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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gesundheitsreform



Dr.BrainFister
24.07.2003, 10:22
ob und wie gesund die kürzlich beschlossene gesundheitsreforum für deutschland ist, lässt sich momentan nur anhand der dazu lesbaren texte beurteilen. ich denke ja immer, daraus kann man außer extrem offensichtliche problemen nicht viel erkennen, weil so etwas ohne im alltäglichen leben integriert zu sein, selbst für spekulatiionsweltmeister im letztlichen effekt noch kaum nachspürbar ist.

einige ideen sind grundsätzlich gut-allerdings würden sie ohne eine entlastende ausgleichende idee für den kranken ausschließlich belastung darstellen. in manchen fällen ist diese ausgleichsidee gegeben, in anderen nicht oder zumindest nicht offensichtlich.
allerdings kann man sich bei gesetztestexten wie schon gesagt nicht allein auf die offensichtlichkeit verlassen. besonders wenn der blick auf die texte von den in den letzten monaten durch medien aufgebauschten hiobsbotschaften getrübt ist.

davon unbeeinflusst -wie seht ihr die situation jetzt, da man diese reform als beschlossen sehen kann und sich nicht mehr auf medienwillkür verlassen muss?


die änderungen in äußerst knapper form:



Eintrittsgeld

Krank sein wird teuer: Wer seinen Hausarzt konsultiert, zahlt künftig ein "Eintrittsgeld" von zehn Euro für den Besuch - allerdings nur einmal im Quartal. Wird direkt und ohne Überweisung ein Facharzt konsultiert, fallen bei jedem Arztbesuch zehn Euro an.

Zudem zahlen Patienten bei Krankenhausaufenthalten künftig zehn Euro pro Behandlungstag - maximal aber 280 Euro. Für alle Zuzahlungen gilt zusammen eine Obergrenze von zwei Prozent des Brutto-Jahreseinkommens, für chronisch Kranke ein Prozent. Kinder sind von den Gebühren befreit. Obendrein können Eltern je Kind einen Freibetrag von 3500 Euro anrechnen.

Insgesamt werden die Versicherten durch die Zuzahlungen mit 3,3 Milliarden Euro belastet.


Zahnersatz

Strittig bis zum Schluss war der Zahnersatz: Seehofer und Schmidt haben sich nun darauf geeinigt, dass Versicherte ab 2005 eine separate Zusatz-Versicherung für die "Dritten" abschließen sollen. Diese Leistung soll sowohl von gesetzlichen als auch von privaten Kassen angeboten werden. Für den Zahnersatz gilt eine Versicherungspflicht. Die Kosten für die Versicherten dürften pro Jahr bei 90 Euro oder mehr liegen.


Krücken und Brillen

Für Heilmittel wie Krücken oder Rollstühle sind künftig zehn Euro Zuzahlung fällig. Brillen werden nicht mehr bezuschusst. Sehhilfen erstattet die Kasse nur noch für Jugendliche bis 18 und schwer Sehbehinderte.

Obendrein werden Taxifahrten zum Arzt nur noch in Ausnahmefällen erstattet. Gestrichen aus dem Kassen-Katalog werden auch Sterbegeld, Sterilisation aus nicht-medizinischen Gründen und Entbindungsgeld. Künstliche Befruchtung wird nur noch eingeschränkt bezahlt. Eine Reihe von rezeptfreien Medikamenten wird nicht mehr bezahlt.


Tabaksteuer

Um einen Teil der Reform zu finanzieren soll die Tabaksteuer in den Jahren 2004 und 2005 in drei Stufen um insgesamt einen Euro je Päckchen Zigaretten angehoben werden.

Mit den Einnahmen sollen versicherungsfremde Leistungen, wie Sterbegeld oder Sterilisation, finanziert werden, die bisher von der gesetzlichen Kassen übernommen werden.


Krankengeld

Das Krankengeld soll künftig von den Arbeitnehmern allein finanziert werden. Der neue "Sonderbeitrag" entspricht 0,5 Beitragspunkten und soll ab 2007 erhoben werden.

Der Beitrag der Arbeitnehmer steigt damit um fünf Milliarden Euro - so viel kostet das Krankengeld. Bisher hatten Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Beiträge jeweils zur Hälfte getragen.


Medikamente

Die Pillenflut wird nicht gestoppt: Die geplante Positivliste für Medikamente wurde gekippt. Mit ihr wollte Schmidt die Zahl der Medikamente, die von den Kassen bezahlt werden, auf 20.000 halbieren.

Einziger Wehrmutstropfen für die Pharma-Lobby: Nicht verschreibungspflichtige Medikamente sollen künftig aus dem Leistungskatalog der Kassen gestrichen werden. Das Sparpaket sieht weiterhin vor, die Rabatte der Hersteller für verschreibungspflichtige Arzneimittel 2004 von sechs auf 16 Prozent auszuweiten. Neue, aber wenig nutzbringende patentgeschützte Arzneimittel werden zudem mit einem Festpreis belegt.


Apotheken

Relativ ungeschoren kommen auch die Apotheken davon: Der Versandhandel mit Medikamenten soll nur mit Einschränkungen zugelassen werden. Zudem sollen Apotheker künftig bis zu vier Apotheken besitzen dürfen. Ketten bleiben aber weiter verboten

Bürokratie

Von der angekündigten "Strukturreform" ist nicht mehr viel übrig geblieben: Nicht durchsetzen konnte sich Schmidt mit dem Vorschlag, direkte Honorarverträge zwischen Ärzten und Kassen zuzulassen, um so das Monopol der kassenärztlichen Vereinigungen (KV) zu brechen. Im Gegenteil: Mit der Verrechnung des neuen "Eintrittsgeldes" bei Arztbesuchen bekommen die KV-Bürokraten noch eine weitere Aufgabe.

Auch das geplante "Zentrum für Qualität in der Medizin", das die Qualität und Wirksamkeit von Medikamenten und ärztlichen Leistungen unter die Lupe nehmen sollte, wird anders als angedacht nicht als unabhängige Institution eingerichtet. Der neue "Medizin-TÜV" soll nun unter das Dach der Selbstverwaltung von Krankenkassen und Ärzten kommen - also unter die Aufsicht jener, die eigentlich kontrolliert werden sollten.


Entlastungen

Mit ihrem Konsens wollen Regierung und Opposition bis 2007 stufenweise 23,1 Milliarden Euro im Gesundheitswesen einsparen. Dafür soll der durchschnittliche Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkassen von derzeit rund 14,4 auf 13 Prozent im Jahr 2006 sinken.

Die Faustregel: Pro 1000 Euro Verdienst fallen pro Monat 3,50 Euro weniger Krankenkassenbeitrag an. Davon profitiert aber nur, wer nicht krank wird.


Patientenrechte

Patienten sollen durch einen Patientenbeauftragten besser vertreten werden und beim Arzt auf Wunsch eine Quittung bekommen. Eine fälschungssichere Patientenkarte soll 2006 eingeführt werden. Bei nachgewiesener Vorsorge sollen die Krankenkassen einen finanziellen Bonus einräumen dürfen. Auch Tarife mit Beitragsrückerstattung oder Selbstbehalt bei niedrigerer Prämie sollen für freiwillig Versicherte möglich sein. Ambulante Behandlungen im EU-Ausland werden bezahlt. Nur für Klinikaufenthalte ist Genehmigung der Kasse nötig.

... (http://t-news.t-online.de/zone/news/inla/sozi/ar/CP/ar-gesundheit-buerger-versicherung.html)

John
25.07.2003, 22:10
Es geht leider nicht anders, denn wir leben zur zeit eindeutig über unsere Verhältnisse. In anbetracht der Tatsache, dass die Alterspyramide bis 2030 eine totale Schieflage hinlegen wird (Mehr Rentner als Arbeiter) kann man nur noch von einer Gnadenfrist sprechen. Wenn wir es bis dahin nicht schaffen, die Systeme und vor allem die Einstellung der Menschen in Bezug auf Kinder zu ändern, wird unser System unweigerlich zusammenbrechen. Ich will gar nicht an die Untaten denken die notwendig sein werden um dies zu verhindern.

Damit habe ich auch schon das Hauptproblem und der Primärgrund für unsere jetzige Lage benannt.

Diese Reform wird besonders die Mittelschicht und alles darunter treffen. Ich nehme mal das Beispiel Zahnersatz: Der Zahnersatz ist in Deutschland praktisch unbezahlbar. Aus den Grund wird man den Sozialen Status eines Menschen schon bald wieder am Gebiss ablesen können.
Die neue Zusatzversicherung für die Zähne sorgt nur für eine Grundausstattung. Wer gedacht hat er kann sich jetzt das Gebiss vergolden lassen hat sich geschnitten. Wir bekommen weniger Leistungen als jetzt für mehr Geld.

Noch schlimmer wird es Menschen treffen, die Operiert werden müssen. Eine OP kostet in Deutschland selten weniger als ein Kleinwagen.

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Heute geht es uns schlechter als gestern, aber besser als morgen...

Roac
26.07.2003, 14:42
Zum Thema Zahnersatz:
Mir wird ganz schlecht, wenn ich an eine private Versicherung diesbezüglich denke. Denn garantiert wird es so sein, daß die Versicherungskosten mit zunehmendem Alter erhöht werden oder es gibt gleich Risikoaufschläge, wenn man mal was gehabt hat. So war das jedenfalls, als ich mal paar Jahre privat krankenversichert war. *grusel*

Ich denke auch, daß das Hauptproblem darin besteht, daß die Grundeinstellung zum Kinderkriegen geändert werden muß. Es müssen einfach unheimlich große Anreize her. Meiner Meinung nach wäre das die Hauptaufgabe überhaupt, auch wenn es ohne dieses Rumdoktern an den Symptomen vermutlich nicht geht.

John
26.07.2003, 23:05
@Roac: Du bist also jetzt ohne Krankenversicherung? Es ist nämlich fast unmöglich von der Privaten wieder in die Gesetzlichen zurückzukommen.

Unsere liebe Gesundheitsministerin hat heute übrigens gesagt, dass die jetzigen Reformen höchstens bis 2010 greifen werden.

Ich werde jedenfalls sehen, dass ich so schnell wie möglich aus Europa rauskomme. Die Unzufriedenheit der Menschen steigt mit einer bedrohlichen Geschwindigkeit (Besonders in Deutschland und Frankreich). Solche zustände haben seit Menschengedenken immer zu einer überhöhten Reizbarkeit geführt. Menschen sind zudem zu unfassbaren imstande wenn sie nichts mehr zu verlieren haben. Das ist sowohl im positiven als auch im negativen gemeint.

Falls der Zerfall der Lebenswichtigen Systeme mit gleichbleibender Geschwindigkeit voranschreitet, ist die Bundesrepublik Deutschland ab 2030 in ihrer jetzigen Form nicht mehr Lebensfähig. Außer man führt bei 40 Millionen Rentnern eine Verjüngungskur durch ;)

Roac
28.07.2003, 08:41
@John
Nee, ich war während meines Studiums vorübergehend verbeamtet und mußte mich da privat versichern. Als das Beamtenverhältnis zu Ende war bin ich automatisch wieder in die gesetzliche gekommen (verdien leider nicht soi viel ... B) )

Was deine Auswanderungsgedanken betrifft: wo stellst du dir denn außerhalb Europas bessere Bedingungen vor? Das würde mich echt mal interessieren ...

John
28.07.2003, 11:53
In der Weltwirtschaft ist insgesamt ein Aufschwung zu spüren, dieser wird aber dank unserer Regierung so gedämpft, dass man kaum etwas spürt. Die US-Wirtschaft ist dagegen im Plus. Ich denke das sich daran nicht mehr viel ändern wird und deshalb wären die USA meine erste Wahl. Ihre Sozialsysteme sind zwar unter aller Sau, aber dort weiß man noch wofür man arbeitet. Hier ist es völlig gleichgültig, denn wer Arbeitet hat Geld und wer nicht Arbeitet hat auch Geld.

DerBademeister
28.07.2003, 17:37
Hmm John....daher wohnen auch alle Sozialhilfeempfänger in ner 100 qm Wohnung, haben PC mit Flatrate, 3 Autos und fahren 2 Mal im Jahr in Urlaub.

Vielen Dank für die Erleuchtung, ich bin gleich wieder da, muss mich beim nächsten Sozialamt melden gehen...

John
28.07.2003, 21:22
Der Liebe Bademeister braucht wieder etwas aufmerksamkeit, daher gebe ich sie ihm...

@Bademeister: Der Durchschnittssozialhilfeempfänger bekommt im Monat nicht mehr als 400€ ;) Sie bekommen zwar die Wohnung bezahlt, aber jeder weiß, dass alleine pro Woche mindestens 80€ für Nahrungsmittel drauf gehen. Da bleibt in der Regel nicht viel über.

Ich rede vielmehr von der Tatsache, dass jede Arbeitsfähige Person keinen anspurn hat, wirklich arbeiten zu gehen. Die Sozialhilfe ist für bedürftige, die kaum noch eine Chance haben ins Berufsleben zurückzukehren. Die Sozialhilfe sollte für Arbeitsfähige Personen auf 5 Jahre begrenzt sein, danach sollten nur noch Essensmarken drin sein.

Sorry, aber wer in 5 Jahren keinen Job gefunden hat, sit entweder zu blöd, oder hat sich nicht wirklich bemüht. Man hat 24 Stunden am tag Zeit bewerbungen nach ganz Europa abzuschicken. Die Zeit reich also locker um über 40.000 Bewerbungen zu schreiben.

Vinni
31.07.2003, 14:02
@John: Da frag ich mich doch, was du arbeitest und wo du wohnst, daß die Arbeitssuche bei dir so einfach ist...

Ehrlich mal, bei so'ner Aussage könnt ich gleich ausrasten. Ich kenn' viele Leute, die viele Bewerbungen schreiben... Aber die machen das ja nur so aus Spaß und wollen eigentlich gar nicht arbeiten. Sozialschmarotzer ist ja dein Lieblingsschlagwort.

Ich komm hier aus Sachsen - ursprünglich aus dem Erzgebirge, da haben wir 'ne Arbeitslosenquote von um die 18 %! Und mehr Arbeit is da nicht! Und nicht jeder ist jung, dynamisch und flexibel (bei gleichzeitig 20 Jahren Berufserfahrung), um sich rund um die Welt zu bewerben!

John
31.07.2003, 19:10
Mir ist auch klar, dass es nicht einfach ist einen Job bzw. eine Lehrstelle zu finden. Ich bin jedoch der Meinung das es einige Leute übertreiben. Wenn ich nach meinen persönlich gemachten Erfahrungen gehe, ist es leider so, dass recht viele Leute gar keinen bock mehr haben arbeiten zu gehen. Ich brauche nur einen der vielen Nachbarn zu nehmen:

Eine große Wohnung mit Balkon und Kabelfernsehen (Haben wir nicht, jawohl meine Eltern schuften und Kabelfernsehen ist uns untersagt worden!). Dann steht noch eine prachtvolle Marihuanapflanze auf den Balkon und die Nutten gehen dort ein und aus. Der Typ hat in der Woche mindestens 4 verschiedene Weiber. Da er sich keinen Vorhang leisten will, kann man bei den Spielchen sogar noch zugucken.

Laut eigener Aussage hat er keinen Bock zu arbeiten (er ist vielleicht mal Anfang 30). Der Rest ist nicht viel besser.

Ein anderer lässt sich sein Ganja sogar beim Treppenputzen schmecken!
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Familien mag es ja an vielen fehlen, aber für Singles ist absolut jede arbeit zumutbar, egal ob Abgangszeugnis oder Abitur.

Vinni
01.08.2003, 07:41
Trotzdem kein Grund gleich zu verallgemeinern und von den abschreckenden Beispielen, die du vor der Nase hast, auf alle Arbeitslosen zu schließen...

Dr.BrainFister
01.08.2003, 08:46
ich wusste gar nicht, dass ich bei john nebenan wohne.
er hätt mir doch mal zuwinken können, während er bei meinen spielchen zuschaut.
ach übrigens... vorhänge kann und will ich mir schon leisten, aber die sind dauernd in der reinigung-wegen dieser flecken... du weißt schon welche ich meine. :blink:

falls du mal eine von meinen freundinnen näher kennen lernen möchtest, keine sorge, deinen geldbeutel würde ich sogar einen schongang verschaffen -z.b. könntest du einen fetten zuschauerrabatt bekommen.
wär das was, hm?


zum thema:



Einzelne Krankenkassen müssen Beiträge erhöhen
Von Thorsten Denkler (Berlin)

Kaum hatten die Spitzenverbände der Kassen gestern eine grundsätzliche Senkung ihrer Beiträge zum 1. Januar 2004 zugesagt, platzt die Nachricht der Bild-Zeitung ins gesundheitspolitische Berlin: 20 Betriebskrankenkassen würden zum 1. August ihre Beiträge erhöhen. Die Deutsche Presseagentur meldet wenig später, ihre liege eine entsprechende Liste mit 17 Kassen vor. Die Aufregung ist groß. Das Bundesgesundheitsministerium reagiert verstimmt. Staatssekretär Klaus Theo Schröder erinnert verärgert die Versicherten an ihr Sonderkündigungsrecht bei Beitragserhöhungen.

Vermeintliche Sünder
Zu den vermeintlichen Sündern und Konsensbrechern zählen unter anderem die BKK Essanelle und die BKK Karstadt-Quelle, die ihre Sätze von 11,9 Prozent auf 12,8 Prozent beziehungsweise von 14,2 Prozent auf 14,9 Prozent erhöhen wollen. Oder die BKK Krupp-Thyssen, die ihren Beitragssatz offenbar von 14,2 Prozent auf 14,9 Prozent anheben will, und die Siemens-BKK (von 13,9 auf 14,7 Prozent). Aber selbst nach dieser Erhöhung sind die BKK noch günstig. Ihr Beitragsschnitt liegt bei 13,7 Prozent. Alle anderen Kassen haben einen Schnitt von 14,5 Prozent.

Beitragserhöhungen lange bekannt
Dabei sind die Beitragserhöhungen der benannten Kassen seit langem bekannt. Dass etwa die Essanelle BKK erhöhen würde, konnte T-Online schon am 15. Juli vermelden. Spontane Beitragserhöhungen, wie einige jetzt argwöhnen, gibt es nicht. Ihnen gehen wochenlange Genehmigungsverfahren voraus.

Quasi Behörden
Hintergrund:
Die Kassen sind als Körperschaften öffentlichen Rechtes quasi Behörde. Sie dürfen keine Gewinne machen und müssen sich eine strenge Aufsicht der Landesversicherungsämter - bei bundesweit geöffneten Kassen des Bundesversicherungsamtes - gefallen lassen. Der Beitragssatz berechnet sich aus der Einnahme- und Ausgabensituation einer Kasse. Steigen die Ausgaben bei gleichen Einnahmen, muss die Kasse ihren Beitragssatz erhöhen, ob sie will oder nicht. So geschehen in den vorliegenden Fällen.

Falsche Versprechen
Zum BKK Bundesverband gehören 250 eigenständige Kassen mit zum Teil höchst unterschiedlichen Strukturen. Manchen versorgen nur knapp 500 Mitglieder, andere müssen sich um Hunderttausende Versicherte kümmern. Allein schon deswegen kann der Vorsitzende des BKK Bundesverbandes, Wolfgang Schmeinck, Beitragssatzsenkungen ab 2004 nicht ruhigen Gewissens versprechen, auch wenn er genau dies in einer Absichtserklärung mit unterschrieben hat. Er kann schlicht nicht die wirtschaftliche Lage jeder einzelnen Mitgliedkasse aus dem Stegreif bewerten.

Telefonkonferenz reicht
Andere Spitzenverbände mit zum Teil achtstelligen Mitgliederzahlen haben weniger Probleme, Versprechen abzugeben. AOK-Chef Hans Jürgen Ahrens spricht nur für die 17 Landes-AOKs. Der Verbandschef der Ersatzkassen, Herbert Rebscher, hat gerade mal sieben Kassen zu koordinieren, darunter Barmer, Technikerkrankenkasse oder die DAK. Da reicht eine Telefonkonferenz, um die Marschroute festzulegen.

Nur die Hälfte der BKK kann senken
Prompt muss Schmeinck zurückrudern: Er geht jetzt davon aus, dass gut die Hälfte der Betriebskrankenkassen ihre Beiträge um 0,4 bis 0,7 Prozent wird senken können. Andere werden ihre Beiträge stabilisieren, einige wenige werden möglicherweise trotz der erwarteten Einsparungen von zehn Milliarden Euro auch 2004 ihre Beiträge erhöhen müssen.


Niemand will sich festlegen
Aber selbst die großen Kassen wollen sich auf einen bestimmten Senkungssatz nicht festlegen lassen. In der gemeinsamen Erklärung der Spitzenverbände heißt es lediglich, die Beiträge würden gesenkt. Um wie viel, bleibt offen. Das sei "abhängig von der finanziellen Situation der einzelnen Kassen", heißt es in dem Papier. Eine weitere Voraussetzung: Schuldenstreckung. Die Gesetzlichen Kassen schieben ein Defizit von rund sieben Milliarden Euro vor sich her. Das soll nicht auf einen Schlag sondern über mehrere Jahre abgebaut werden. Aus dem Bundesgesundheitsministerium wird Wohlwollen signalisiert.

Versicherungsaufsicht kann Beitragssenkung erzwingen
Der Vize-Chef des Innungskassen-Verbandes, Gernot Kiefer, kann also nur den kleinsten gemeinsamen Nenner ankündigen: "Wo finanzielle Spielräume sind, werden die Krankenkassen diese an die Versicherten weitergeben." Im Grunde eine Binsenweisheit. Weil die gesetzlichen Kassen keine Gewinne machen dürfen, kann die Versicherungsaufsicht sie sogar dazu zwingen, Beiträge zu senken, wenn es die wirtschaftliche Situation der Kasse erlaubt.

Tatsächliches Sparvolumen entscheidet
Letztlich hängt also jede Beitragssenkung davon ab, ob die von Regierung und Opposition vereinbarten Sparmaßnahmen so greifen, wie gewünscht. Da aber haben Experten erhebliche Zweifel. Weder ist ein möglicher, kosten treibender Anstieg der Zahl der niedergelassen Ärzte noch die Preisentwicklung bei den Arzneimitteln im Sparprogramm berücksichtigt. Weil diese Kostenrisiken kaum abschätzbar sind, lassen sich auch Beitragssenkungen, wird es sie denn geben, nicht auf den Punkt genau vorhersagen.

... (http://t-news.t-online.de/zone/news/inla/sozi/ar/CP/ar-beitragssteigerungen.html)

DerBademeister
02.08.2003, 12:36
Wie sagte ein Bekannter von mir doch so schön.
"Ich finde es gut, das sie den Zuschuss für Brillen streichen - dann muss ich wenigstens meine Zähne nicht mehr sehen!"

Xinau
05.08.2003, 09:20
Wenn ich bedenke, was ich jetzt schon für die Krankenkasse bezahle und "wieviel" ich für meine Beiträge in Bezug auf Zahnersatz und Brille bekomme, dann muss ich sagen: für mich ändert sich da nicht sehr viel.

Vor knapp vierzehn Jahren brauchte ich eine Brücke (knapp nach der Ausbildung bekam ich nur eine 20-Std.-Stelle). Ich verdiente 998 DM netto, der anteilige Betrag von 40 % betrug 936 DM. Ich lag damals knapp 5 DM über dem Sozialsatz, der nach dem Brutto-Gehalt berechnet wurde. Das ich Sozialabgaben wie Lohnsteuer etc. zahlen musste, hat niemanden interessiert, auch nicht meine 500 DM Fixkosten für Miete, Versicherungen, GEZ usw.

Oder meine jetztige Brille kostete mich vor einem halben Jahr knapp 140 Euro pro Glas extra, weil ich sie entspiegelt haben wollte (ist beim Autofahren äußerst sinnvoll) und dünner als normal (meine Sehstärke ist -5, durch "normale" Brillengläser habe ich verkleinerte Augen) haben wollte.

Erst letztens brauchte ich ein Medikament. Zuzahlung 4 Euro (das Medikament kostet grad mal 9 Euro). Dieses Medikament bekomme ich zur Vorbeugung vom Arzt verschrieben (ich könnte es auch ohne Rezept bekommen), damit eine mögliche Infektion vermieden wird. Denn die Behandlung mit dieser Infektion (ist nichts dramatisches, nur unangenehm) kostet mich mehrerr Arztbesuche und andere teuere Medikamente. Im Falle eine Infektion würde es die Krankenkasse mehr kosten, als die Vorbeugung. Doch selbst für die Vorbeugung muss ich selbst zahlen.

Was mich persönlich aufregt, ist die Tatsache, dass die Gesundheitsreform den Mittelstand am meisten schmerzen wird. Die extrem armen Leute wie Sozialhilfeempfänger werden auch in Zukunft die Kosten vom Amt bezahlt bekommen.

Mehrere weibl. Bekannte meiner Mutter sind nie berufstätig gewesen, aber über den arbeitenden Mann versichert. Das klingt logisch und sinnvoll, vor allem wenn kleine Kinder im Haushalt sind. Allerdings gehen Frauen öfters zum Arzt (zumindest bei den Paaren, die ich so kenne), z.B. Frauenarzt fällt bei Männern nie an. Diese Paare bezahlen also genauso viel Beiträge wie mein Mann, doch zwei Personen nutzen die Beitragszahlungen. Auch Kinder benötigen den Arzt öfters, vor allem wenn sie noch klein sind (wir sind immer noch bei dem Beispiel, wo nur einer die Krankenkassebeiträge zahlt!). Wenn ich falsch liegen sollte, korrigiert mich bitte.
Ich will Familien nicht diskriminieren, denn immerhin sind wir in einem Sozialstaat. Aber manches stinkt mir gewaltig.

Achja, leider kenne ich ähnliche Beispiele wie John. Bekannte, bei denen der Mann zu faul ist zum Arbeiten (sagt es selbst) und die restl. Familie (Frau u. drei Kinder) Sozialhilfe bekommt. Seltsamerweise hat diese Familie einen Internet-Anschluss mit Flatrate, mehrere PCs (okay, einer ist auf dem aktuellen Stand, zwei wurden aus "Resten" zusammengebastelt), einen Schrebergarten, eine knapp 100 qm Wohnung (bei 5 Personen evtl. gerechtfertigt), Premiere und 4 (!) Handys (die Kinder und Mutter, alle auf Vertrag!). Inwieweit nebenbei noch "schwarz" gearbeitet wird, darüber lässt sich keiner aus (so blöd sind die ja nun auch nicht).
Dies ist ein extrem schlechtes Beispiel für Sozialhilfeempfänger und schürt den Hass eines Arbeitenden mit niedrigem Gehalt auf Leute, denen nichts anderes übrig bleibt, als den Staat anzubetteln. Sicherlich gibt es Leute, die tatsächlich am Rande des Ruins leben und nicht wissen, ob sie morgen noch genug Geld für Essen übrig haben.
Doch leider kenne ich keinen Sozialhilfeempfänger, dem es tatsächlich so schlecht geht.

John
05.08.2003, 12:04
Dies ist ein extrem schlechtes Beispiel für Sozialhilfeempfänger

Das mit dem Premiere und einem Internetanschluss inklusive Riesen Wohnung ist sicher kein schlechtes Beispiel. Ich kenne viele Leute die von der Sozi-Leben und die haben ausnahmslos eine Flatrate und mindestens 1 Handy. Die meisten haben auch noch Premiere. Natürlich arbeiten die meisten nebenbei noch schwarz, aber es muss trotzdem etwas getan werden.

Das eigentlich Problem ist nicht die Höhe der Sozialhilfe, sondern die Tatsache, dass die meisten Schwarzarbeiten. Ich bin eigentlich sicher, dass 90% der Arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger oft oder weniger oft schwarzarbeiten. Sonst könnten sich viele keinen Lebensstandard leisten, der über dem der Arbeitenden Bevölkerung liegt.

Simara
05.08.2003, 12:51
Auch ich kenne so einen Fall und da ich zwei Jobs habe ärgere ich mich auch immer mal wieder darüber.

Aber ist das eigentliche Thema dieses Threads nicht die Gesundheitsreform?

Klar, das hängt irgendwie zusammen, da es ums Geld geht.

Ich selbst habe mir letztes Jahr eine Krone zulegen müsse - also für die Zähne - und die hat mich damals schon 160 EUR gekostet.
Vor ca. einem Monat kamen jetzt nochmal zwei Kronen auf mich zu. Der Eigenanteil diesmal 550,00 EUR. *schluck*
Mein ganzes Erspartes war weg. Aber ich dachte mir, naja, kein Urlaub, aber wenigstens kannst du Essen.
Tja, leider meint es Fortuna nicht gut mit mir, denn kurz nach den Kronen kam auch noch ein kaputter Auspuff dazu. :(
Ergebnis ich bin ziemlich im Soll und werde vermutlich - trotz zwei Jobs - den Rest des Jahres damit verbringen, mich aus dem Soll rauzuarbeiten.
Ich kann jetzt nur hoffen, dass ich nicht krank werde, denn jetzt zählt jeder Cent und da würde ich eher auf einen Arztbesuch verzichten und mich versuchen selbst zu kurieren.

Meine Oma sollte sich ihre Zähne auch überkronen lassen. Kosten 2.000,00 EUR. :blink:
Das kann sich meine Oma nicht leisten und sie wird sich von daher die Zähne nicht machen lassen. Solange es noch ohne Schmerzen geht .....
Da fängt es schon an.


von Xinau
z.B. Frauenarzt fällt bei Männern nie an.


Klar müssen Männer nicht zum Frauenarzt. Aber sie sollten zum Urologen. Früherkennung ist - wie bei allen Krebsarten - sehr wichtig.
Leider gehen die Männer nicht gerne zur Vorsogeuntersuchung - wir Frauen ja auch nicht - naja, ich zumindest. Aber notwendig wäre es schon.
Genauso notwendig wäre die Mammographie, aber ich fürchte auch diese Vorsorgeuntersuchungen werden jetzt unter den Tisch fallen.

Ich finde das etwas kurzsichtig, denn eine Vorsorgeuntersuchung ist bestimmt nicht so kostspielig wie später dann eine Behandlung.

Ob die Gesundheitsreform notwendig ist? Ich weiß es nicht. Ich hab nur das Gefühl, dass jetzt an allen Ende Geld fehlt. Vielleicht hat es schon vorher gefehlt und es ist nur nicht so aufgefallen.
Ich hoffe nur inständig, dass mir nicht noch ein Zahn absplittert und ich noch eine Krone brauche, denn die werde ich mir vorerst nicht machen lassen können .

Liegt es an den Ärzten? *Achselzuck* Möglich.
Liegt es an der Pharmaindustrie? .... Bestimmt auch zu einem gewissen Teil.
Aber das hat mich als Kassenmitglied nicht zu interessieren.
Gestern kam in den Nachrichten, dass die Verwaltungsgebühr für einen Patienten 157,00 EUR pro Jahr beträgt. Ich weiß nicht, ob das viel ist, aber daran allein wird es auch nicht liegen.

Es liegt sicher an irgendwelchen Missbräuchen, aber ob die mit der jetzigen Gesundheitsreform aus der Welt geschafft werden, wage ich zu bezweifeln.
Ich halte die Gesundheitsreform für den falschen Ansatz.

Vielleicht sollte man Risikosportler, Raucher und Übergewichtige höhere Beiträge zahlen lassen. Das sind Dinge, die man abstellen kann. Aber ich halte das für Diskrimierung.

Ich gehöre z. B. zur Gruppe der Übergewichtigen und es würde mir tierisch stinken, wenn ich deshalb höhere Krankenkassenbeiträge zahlen müsste, wie meine schlanke Kollegin, die aber aufgrund ihrer Allergie mehr beim Arzt ist, als ich.
Was ist eigentlich aus der Idee geworden, Beiträge zurückzuvergüten, wenn wenig oder gar kein Arztbesuch in Anspruch genommen wurde? Wobei ich Krebsvorsorgeuntersuchungen davon ausschließen würde. Oder auch die Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt.
Vorsorge ist besser als Heilen - und billiger.

Naja, viel geschrieben und ein Fazit: Ich finde die Gesundheitsreform nicht gut. Zumindest, das was ich bisher gelesen habe.
Das wars von mir.

Über Sozialhilfemissbrauch sollte ein eigener Thread aufgemacht werden.

MinasTirith
05.08.2003, 22:49
Das die Gesundheitsreform kommen musste war uns wohl allen klar, denn so ging und geht es nicht weiter. Ob sie nun gut oder schlecht ist kann man eh nicht sagen, bis man sieht was sie in der Praxis bringen wird und ob sich überhaupt etwas ändern wird.

Vor ein paar Wochen habe ich meine Rechnung vom Zahnarzt bekommen für 5 Goldkronen und 4 oder 5 Füllungen. Mein Eigenantiel war 50% auf die erstattungsfähigen Leistungen (ja, nicht alles für Subventioniert) und betrug schlappe 1.400 €. Um das zahlen zu können musste ich meinen Bausparer plündern.
Da ich auch noch eine neue Brille haben sollte und diese wie bei Xinau, auch einige Extras hat um es angenehmer zu machen, weiss ich noch nicht wie ich das finanzieren soll. Die kosten belaufen sich bei mir auf ca. 90 € pro Glas zzgl. der Fassung. Da meine Dioptrie noch ein wenig grösser ist, muss ich auch aus gesundheitlichen Gründen Spezialgläser nehmen, denn sonst wird das ganze zu schwer und drückt auf die Nasenflügel. Das kann wiederrum unangenehme Folgen haben.

Seit diesem Monat bin ich nun privat Versichert, da ich selbständig bin und nicht auf eine Krankenversicherung verzichten möchte. Allerdings kann ich Roac nicht verstehen, denn ich bin froh endlich privat versichert zu sein. Zum einen erhalten ich für deutlich weniger Geld deutlich mehr Leistung. Auch kann man diese Steigerungen im alter abfangen. Bei mir kostet das jetzt 5 € im Monat mehr, damit ich später keine Alterszuschläge habe. Vielleicht hättest du dich beraten lassen sollen, denn ich habe rund 6 Monate lang Tarife verglichen und Erkundigungen eingeholt bis ich das hatte was ich wollte.

Die Reform tut weh, aber ich denke nur so kann man einige aufrütteln. Wenn ich in meinem Kundenkreis schaue und mich da mal mit Ärzten unterhalte, dann wird mir manchmal schon ganz schön mulmig. Da sind Vorschriften zu finden, die unter aller Sau sind. So muss der Arzt z.B. einem Sozialhilfeempfänger das teure Medikament verschreiben und dem normalen Patienten das günstige. Kann mir einer sagen warum die Kassen das so verlangen? Ich nicht und ich seh darin auch keinen echten Sinn.

Ein Problem ist sicher auch die Einstellung der Leute von heute. Bei einem kleinen Schnupfen rennt man sofort zum Arzt und lässt sich was verschreiben oder man schneidet sich und rennt auch sofort zum Arzt. Viele Besuche sind überflüssig, denn das könnte man alles mit einer guten Hausapotheke selber heilen. Das geht meist schneller und günstiger, als wenn man zum Arzt rennt.

Aber die Kassen sind auch selber schuld an dem Problem. Bei mir im Nachbarort ist eine Niederlassung der AOK - sorry, dort sind zwei Niederlassungen, eine für freiwillig Versicherte und eine für Pflichtversicherte. Dort sitzen rund 10 Leute in zwei Büros verteilt. Da ich in letzter Zeit öfter hin musste wegen meiner Abmeldung bei dem Verein, stellte ich fest, das höchsten 4 Leute was zu tun hatten und zwar je zwei pro Büro. Der Rest hat Papierumeinandergestapelt oder Schwätzchen gehalten.
So lange, wie die Kassen einen solchen Bürokratieaufwand betreiben, der unnötiges Geld verschwendet, so lange werden die Beiträge steigen. Bis die Kassen mal nicht umstellen, wird sich da nicht viel ändern und jede weitere Reform wird für die Katz sein.

Und noch so ein Beispiel für die Bürokratie der Kassen.
Seit neuestem müssen ja alle Diabetiker zu diesen neuen Untersuchungen. Das ist ja schön und gut, aber mein Hausarzt hat mir mal gezeigt was er dafür tun muss.
Jeder dieser Patienten muss untersucht werden mit allen Labortests, dann muss er von Hand (es gibt keine Software für die Formulare) einen 4seitigen Fragebogen ausfüllen und diesen an die Kasse schicken. Das muss er für jeden einzelnen Patienten machen und er muss auch noch für jeden einen Ordner anlegen.

Bei Akupunkturen übrigens genau das gleiche. Ich habe da eine Behandlung erhalten und musste insgesamt 4 Unterschriften leisten, nur für Bögen, die an die Kassen geschickt werden.

Noch Fragen wo das Geld hingeht?

DerBademeister
05.08.2003, 23:24
Gestern kam in den Nachrichten, dass die Verwaltungsgebühr für einen Patienten 157,00 EUR pro Jahr beträgt. Ich weiß nicht, ob das viel ist, aber daran allein wird es auch nicht liegen.


Es ist so wie mit allem in Deutschland. Die Bürokratie verwaltet sich selbst, und das lässt die Kosten explodieren.
Es gibt in diesem Land 300 Krankenkassen, und jede leistet sich eigene Verwaltung, Hierarchien, Vorstände...
Ersichtlich daran, das in anderen Ländern das Gesundheitssystem billiger ist, und trotzdem mehr Leistungen bietet, als in Deutschland. Und da jeder Vorstand einer Kasse bei einer Zusammenlegung der Kassen seinen Job verlieren würde, und Vorstände nun mal mächtige Lobbyisten sind, wird sich daran auch nichts ändern. Dies ist nur eine der Begleiterscheinungen der Überbürokratisierung, wie man sie bei allen planwirtschaftlichen Bürokratiestrukturen in Deutschland findet.

katsis
06.08.2003, 00:03
Ich bin ja persönlich auch der Meinung, daß viel Geld in der Bürokratie auf Nimmerwiedersehen verschwindet, aber stellt Euch doch mal vor, alle tatsächlich überflüssigen (und vielleicht auch einige der nötigen) Bürokraten würden über Nacht rausgeschmissen: Haufenweise Arbeitslose, die auch wieder dem Staat und somit allen auf der Tasche liegen würden.
So lange nicht die allgemeine Wirtschaftslage besser wird und allgemein mehr Arbeit für alle zur Verfügung steht, wird weder die Gesundheitsreform oder sonst eine geldumverteilende Maßnahme was nützen.
Das marode Gesundheitswesen ist meiner Ansicht nach nur ein Symptom von vielen...

Dr.BrainFister
06.08.2003, 22:18
alles zum thema "planwirtschaft" wurde in
thread verschoben.

sorry, aber es schweifte dann doch ein wenig zu sehr dahin ab. außerdem entwickelte sich daraus doch eine interessante diskussion, die einen eigenen rahmen verdient.

folgender kommentar von minas tirith , der sich mit einem zu planwirtschaft überschnitt, wurde dabei mit verschoben:


von minas tirith:
@katsis
Das ist schon richtig was du sagst, aber so einfach geht's nun auch nicht wieder. Man muss ein Mittelmaß finden und das bedeutet halt, das auch ein paar Bürokraten weg müssen. Ich kann nicht auf der einen Seite sagen, wir müssen die Kosten senken, aber auf der anderen Seite die Kostenerzeuger behalten. Das widerspricht sich leider ein wenig.

Dr.BrainFister
14.08.2003, 09:22
jetzt gibts was auf die zähne...




Sonderbeitrag offenbar früher als gedacht

Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen sollen den künftigen Sonderbeitrag für Zahnersatz und Krankengeld offenbar schon viel früher leisten, als bisher angenommen. Das berichtete die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Berliner Koalitionskreise.

Sonderbeitrag zusätzlich zu Beiträgen

Danach ist im Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums vorgesehen, dass der Sonderbeitrag in Höhe von 0,8 Prozent des Einkommens bereits ab 1. Januar 2004 zusätzlich zum normalen Krankenkassenbeitrag erhoben wird.

Zusatzversicherung ab 2005

Regierung und Opposition hatten sich ursprünglich darauf geeinigt, dass Arbeitnehmer erst ab 2005 für den Zahnersatz eine eigene Zusatzversicherung abschließen sollen. Das Krankengeld sollte erst ab 2007 vom Arbeitnehmer allein abgesichert werden.


... (http://www2.t-news.t-online.de/dyn/zone/news/inla/sozi/ar/ar-krankenkassen-sonderbeitrag.html)


obs ganz astrein ist, weiß ich nicht, aber HiER (http://www2.t-finance.t-online.de/dyn/zone/fina/vers/allg/ei/ei-private-krankenversicherung.html) gibts eine möglichkeit, herauszufinden, welche krankenkasse die jeweils günstigste sein könnte.

Dr.BrainFister
16.02.2004, 17:41
mittlerweile haben bestimmt die meisten unter euch ihre ersten erfahrungen mit der gesundheitsreform gemacht. die vorteile daran sind mir bisher noch nicht aufgefallen. aber es geht dabei schließlich um nachhaltigkeit und wie wir politisch geschulten kleinbürger wissen, dauert alles nachhaltige etwas länger.

da kann man natürlich gerne in kauf nehmen, dass es noch nicht ganz raus ist, wer sich nun chronisch nennen darf und wer nicht. für mich als jemand, der ab und zu auf krankengymnastik angewiesen ist, bedeutet das z.b.: für dieses jahr vorerst keine verordnung für neue krankengymnastikstunden. falls ich trotzdem eine brauche -erstmal abwarten bzw. selber zahlen!

so sagte es mir mein hausarzt.

aber weiß der wirklich bescheid?

und da is schon das nächste problem:
wer ist wirklich kompetent in sachen gesundheitsreform?
dass mein hausarzt zumindest teilweise nicht ganz auf dem laufenden ist oder vergaß, mich ausreichend zu informieren, zeigte mir heute folgende situation:

ich war dieses quartal bereits bei meinem hausarzt und durfte die 10 euro praxisgebühr bezahlen. dafür gabs eine quittung. das quartal ist noch nicht rum. daher ging ich ohne mir weiter gedanken zu machen heute zur praxis meines hausarztes. jedoch blieb die tür verschlossen. ich fand einen hinweis, dass er auf fortbildung sei und man doch zum vertretenden arzt gehen sollte.
nachdem ich diesen endlich fand, konnte ich gleich wieder nach hause gehen. warum? ich hätte meine quittung mitbringen müssen. weil auf meiner chipkarte kein nachweis darüber gespeichert ist, muss sie einem arzt im vertretungsfall schwarz auf weiß vorliegen. laut der sehr blonden arzthelferin sei es doch sowieso wichtig, diese quittung immer dabei zu haben, falls mal was schief geht. ich muss also morgen nochmal hin, dann eben mit quittung. die einzige alternative wäre gewesen, die schon an meinen hausarzt entrichteten 10 euro dem vetretungsarzt nochmals zu zahlen. ok, ich bin vielleicht krank -von sinnen allerdings nicht.

mein hausarzt hat mir davon nix erzählt.
dass er mal vertreten werden muss, weiß er.
dass dann die quittung zum vetretungsarzt mitgenommen werden muss, sollte er eigentlich ebenfalls wissen.

jedenfalls hoffe ich mit der schilderung dieser situation ein paar leuten im forum zu helfen, nicht selbst in eine derartige zwickmühle zu geraten. denn nicht jedem ist es möglich, am nächsten tag wiederzukommen. wer wirklich dringend zum arzt muss, dem bleibt wahrscheinlich nix weiter übrig als die 10 euro extra hinzublättern.

was habt ihr zur gesundheitsreform zu berichten?

ich denke, erfahrungsausstausch kann bei dem vorherrschenden informations- und kompetenzmangel von großem nutzen sein.

The-Q
16.02.2004, 23:52
Gesundheitsreform, zwar nicht mein Gebiet, wo ich mich 100 pro auskenne, aber ich kann ja was dazu sagen, wegen privaten Kenntnissen.

Also mein Vater gehört zu den Leuten, die nach drei Herzinfakten leider sehr viele Medikamente einnehmen müssen. Das sind im Monat so schon knappe 200 €. Bei eienr rente von 1750 € und einem Haushalt von vier Personen ist das schon viel.
Hinzu kommen die Arztbesuche, die auch einiges an Kosten bringen, bei vier Fachärzten und da die Behandlung eine Folgebehandlung ist, darf der Hausarzt keine Überweisung an die andere Fachärzte ausschreiben, somit bei vier Fachärzten kommen im Quartal nochmals 40 € hinzu, somit sind es in einem Quartal 640 €, im Jahr somit 2560 €.

Aber nun kommt ja noch meine liebe Mama, die vor 15 Jahren einen schweren Autounfall hatte und seitdem jeden Monat vier Spritzen abholen darf, da sie sonst vor Schmerzen nicht gehen könnte. Ein Spritze kostet, da ja die Spritze ein Medikament ist, knappe 50 €, also auch wieder verdammte 200 € plus die 10 € Praxisgebühr, sind somit in einem Quartal 610 €, im Jahr 2440 €.

Und dann bin ich ja noch da, da ich alle par Monate zur Vorsorgeuntersuchung muß, da ich mal Krebs hatte. Alle sechs Monaten einen gründliche Vorsorgeuntersuchung wird mich wohl knapp 350 € kosten, somit 700 € Kosten im Jahr.

Am Ende der Geschichte liegt meine Familie im Jahr bei 5700 €.

Ich muß ehrlich sagen, was sich da unsere Herren Politiker geleistet haben, ist eine Ohrfeige gegen die Mittelschicht. Ich war schon so frei und habe Herrn Seehofer einen vier Seiten langen Brief geschrieben udn im quasie durch diesen Brief gesagt, dass er am besten abtreten solle, was er da mit der Shmidt geschaffen hat, ist das Chaos hoch 10.

Aber schon ist die Praxisgebühr sechs Wochen alt, so schreien alle, sie muß weg und der Kanzler sagt "NEIN, sie bleibt!"
Ich denke unsere lieben Politiker wissen einfach nicht mehr, wie sie der arme Mann da unter fühlt und um es mal mit den Worten von dem hiesigen JuSo-Chef zu sagen, der ein guter Freund von mir ist "In der Mitte fangen sie an, aber anstatt beim Anfang anzufangen, scheinen sie wirklich zu dämlich zu sein."
Tja ich kann ihm da nur Recht geben, denn die Gesundheitsreform ist nach Meinung führerender Politologen einfach eine Reform, die nicht als erstes hätte durch geführt werden sollen, sondern wenn das soziale System reformiert gewesen wäre. Einen Schritt nach dem anderen.

Gruß

Q

DerBademeister
17.02.2004, 00:22
Die Politiker sind aber nicht in der Lage, von Anfang zu reformieren.
Die Strukturen an denen zig Lobbyistenverbände hängen müssten reformiert werden - aber dazu hat kein Politiker mehr die nötige Macht und Unabhängigkeit. Da macht man lieber das, was man die letzten 20 Jahre auch gemacht hat - Leistungen kürzen, Bürokratie(kosten) aufbauen.


Und dann bin ich ja noch da, da ich alle par Monate zur Vorsorgeuntersuchung muß, da ich mal Krebs hatte. Alle sechs Monaten einen gründliche Vorsorgeuntersuchung wird mich wohl knapp 350 € kosten, somit 700 € Kosten im Jahr.

Das ist ja sowieso der größte Unsinn den es gibt.
Wenn jemand wieder Krebs bekommt, und dieser wird wegen fehlender Vorsorge zu spät erkannt, wird es erstens teurer für die Kassen da die Behandlung aufwendiger wird, und zweitens sinken die Überlebenschancen - statistisch gesehen also auch "Kollateralschäden" für die Volkswirtschaft. Jemand der mit 30 an Krebs stirbt, weil er sich die regelmäßige Vorsorge nicht leisten konnte, fällt als Steuerzahler für die nächsten 35 Jahre aus - nüchtern festgestellt. Rechne ich diesen Fall mit Vergleichswerten (Durchschnittliches Steueraufkommen) hoch, sind das 400.000 Euro Steuerausfälle - durch nur eine Person. Gemessen an den von Dir angegebenen Untersuchungskosten entspricht das 1200 Vorsorgeuntersuchungen.
Obwohl man mit der Vorsorge Geld sparen würde, wird der Patient gezwungen, sie selbst zu bezahlen.
In so einem System sehe ich keine Logik.

Ghettomaster
17.02.2004, 07:53
@The-Q

Also ich weiß ja nicht welche medizinisch notwendige Spritze 50 Euro kostet... die Obergrenze zur Medikamentenzuzahlung liegt bei 10 Euro pro Medikament.

Als chronisch kranker zahlt man im übrigen maximal 1% seines Jahresbruttoeinkommens, das sind bei 1750 Euro/Monat = ca. 300 Euro/Jahr. Und als nicht chronisch kranker liegt die Belastungsobergrenze bei 2%.

Vorsorgeuntersuchungen (im speziellen Krebsvorsorgeuntersuchungen) sind zumindest bei der AOK kostenlos.

Edit: Beim Arzt verabreichte Injektionen sind grundsätzlich Zuzahlungsbefreit.


CU
Ghettomaster

Dr.BrainFister
17.02.2004, 09:46
@ ghettomeister

stimmt. nur gibts meines wissens nach immer noch keine klare regelung für chronisch krank. anscheinend sind da bisher nur schwerst herzkranke und dialyspatienten inbegriffen. sind zumindest die gruppen, von denen ich bisher weiß.

das problem mit der krankengymnastikverordnung, was ich beschrieb, ist eine konsequenz aus dieser unklaren regelung.

dass jedoch viele panik- und durcheinandermache in sachen gesundheitsreform zu großen teilen außerdem an den ärzten selbst liegt, scheint mir nach meinen eigenen und den erfahrungen anderer immer wahrscheinlicher. besonders hausärzte, die ja nun sowas wie die erste instanz sind, sagen zur zeit wohl lieber gar nix oder gehen auf distanz, wenn sie mit bestimmten neuigkeiten der reform konfrontiert werden. frei nach dem motto: wer nix macht, macht nix falsch.

doch das ist nicht neu. ärzte können sich nach der reform anscheinend genauso wie vor der reform alles so zurechtlegen wie es ihnen gerade passt. der gott in weiß scheint zwar teilweise an respekt und glaubwürdigkeit eingebüßt zu haben, ist für viele unsichere bürger jedoch wahrscheinlich nach wie vor entscheidende autorität in sachen gesundheit. das problem ist, dass sich schwer merkmale entdecken lassen, die den glaubwürdigen arzt sicher vom unglaubwürdigen kurpfuscher unterscheiden.

z.b. wurde für mein gelenkproblem zuerst die immer falsche diagnose gestellt. dass die diagnosen falsch waren, konnte ich als orthopädisch unwissender nicht ahnen. erstmal ist der leidende patient froh, überhaupt zu wissen, woher der schmerz kommt. mit der vermeintlichen ursache bietet sich meist eine glaubwürdige lösung. wenn die nix bringt, bleiben neben der erkenntnis, dass der arzt gepfuscht haben könnte restzweifel an sich selbst: hat man vielleicht was falsch gemacht? war man nicht diszipliniert / konsequent genug? es gibt sicher einige ärzte, die einem sowas gerne einreden anstatt ihre eigene fehleinschätzung zuzugeben.

vor ca. 2 jahren hat ein orthopäde nach einer einzigen untersuchung plötzlich festgestellt, woran es bei mir wirklich liegt. in wenigen tagen lag mir eine komplette diagnose vor und mir konnte erklärt werden, wie die schmerzprozesse zusammenhängen. juhu, endlich ein kompetenter arzt! leider nicht... in sachen behandlung war er eine totale niete. einer dieser weißbekittelten zampanos mit lacoste-pulli und golf-dauerabo, die an den arzthelferinnen vorbeisausen als würden sie sie regelmäßig in den arsch kneifen. einer, der diese rolle mag und sie besser spielte als jeder klischeearzt aus dem tv oder diversen groschenheftchen. diese aufmachung schien jedenfalls zu reichen, um dem großteil seiner kundschaft kompetenz auszustrahlen.
was ihm einfiel, war jedoch nichts weiter als die chemische dauerkeule: schwere, riskante medikamente, cortisonspirtzen u.ä.
dass solche maßnahmen in meinem fall nicht angebracht waren, erfuhr ich erst später.

weil ich mich umfassend zu informieren begann, mit ebenfalls betroffenen erfahrungen austauschte und andere ärzte aufsuchte.
mittlerweile kann ich sagen, dass ich einen soliden weg gefunden habe, mit der krankheit umzugehen. ein weg, der weit von dem des sprücheklopfenden lacoste-doktors abweicht. ich kann mir gut vorstellen, wie er wutentbrannt schnaufend mit dem kopf schütteln würde. schon zu anfang lehnte er alle alternativen zu seinen vorschlägen ab. schwachsinn! unnütz! is klar... der gott in weiß. er lenkt die geschicke der krankheiten anderer. besonders in der orthopädie gibt es so schöne worthülsen, die sich ahnungslosen patienten sehr leicht ins ohr stopfen lassen: natürliche abnutzungserscheinungen z.b.
oft hätte es mit einer korrekten behandlung von anfang an zu jenen abnutzungserscheinungen gar nicht kommen brauchen. davon weiß ein ahnungsloser patient allerdings nichts. und falls es davon zu wissen beginnt, ist vieles oft schon nicht mehr zu retten. oder er lässt sich wiederum von seinem stammarzt verunsichern, indem er dessen worten glauben schenkt, die letztenendes nur darauf hinauslaufen, dass alles andere, aber nur nicht der pfuschdoktor selbst schuld ist.

ich kann deshalb jedem empfehlen, besonders im falle einer chronischen krankheit, infos auch außerhalb der arztpraxis zu sammeln. natürlich kann man nicht alles laienwissen bedenkenlos in den alltagsgebrauch übergehen lassen. hierbei hilft erfahrungsaustausch mit leidensgenossen, die eventuell sogar wissen, wo es einen wirklich brauchbaren arzt fürs jeweilige krankheitsbild gibt. einen solchen zu finden, kann entscheidende forttschritte bedeuten.

meines wissens nach finden sich in jeder stadt selbsthilfegruppen aller art. es ist nicht nur sehr informativ, mit leuten zu reden, die ähnliches durchmachen wie man selbst, sondern manchmal kann es sehr gut tun, zu sehen, was der mensch trotz krankheit durch eigeninitiative und mut schaffen kann.

Ghettomaster
17.02.2004, 10:57
Naja, also per Definition ist eine chronische Krankheit, eine Krankheit deren Symptomatik nur durch andauernde Medikation gelindert bzw. aufgehoben werden kann. Eine schwere chronische Krankheit sind Krankheiten bei denen unter oben genannten Bedingungen ein aussetzen der Medikation den Tod, schweren körperlichen Schaden oder unzumutbare Schmerzen zur Folge hätte.

Und wer nach 3 Herzinfarkten noch nicht unter schwer chronisch krank fällt der kann nur noch chronisch kränker werden in dem er stirbt.

Klar mag die Krankenkasse das vielleicht anders sehen (obwohl ich das nach 3 Herzinfarkten nicht glaube) aber dann ist es Sache des Arztes, und wenns gar nicht mehr anders geht der Gerichte, das zu entscheiden.


CU
Ghettomaster

Dr.BrainFister
17.02.2004, 11:58
nun war ich bei dem vetretungsarzt. ich wollte sogleich mal die gelegenheit nutzen und ihn ein paar fragen stellen, die mich beschäftigen. doch es war leider genauso wie von mir befürchtet: er wehrte ab mit den worten "in diesem chaos fehlt mir selbst der überblick."

zur sache mit der krankengymnastik konnte er nur sagen, seines wissens nach müssen mindestens 10 euro zugezahlt werden. wieviel man jedoch letztlich entrichten muss, sei verhandlunssache. er empfahl mir, diesbezüglich mit meiner krankenkasse zu verhandeln. die kathegorie chronisch krank wäre mir laut seiner beurteilung jedenfalls sicher. dies könnte helfen, die krankenkasse zu überzeugen. von 1% bis 2% zuzahlungsgrenze erwähnte er bezüglich der gymnastikstunden nichts. ein medikament, was er mir verschrieb, müsste ich erstmal komplett zahlen. in der hoffnung, die krankenkasse erstattet ende des jahres den betrag nach vorlegen der quittung.

da es sich um einen vetretungsarzt handelte, musste ich (wie in meinem vorletzten beitrag geschildert), die praxisgebühr-quittung meines eigentlichen hausarztes nochmals vorlegen. die arzthelferin drückte darauf einen zweiten stempel. bevor ich ging, erklärte sie mir, die quittung sei mit 2 stempeln nun wahrscheinlich ungültig. das könnte zur folge haben, dass ich, sobald ich einen notarzt aufsuchen müsse, wiederum 10 euro zahlen darf, damit er mich behandelt. mit den besuch von 2 allgemeinen ärzten seien die 10 euro jedenfalls ausgereizt. dass ich zu dem zweiten arzt wegen eines vertretungfalles und nicht aus laune ging, spielt dabei anscheinend keine rolle. ob es allerdings im ernstfall so gehandhabt wird, wusste sie mir nicht sicher zu sagen.

Whyme
17.02.2004, 11:59
Von Ghettomaster

Naja, also per Definition ist eine chronische Krankheit, eine Krankheit deren Symptomatik nur durch andauernde Medikation gelindert bzw. aufgehoben werden kann. Eine schwere chronische Krankheit sind Krankheiten bei denen unter oben genannten Bedingungen ein aussetzen der Medikation den Tod, schweren körperlichen Schaden oder unzumutbare Schmerzen zur Folge hätte.

Ein Herzinfarkt ist aber keiner dauerhaftes Leiden sondern ein kurzzeitiges Ereignis, dass sich wiederholen kann. Durch eine andauernde Medikation wird nicht die Symptomatik gelindert oder aufgehoben, es wird nur das Risiko eines erneuten Infarkts reduziert. In sofern ist ein Herzinfarkt keine chronische Erkrankung.

Wobei natürlich außer Frage steht, dass solche dauerhaften notwendigen vorbeugenden Maßnahmen genauso behandelt werden müßten wie chronischer Erkrankungen. Aber bei der Finanzierung von sinnvollen prophylaktischen Maßnahmen haben sich die Krankenkassen schon immer schwer getan, nicht erst seit der letzten Gesundtheitsreform.

Whyme

The-Q
17.02.2004, 12:24
Salve,

also die vier Spritzen die meine Mutter bekommen muß, weil sie es nicht aushält, sind leider spezielle Medikamente. Ich weiß nur, sollte meine Mutter die Spritzen nicht jeden Monat bekommen, kann sie sich gleich ein Rollstuhl holen und da meine Mutter mobil bleiben will und es auch muß (sie hasst es, von anderen Leuten abhängig zu sein), nimmt sie lieber zwei Tage Bett im Kauf, da die Spritzen auch ihre kleinen Nebenwirkungen haben, anstatt einen Rollstuhl.

Was meinen Vater angeht, der muß am Tag knapp 30 Tabletten schlucken, wir witzeln schon, dass er mal zum Hauptbahnhof gehen sollte und seine Medikamente als Drohen verkaufen sollte, aber was diese angebliche Belastungzulage angeht, so stimmt das vorne und hintne nicht und was die 2 % deines Gehaltes angeht, so mußt du erstmal dass das Jahr über vorstrecken und am ende des Jahres bekommst du dann von der Krankenkasse ein nettes Formular, was knapp 5 bis 6 Seiten beträgt und in so einem Fachchinesisch geschrieben wurde, dass man dafür einen Doktor benötigt (meinem Vater hat das schon von seiner Krankenkasse bekommen, da die schon bemerkt haben, dass sie bei ihm ne Rückzahlung machen müssen).

@Bademeister:
Was denn Lobbyistentum angeht, so gebe ich dir 100 pro Recht. Die Politiker haben einfach keine Macht mehr, ohne das sie ihre Lobbyisten fragen, ob sie das dürfen oder nicht.

Ich denke es liegt auch daran, dass die Politik heute nur die Flaschen hat und die wirklich guten Leute sind in der Wirtschaft. Die die früher Ideen hatten und auch gut waren, sind heute alle weg in der Wirtschaft oder sind noch in der Politik, haben aber die Kraft verloren, gegen die Lobbyisten anzutreten.

@Ghettomaster:
Eine Frage, wann ahst du dich das letzten mal komplett gegen alles impfen lassen? Bei mir war das vor einem halben Jahr und die kompletten Kosten lagen bei 175,30 €. Habe noch die Quittung. Aber es gibt noch teuerer Vorsorgeimpfungen, wie zum Beispiel einige Geschlechtskrankheiten, wobei mir gerade nicht der Name einfällt.

Gruß

Q

DerBademeister
17.02.2004, 12:59
Ein Herzinfarkt ist aber keiner dauerhaftes Leiden sondern ein kurzzeitiges Ereignis, dass sich wiederholen kann. Durch eine andauernde Medikation wird nicht die Symptomatik gelindert oder aufgehoben, es wird nur das Risiko eines erneuten Infarkts reduziert. In sofern ist ein Herzinfarkt keine chronische Erkrankung.

Wobei natürlich außer Frage steht, dass solche dauerhaften notwendigen vorbeugenden Maßnahmen genauso behandelt werden müßten wie chronischer Erkrankungen. Aber bei der Finanzierung von sinnvollen prophylaktischen Maßnahmen haben sich die Krankenkassen schon immer schwer getan, nicht erst seit der letzten Gesundtheitsreform.

Die dafür bermutlich verantwortliche Verkalkung der Herzkranzgefäße ist allerdings meiner Meinung eine chronische Krankheit, und kann nur in langfristigem Rahmen behandelt werden.
Zudem ist bei 3 Herzinfarkten das Herz selbst schon so geschädigt, dass da ständige Überwachung und meines Wissens auch Medikation zwingend notwendig sind.

Ghettomaster
17.02.2004, 13:41
@The-Q

Mich kostet sowas exakt 16 Euro im Monat, soviel kostet nämlich eine gute Krankenzusatzversicherung :)

Keine Arzneimittelzuzahlung
Keine Verbands- und Hilfsmittelzuzahlung
Keine Heilmittelzuzahlung
Und im Krankenhaus meiner Wahl bin ich Privatpatient mit Chefarztbehandlung

Im übrigen lasse ich mich nur gegen Sachen impfen die ich für sinnvoll erachte (die sinnvollen Sachen zahlt auch die Kasse), denn über die teils fatalen Nebenwirkungen von Schutzimpfungen müssen wir uns nicht unterhalten.

Medizinisch notwendige Behandlungen zahlt die Kasse, egal wie speziell die Spritzen sind. Der Arzt muß halt nur gegebenenfalls der Kasse gegenüber den Einsatz des Medikaments rechtfertigen.

Die Zuzahlungsbefreiung kann man übrigens in dem Moment beantragen wenn man die Zuzahlungsgrenze erreicht hat. Man muß nicht bis zum Jahresende warten. Es findet normalerweise auch keine Rückerstattung statt sondern man ist ab dem wirksam werden der Befreiung halt einfach fürs restliche Jahr von Zuzahlungen befreit.


@Whyme

Ein Herzinfarkt mit anschließender Dauermedikation ist eine chronische Erkrankung, zumindest bei nem guten Bekannten von mir hat das die AOk ohne murren eingesehen. Man muß nur dafür sorgen das der behandelnde Kardiologe im Krankenhaus bestätigt das ohne Medikation ein erneuter Infarkt mit allen seinen möglichen Folgen sehr wahrscheinlich ist.


CU
Ghettomaster

Dr.BrainFister
17.02.2004, 17:24
@ ghettomeister

was du über krankenzusatzversicherungen schreibst, klingt interessant.
zu dem thema würde ich gerne mehr erfahren.

unter welchen bedingungen kann man die abschließen?

ändern sich die preise je nach tätigkeit? z.b. was zahle ich als schüler, student usw.?

ist das immer nur bei der krankenkasse möglich, bei der man sowieso schon versichert ist oder auch bei anderen anbietern?

wen kannst du empfehlen?

Ghettomaster
17.02.2004, 17:37
Ich empfehle die ARAG (http://www.arag.de), bei denen werd ich wohl noch diese Woche unterschreiben, dann kommen 3 Monate Wartezeit und anschließend kann ich die Versicherungsleistungen voll nutzen. Wenn du nähere Infos möchtest ist es das beste wenn du oben auf der ARAG Website auf "Callback" klickst und dich anrufen lässt.

Einen Großteil der Versicherungsleistungen kannste auch schon auf der Website sehen, die (wirklich angemessenen) Preise gibts dann via Infomaterial mit der Post.

Normalerweise gibt es Vergünstigungen für Beamte, Studenten und Auszubildende aber ganz sicher kann ich dir das nicht sagen.

Noch was zum Schluß, eine private Krankenzusatzversicherung macht nichts anderes, als die Leistungen zu erbringen, die die gesetzlichen Kassen nicht erbringen. Die Zusatzversicherung zahlt quasi den Differenzbetrag der nach Leistung der GKV noch übrig bleibt.

Bei Vertragsabschluß mußt du natürlich einen richtig schön umfangreichen Fragebogen ausfüllen, wahrheitsgemäße Auskunft über deine Krankengeschichte geben und deinen Arzt von der Schweigepflicht gegenüber der Zusatzversicherung entbinden. Der Datenschutz wird natürlich in gleichem Maße gewährleistet wie das bei den gesetzlichen Kassen der Fall ist.


CU
Ghettomaster

Lightshade
18.02.2004, 20:00
per Definition zählt als chronisch krank wer:

- einen Grad der Behinderung von mind. 60% nachweisen kann
- in Pflegestufe 2 eingestuft ist
- mind. 1 mal im Monat wegen der selben Krankheit (seit Jahren) beim Arzt ist

Befreit werden übrigens alle im Haushalt lebenden Familienangehörigen, wobei ich jetzt nicht wirklich weiß wie es funktioniert wenn sie bei versch. Kassen versichert sind. Äußerst kompliziert, das kann ich euch sagen -_-
Dafür wird halt auch deren ganzes Einkommen angerechnet.

Wobei diese "Vers. zahlt im voraus und wird befreit" meistens nur bei Rentnern wirklich funktioniert, da die meisten Arbeitnehmer/Arbeitslose kein gleichbleibendes Bruttoeinkommen haben (klar, berechnen kann mans, aber wer weiß wer im August den Job noch hat, nech ;) ).

Deswegen kann ich euch als "Fachmann" nur raten euch für alles (Praxisgebühr, Apotheken etc.) eine Quittung (sehr wichtig: euer Name und der Stempel der Apotheke muss vermerkt sein, normale Rechnungen wo ihr einfach nur euren Namen drauf kritzelt werden oft nicht aktzeptiert!) ausstellen zu lassen und das am Jahresende oder so einzureichen. :)

Sternenfee
18.02.2004, 22:48
Dr. Brainfister: zur sache mit der krankengymnastik konnte er nur sagen, seines wissens nach müssen mindestens 10 euro zugezahlt werden. wieviel man jedoch letztlich entrichten muss, sei verhandlunssache. er empfahl mir, diesbezüglich mit meiner krankenkasse zu verhandeln

Das mit der Verordnung von Krankengymnastik sollte ja eigentlich gar kein Problem sein. Besteht eine medizinische Notwendigkeit, dann stellt der Arzt eine Verordnung aus. Die Zuzahlung beträgt dann 10 € für die Verordnung zzgl. weitere 10 % auf die Leistung (z. B. 6 x Krankengymnastik a 13 € = 78 € x 10 % = 7,80 € + 10 € für dir Verordnung = Gesamteigenanteil 17,80 €). Und mit der Kasse gibt es da auch nix drüber zu verhandeln.

Und die jetzt gültige Definition "Chronisch Kranke" lautet nach meinem Erkenntnisstand so:


Ein Patient gilt als chronisch krank, wenn er wenigstens ein Jahr lang mindestens einmal pro Quartal wegen der gleichen Krankheit ärztlich behandelt wurde und eines dieser Merkmale zutrifft:

- Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe 2 oder 3 nach den Bestimmungen der gesetzlichen Pflegeversicherung oder/und

- 60 Prozent Schwerbehinderung oder mindestens 60 Prozent Erwerbsminderung oder/und

- Nach ärztlicher Einschätzung ist eine kontinuierliche medizinische Behandlung nötig, ohne die eine lebensbedrohliche Verschlimmerung der Erkrankung, eine kürzere Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität zu erwarten ist.

Mit medizinischer Versorgung sind ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimitteltherapie, Behandlungspflege oder die Versorgung mit Heil-und Hilfsmitteln gemeint.

nachzulesen auf der aok website

Mit der dritten Variante ist m. E. wieder mal jeglicher Interpretation Tür und Tor geöffnet. Denn wie definiert man "dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität"? Ich leide an einer chronischen Erkrankung, die mein Leben ohne kontinuierliche Behandlung sicherlich dauerhaft in der Lebensqualität beeinträchtigt. Bin mir aber sicher, daß die entsprechenden Bundesausschüsse, die diese Definition erfunden haben, das nicht so sehen. Im Radio haben sie z.B. schon gebracht, daß Allergien nicht darunter fallen. Aber Allergien gibt es ja nun auch mal in unterschiedlichen Ausprägungen bis hin zu tödlich verlaufenden Erstickungsanfällen.

Die 1%-ige Zuzahlung gilt meines Wissens nur für den chronisch Kranken selbst, während für die Familienangehörigen die 2 % gelten. Übrigens wird für die im Haushalt lebenden Familienangehörigen vom Familienbruttoeinkommen ein Freibetrag abgezogen. Das sieht dann z. B. wie folgt aus:


Beispiel unter Berücksichtigung von Freibeträgen.

Versicherter, verheiratet, zwei Kinder, Bruttoeinnahmen der Familie: 35.790 Euro im Jahr.

Freibetrag für seine Kinder: 7.296 Euro (z. Zt. = 3.648 Euro pro Kind), für seine nicht erwerbstätige Ehefrau: 4.347 Euro. Um diese Beträge reduziert sich sein anrechenbares Einkommen bei der Feststellung der Belastungsgrenze.

Für den verbleibenden Rest von 24.147 Euro gilt die Belastungsgrenze von 2 Prozent. Das bedeutet: Der Versicherte zahlt für sich und seine Familie maximal 482,94 Euro an Zuzahlungen im Jahr 2004.

ebenfalls nachzulesen auf der aok website

Meinem Vorredner schließe ich mich an: Unbedingt die Quittungen sammeln und darauf achten, daß der eigene Name, Stempel und Unterschrift des Leistungserbringers und Art der Leistung vermerkt sind! Im übrigen hat höchstwahrscheinlich jede vernünftige Krankenkasse Infos auf der Website und geschulte Ansprechpartner für telefonische Nachfragen. Auf die Aussagen von vielen (nicht allen!) lobbygesteuerten Ärzte würde ich mich nicht verlassen.