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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wieder mal eine seltsame Zeit-Frage: Wieviel mehr als laut Vertrag arbeitet Ihr in der Woche?



Hmpf
22.01.2012, 16:24
Wie Ihr seht, treibt mich das Thema "Zeit und Arbeit" immer noch um. ;-) Ich würde gerne mal einen Eindruck bekommen, der über meinen engeren Bekanntenkreis hinausgeht. Also: fast jeder arbeitet ja mehr als im Vertrag steht. Meine Fragen (wenn Ihr sowas doch recht Privates hier in einem Forum beantworten mögt):

1.) Wieviel arbeitet Ihr laut Vertrag?
2.) Wieviele Stunden arbeitet ihr im Schnitt pro Woche tatsächlich?
3.) In welchem Beruf/welcher Branche?

Ich mach mal den Anfang, wobei meine Situation schlecht mit einer standardmäßigeren Arbeitssituation vergleichbar ist, insofern also hier in diesem Kontext nicht viel bedeutet:

1.) Ca. 23 Std. im Moment.
2.) Ca. 40, müßte aber eigentlich deutlich mehr (mit 50 wäre ich im grünen Bereich, denke ich). - Allerdings zähle ich da jetzt Sachen mit, die quasi mein Privatvergnügen sind, z.B. Tätigkeiten, die mit meiner Doktorarbeit zusammenhängen. (Das ist es, was meine Situation so schwer vergleichbar macht.)
3.) Uni.

Wie gesagt, ich versuche einfach nur, ein Gefühl dafür zu bekommen, was so in 'normalen Berufen' als normal gilt. Würde das gerne besser einschätzen können, auch wenn es für meine persönliche Situation erstmal nicht direkt relevant ist.

Dr.BrainFister
22.01.2012, 16:31
Wenn du dir aktuelle Statistiken und Berichte anschaust, ist die Zahl von Leuten, die regelmäßig jede Menge Überstunden anhäufen (müssen), ziemlich hoch. Und das ist scheinbar unabhängig davon, wie gut man ausgebildet ist. Akademiker dürfen heutzutage genauso ganz selbstverständlich zusätzliche Leistungen drauflegen wie "normale" Arbeiter (wobei dein Job nun wirklich nichts Unnormales ist. Ganz im Gegenteil: Du bist damit eher im Mainstream der über 30jährigen angekommen. ;)). Obwohl viele Leute davon betroffen sind, wollen nur wenige öffentlich darüber sprechen. Die Angst, seinen Job zu verlieren, ist einfach zu groß. Du wirst also wahrscheinlich auch im Internet nur wenig persönliche Erfahrungsberichte dazu bekommen.

Hmpf
22.01.2012, 16:38
Wenn du dir aktuelle Statistiken und Berichte anschaust, ist die Zahl von Leuten, die regelmäßig jede Menge Überstunden anhäufen (müssen), ziemlich hoch.

Daher ja auch meine Einleitung "Fast jeder arbeitet ja mehr..."


Und das ist scheinbar unabhängig davon, wie gut man ausgebildet ist. Akademiker dürfen heutzutage genauso ganz selbstverständlich zusätzliche Leistungen drauflegen wie "normale" Arbeiter (wobei dein Job nun wirklich nichts Unnormales ist. Ganz im Gegenteil: Du bist damit eher im Mainstream der über 30jährigen angekommen. ;)).

Ich meine nicht, dass er ungewöhnlich ist, weil ich mehr arbeite im Vertrag steht, sondern weil ein Teil der Arbeit die Doktorarbeit ist, also nicht wirklich offiziell Teil des Jobs und damit auch nicht wirklich als "Überstunden" anzusehen. Eine Doktorarbeit ist was anderes als abends noch ein paar Stunden länger im Büro zu bleiben, weil ein Projekt fertig werden muss. Und das ist das schwer Vergleichbare an meiner Situation. Aber wie gesagt, es geht mir hier auch gar nicht um meine Situation, ich will einfach mal hören, wie's bei anderen so aussieht.


Obwohl viele Leute davon betroffen sind, wollen nur wenige öffentlich darüber sprechen. Die Angst, seinen Job zu verlieren, ist einfach zu groß. Du wirst also wahrscheinlich auch im Internet nur wenig persönliche Erfahrungsberichte dazu bekommen.

Das ist wohl so. Ist wahrscheinlich auch unweise von mir, hier zu posten, immerhin kann mein Nick leicht mit meinem Realnamen verbunden werden (sogar allein schon über fictionbox...)

DerBademeister
22.01.2012, 16:41
Die Selbstausbeutung ist an der Uni Gang und Gäbe. Dein effektiver Stundenlohn liegt dann schnell unter einem Wert für den ein Drucker oder Stahlarbeiter nicht mal aus dem Bett hüpfen würde. Insofern man nicht realistische Chancen auf eine Professur und Verbeamtung hat ODER auf einen Absprung in die Wirtschaft, lohnt sich eine Karriere an der Uni zumindest in Deutschland nicht wirklich. Es wird nicht umsonst vom "akademischen Proletariat" gesprochen.

Im letzten Jahr wurden deutschlandweit 2,5 Milliarden Überstunden angesammelt. Bei 40 Millionen Arbeitnehmern macht das immerhin 63 Überstunden pro Person im Schnitt. Interessant wäre die Frage, wie viele von diesen 2,5 Mrd Überstunden eigentlich bezahlt werden - ich vermute mal nur ein geringer Teil, da die Meisten nicht nach Stechuhr arbeiten.

Dr.BrainFister
22.01.2012, 16:56
... Ich meine nicht, dass er ungewöhnlich ist, weil ich mehr arbeite im Vertrag steht, sondern weil ein Teil der Arbeit die Doktorarbeit ist, also nicht wirklich offiziell Teil des Jobs und damit auch nicht wirklich als "Überstunden" anzusehen. Eine Doktorarbeit ist was anderes als abends noch ein paar Stunden länger im Büro zu bleiben, weil ein Projekt fertig werden muss. Und das ist das schwer Vergleichbare an meiner Situation. ...
Auch das ist nicht ungewöhnlich. Ich kenne selbst einige Akademiker, die mit Anfang/Mitte 30 schon kurz nach Abschluss ihres Studiums neben der Arbeit damit anfangen, am Doktortitel zu basteln oder zumindest einen Master draufzulegen. Das ist heutzutage eigentlich Standard, vor allem wenn man einer Dozenten- oder Forschertätigkeit nachgeht. Ob es immer sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. Manchmal wäre es vielleicht besser, einige Jahre im Berufsleben Fuß zu fassen und sich dann erst dem nächsten Schritt auf der Karriereleiter zu widmen. Beim heute immer mehr ansteigenden Leistungsdruck ist das allerdings für viele Akademiker nicht realisierbar. Es gibt schließlich genügend karrierehungrige Konkurrenten, die bereits mit Anfang 20 eine hochrangige (aber nicht unbedingt hochwertige) Highspeed-Ausbildung hingelegt haben. Da ist die Wahrscheinlichkeit, schnell ersetzt werden zu können, also recht groß.


Aber wie gesagt, es geht mir hier auch gar nicht um meine Situation, ich will einfach mal hören, wie's bei anderen so aussieht.
Ich hab gerade bei Jobs im akademischen Umfeld stets dieselbe Erfahrung gemacht: Schlechte bis mittelmäßige Bezahlung gepaart mit dem Anschein flacher Hierarchien und moderner Arbeitsstandards, doch unter'm Strich dieselben Leistungserwartungen als wäre man ein ungelernter Fließbandarbeiter. Das alles lief meistens mit einer stillschweigenden Selbstverständlichkeit ab, die kaum jemand hinterfragt hat. Falls es dann doch mal zu Konflikten kam, hatten vor allem die wissenschaftlichen Hilfskräfte (verniedlichend "HiWis" genannt) ganz schön die Hosen voll, weil sie ihre sowieso meist nur knapp befristeten Stellen bedroht sahen.


Das ist wohl so. Ist wahrscheinlich auch unweise von mir, hier zu posten, immerhin kann mein Nick leicht mit meinem Realnamen verbunden werden (sogar allein schon über fictionbox...)
Jo, vor allem wenn du den Zusammenhang hier im Thread selbst herstellst. :D Auf fictionBOX lässt sich dein Realname jedenfalls nicht deinem Nickname zuordnen (außer du hast es selbst mal irgendwo erwähnt). Letztlich hätte ein guter Arbeitgeber aber auch kein Problem mit dem, was du hier schreibst. Es sind völlig legitime Fragen, die sich viele andere Akademiker in deiner Position genauso stellen. Nur weiß man eben oft erst, wenn's drauf ankommt, ob man einen guten Arbeitgeber hat oder nicht. Manche Chefs/Leiter können selbst mit dem leisesten Hauch von Kritik nicht umgehen.