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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Es ist nicht leicht ein Gott zu sein



Nager
10.01.2005, 19:01
Am Silvesterabend, als ich nicht so recht wusste, was ich anstellen sollte, habe ich für den gemütlichen Familienabend mal wieder mal in Papas Sammlung von VHS-Klassikern auf dem staubigen Dachboden herumgewühlt und dabei "Es ist nicht leicht ein Gott zu sein" ans Licht befördert, eine Deutsch-Sovjetische (!) Produktion von 1989, die auf einem Buch der Strugazki-Brüder basiert.

Scifi-Filme mit Deutscher Beteiligung sind an sich schon etwas seltenes - dann noch mit russischer Koproduktion, das hat mich neugierig gemacht. Zumindest hatte ich die positive Erwartung, hier keinen Hollywoodpomp vorgesetzt zu bekommen und von den Russen war man auf dem Scifi-Sektor ja einiges gewöhnt - sagt zumindest mein Vater (kennt jemand ein paar russische Filmklassiker?).

Der Inhalt des Films ist schnell erzählt und erinnert an vielen Stellen an Star Trek - geht allerdings viel mehr in die Tiefe, oder besser gesagt: steigt in Abgründe hinab, vor denen das saubere Star Trek stets vor Angst gekniffen hätte.

Der hochentwickelten Menschheit der Zukunft entdeckt auf einem fernen Planeten eine menschliche Zivilisation, die sich im finstersten Mittelalter befindet. Während die Beobachter, die mehr über ihre eigene Vergangenheit lernen wollen, längst alle Konflikte überwunden und Gefühle ausgeschaltet haben, herrscht auf dem Planeten ein brutales Regime, das alle Ansätze von Kultur und Wissenschaft mit Mord und Folter zerstört. Der Erfinder des Buchdruckes endet genauso auf einem Leichenhaufen wie ein Astronom, der ein Teleskop baut, mit dem man das Raumschiff sehen kann. Kundschafter Rumata fällt es angesichts des Leids und der Barbarei, das stets von seinen Augen direkt auf die Großbildschirme des Raumschiffes übertragen wird immer schwerer, unbeteiligt und gefühlskalt zu bleiben. Schließlich stellt er sich gegen seine eigenen Leute, als ihn die lange verdrängten Gefühle wie Agression, Liebe und Hass übermannen...

Der Film hat mich tief beeindruckt. Trotz einer ziemlich schwachen Produktion, einigen ziemlich dämlichen Charakteren und geradezu peinlich schlechten Actionszenen zähle ich "Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein" zu den besten SF-Filmen, die ich kenne. Es handelt sich hier deutlich um einen Film, der von seiner Story und seinen Dialogen lebt und nicht von Special Effects getragen wird. Dankbarerweise wird auch auf den für Hollywood so typischen Orchester-Bombast zugunsten eines minimalistischen Soundtracks verzichtet, der einer der besten ist, die ich je gehört habe.
Hervorzuheben sind auch die absolut irren Landschaftsaufnahmen, die wohl in der Russischen Taige entstanden sind.

Ich konnte übrigens keinen Hinweis auf eine DVD-Veröffentlichung dieses Filmes finden. Bin ich zu blind, oder gibt es wirklich keine? Das wäre eine echte Schande...

Simara
11.01.2005, 13:08
Jetzt wo du den Inhalt erzählt hast, kann ich mich erinnern, dass ich den Film seinerzeit gesehen habe. Auf Video selbstverständlich.
Ich war aber wohl zu jung um den richtig zu verstehen, denn das einzige an das ich mich erinnern kann ist eine Szene ziemlich zu Anfang des Films, als man ein Schwein ausbluten lässt und das so furchtbar schreit.
Diese Szene hat mich wohl so verstört, dass ich von dem Film nur noch weiß: Nimma anschauen *schauder*

Vermutlich würde ich ihn heute aber anders anschauen als damals.
Von wann ist der Film?


(kennt jemand ein paar russische Filmklassiker?).

Öhm Solaris (nicht das Remake) dürfte wohl darunter fallen.
Leider habe ich weder das russische Original noch das Remake mit Clooney gesehen. Daher diese Meldung nur "vom Hörensagen"

Lars
13.01.2005, 12:15
Vor langer, langer Zeit gesehen und schon fast in Vergessenheit geraten: Stalker (http://www.imdb.com/title/tt0079944/?fr=c2l0ZT1kZnxteD0yMHxzZz0xfGxtPTIwMHx0dD1vbnxwbj 0wfHE9c3RhbGtlcnxodG1sPTF8bm09b24_;fc=1;ft=31;fm=1 )

Ich kann mich kaum noch an Bilder oder Handlung erinnern, aber ich weiß, daß ich von der Fremdartigkeit dieses Films fasziniert war, also ähnlich Simara eher ein Tipp "vom Hörensagen".

Nager
17.01.2005, 02:50
Simara: Ja, genau der Film ist das.

Die "Schweine-Szene" ist nicht die einzige ziemlich üble Gewaltszene, die einem einfach so auf die Nase gedrückt wird. Man muss sich erstmal vorstellen, welchen Effekt diese barbarischen Bilder auf die "sauberen" Star-Trek-Menschen in ihrem Beobachtungsschiff haben... da beginnen sich lange verdrängte Emotionen zu regen - bei Abscheu und Ekel angefangen. Genau um diesen Konflikt zwischen dem klinsch Reinen des Beobachterschiffes und der versauten Mittelalterwelt geht es und deshalb sind diese Szenen hier auch angebracht oder sogar notwendig für den Effekt des Filmes.

Apropos Emotionen: Sehr stark fand ich es, als die Frau oben im Schiff eine Träne verliert, als sie auf dem Großbildschirm mitansieht, wie der Kundschafter unten mit einer anderen Frau anbändelt...

Der Film ist wie oben gesagt von 1989. Hier noch der imdb-Link:
--> http://www.imdb.com/title/tt0097292/

Cuspid
04.07.2006, 11:01
Ich kann mich auch nur noch dunkel an den Film erinnern, aber ich fand ich gut!
Und jetzt ist der Klassiker auf DVD zu bekommen:
http://www.amazon.de/gp/product/B000EMTGN6/302-5694616-0109616?v=glance&n=284266

Prospero
01.03.2007, 03:44
Ich hab den jetzt mal nachgeholt, der ist wirklich gut. Leider nicht unbedingt die Umsetzung auf DVD, das Bild ist - hmm - und der Ton - na ja, aber man kann ihn sich ansehen. Was ich ja nett fand ist die Tatsache, wie man damals ein Making-Of inszenierte - wohlgemerkt fürs ZDF, offenbar fürs Nachtkulturprogramm gedacht. Minutenlang spricht da kein Mensch ein Wort... Faszinierend...
Ad Astra

Chief O'Brien
09.05.2007, 20:02
Der Film ist wirklich gut.

Die beiden anderen Filme Stalker und Solaris sind wirkliche Klassiker. Der Regisseur Tarkowski war ein Unikum ersten Ranges, heißt es doch, er hätte die Erstfassung von Stalker verbrannt und alles noch mal neu gefilmt.
Außerdem stammen die Romanvorlagen für Es ist nicht leicht ... und Stalker von dem berühmtesten Autorenpaar der russischen Phantastik Arkadi und Boris Strugazki. Sollte jemand mal in den Genuss von dem Film Stalker kommen, empfehle ich ihm auch das Buch dazu (Picknick am Wegesrand), zum besseren Verständnis. Auch wenn der Film sich nicht sehr an den Roman hält.