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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mein Wahlsonntag



Loser
14.06.2004, 17:34
Der gestrige Vormittag war eigentlich recht ereignislos. Aufstehen, was essen, Füße ausruhen. Irgendwann bin ich sogar aus ´m Haus raugekommen. Ziel meiner abenteuerlichen Erlebnisreise war meine kleine Privatvideothek. Die Reise hat sich diesmal sogar richtig gelohnt. Ich habe mich nämlich nicht viel zu lange festgequatscht, der Tee war diesmal sogar richtig gut. Kennt das wer? Da kann man ihn immer dieselben 3 Minuten ziehen lassen, sich bemühen immer dieselbe Menge Tee zu nehmen, am besten sogar mit immer demselben Löffel, trotzdem schmeckt er jedes mal anders. Schon merkwürdig.

Wieder zuhause hab ich mir dann Grünen gemacht. Ist eh gesünder. Außerdem kann der nicht so misslingen wie Schwarzer. Tja, was soll ich großartig schreiben. Ein bisschen lesen, 2 Filme geguckt und zum Abschluss des Tages noch ein Beitrag mit dem Thema: Bilder von Menschen auf dem Schreibtisch.

Wobei ich das ja wirklich nicht nachvoll ziehen will. Irgendwie hat das von amerikanischen Filmen. Da wird auch immer auf die Bilder gezeigt und dann: Oh, sind das ihre Kinder/ Frau / Hund? Fast so schlimm als wenn jemand über ´s Wetter sprechen will. Dabei gibt es auf der Welt so viele herrliche Bilder die sogar einen Platz an der Wand verdienen. Der Rest ist Platzverschwendung. Aber ich reiße ja auch immer gleich die Arme hoch wenn jemand Bilder machen will.

Ach ja, gestern wurde auch gewählt. Ich glaube es war in Thüringen und Europawahl war auch. Mitbekommen hab ich davon eigentlich nur durch die Wahlwerbung. Und da fand ich auch nur die der CDU so richtig lächerlich. Die Partei die alles dafür getan hat / tut das Deutschland ja kein Einwanderungsland ist / wird, macht einen auf Weltoffen. Was für ein Witz. Oder Gerd mit seinem: Europa als Friedensmacht.

Irgendwie alles witzlos.

Die Union hat natürlich haushoch gewonnen. Aber dann doch nur weil Gerd im Moment ein ziemliches Imageproblem hat, oder?

Interessieren tut mich das aber nicht wirklich. Das einzig Positive ist wohl wirklich das Italiensmediendiktator nur auf 21 % gekommen zu sein scheint. Aber ändern wird sich ja sobald, und egal wo, eh nix. Deswegen hab ich ja auch meine Stimme für mich behalten.

Und, wer ist hier alles seiner Bürgerpflicht nachgekommen? Und wie war der Sonntag?

Nager
14.06.2004, 19:05
Mein gestriger Vormittag war ebenso ereignislos. Deshalb erspare ich euch eine detaillierte Aufzählung meiner unwesentlichen morgendlichen Erlebnisse.

Eigentlich wollte ich wählen gehen, weil ich das Nichtwählen in einer Zeit, wo radikale Kräfte erstarken - deren Anhänger gehen eben garantiert wählen - nicht gutheiße. Dann ist es doch leider nichts geworden, weil ich das Wochenende über verreist war und mich nicht mehr um die Wahl kümmern konnte. Bad Timing.

Folkyn
14.06.2004, 19:44
Hmm
<- Nichtwähler, gezwungenermaßen

War am So damit beschäftigt, mein Wissen noch schnell irgendwie zusammenzukratzen für den Donnerstag, an dem ich meine mündliche Matura hab. Wollt eigentlich wählen gehen und hab neben der Tatsache dass man nach einer langen Nacht und einer Dose Red Bull keine nenneswerte Kondition mehr hat - schon gar nicht, um mit Gegenwind zur Wahl zu radeln -, noch gemerkt, dass die Wahllokale um 1700 schon seit zwei Stunden zu haben...

DerBademeister
14.06.2004, 21:06
Eigentlich wollte ich wählen gehen, weil ich das Nichtwählen in einer Zeit, wo radikale Kräfte erstarken - deren Anhänger gehen eben garantiert wählen - nicht gutheiße. Dann ist es doch leider nichts geworden, weil ich das Wochenende über verreist war und mich nicht mehr um die Wahl kümmern konnte. Bad Timing.



War am So damit beschäftigt, mein Wissen noch schnell irgendwie zusammenzukratzen für den Donnerstag, an dem ich meine mündliche Matura hab. Wollt eigentlich wählen gehen und hab neben der Tatsache dass man nach einer langen Nacht und einer Dose Red Bull keine nenneswerte Kondition mehr hat - schon gar nicht, um mit Gegenwind zur Wahl zu radeln -, noch gemerkt, dass die Wahllokale um 1700 schon seit zwei Stunden zu haben...

Das sind aber auch dürftige Ausreden.
Damit mir das nicht passiert (denn Unvorhergesehenes passiert nun mal oft) kreuze ich jedes Mal diesen kleinen Zettel für Briefwahlunterlagen an der vor jeder Wahl geliefert wird, und stimme anschließend bequem von zuhause aus ab.

Ist irgendwie wie bei der Präsidentenwahl in Frankreich. Das war ein schöner Sommertag und weil die ganzen "normalen" Franzosen lieber in der Sonne hockten als wählen zu gehen, überholte der Rechtsradikale Le Pen Lionel Jospin und trat zur Stichwahl mit Chirac an. Das erschreckte dann die auf ihre Demokratie eigentlich mächtig stolzen Franzosen derart, dass sie bei der Stichwahl besonders pflichtbewusst zur Urne schritten.

Ein Segen also dass es Briefwahl gibt. So hat man für Nichtwählen keine Ausrede, und bequemer ist es auch. Schließlich muss man seinen Hintern nicht in ein Wahllokal schleppen.
Mhm, wenn man bedenkt wieviele Leute schon unter die Erde gekommen sind damit wir heute diese "Bürde" tragen müssen/können/dürfen...

Sepia
14.06.2004, 23:58
So richtig weiß ich ja nicht mehr, was gestern geschah, aber Bruchstücke liegen noch herum.

Bei meiner ersten Wahl habe ich viele Leute getroffen, wo ich dachte: Gut das ich die mal wieder sah.

Nach Ewigkeiten ist es mal wieder zu einer Art Bandprobe gekommen. Der Bandraum ist inzwischen komplett versifft, der Zugang zu diversen Lebensmittel-Automaten war uns verwehrt. Den Fernseher habe ich nicht angekriegt und sämtliche Lieder klangen auch schon mal besser.

Die Band hat dann auch vergessen wählen zu gehen. Ist ja auch anstrengend.

Das Spiel zwischen Frankreich und England hat mich wirklich sehr interessiert, aber leider musste ich natürlich was mit Freunden machen. So habe ich dann lediglich den Freistoß von Zidane über BFBS gehört.

Langweilig eben.

Aber das Loser nicht wählen war, schockiert mich doch sehr.
Meines Erachtens verwirkt man damit sein Recht über die Politik zu lästern. Nichtwahl ist Desinteresse, Ungültige Stimmzettel sind Protest.

Dilla
15.06.2004, 11:12
Hallo liebe Nichtwähler, habt ihr auch schon mal an die armen Wahlhelfer gedacht? Am Nachmittag habe ich zum ersten mal diese wundervolle Aufgabe wahrgenommen, und es war total langweilig, weil meistens nichts los war. Am späten Nachmittag war es dann mal etwas besser, in unserer Spitzenstunde hatten wird dann sogar 30 Wähler, sodass wir dann sogar am Ende eine Wahlbeteiligung von Wahnsinnigen 36,1 % hatten. Vielleicht sollte man Hausbesuche einführen ... (dazu gibt es in so einen DDR-Heft der BPB eine nette Geschichte) ginge schneller und die Leute müssten nicht den mühsamen Weg zum Wahllokal auf sich nehmen.
Das Auszählen ging wenigstens schön schnell, nach 15 Minuten waren wir fertig. Erstmal wurde nach großen Parteien und Exoten aufgeteilt, wobei eigentlich alles außer CSU als Exoten zu bezeichenen war. 103 von 148 Stimmen = 69,6%, einfach abartig. Wie oft kann denn die CSU den Leuten noch ans Bein pinkeln bis sie nicht mehr gewählt wird? Nicht mal im eigenen Haus war ich mit meinen Überzeugungsversuchen erfolgereich, nicht mal das Argument, dass meine Eltern bald 2000 ¤ zusätzlich im Jahr berappen dürfen hat gezogen. Irgendwie haben sie wohl etwas gegen die Grünen.
Witzig finde ich ja, dass die Grünen wenigstens in vielen Städten vor der SPD lagen.

Kaff
15.06.2004, 14:09
Ich hab am Sonntag einen Spaziergang zu meiner alten POS (für Wessis: Grundschule) gemacht und wo ich schon mal da war, habe ich natürlich auch gewählt. Eher nach dem Zufallsprinzip, aber ich hoffe nicht zu extrem.

Ist das eigentlich normal, dass die Personalausweise nicht kontrolliert werden? So könnte man sich ja noch Wahlzettel anderer Leute aneignen (natürlich aus anderen Wahlkreisen).

Simara
15.06.2004, 14:43
Ich war wählen.

Wir hatten Kreistagswahl, Gemeinderatswahl und Europawahl.

Die Zettel für die ersten beiden hatte ich zu Hause, konnte mich aber nicht damit beschäftigen.

Wie es der Zufall so will, hatte ich vergangene Woche Kino-Dienst.
Da der Samstag erst um 1.50 Uhr endete (Harry Potter) habe ich am Sonntag erst mal bis 11.30 Uhr geschlafen. Dann was zum Essen gemacht, geduscht und mich für den Kinodienst gerichtet.
Beim Gehen wurde ich daran erinnert, dass ich noch wählen gehen sollte.
Da zu Hause keine Zeit mehr war, habe ich die beiden Stimmzettelblöcke mitgenommen.
Ich habe dann meine Kreistag- und Gemeinderatsstimmen im Kino angekreuzt, bin während der Vorstellung zum Wahllokal gefahren und hab die Zettel abgegeben.
Naja vorher durfte ich noch meine Stimme für die Europawahl abgeben.
Das hatte ich ja ganz vergessen, also musste ich erstmal überlegen, was ich da denn ankreuze.
Nach 3 Minuten war das aber geklärt und ich ging wieder zur Arbeit.


Ist das eigentlich normal, dass die Personalausweise nicht kontrolliert werden? So könnte man sich ja noch Wahlzettel anderer Leute aneignen (natürlich aus anderen Wahlkreisen).

Ich hatte eine Wahlkarte, die ich mit den Stimmzetteln abgeben musste.

Von meiner Kino-Schicht war ich übrigens die einzige die wählen war.
Bedauerlich, zumal bei uns wie gesagt noch der Gemeinderat und der Kreistag gewählt wurde.

Die Wahlhelfer tun mir auch jedesmal leid.

Thunderfire
17.06.2004, 17:49
Die Wahlkampagne der CDU/CSU war wirklich unter aller Kannone. Ich hab bei der Wahle keine von den großen gewaehlt. Bei uns hat die CSU nur um die 43% erreicht - es waehre schoen wenn es beim Rest von Bayern auch mal so waehre. BTW bei meiner Heimatstadt waren die Gruenen die zweitstaerkste Fraktion.

DerBademeister
17.06.2004, 17:55
Die SPD holte bei uns 13 %, die Grünen 16 %, und die CSU wieder irgendwas um die 60 % soweit ich weiss.

Dass die größte und älteste Partei unseres Landes mal ein lächerliches Ergebnis wie 13 % einholt ist bezeichnend für die Zustimmung der Bürger zur Demokratie.

Die CDU/CSU braucht das übrigens auch nicht als Sieg zu verstehen - denn die SPD-Wähler sind lediglich zuhause geblieben, deren eigenes Wahlvolk blieb entweder gleich oder schrumpfte sogar.
Bei der Bayernwahl letztes Jahr war dasselbe Ergebnis zu beobachten.

Ghettomaster
17.06.2004, 19:15
Originally posted by Simara@15.06.2004, 14:43
Ich war wählen.

Wir hatten Kreistagswahl, Gemeinderatswahl und Europawahl.
Dito.

Was ich mich aber heute noch frage ist wer die Wahlzettel zur Gemeinderatswahl entworfen hat, ich bin ja schier vom Sitzball gekippt als ich die "Gebrauchsanweisung" gelesen hab. Ich weiß ja nicht ob das bei euch genauso war, aber fast alle älteren Leute die ich kenne, und die sonst immer wählen gehen, haben nicht gepeilt wem sie jetzt wie viele Stimmen geben dürfen. Aus Protest hammses dann einfach sein lassen.

Bei der Europawahl habe ich Grün gewählt, nicht weil die AKWs abschaffen und Biostrom subventionieren wollen, nein, aus rein persönlichen Gründen. Denn die Grünen sind die einzige Partei die Softwarepatente strikt ablehnt.


CU
Ghettomaster

Haplo
17.06.2004, 21:38
Ich habe natürlich ebenfalls gewählt, allerdings nicht am Sonntag sondern ein paar Tage davor ganz bequem und entspannt per Briefwahl. Bei uns waren es ebenfalls Gemeinde-, Kreistags- und Europawahl zusammen. Das ist natürlich einerseits gut, da dadurch viel Geld gespart wird, auf der anderen Seite sollte man die älteren Menschen nicht vergessen. Man sollte sie nicht überfordern.

Nicht wählen zu gehen halte ich schlichtweg für falsch. Das ebnet den Weg für die radikalen Parteien, die ansonsten (also bei einer hohen Wahlbeteiligung) keine Chance hätten.

Whyme
17.06.2004, 21:53
Bei uns war nur Europawahl...

... aber meine Couch war so bequem, der Tag davor ein wenig anstrengend, ich hätte auch nicht gewußt, wo ich mein Kreuzchen machen soll... also bin ich zuhause geblieben.

Whyme

Squirrel
18.06.2004, 13:54
Bei uns in Berlin gab es zwar "nur" die Europawahl, aber das war mir wenigstens einen fünfminütigen Spaziergang wert;
Ich beteilige mich grundsätzlich jedes mal, wenn eine Wahl ansteht. Selbst wenn keine der Parteien mir in ihren Zielen bzw. Forderungen hundertprozentig zusagt, sehe ich keinen Grund, nicht zu wählen, denn es bleibt immer noch die Möglichkeit, das Geringste der Übel zu wählen, also die Partei, die am ehesten mit den eigenen Idealen übereinstimmt (um nicht zu sagen: stets denjenigen wählen, den man am wenigsten unerträglich findet. :P )

Rainer
18.06.2004, 17:50
Originally posted by Sathoan@18.06.2004, 12:54
Selbst wenn keine der Parteien mir in ihren Zielen bzw. Forderungen hundertprozentig zusagt, sehe ich keinen Grund, nicht zu wählen, denn es bleibt immer noch die Möglichkeit, das Geringste der Übel zu wählen, also die Partei, die am ehesten mit den eigenen Idealen übereinstimmt (um nicht zu sagen: stets denjenigen wählen, den man am wenigsten unerträglich findet. :P )
Mit Verlaub, das ist ein sehr dümmliches Argument. Erinnert mich an: "Könntest du eher auf den Sinn- oder den Hörsinn verzichten?"
Ich bin nicht wählen gegangen, weil ich mich von keiner der Parteien vertreten fühlte, und das ist mein gutes Recht. Ich möchte den wählen, den ich will, und nicht den, den ich am wenigsten nicht will.

Dr.BrainFister
18.06.2004, 22:16
Rainer sagt:
Ich bin nicht wählen gegangen, weil ich mich von keiner der Parteien vertreten fühlte, und das ist mein gutes Recht. Ich möchte den wählen, den ich will, und nicht den, den ich am wenigsten nicht will.

wenn es dir schon gefällt, sathoans argumentation als dümmlich zu bezeichnen, so fällt mir so gedacht zu deiner auch kein anderes attribut ein. denn wirklich glauben kann ich dir das eh nicht. klingt wie eine gestammelte phrase vieler nicht-wähler, die, anstatt sich mit den vertretenen parteien auseinanderzusetzen, lieber verbitterung über politisch-graue landschaften oder groß angelegte trauertäler, die deutschland durchschreitet, verbreiten.

deine argumentation ist nur dann nicht dümmlich, wenn du einigermaßen nachvollziehbar widergeben kannst, wieso dir bei der fülle von parteien keine zusagte. es war dabei zu vielen gesellschaftsrelevanten bereichen die entsprechende position vertreten. von tierschutz-interessen über wirtschaft bis religiöser intuition. sicher wäre gerade bei den kleinen parteien die chance gering, dass sie über der kathegorie "sonstige" liegen. jedoch ist es immer noch besser, sie trotztdem zu wählen und damit seine meinung / seinen protest kund zu tun. das fände ich zumindest wesentlich schlauer (gegenteil von dumm) als im stillen kämmerchen über die schieflage zu schimpfen, aber trotzdem lieber passiv zuhause zu bleiben.

genauso öde finde ich es, aus den vorangegangen genannten gründen nicht zur wahl zu gehen. wie bade bereits treffend beschrieb, gibt es die bequeme und kostenfreie variante der briefwahl. irgendwie klingt das mit dem tee-trinken und dem anderen zeug ein bisschen sehr gewollt. naja, bei losi, der gern vor jeglicher form von verantwortung davon zischt, kann ichs nachvollziehen. bei sepi, was solls, vielleicht braucht die welt ja seine mono-mucke.
nagnag ist natürlich im fluss der gruppendynamik, der kann manchmal so mitreißen, dass es strudelt.

so staubtrocken das auch klingen mag, finde ich es wichtig, an der europawahl teilzunehmen. das parlament gewinnt dadurch an chancen, endlich die position einzunehmen, die es bereits in den vergangenen jahrzehnten hätte einnehmen sollen.

ich hab gewählt. ich hab auch noch nebenher einen angenehmen, ruhigen, von interessanten ereignissen geprägten tag erlebt, die sich jedoch alle damit verbinden ließen und nicht zum vorwand missbraucht werden mussten.
ich unternahm z.b. eine ausgedehnte radelei. da ein wahllokal selten mehr als 5 fahrradminuten entfernt ist, brauchte ich mich davon nicht ablenken lassen, sondern kombinierte mein radel-vergnügen einfach mit dem wahlgang.

Sepia
19.06.2004, 13:04
Originally posted by Sepia@14.06.2004, 22:58
Meines Erachtens verwirkt man [mit der Nichtwahl] sein Recht über die Politik zu lästern. Nichtwahl ist Desinteresse, Ungültige Stimmzettel sind Protest.
Da hier viele Leute offenbar Stolz darauf sind, Nichtwähler zu sein - ja, ja, zur Mehrheit zu gehören ist eigentlich ein befriedigendes Gefühl und ich koste es auch gerne aus, wenn es mal wieder dazu kommt; ehrlich zu etwas stehen und zu merken andere sehen das auch so, dass ist, bei aller Hochachtung vor Pluralismus und dem Ergötzen an Meinungsverschiedenheiten, wirklich wunderbar - könntet ihr ja so gut sein und meine Bemerkung kritisch kommentieren.
Die gleiche Diskussion hatte ich zwar auch schon auf einem Board einer unserer Partnerseiten, aber da der dortige Nichtwähler (mehr als eine Person konnte man nicht dazu ermuntern sich öffentlich zum Nichtwähler zu bekennen) mich nicht mal ansatzweise von meiner Meinung abbringen konnte, versuche ich es hier noch einmal.

Thandor
19.06.2004, 16:39
Ich hab mich erdreistet, einfach zu Hause zu bleiben.

Liegt wohl daran, das ich einfach noch keine Wahlberechtigung habe. ;)
Wäre ich das aber gewesen, wäre ich zu Wahl gegangen. Denn ich finde, das man mit seiner Stimme die europäische Politik doch zu einem ganz ganz geringen Teil beeinflusst.

Außerdem mag ich solche Leute nicht, die sich wie irre über die EU beschweren und dann nicht mal wählen gehen, um was zu ändern.

DerBademeister
19.06.2004, 16:39
Nichtwählen ist dann akzeptabel, wenn der Nichtwähler zu dieser Entscheidung gelangte nachdem er sich über alle vertretenen politischen Parteien (also auch so tolle Parteien wie DIE FRAUEN oder PBC) angemessen informierte, und anschließend zu dem fundierten Schluss kam, dass keine Partei und ihr Programm zu ihm passt.

Dies wird aber wohl kaum auf mehr als 5 % der Nichtwähler zutreffen.
Der überwiegende Teil ist schlichtweg zu faul überhaupt zu wählen, oder zu faul sich mit den Alternativen jenseits CDUSPDFDPPDSGRÜNE zu beschäftigen.

Traurig ist es insofern, als dass Vieles geopfert und gewagt werden musste damit wir heute dieses Privileg genießen dürfen, dass auch in modernen Zeiten eines ist, was dem überwiegenden Teil der Menschheit nicht zur Verfügung steht.

Amujan
20.06.2004, 22:26
Hm, schon als ich die Wahlkarte bekam war mir klar wen ich wähle und auch dass ich es tue. Erschrocken war ich von meinen Eltern, die sonst immer die Unterlagen zur Briefwahl abfordern, doch dieses mal die Zettel direkt im Schredder landeten. "Was haben wir mit Europa zu tun, die Abgeordneten holen sich ihr Tagesgeld ohne was zu tun und wir solln uns hier jetzt die aussuchen die das dann machen dürfen? Ne danke."

Ich weiss natürlich um die SternTV Berichte und die öffentlichen Skandale, aber darauf wusste ich nichts zu erwiedern. So ging ich denn allein in unser 2min entferntes Bürgerhaus um mein Kreuzchen zu machen, die Damen vom Amt wollten keinen Ausweis sehen, "sie würden mich gerade noch so kennen", ich erkannte keine davon aber gut...

So bekam ich denn dieses 2xA4 lange Monster mit den viel zu großen Kreisen hinter 22 mehr oder weniger bekannten Parteien und setzte mein Kreuz - und das ganze hat 5min gedauert inklusive Fussweg.

P.S. warum kann man nich solche kleinen Kärtchen mit versetzten Spalten einführen wie in den USA? Vielleicht würden mehr Menschen wählen gehen wenn die ganze Aktion mehr Ähnlichkeit zum Mittwochs Lotto hätte und als Preis gäbe es dann ein paar Millionen Euro die sonst unsere Landwirtschaft subventionieren.

Wenn man nicht weiss wen man wählen soll, dann gibt es immer noch die Möglichkeit seinen Protest mit ungültiger Stimme durch mehrfach ankreuzen oder durchstreichen zum Ausdruck zu bringen. Ich dachte soviel hätte jeder von uns in der Schule gelernt, und bei aller Politikverdrossenheit kann ich Nichtwähler nciht verstehen, denn offenbar haben sie die Regeln nach denen unsere europäische und deutsche Gesellschaft lebt - und sich entschieden hat zu leben - nicht verstanden und würden es vorziehen wenn ihnen jemand starkes - vielleicht eine Einzelperson die Exekutive, Judikative und Legislative in sich vereint - ihnen sagt: geh nach links, steh auf einem Bein, gib Laut. Dabei wollen doch alle Bürger immer so mündig sein, aber das beschränkt sich dann doch wohl nur auf die ein oder andere FreeTV Ausstrahlung aus Köln-Mühlheim.

Vielleicht sollten Brüssel, Den Haag & Strassbourg schliessen und neben die Medienmachtzentrale an den Rhein ziehen, dann heisst es villeicht bald Europa sucht den einen Außenminister (falls es noch niemand weiss die europäische Verfassung wurde bestätigt in der eben jene Position frei wird) oder gar mal World President wo auch ihr eure Handy&#39;s zur SMS-Poll aus der Hosentasche ziehen könnt.

Denkt mal vielleicht ne Sekunde nach bevor ihr den nächsten Wahlschein in den Müll werft, danke für eure wertvolle Zeit.

Amu

Falcon
20.06.2004, 23:34
Ich find es erschreckend und auch traurig, dass hier so viele nicht wählen waren. Naja, irgendwo muss die geringe Wahlbeteiligung ja herkommen. Beim Meckern an der Politik sind immer alle ganz groß, wenn&#39;s dann aber darum geht, sich an der Politik zu beteiligen, sie in eine bestimmte, aus persönlicher Sicht bessere Richtung zu lenken, bleiben die Leute zu Hause. Aus meiner Sicht der völlig falsche Weg.

CU Falcon

DerBademeister
21.06.2004, 00:05
Beim Meckern an der Politik sind immer alle ganz groß, wenn&#39;s dann aber darum geht, sich an der Politik zu beteiligen, sie in eine bestimmte, aus persönlicher Sicht bessere Richtung zu lenken, bleiben die Leute zu Hause. Aus meiner Sicht der völlig falsche Weg.

Wenn ich denke wie empfänglich die Leute hier für Schill (20 %), die DVU (13 %), Roland "Doppelpass nein" Koch (50 %), Jürgen "Kinder statt Inder" (bald Ministerpräsident im größten Bundesland) und Edmund "Die Durchrassung der Gesellschaft muss verhindert werden" Stoiber (60 %), also für radikale Dummdreistparolen sind - frage ich mich auf der anderen Seite auch, ob es Sinn macht, das "Volk" wie es in anderen Ländern üblich ist, z.B. über die EU-Verfassung entscheiden zu lassen. Auch wenn ich prinzipiell für ein Mehr an direkter Demokratie bin.

Jedes Volk hat ja die Regierung die es verdient, und insofern ist der größte Unsicherheitsfaktor für mich nicht die oberste Etage, sondern die Unterste, die immer mehr durch den Konsum hirnloser Massenware (BILD, RTL, Titten, Big Brother, Superstars, Reality TV etc.) degeneriert.
Laut Studien versteht die Hälfte (&#33;) der Wähler nicht einmal, wozu die Zweitstimme gut ist (die FDP gewann damit sogar mal eine Wahl, indem sie den Wählern einhämmerte mit der wichtigen Erststimme die Union, und mit der "unwichtigen" Zweistimme die FDP zu wählen). Nicht wenige halten die Zweistimme für eine Sicherungskopie, falls die erste verloren geht (Nein, das ist kein Witz&#33;).
50 % der Bürger können den Bundeskanzler nicht auf einem Bild identifizieren. 60 % können den Außenminister und Vizekanzler nicht auf einem Bild identifizieren.
Von keinem dieser Leute kann man erwarten die mitunter kompliziertesten Abstimmungsprozesse und die Organisationsstruktur der EU zu verstehen, bzw. als solches die Bedeutung und Befugnisse des EPA und somit der Sinn der Europawahl.

Ich fühle mich unwohl bei dem Gedanken, den Mitbürgern solch eine gewichtige Verantwortung und Macht zu übertragen. Sie sind mir schlichtweg zu doof - mag man diese Ansicht nun arrogant nennen, mir egal.

Und warum sollte es einen erschrecken, dass ausgerechnet hier soviele nicht wählen waren. "Hier" herrscht in den zwei Megaspamforen 10x soviel Traffic wie im Politikforum, wen wundert&#39;s da?
Und geheult wird über die neue Forenaufteilung fast einzig und alleine deshalb weil man um in diese beiden Spamforen zu gelangen nun einen Klick mehr braucht.
Selbst intelligente Zeitgenossen haben für ihr Nichtwählen überwiegend nur billige Ausreden parat.

Wir Deutschen tun eben hauptberuflich weiter dass was wir am besten können: Geduldig in der Warteschlange stehen und über die Warteschlange meckern.

Loser
21.06.2004, 17:58
Bevor ich was schreibe, hier (http://www.europa-waehlt.de/main.php?id=668&PHPSESSID=ba1c11f2afc329cd3f95fb250785bc0c) findet man die Wahlergebnisse. Interessant ist ja das sogar die CDU 1216215 Stimmen verloren hat.


DerBademeister: Laut Studien versteht die Hälfte (&#33;) der Wähler nicht einmal, wozu die Zweitstimme gut ist
Laut einer Studie verstehen noch viel mehr Menschen nicht mal mehr die Nachrichten. Aber weiß du, ich bewundere dich ja schon ein wenig. Wer so etwas weiß und trotzdem Idealist bleibt verdient Respekt.


Dilla: Hallo liebe Nichtwähler, habt ihr auch schon mal an die armen Wahlhelfer gedacht?
Natürlich. Auch deswegen war ich nicht bei der Wahl. Aber Brain har natürlich auch schon irgendwie Recht. Also ich sehe es als Verantwortung an: Schließlich vertritt die Partei der ich meine Stimme gebe mich in Europa.

Also man stelle sich mal vor ich würde im oder vorm Wahllokal einem Erstwähler, dem Mann / der Frau der / die mich überprüft vorjammern warum ich eine endgültige Stimme abgebe:

Zuerst einmal kommen diese kleinen Parteien ja wohl kaum in Frage. Die mögen ja vielleicht für den einen oder anderen mir passenden Standpunkt sein, aber bitte, die kommen doch niemals über die 5 % Hürde. Das einzige wozu meine Stimme gut wäre ist das die ein paar Euros mehr für den nächsten Wahlkampf haben. Das möchte ich denen ehrlich nicht zu muten. Ja, das liegt vielleicht auch an meiner komischen Ansicht von Idealisten. Die Gefahr ist doch viel zu hoch das die zum schlechten Witz verkommen. Ein Blick auf den rechten Rand – ja, abseits der CSU existiert doch noch was, wenn auch wenig – zeigt ja was für Witzfiguren da rumlaufen. Nein, ich will nicht für deren beschädigtes Ego verantwortlich sein. Sollen andere sich doch damit quälen.

CSU – kann ich hier oben nicht wählen.

CDU – mir wird schon schlecht wenn ich daran denke das Angie 2006 Bundeskanzlerin wird. Von den anderen Witzfiguren ganz zu schweigen. Außerdem sind die mir alle zu wirtschaftsfreundlich. Heutzutage nennt man das wohl neoliberal. Auch von deren netter Idee mit der Kopfpauschale halte ich nix. Dann doch lieber die Bürgerversicherung. Nein, mit Angie kriegen wir wirklich unsere eigene Eiserne Lady. Und ein paar Menschen werden wohl wissen was damals in England los war.

FDP – für mich eine Bande von ekeligen Opportunisten. Das war schon damals bei Schmidt so, mit Möllemann hat sich aber gezeigt das sie es auch noch heute können. Ich weiß nicht, irgendwie steht die Partei für nix. So etwas kann ich einfach nicht haben.

PDS – hätte ich vielleicht wählen können. Irgendwie misstraue ich den Leuten aber noch immer. Okay, die mögen ja gerne soziales Gewissen pflegen, aber es ist auch kein Auswege den Leuten vorzulügen es könnte so weiter gehen. Das habe sogar ich verstanden.

SPD – tja, eigentlich macht Gerd ja das was er machen muss. Dagegen kann meckern, weiß aber das es alternativlos ist. Gerd kriegt meine Stimme aber nicht weil er es nicht vermitteln kann. Ja, nicht nur Wirtschaft ist zu 50 % Psychologie. Ich habe ja immer mehr das Gefühl das die alle rumwurschteln und sich wünschen das bald 2006 ist damit der Albtraum endlich ein Ende hat.

Grün – hab ich davor immer gewählt. Ja, auch weil es mir das Gefühl gibt was für die Umwelt zu tun. Also aus demselben Grund warum Deutschland wie blöd Müll trennt. Ich mag aber auch die Bürgerversicherung. Und die Idee haben halt zuerst die Gründen gebracht. Das Problem was ich mit den Grünen habe sieht man aber beim Zuwanderungsgesetz. Nur um an der Macht zu bleiben stimmt man dem von Schily verbrochenen Stuss zu. Was ist es aus dem viel gelobten Punktessystem geworden? Genau, gestrichen. Ja, für so etwas, wenn man denn so etwas wie eine Überzeugung hat, lässt man auch ne Koalition platzen.

Tja, und weil ich eben nicht will das mich weder Witzfiguren, Opportunisten, Lügner, Rumwuschtler noch Leute die an ihren Stühlen kleben in Europa vertreten war ich nicht wählen. Und wenn ich das jemandem im Wahllokal erzähle, er / sie / es geht da doch nie wieder hin.

Okay, das mit der Stimme ungültig machen wäre natürlich ne Möglichkeit gewesen. Das sieht aber auch immer so aus als wäre man zu blöd den Wahlzettel auszufüllen. Nein, nicht zur Wahl zu gehen halte ich mittlerweile für eine legitime Art des Protests. Denn so kann es nun wirklich nicht weiter gehen. Denn jetzt bitte ich mal zu darum zu überlegen, all diejenigen die für die Demokratie gestorben sind haben sich sicherlich nicht vorgestellt, dass sie zu einem solchen Sauhaufen verkommt. Nein, die Politiker sollten mal weniger bei Christiansen auf der Couch Politik machen sondern im Parlament. Dann gehe ich auch wieder zur Wahl. Ich glaube übrigens das mehr Menschen so denken als man gemeinhin annimmt. Dumme Wähler hin oder her, das ist doch meist nur ne Ausrede um unfähige Politiker zu rechtfertigen. Ich halte es für unverschämt wenn Gerd sich hinstellt und meint man würde ihn nicht verstehen. Das stimmt ja teilweise, klingt aber gleichzeitig wie ein Vorwurf. Hey, nicht die Nichtwähler sind schuld das die SPD sich freuen muss zweistellig geblieben zu sein, er macht Politik.

Sepia
21.06.2004, 19:48
Originally posted by Loser@21.06.2004, 16:58
Zuerst einmal kommen diese kleinen Parteien ja wohl kaum in Frage. Die mögen ja vielleicht für den einen oder anderen mir passenden Standpunkt sein, aber bitte, die kommen doch niemals über die 5 % Hürde. Das einzige wozu meine Stimme gut wäre ist das die ein paar Euros mehr für den nächsten Wahlkampf haben. Das möchte ich denen ehrlich nicht zu muten.
Danke für deine Antwort.
Zu den kleinen Parteien: Bekommen die &#39;Sonstigen&#39; viele Stimmen, ist es für die großen Parteien ein Signal (á la: Die Grünen sehen, dass sie ihre Basis verraten haben, da die ödp viele Stimmen bekommen hat. Die CDU merkt, dass sie ihre Ideale verraten hat, weil die NDP viele Stimmen bekommen hat. Die PDS merkt das sie zu Mainstream geworden ist, weil die DKP viele Stimmen bekommen hat). Sie merken, wohin ihre Stimmen gehen und indirekt kann man Parteien damit auch etwas lenken.



Okay, das mit der Stimme ungültig machen wäre natürlich ne Möglichkeit gewesen. Das sieht aber auch immer so aus als wäre man zu blöd den Wahlzettel auszufüllen.
Wieso kann mich nichtmal zur Abwechslung ein Nichtwähler überzeugen?
Glaubst du jemand nimmt an, du wärest zu blöd zum Wahlzettel ausfüllen, wenn auf dem Zettel Ich wähle keine der zur Wahl stehenden Parteien, da mich keines der Programme (genügend) überzeugt steht?



Nein, nicht zur Wahl zu gehen halte ich mittlerweile für eine legitime Art des Protests.
Es ist eine legitime Art des Protests. Des Protests gegen die Demokratie. Parlamente, die von weniger als der Hälfte der Wahlberechtigten gewählt werden sind meines Erachtens nicht demokratisch legitimiert.
Die Protestaussage eines Nichtwählers ist: Ich bin dagegen, meine im Grundgesetz definierte Form der politischen Verantwortung zu übernehmen.

Whyme
21.06.2004, 21:47
Originally posted by Sepia@21.06.2004, 19:48

Okay, das mit der Stimme ungültig machen wäre natürlich ne Möglichkeit gewesen. Das sieht aber auch immer so aus als wäre man zu blöd den Wahlzettel auszufüllen.
Wieso kann mich nichtmal zur Abwechslung ein Nichtwähler überzeugen?
Glaubst du jemand nimmt an, du wärest zu blöd zum Wahlzettel ausfüllen, wenn auf dem Zettel Ich wähle keine der zur Wahl stehenden Parteien, da mich keines der Programme (genügend) überzeugt steht?
@ Sepia

Glaubst Du wirklich, ein solcher Satz kommt weiter als bis zum Wahlhelfer, der den Zettel dann auf den Stapel mit den ungültigen Stimmen legt, diese zählt, die Zahlen weitergibt und dann mit seinen Kollegen das Tagegeld versaufen geht? Ich nicht.

Was bitte sagt denn schon eine steigende Statistik von ungültigen Stimmen? Gar nichts. Sie sagt nichts weiter als das ein paar Leute ihren Wahlzettel nicht ausfüllen konnten. Nichts differenziert dabei den Protestler von der Oma, die ihre Kreuze falsch gesetzt hat.

Nichtwählen ist da schon eher ein politisches Statement. Es sagt zumindest aus, dass die derzeititge politische Lage die Leute nicht dazu gebracht hat, wählen zu gehen. Die Parteien werden sich eher Gedanken darum machen, warum Leute nicht wählen als darum, warum Wahlzettel falsch ausgefüllt werden. Das ist eher Aufgabe der PR-Leute, die die Wahlzettel gestalten dürfen...

Whyme

Sepia
22.06.2004, 10:13
Originally posted by Whyme@21.06.2004, 20:47
Glaubst Du wirklich, ein solcher Satz kommt weiter als bis zum Wahlhelfer, der den Zettel dann auf den Stapel mit den ungültigen Stimmen legt, diese zählt, die Zahlen weitergibt und dann mit seinen Kollegen das Tagegeld versaufen geht? Ich nicht.



Whyme
Ja, sofern dies einem Wahlhelfer mehrfach vorkommt.



Was bitte sagt denn schon eine steigende Statistik von ungültigen Stimmen? Gar nichts. Sie sagt nichts weiter als das ein paar Leute ihren Wahlzettel nicht ausfüllen konnten. Nichts differenziert dabei den Protestler von der Oma, die ihre Kreuze falsch gesetzt hat.
Wie gesagt, kommt dies oft genug vor, bekommen ungültige Stimmen einen anderen Stellenwert.



Nichtwählen ist da schon eher ein politisches Statement. Es sagt zumindest aus, dass die derzeititge politische Lage die Leute nicht dazu gebracht hat, wählen zu gehen.
Es sagt aus, dass 60% der Bevölkerung 15 Minuten ihres Sonntags nicht für Politik entbehren könnten. Meines Erachtens ergibt sich daraus ein Mangel an Interesse an Politik.
Die Reaktion einer Partei war, sich zur Spaßpartei umzufunktionieren. Die Reaktion keiner Partei war die Diskussion von Christiansen in den Bundestag zu verlegen.



Die Parteien werden sich eher Gedanken darum machen, warum Leute nicht wählen als darum, warum Wahlzettel falsch ausgefüllt werden.
Wenn 5% der Wähler den Wahlzettel bewusst falsch ausfüllt, wird wohl keine Partei über zu dumme Omas schwadronieren.



Mal eine andere Frage: Wieso wird Wahlkampf nicht ausschließlich aus staatlichen Geldern finanziert?

Whyme
22.06.2004, 14:05
Mit welchen Staatlichen Mitteln denn? Mit denen, die jetzt schon für die notwendigen Dinge nicht reichen?

Außerdem bekommen die Parteien doch pro Wähler einen bestimmten Betrag vom Staat. Große Wahlspenden, wie sie in den USA gang und Gäbe sind, gibt es doch bei uns gar nicht... und es ist ja auch nicht ein so aufwendiger Wahlkampf üblich.

Whyme

Thunderfire
23.06.2004, 22:55
Kennt jemand von euch schon diesen (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,304559,00.html) Spiegel Bericht? Die Rechten scheinen immer mal für ein paar Überaschugen gut sein. Bei uns in der Gegend gab es in den Neunzigern schon mal einen REP Bürgermeister...

Loser
27.06.2004, 21:39
Sepia: Es sagt aus, dass 60% der Bevölkerung 15 Minuten ihres Sonntags nicht für Politik entbehren könnten. Meines Erachtens ergibt sich daraus ein Mangel an Interesse an Politik.
Geht Christiansensecke nicht länger als 15 Minuten? Und 60 % schafft doch nicht mal die Sendung, oder? Aber dazu gab es kürzlich mal ne Studie:


Studie: Deutsche sind nicht politikverdrossen

Gütersloh (epd). Trotz einer absehbar geringen Beteiligung bei der bevorstehenden Europawahl sind die Deutschen nicht politikverdrossen. Derzeit seien mehr Bundesbürger am weltweiten politischen Geschehen interessiert als während der gesamten 90er Jahre, heißt es in einer Studie über politische Partizipation, die am Montag von der Bertelsmann Stiftung in Gütersloh veröffentlicht wurde.

Nach der repräsentativen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.241 wahlberechtigten Deutschen wird Politikern und Parteien zwar mit Misstrauen begegnet. Kritik oder Unzufriedenheit bedeuteten aber nicht automatisch Verdruss und Abkehr von der Politik. Die Verfassungsordnung und ihre Institutionen genießen bei drei Viertel (77 Prozent) der Bundesbürger ein generelles Vertrauen und eine hohe Akzeptanz.

Auch die Einschätzung der persönlichen Möglichkeiten, auf die Politik Einfluss zu nehmen, entwickelte sich positiv.

kreuz (http://www.epd.de/west/west_index_28654.html)

bertelsmann-stiftung.de/ (http://www.bertelsmann-stiftung.de/)

Auch interessant:

Keine Gefahr für die bundesrepublikanische Demokratie&#33; (http://rbi-aktuell.de/Politik/18062004-02/18062004-02.html)


Thunderfire: Kennt jemand von euch schon diesen Spiegel Bericht? Die Rechten scheinen immer mal für ein paar Überaschugen gut sein. Bei uns in der Gegend gab es in den Neunzigern schon mal einen REP Bürgermeister...
Hab ich. Aber ich ich halte es für falsch, ich habe nämlich das Gefühl das unsere Politiker das gerne mal machen und die Medien dankbar mitmachen, die bösen Wähler und Nichtwähler dafür alleine veranwortlich zu machen.

Was irgendwie dazu passt:

Der Kanzler kritisiert das Volk

Depressionen in der SPD, miese Umfragewerte, Kritik am Reformkurs - Gerhard Schröder durchlebt schwere Zeiten. Jetzt hält der Kanzler dagegen und nimmt das Volk ins Visier. Die Umsetzung der "Agenda 2010" gehe nur so langsam voran, weil die deutsche Gesellschaft zu unbeweglich sei.

[…]
blau (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,305821,00.html)
Ist natürlich was dran. Aber so klingt das widerlich selbstgerecht. Denn wo bitte ist die Selbstkritik? So schafft er es auch nicht den Karren aus m Dreck zu ziehen.

DerBademeister
28.06.2004, 00:09
Natürlich ist er selbstgerecht. Jede Herrschaftsform krankt an dem immer wiederkehrenden Syndrom, dass der Oberschicht die die Entscheidungen trifft, die Probleme der Unterschicht welche diese dann auszubaden hat, nicht nur herzlich egal, sondern auch herzlich unverständlich sind.

Wer (wie der Kanzler) im Monat soviel verdient wie der Durchschnittsbürger im Jahr, kann selbstverständlich nicht nachvollziehen wie selbst für ihn harmlose Einschnitte wie 20 Euro Mehrkosten für die KV, oder 30 Euro Mehrkosten für Benzin viele Menschen an den Rand des Abgrunds führen können.

Wer außerdem nicht einmal seiner eigenen Partei seine Ideen vermitteln kann, sollte es dann nicht dem Bürger vorwerfen, wenn er ein Vermittlungsproblem hat. Dass die Bürger beim Begriff "Reform" mittlerweile rot sehen, ist schließlich seine eigene Schuld. Denn die Schröderschen Reformen sind alle nur Schönheitsmakulatur, wirklich "reformiert" wird da nichts - und das wissen die Menschen eben, das spüren sie, das merkt nicht nur der Leser von FAZ, SZ, TAZ und Spiegel, sondern auch der Leser von BILD und BUNTE. Reformwillig wäre der Bürger durchaus, wenn er wirklich wüsste und absehen könnte, wohin der Weg geht.

Einen Politiker der sich hinsetzt und sagt "Hört mal Leute - wir müssen an dem und dem Punkt sparen und die freiwerdenden Gelder dort und dort investieren, damit wir wieder auf den richtigen Weg kommen" habe ich jedenfalls noch nicht gesehen. Heute wird nur gesagt "Wir müssen da und da sparen, wie das aber dabei helfen soll dass es wieder bergauf geht wissen wir auch nicht", und das ist mit den Menschen halt nicht zu machen.

Schröder ist ja heute nach 6 Jahren bereits da, wo der oft unsägliche Kohl nach 12 war. Seine Innenpolitik ist gescheitert und stagniert, also sucht er sein Heil woanders und sonnt sich im Glanz der Außenpolitik, wo immer möglich.
Dem angeschlagenen Ego des "Wir wollen nicht alles anders, aber vieles besser machen" Kanzlers mag das helfen - dem Land jedoch nicht.