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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Open Water 2



nosferatu
06.12.2010, 08:01
Aus gegebenem Anlass ein paar Zeilen über diesen Pseudo-Thriller, der eigentlich gar nicht der Rede wert ist.

Nach einem feucht-fröhlichen Weihnachtsmarktbesuch hatte ich die gestern die Absicht, den Abend gemütlich mit einem Film ausklingen zu lassen. Nachdem ich mir die "Open Water"-Filme von meinem Vater (!) ausgeliehen hatte und mir der erste Teil wirklich sehr gut gefallen konnte, kam mir Teil 2 gerade recht.

Was soll ich sagen? Wie ich im Nachhinein feststellen musste, hat dieses mutmaßliche Sequel mit dem ersten Teil rein gar nichts zu tun. Ok, das Setting - Menschen im Wasser - ist ganz ähnlich, aber ansonsten liegt mit "Open Water 2" ein völlig eigenständiger Film vor, der ausnahmslos jede Erwartung unerfüllt lässt und zudem auf dreiste bzw. dilletantische Weise versucht, seinen wirklich innovativen und raffinierten "Vorgänger" zu imitieren und dabei immer wieder vor Augen führt, wie sehr Hans Horn als Regisseur versagt. Wenn ich die Aussage treffe, dass diese "Fortsetzung" (oder eher unverfrorene Nachmache) dem Original längst nicht das Wasser reichen kann, spiegelt dieses famose Wortspiel in etwa das Niveau wider, auf welchem Niveau sich "Open Water 2" (oder "Adrift", wie er sich weiterhin schimpft) befindet :D

Der Grundgedanke des Films ist ja noch ganz interessant: Eine Gruppe junger Leute verbringt ein Spaßwochenende auf einer Yacht. Doch dummerweise vergisst man, die Bootsleiter herabzulassen, bevor alle ins Meer springen. So beginnt der Kampf ums (wahrhaftig) nackte Überleben.

Aus dieser Idee hätte man durchaus etwas machen können. Und wie sieht das Ergebnis stattdessen aus? Die Charaktere sind dermaßen stereotyp gezeichnet, dass ihr Schicksal völlig kaltlässt. Mir sind - ganz ehrlich - nicht einmal ihre Namen in Erinnerung geblieben, und ich könnte jetzt nicht einmal mehr sagen, wer auf welche Weise ums Leben gekommen ist. Doch nicht nur das Drehbuch scheitert in diesem Punkt, sondern auch die absolut austauschbaren Laiendarsteller. Miesere schauspielerische Leistungen habe ich seit langem nicht mehr gesehen. Am überzeugendsten agiert wohl noch das Baby, das schlafend an Bord verbleibt und sich ab und an über Babyfon meldet. Was übrigens auch nicht weiter dramatisiert wird. Ebenso gut hätte man auch den Hund an Bord lassen können, hätte auch niemanden interessiert.

Das und die durchschaubare, vorhersehbare Handlung machen "Open Water 2" zu einem einzigartigen Ärgernis. Immerhin gibt es ein paar schöne Aufnehmen vom Meer, aber eine Fototapete ist ebenso spannend.

War gestern wohl nichts mit meinem gemütlichem DVD-Abend, das war einfach nur frustrierend :mad:

Hm, hat man eigentlich schon mal etwas Dämlicheres gehört: "Im Wasser hört dich niemand schreien."

Last_Gunslinger
06.12.2010, 10:51
Ist bei mir schon wieder ein paar Jährchen her, aber ich erinnere mich noch, daß ich den auch ziemlich graupig fand.
Ich meine mich aber auch zu erinnern, daß es eigentlich nen eigenständger Film war, der dann nur flott von Adrift zu OW2 umgetauft wurde, um vom Erfolg des "Vorgängers" zu profitieren.

Dr.BrainFister
06.12.2010, 14:57
@nosferatu
vielen dank für das aufschlussreiche review! ich glaube, in diese niveau-untiefen will ich dann lieber doch nicht abtauchen... ;)

wie ist eigentlich der erste teil? bisher war ich immer skeptisch und hab ihn aufgeschoben. lohnt es sich, "open water 1" noch nachzuholen?

nosferatu
06.12.2010, 17:41
Nun, wie eingangs erwähnt, fand ich den ersten Teil recht gut. Eine anschauliche Independent-Produktion, die gekonnt die menschlichen Urängste porträtiert. Hier geht es um ein Pärchen, das nach einem Tauchausflug auf hoher See vergessen wird. Schließlich tauchen auch noch Haie auf, und dem Paar wird klar, dass die Situation ausweglos ist.

Insgesamt wird die Geschichte ziemlich überzeugend erzählt. Der Film verzichtet auf Action und Effekthaschereien, stattdessen konzentriert er sich gänzlich auf das Schicksal und die Verzweiflung des Pärchens. Und während den beiden allmählich bewusst wird, dass es keine Rettung gibt, spürt man auch als Zuschauer die aufkommende Hoffnungslosigkeit, die konsequent bis zum Ende des Films hin gesteigert wird. Das Timing ist wirklich ausgezeichnet; der Film fällt nicht mit der Tür ins Haus, sondern baut seine Spannung nach und nach auf, was ihn insbesondere auf Grund seines eingeschränkten Settings umso dynamischer macht.

Löblich auch, dass der Film keine altbewährten Klischees erfüllt. Die Handlung verläuft in keinster Weise vorhersehbar, sondern packt und verstört zugleich. Das ist es es, was ich von einem guten Thriller erwarte.

Übrigens sei auch die schlichte, aber raffinierte Kameraarbeit hervorzuheben, die das Geschehen realistisch erscheinen lässt und ein bedrückendes Gefühl schafft, so dass man sich beinahe "live" dabei wähnt.

Die Eröffnungsszene fand ich allerdings schwach, fügt sie sich nicht so recht ins Gesamtbild ein und hat sie mich doch eher kaltgelassen.

Also, Brainy, DVD reingeschmissen, Rettungsweste an und ahoi! Teil 1 ist auf jeden Fall eine Empfehlung! :D

cornholio1980
06.12.2010, 22:09
Last_Gunslinger hat völlig recht: Das der Film "Open Water 2" heißt ist lediglich aufs Marketing zurückzuführen ;).

Ich fand den ersten ok, konnte aber die Lobeshymnen nicht ganz nachvollziehen. Hätte es besser gefunden, sie hätten den Mut gehabt nach der Abfahrt des Bootes wirklich nur mehr beim zurückgebliebenen Paar zu bleiben. Durch die kurzen Schwenks zum zurückgekehrten Boot etc. wurde auch die Unplausibilität (oder zumindest Unwahrscheinlichkeit) des Szenarios überdeutlich. Und auch das Ende fand ich etwas seltsam. Aber immerhin, er war originell und durchaus gut gemacht. 6/10 Haie ist er mir schon wert... :)