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Amujan
08.03.2006, 19:27
Capote

http://img389.imageshack.us/img389/4383/z06015031rs.jpg


Im Jahr 1959 reist der ebenso talentierte wie extravagante Reporter Truman Capote (Philip Seymour Hoffman) nach Kansas, um für die New York Times über einen aufsehenerregenden Mordfall zu berichten. Dort, inmitten von Amerikas endlosem Farmland, haben zwei Streuner soeben eine komplette Familie ermordet, nachdem sie in deren Haus erfolglos nach Beute gestöbert hatten. Capote knüpft enge Kontakte zu einem der Verhafteten und weckt das Misstrauen von Sheriff Dewey (Chris Cooper).

Philip Seymour Hoffman ist unglaublich. Ihr müsst, wenn ihr könnt, den Film im Original sehen, was er mit seiner Stimme und Mimik macht um den echten Truman Capote zu imitieren ist der Wahnsinn und ich weiss nicht in wie weit DAS im Deutschen rüberkommt. Wäre ich noch in der Schule würde ich meine Englischlehrerin überreden den Film mit dem Kurs zu sehen, schliesslich haben wir zumindest To Kill A Mockingbird von Harper Lee, die als Nebenchar auftritt gelesen und gesehn. Den Film mit Gregory Peck, zu dessen Filmpremiere Truman im Film geht und dort verbittert an der Bar sitzt.

Auch hier ist der Oscar an den Richtigen gegangen, nun muss ich noch schleunigst Kaltblütig (In Cold Blood) lesen, um zu sehen was letztendlich aus 4 Jahren Recherche und Leid geworden ist. Er lässt sich absichtlich so von einem der beiden Verurteilten vereinnahmen, dass dessen Tod, je länger er hinasgezögert wird, Truman zerbrechen lässt. So schrieb dieser Nach "Kaltblütig" auch keinen weiteren Roman mehr fertig und satrb 1984 an den Folgen seines Alkoholkonsums.

Truman ist eine Person deren Darstellung von Hoffman einem Angst machen kann. Von Momenten in denen er durch seine Seichtigkeit und Theatralik im Mittelpunkt der New Yorker Gesellschaft stehen muss und will, den Momenten in denen er unfähig ist eine wirkliche emotionale Bindung zu seinem Lebensgefährten Jack Dunphy (gespielt von Bruce Greenwood) aufzubauen, bzw. von seiner Obsession zu seinem Buch loszukommen, zu den kurz aufflammenden Gedanken in denen er sein wahres verletztes Innerstes zeigt, was er skrupellos sogar nutzt um das Vertrauen der Insassen zu gewinnen.

Die brutalen Szenen bzw. Bilder der Morde fand ich jetzt nicht so nötig, aber sie schockieren den Zuschauer natürlich und machen Trumans Affinität den Tätern gegenüber noch unverständlicher. Er ist der Einzige der sich angeblich sebstos für sie einsetzt, sie aber nur "mißbraucht" um sein Buch zu schreiben, was ihn am Ende fertig macht.

:star: :star: :star: :star: :star: von 5, weil der beste Film seit Langem.

Amujan

Daten:


Drama - USA 2005
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
Länge: 114 Min.
Verleih: Sony Pictures
set 02.03.2006 im Kino
offizielle Filmseite / Trailer (http://www.sonypictures.de/index.html/landing/capote/index.html)

Dr.BrainFister
08.03.2006, 20:29
hui, den muss ich unbedingt sehen... wie wahr sind eigentlich die begebenheiten, die in dem film geschildert werden? also vor allem bezüglich der beziehung capote-kaltblütiger killer?


.

Amujan
08.03.2006, 21:37
Dazu hat sich keiner der Kritiker die ich gelesen habe geäussert. Da der Film auf einer Biographie beruht, nehme ich jedoch an, dass Capote's Vorgehen sehr nah an der Realität ist. Ob er eine derart starke Bindung zu dem einen Insassen wirklich hatte, da er sich selbst in ihm wiedererkennt, naja.

Man kann denke ich davon ausgehen, dass Capotes Obzession mit dem Buch, den Mördern und der Tat an sich schon gewisse Ausmasse hatte, was jedoch erfunden ist...

Amu

Dr.BrainFister
10.08.2006, 02:21
mittlerweile gibt es einen trailer für einen weiteren capote-film namens "infamous":

http://www.joblo.com/movietrailers_archive.php?mode=trailer&title=Infamous

eigentlich schon länger fertig wurde "infamous" verschoben, um nicht zeitgleich mit "capote" zu laufen. wer letzteren bereits kennt und sich den hier verlinkten trailer anschaut, wird einige male ein deja-vú-gefühl verspüren... allerdings könnte der film durch seine interessant zusammengestellte, hochkarätige besetzung auch für kenner des ersten doch interessant sein. sicher wird sowieso versucht, der geschichte noch den einen oder anderen filmisch bisher nicht beleuchteten aspekt hinzuzufügen.

mehr infos und fotos gibts hier:
http://www.joblo.com/upcomingmovies/movies.php?id=787


.

Amujan
11.08.2006, 00:25
Also das is ja ma was.. davon wusste ich ja noch ger nichts. Trotzdem wird der Film es schwer haben, weil, wenn er - wie der Trailer vermuten lässt - fast 1:1 mit dem Hoffman-Film übereinstimmt reisst auch die Besetzung nichts, denn die war auch in Capote hochkarätig. Wer ist denn auf die Idee gekommen fast gleichzeitig das selbe Thema zu behandeln? Ich fürchte das wird ein Schuss in den Ofen, denn wer will schon ein "Plagiat" sehen.

Sollte der Film in Deutschland rauskommen, werde ich mir en schon reinziehen und mit dem "Original" vergleichen.

cornholio1980
11.08.2006, 07:26
Witzig, dass der Thread zum Film gerade jetzt wieder ausgegraben wird, wenige Tage nachdem ich mein Kurzreview fertig gestellt habe :D

Na dann, hier meine Meinung zum Film (Achtung, teilw. Spoiler zur Handlung!):
Das beeindruckendste an diesem Film ist ohne jeden Zweifel Philip Seymour Hoffmann's Portrait der Figur. Die Körpersprache, die Fistelstimme, die gehobene Sprechweise - er verschmilzt förmlich mit Truman Capote, so dass man wirklich zu keiner Sekunde einen Schauspieler vor sich sieht. Eine beeindruckende Vorstellung, für die sich Hoffmann den Oscar wirklich hochverdient hat. Neben Hoffman’s Performance besticht der Film vor allem durch ein paar großartige Szenen und die interessante Thematik. So ist es erschreckend und faszinierend zugleich, mitzuverfolgen, wie Capote an diesem Buch zerbricht, wie ihn die ganze Situation langsam aber sicher aufzufressen scheint. Und als dann schließlich der Termin zur Vollstreckung des Todesurteils feststeht, kann man Capote’s Gefühle genau nachvollziehen - einerseits Erleichterung, da es nun endlich vorbei ist, andererseits aber natürlich Selbstverachtung und Schuld - hat man doch genau diese Entwicklung insgeheim herbeigesehnt, auch wenn es den Tod dieser zwei jungen Menschen bedeutet.

Bei Truman Capote kommt natürlich noch erschwerend hinzu, dass er die Möglichkeit gehabt hätte, die Vollstreckung des Urteils noch weiter hinauszuzögern, ja vielleicht sogar eine Begnadigung zu erlangen. Doch er brauchte ein Ende für sein Buch, er brauchte sowohl für sein Werk als auch für sich selbst einen Abschluss dieses Kapitels - und so hat er nicht eingegriffen. Diese Erkenntnis wird noch einmal umso tragischer, da Perry Smith ihn genau zu durchschauen scheint und offenbar weiß, was Capote getan (oder eher: was er NICHT getan) hat - und ihm dafür verzeiht, ja er sogar richtiggehend Verständnis für ihn zu zeigen scheint. Eben dieser Moment ist eine der zuvor angesprochenen großartigen Szenen des Films - die darauf folgende, wirklich brutal wirkende Vollstreckung des Todesurteils eine weitere. Schade nur, dass es „Capote“ nie gelungen ist, mich zu berühren - obwohl es durchaus einige Szenen gab, die dazu das Potential gehabt hätten. Dies dürfte wohl insbesondere an der sprunghaften Erzählweise liegen - und ganz einfach daran, dass keine der Figuren wirklich zugänglich ist und als Sympathieträger dienen könnte.

Fazit: „Capote“ ist für mich weniger eines der momentan im Trend liegenden Biopics, sondern in erster Linie ein interessantes Schaubild über Schuld, und darüber, wie die Faszination mit einem Thema schließlich in Besessenheit umschlagen und einen zugrunde zurichten vermag...
Wertung: 7/10