persönlich zu treffen - ein sympathischer, unglaublich netter Mann, der für die Musik und sein Publikum lebt, trotz seiner Auszeichnung "cgp" (certified guitar player, der höchste Titel unter Finger-style-Gitarristen, es gibt nur zwei lebende Personen mit diesem Titel). Ähnliches habe ich in dieser Intensität nur bei meiner Lieblingsband "Dream Theater" feststellen können.
Und er war laut - keine Gute-Nacht-Musik, sondern richtig geile Mucke, die das Haus rockt, um das mal so zu formulieren. Wunderschöne Balladen rundeten das Programm ab.
Jeder, der auf handgemachte Musik noch Wert legt, hätte die Magie gespürt, die da in der Luft lag.
Kommen wir nun zu meiner Frage:
Wer hier mag noch handgemachte Musik und hört die Musik um der Musik willen und nicht um nur Party zu machen?
Wer kann Musik noch fühlen, ohne dabei gleich ans "Abzappeln" zu denken?
Mir selbst ist stumpfer Techno zuwider und auch der Großteil der akutellen Charts geht mir gelinde gesagt am Arsch vorbei (ganz besonders diese seelenlosen gecasteten Girlie- oder Boygroups, oder dusselige Hiphopper und/oder Rapper (no offense!), die mir erzählen wollen, wie ich mein Leben zu leben habe).
Was ich sagen will: wer unter euch achtet auf die Seele hinter der Musik (dabei ist der Stil nicht wichtig) und auf die Emotionen, die sie transportiert?
Wer von euch versteht, was ich hier schreibe?
Und macht ihr vielleicht sogar selber Musik oder probiert es zumindest (was bei mir der Fall ist, ;))?
Ich spiele selber seit meinem sechsten Lebensjahr Klavier, später Keyboard, kann ein kleines bißchen Gitarre und Schlagzeug spielen, habe allerdings nie viel geübt, was im Nachhinein betrachtet ein Riesenfehler war... leider hat sich meine Band aufgelöst (wir sind allerdings nie über das sog. Demo-CD- und Kneipen-Gig-Stadium hinausgekommen, Potential war da, aber einige mußten studieren, andere eine Ausbildung machen, schade drum!).
Also raus mit der Sprache! ;)
Musik ihr hört, ob ihr auf die Musik <b>achtet</b> oder eventuell sogar selber Musik macht.
Aber zuerst zu dem Konzert:
Ein guter Freund von mir ist ein absoluter Fingerstyle-/Country- und Nylongitarrenfreak und hat mir schon oft davon vorgeschwärmt. Also haben ich und ein anderer Kumpel uns heute dazu bereiterklärt in hier in Dortmund zu einem Gitarrenkonzert zu begleiten, daß ein gewisser Tommy Emmanuel halten sollte.
Im bestuhlten Fritz-Hänssler-Haus angekommen besah ich mir erstmal die anderen Konzertbesucher. Hier und da ein paar Opis und Omis, da und dort einige in meinem Alter, aber das Durchschnittsalter lag irgendwo zwischen 30 und 40. Naja, dachten wir uns und nahmen in der fünften Reihe in der Mitte vor der Bühne Platz.
Um Acht ging's dann los: Ein Sprecher vom Fritz-Hänssler-Haus stellte uns Tommy Emmanuel vor. Der etwa 45jährige Emmanuel enterte samt seiner 20 Jahre alten Steel-String-Guitar die Bühne, stöpselte sich ein und los ging's mit einem der unglaublichsten Konzerte, die ich je gesehen habe. Der bestens gelaunte und vor Spielfreude nur so sprühende Gitarrist zeigte eine technisch und gefühlsmäßig fast schon übermenschliche Melange aus Finger-Style, Blues, Jazz und Rock, alles auf einer Akkustikgitarre.
Ständig mit den Tönen "mitgehend" und technisch in einer selten gesehenden Brillianz ersetzte dieser Mann eine komplette Backingband und wußte das mittlerweile rappelvolle Haus in jeder Sekunde zu überzeugen.
Nach einer knappen Dreiviertelstunde holte er für zwei Songs eine 15-jährige englische Gitarristin auf die Bühne, die er begleitete. Trotzdem waren sämtliche Augen auf Emmanuel gerichtet, der mit seiner mitreißenden Art einfach nur ein fassungsloses und begeistertes Grinsen auf die Gesichter sämtlicher Anwesenden zauberte. Danach kam seine Begleitband ("liebe kumpels", wie der stets zu Scherzen aufgelegte Gitarrist meinte), zwei deutsche Freunde von ihm, ein Schlagzeuger und ein Bassist auf die Bühne und Tommys breitgefächerter Stil wand sich nun eine Viertelstunde dem Jazz zu.
Nach eineinviertel Stunden gab's ersteinmal eine viertelstündige Pause, die ich zu einer Zigarette nutzte (nicht hauen, <b>Dilla</b> ;)), überzeugt, daß diese Leistung nicht zu toppen ist.
Fuckin' Pustekuchen!
Nach der Pause gab's wieder Tommy solo zu sehen, wo er einen witzigen Gitarrenworkshop einbaute, in dem er musikalisch verdeutlichte, wie man seine Art zu spielen üben kann. Das Ganze hatte fast kaberettistische Züge und der komplette Saal lachte sich halb tot.
Danach kam ein absoluter Stilbruch und einer der absoluten Höhepunkte des Abends. Der Australier Emmanuel widmete einen seiner Songs den Aboriginals, den australischen Ureinwohnern.
In diesem Song jagte Tommy seine Gitarre durch's Effektgerät und erzeugte unglaubliche Töne; die perfekte Musikuntermalung für eine australische Landschaft und ein australisches Ureinwohner-Fest. Unbeschreiblich!
Überhaupt setzte Tommy seine Gitarre häufig auch als Percussioninstrument an. Während er die kompliziertesten Läufe zockte, machte er immer zwischendurch coole Percussioneffekte - ebenfalls unbeschreiblich.
Zum Abschluß des Konzerts (mittlerweile war jeder, aber auch absolut jeder in der Halle völlig hin und weg ihm) kam noch mal seine Band auf der Bühne, und Tommy legte mal ebenso seine Gitarre beiseite, setzte sich ans zweite bereitstehende Schlagzeug und lieferte sich ein unglaubliches Schlagzeugduell mit seinem Drummer. Dagegen ist ein Phil Collins, der ja auch während seiner Konzerte solche kleinen Intermezzi einlegt, ein ziemlich schlechter Witz. Nach dem vermeintlichen Rausschmißstück mußte Emmanuel noch zwei Mal auf die Bühne zurückkehren; niemand wollte ihnen gehen lassen, der Standing-Ovation-Applaus schien kein Ende zu nehmen.
Nach über drei Stunden regulärer Spielzeit ging eines der besten Konzerte meines Lebens zu Ende - dabei ist am Schönsten, daß Emmanuel völlig auf dem Teppich geblieben ist, ständig Interaktion und Blickkontakt mit dem Publikum suchte und uns hinterher sogar noch die Gelegenheit gab, ihn persönlich zu treffen - ein sympathischer, unglaublich netter Mann, der für die Musik und sein Publikum lebt, trotz seiner Auszeichnung "cgp" (certified guitar player, der höchste Titel unter Finger-style-Gitarristen, es gibt nur zwei lebende Personen mit diesem Titel). Ähnliches habe ich in dieser Intensität nur bei meiner Lieblingsband "Dream Theater" feststellen können.
Und er war laut - keine Gute-Nacht-Musik, sondern richtig geile Mucke, die das Haus rockt, um das mal so zu formulieren. Wunderschöne Balladen rundeten das Programm ab.
Jeder, der auf handgemachte Musik noch Wert legt, hätte die Magie gespürt, die da in der Luft lag.
Kommen wir nun zu meiner Frage:
Wer hier mag noch handgemachte Musik und hört die Musik um der Musik willen und nicht um nur Party zu machen?
Wer kann Musik noch fühlen, ohne dabei gleich ans "Abzappeln" zu denken?
Mir selbst ist stumpfer Techno zuwider und auch der Großteil der akutellen Charts geht mir gelinde gesagt am Arsch vorbei (ganz besonders diese seelenlosen gecasteten Girlie- oder Boygroups, oder dusselige Hiphopper und/oder Rapper (no offense!), die mir erzählen wollen, wie ich mein Leben zu leben habe).
Was ich sagen will: wer unter euch achtet auf die Seele hinter der Musik (dabei ist der Stil nicht wichtig) und auf die Emotionen, die sie transportiert?
Wer von euch versteht, was ich hier schreibe?
Und macht ihr vielleicht sogar selber Musik oder probiert es zumindest (was bei mir der Fall ist, ;))?
Ich spiele selber seit meinem sechsten Lebensjahr Klavier, später Keyboard, kann ein kleines bißchen Gitarre und Schlagzeug spielen, habe allerdings nie viel geübt, was im Nachhinein betrachtet ein Riesenfehler war... leider hat sich meine Band aufgelöst (wir sind allerdings nie über das sog. Demo-CD- und Kneipen-Gig-Stadium hinausgekommen, Potential war da, aber einige mußten studieren, andere eine Ausbildung machen, schade drum!).
Also raus mit der Sprache! ;)