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Simara
26.09.2008, 10:12
Baader Meinhof Komplex


Deutschland 2008
Regie: Uli Edel
Mit: Moritz Bleibtreu, Martina Gedeck, Johanna Wokalek, Bruno Ganz, Simon Licht, Jan Josef Liefers, Alexandra Maria Lara, Heino Ferch, Nadja Uhl, Hannah Herzsprung, Niels-Bruno Schmidt, Stipe Erceg, Daniel Lommatzsch


Kinostart: 25.09.2008


http://i164.photobucket.com/albums/u32/SFCKino/Baader-Meinhof-Komplex.jpg


Inhalt:
Deutschland in den 70ern. Die radikalisierten Kinder der Nazi-Generation, angeführt von Andreas Baader (Moritz Bleibtreu), der ehemaligen Starkolumnistin Ulrike Meinhof (Martina Gedeck) und Gudrun Ensslin (Johanne Wokalek), kämpfen gegen das, was sie als das neue Gesicht des Faschismus begreifen: die US-amerikanische Politik in Vietnam, im Nahen Osten und in der dritten Welt, die von führenden Köpfen der deutschen Politik, Justiz und Industrie unterstützt wird. Die von Baader, Meinhof und Ensslin gegründete Rote Armee Fraktion hat der Bundesrepublik Deutschland den Krieg erklärt. Es gibt Tote und Verletze, die Situation eskaliert, und die noch junge Demokratie wird in ihren Grundfesten erschüttert. Der Mann, der die Taten der Terroristen zwar nicht billigt, aber dennoch zu verstehen versucht, ist auch ihr Jäger: der Leiter des Bundeskriminalamts Horst Herold (Bruno Ganz). Obwohl er große Fahndungserfolge verbucht, ist er sich bewusst, dass die Polizei allein die Spirale der Gewalt nicht aufhalten kann.


Quelle: Offizielle Webseite (http://www.bmk.film.de/).

Ein Film mit deutscher Starbesetzung über die Geschehnisse rund um den "Deutschen Herbst" nach dem Buch des Journalisten und Spiegel-Chefredakteurs Stefan Aust.

Eigentlich ein Film den man gesehen haben sollte, aber zur Zeit bin ich einfach nicht in Stimmung für 155 Minuten Terrorismus. Irgendwann werde ich ihn mir aber ansehen.

Kann von euch jemand was über den Film berichten?


Links:
IMDB (http://german.imdb.com/title/tt0765432/).

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Kaff
30.09.2008, 13:49
Ich hatte ja schon meine Zweifel, als ich hörte, dass Eichinger und Edel hinter dem Projekt stecken. Und wie sichheraus stellte, war das gar nicht mal so unberechtigt. Der Film hastet von einer spektakulären Actionszene zur anderen. Die Aneinanderreihung von Explosionen und Shootouts ist zwar gekonnt inszeniert, und unterlegt mit einem Bourne ähnlichen Score.
Zur historischen Genauigkeit kann ich natürlich nicht so viel sagen, da ich mich mit dieser Geschichte kaum auskenne. Zwar kriegt man eine Idee, wie die ganze Bewegung entstanden ist. Aber oftmals werden die Figuren nicht genügend beleuchtet, man kann ihre Motive schwer nachvollziehen (wenn man überhaupt ihren Namen mitkriegt). Zudem lässt einem das Schicksal der Figuren kalt, was aber weniger an der Darstellung der gezeigten Verbrechen liegt, sondern da ihnen ganz einfach eine menschliche Seite (mit Ausnahme der Meinhoff) fehlt.
Was bleibt ist ein optisch gut inszeniertes, aber emotional leeres Drama. 5/10

Falcon
30.09.2008, 21:17
Mir hat der Film im großen und ganzen recht gut gefallen. Dem ein oder anderen Kritikpunkt von Kaff kann ich mich aber durchaus anschließen. Der Film ist in der Tat mitunter etwas unübersichtlich und die Wandlung von Protestlern zu Terroristen wird nicht wirklich nachvollziehbar, ihre Motive bleiben eher unverständlich (wobei man hier vielleicht auch die Frage stellen muss, in wieweit man das überhaupt kann). Der grund dafür dürfte nicht zuletzt darin zu suchen sein, dass eben auch jede Menge Stoff in ca 2,5 Stunden untergebracht wird/werden muss.


Der Film hastet von einer spektakulären Actionszene zur anderen. Die Aneinanderreihung von Explosionen und Shootouts ist zwar gekonnt inszeniert, und unterlegt mit einem Bourne ähnlichen Score.

Das klingt jetzt so, als habe man es hier mit einem reinrassigen Actionfilm zu tun. Das empfand ich jedoch keineswegs so. Natürlich gibt es einige Schießereien, aber die hatten ein ganz andere Wirkung als bei Filmen wie Stirb Langsam o.ä.

Von manchen Seiten wurde dem Film ja die Konzentration auf die Täter vorgeworfen. Diesen Kritikpunkt kann ich eigentlich nicht nachvollziehen. Es ist zwar richtig, dass die Opfer in dem Film keinen großen Raum einnehmen, aber ich sehe in dieser Einseitigkeit kein Problem. Man hat sich eben entschieden die Geschichte aus Sicht der Terroristen zu erzählen und dann ist das nun mal eben so. In meinen Augen ist das auch die interessantere Perspektive. Glaube auch nicht, dass ein Hin- und Herschalten zwischen Täter- und Opferperspektive funktionieren würde.

Es ist aber eben keineswegs so, und das wird wohl manchen der Kritiker gestört haben, dass die RAF-Leute die ganze Zeit über als blutrünstige Killer-Monster dargestellt werden. Stellenweise mögen sie vielleicht sogar mal mehr oder weniger sympathisch erscheinen. Glorifiziert werden ihre Taten aber keinesfalls.
Eine interessante Beobachtung, die ich bei mir gemacht habe: das Vorgehen des "Staates" hat mich mitunter mehr schockiert als die Terroristen. (Insbesondere die Niederschlagung der Demo beim Schah-Besuch) Mag vielleicht daran liegen, dass ich deren Verbrechen kannte, über die Umstände in der damaligen Zeit/Gesellschaft aber nur wenig wusste/weiß.
So hat der Film dann bei mir auch das Bedürfnis geweckt, mich mit der ganzen Sache etwas ausführlicher zu beschäftigen. Mal sehen, ob ich das schaffe...

Handwerklich gibt's an den Film nichts auszusetzen. Ist sehr hochwertig produziert. Die Schauspieler machen ihre Sache eigentlich alle recht gut. Ausfälle gibt hier keine. Am besten hat mir Johanna Wokalek gefallen.

Fazit:
Ich kann den Film weiterempfehlen. Mit Punktbewertungen tue ich mir immer recht schwer. Ich schwanke zwischen 7 und 8. Halte ich es mal mathematisch: 7,5/10

nosferatu
01.10.2008, 21:43
Mich reizt der Film schon, zumal Geschichte eh mein Ding ist :-)
Ohne ihn gesehen zu haben, sehe ich vorab einen Kritikpunkt: Wie soll es gelingen, knapp 10 Jahre RAF-Historie in einen 2,5-stündigen Film zu packen? (Allein schon die Doku-Verfilmung der Landshut-Entführung und dem Schleyer-Attentat währte stattliche 180 Minuten.) Sicher will der "Baader Meinhof Komplex" kein historischer Dokumentarfilm sein. Dass dabei viele Details auf der Strecke bleiben und dass keine besonderen Schwerpunkte gesetzt werden, versteht sich von selbst.
Nun gut, ich werde ihn mir definitiv ansehen, und dann mal schauen, wie mein Fazit ausfällt.


So hat der Film dann bei mir auch das Bedürfnis geweckt, mich mit der ganzen Sache etwas ausführlicher zu beschäftigen. Mal sehen, ob ich das schaffe...

Sicher ist es auch die Intention des Films, dass der Zuschauer ihn als Anlass nimmt, sich mit den Kapiteln der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik zu befassen. Wenn man betrachtet, wie die heutige Bundesregierung mit der Bekämpfung von Terrorismus und dem Erhalt der inneren Sicherheit umgeht, ist es durchaus aufschlussreich, einen Blick 30 Jahre zurück zu werfen.

Teylen
04.05.2010, 15:17
Ich hab den Film bei einem DVD Ausverkauf erstanden und angesehen.


Ohne ihn gesehen zu haben, sehe ich vorab einen Kritikpunkt: Wie soll es gelingen, knapp 10 Jahre RAF-Historie in einen 2,5-stündigen Film zu packen?
In dem die Aktionen der zweiten und dritten Generation wirklich nur sehr knapp, im Kontext zu dem in Stammheim einsitzenden RAF Mitgliedern, behandelt wird.
Als Beispiele sieht man von Landshut wie die RAF mit den Arabern verhandelt.
Dann sieht man das das Flugzeug gekidnappt wird, per Tagesschau bericht.
Anschliessend erfaehrt man wie die Leute versucht werden frei zu pressen.
Dann das der Pilot erschossen wird, das Flugzeug Richtung Mogadischu aufbricht wo die Geiselnahme endet. Etwa 5 Aufnahmen vom Flugzeug, zwei von den Leuten drinnen.

Wobei im Allgemeinen, zumindest war mein Eindruck dergestalt, die eigentlichen Taten eher angerissen als in ausufender Aktion zelebriert wurden.
Sie dienen eher Punkte zusetzen an denen die Charaktere betrachtet werden.


Dass dabei viele Details auf der Strecke bleiben und dass keine besonderen Schwerpunkte gesetzt werden, versteht sich von selbst.
Der Schwerpunkt liegt auf dem Kern der Gruppe das heisst Baader, Ensslin und Meinhof.


Sicher ist es auch die Intention des Films, dass der Zuschauer ihn als Anlass nimmt, sich mit den Kapiteln der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik zu befassen.
Ich hatte das Gefuehl das es darum ging den Geschichtsablauf von etwa 1967 bis 1977, mit Fokus auf die Kern Gruppe darzustellen.


Ansonsten, als allgemeine Meinung hat mir der Film doch sehr gut gefallen.
Durch die Art und Weise wie die Geschichte erzaehlt wird, also in dem man sich ueber die spektakulaeren Aktionen durch die gut 10 Jahre bewegt, entsteht in dem gut 2 1/2 Stunden langen Film kaum der Eindruck von Laenge.
Lediglich gegen Ende, als die Leute inhaftiert sind, bricht der Film mit der Erzaehlart und nimmt sich eher Zeit.

Den Vorwurf das es zuviel Action gibt kann ich nicht nachvollziehen. Meiner Meinung nach wurden die Aktionen entsprechend eher knapp umrissen. Man bekam vermittelt was in etwa geschah, aber es wurde sich nicht mit allzu langer Beschreibung aufgehalten was, wie, im Detail ablief.
Mit Ausnahme der Befreiund Baaders.

Von den Figuren wirkte vorallem Ulrike Meinhof interessant, wobei sie fuer mich mit der Einlieferung in Stammheim und gerade bei den Streitereien mit Ensslin an Nachvollziehbarkeit verlor. Insbesondere letztes, also die Streitereien, verstand ich ueberhaupt nicht.

Baader und Ensslin waren solide gezeichnet, auch wenn das nachvollziehen der Handlungen eher schwierig schien da beide im Film ihre Motive nicht sehr ausfuehrlich erklaerten.

Bei den Nebenfiguren haette ich mir gewuenscht das Dutschke ausfuehrlicher beleuchtet worden waere.

Allgemein fand ich die Art und Weise wie der Staat gerade beim Besuch des Schah agierte erschreckend. Die Darstellung der Entwicklung der Rasterfahndung hinterlaesst ein ungutes Gefuehl. Die Haftbedingungen erwecken den Eindruck der Unverhaeltnismaessigkeit, sowohl die Isolationshaft als auch die Zusammen Fuehrung. Der Prozess wirkte wie ein Schauprozess.
Der einzige Ansatzweise vernuenftige bzw. demokratisch-rechtstaatlich agierende erschien der Leiter des BKA - auch wenn der die Rasterfahndung mit Unterstuetzt hat.

Imho ein guter Film, gut gemacht der zur Beschaeftigung mit dem Thema anregt und keine wirkliche Position bezieht; bis am Ende, etwas. Heisst die 2 & 3 Generation setzte sich zusammen, enmystifizierte die Helden, erschoss Schleyer und hoerte einfach auf?

Fazit: 7 / 10 bis 8 / 10

DerBademeister
04.05.2010, 19:52
Allgemein fand ich die Art und Weise wie der Staat gerade beim Besuch des Schah agierte erschreckend. Die Darstellung der Entwicklung der Rasterfahndung hinterlaesst ein ungutes Gefuehl. Die Haftbedingungen erwecken den Eindruck der Unverhaeltnismaessigkeit, sowohl die Isolationshaft als auch die Zusammen Fuehrung. Der Prozess wirkte wie ein Schauprozess.

Dazu gab es erst vor zwei Tagen einen interessanten (wenn auch viel zu vagen) Artikel im Spiegel:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,691931,00.html

Dieses Instrument, Täter kollektiv wegen Mordes zu verurteilen ohne tatsächlich im Einzelfall nachzuweisen dass derjenige auch tatsächlich gemordet hat und nicht nur Beihelfer war (beim Strafmaß immerhin ein erheblicher Unterschied!) kann man nur als sehr bedenklich einstufen.

Auch die neuerlichen Ermittlungen und U-Haft gegen Verena Becker - die immerhin vor 20 Jahren bereits ihr Lebenslänglich abgesessen hat - kann man eigentlich nur im Kontext einer politisch motivierten Justiz sehen. Diese Justiz hat selbst Jahrzehnte später noch nicht mit der RAF abgeschlossen, und ich kenne keinen anderen Fall in dem die Justiz derart hart und ausdauernd gegen (mutmaßliche) Mörder vorging.

Wenn man diese nicht anders als hysterisch zu bezeichnende Behandlung des Linksterrorismus dann damit vergleicht wie lax der Ohnesorg-Fall aufgearbeitet wurde (bzw. nicht aufgearbeitet wurde) - oder in jüngster Zeit der "Kollateralschaden" Tennessee Eisenberg (http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,692300,00.html) - dann ist wohl klar woher der Wind in unseren Gerichtssäälen und Staatsanwaltschaften wehte - und noch immer weht.

Man denke dabei nur mal an die tatkräftigen Bemühungen unserer aktuellen Regierung, den Linksextremismus mit dem Rechtsextremismus gleichzusetzen. Das passt ins Bild.

Teylen
04.05.2010, 21:29
Dazu gab es erst vor zwei Tagen einen interessanten (wenn auch viel zu vagen) Artikel im Spiegel:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,691931,00.html

Dieses Instrument, Täter kollektiv wegen Mordes zu verurteilen ohne tatsächlich im Einzelfall nachzuweisen dass derjenige auch tatsächlich gemordet hat und nicht nur Beihelfer war (beim Strafmaß immerhin ein erheblicher Unterschied!) kann man nur als sehr bedenklich einstufen.
Das war nicht die bedenken die mir beim sehen kamen.
Das die Personen die Verdächtig waren und im Fokus des Films standen die Verantwortung für das begehen terroristischer Handlungen haben und damit die Verantwortung für die entsprechenden Morde, Entführungen sowie Straftaten, selbst wenn sie nicht direkt begangen wurden habe ich nicht angezweifelt.

[Meines Erachtens sind sie zur Verantwortung zu ziehen da andernfalls die Logik greifen würde von wegen "Bringst du einen um ist es Mord [und falsch] bringst du viele (indirekt) um ist es Revolution [und richtig]"]

Was mich dort irritierte war das man die Bande
* In Einzelhaft sperrte
Obwohl eine normale Haft es auch getan hat
* Ihnen dann quasi eine "Kommune" einrichtete
Obwohl eine normale Haft angemessener gewesen wäre

Das darüber hinaus keine Verteidiger gestellt und offensichtlich ein Schauprozess geführt wurde.


[..] ich kenne keinen anderen Fall in dem die Justiz derart hart und ausdauernd gegen (mutmaßliche) Mörder vorging.
Ich halte es irgendwo für üble Polemik im Kontext der Morde der RAF ein mutmaßlich bei zu schieben.
Begangen und zu Verantworten sind sie schließlich von (Mitgliedern) der RAF und die Justiz muss ein Interesse daran haben diese aufzuklären.

Da im Vergleich, gerade zur heutigen Justiz, den Ohnesorg-Fall heran zu ziehen erscheint mir sehr absurd. Es ist wie der Versuch der Demontage der amerikanischen Justiz anhand der Nürnberger Rechtsprechung.


Man denke dabei nur mal an die tatkräftigen Bemühungen unserer aktuellen Regierung, den Linksextremismus mit dem Rechtsextremismus gleichzusetzen. Das passt ins Bild.
Den Stern Bericht zu den diesjährigen 1 Mai Ausschreitungen in Berlin empfand ich als recht gemäßigt.