@Teylen: Der "Hintergrundtext: Kinderpornographie & Internet-Sperren (ausführlich)" von netzpolitik.org ist in der Tat nicht so ideal bzw. konzentriert sich eben hauptsächlich darauf, die Zahlen, welche die Regierung zur Argumentation benutzt, in Frage zu stellen. Das halte ich zwar für wichtig und legitim, da es eigentlich nicht sein darf/kann, dass dem Bürger mit solch fraglichen Zahlenmaterial die Netzsperren "verkauft" werden sollen, aber zur allgemeinen Argumentation gegen die Sperren ist er wohl nur bedingt geeignet. Denn wenn man sich nur darauf bezieht, geht's möglicherweisen vielen wie Dir. Sie denken sich vielleicht noch: okay die Zahlen sind vielleicht nicht ganz richtig, aber ist doch eigentlich eine gute Sache, also kann ruhig gesperrt werden.
Es gibt aber auch viele andere und auch bessere Gründe gegen die Sperren als nur die fragwürdige Argumentationskette der Befürworter. Anschließend mal ein paar davon:
Es gibt keine Kontrollinstanzen bei dem System. Die Sperrliste wird allein vom BKA gepflegt, nur dort wird entschieden was gesperrt wird. Die Justiz ist nicht eingebunden, so eine Sperrung muss also nicht vorher von einem Richter abgesegnet werden. Da ist in meinen Augen in einem Rechtsstaat nicht tragbar. Es darf nicht sein, dass eine Behörde quasi nach belieben Internetseiten sperren kann und niemand kontrollieren kann, was sie da tut.
Viel sinnvoller als solche Seiten nur zu sperren, wäre es die Seiten aus dem Netz zu nehmen. Statt Geld in eine fragwürdige und potentiell Bürgerrechte verletzende Zensur-Infrastruktur zu stecken, würde man dieses Geld viel besser dazu verwenden, die entsprechenden Server und deren Betreiber zu ermitteln, die Server abzuschalten und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Mal ganz abgesehen davon, dass die diskutierten Sperren niemanden, der an solches Material kommen will, davon wirklich abhalten kann.
Ein noch recht neuer Aspekt ist, dass mittlerweile auch vorgesehen ist, zu überwachen wer auf eine solche Stoppseite gerät. Dies soll dann der Ausgangspunkt für Ermittlungen sein. Auf so eine Stoppseite kann aber leicht Jedermann geraten, da muss man nicht auf der Suche nach Kinderpornos sein. Da muss nur ein "Spassvogel" als harmlos getarnte Links auf solchen Seiten im Netz verbreiten und schon tappen hunderte oder tausende in die Falle. Oder E-Mails die automatisch Inhalte von solchen Seiten nachladen verschicken. Damit kann praktisch jeder ins Visier der Polizei geraten, dass Internet wird quasi unbenutzbar, wenn man dieser Gefahr aus dem Weg gehen will. (Es sei denn, man umgeht die Sperre.)
Hier mal ein Artikel von heise/c't der neben der fragwürdigen Argumentation auch noch andere Aspekte beleuchtet:
http://www.heise.de/ct/Die-Argumente...artikel/135867 (nicht identisch mit dem oben verlinkten heise-Artikel)
Wobei der aber schon ein paar Wochen auf dem Buckel hat und ein paar neuere Sachen, wie z.B. die Überwachung der Stopp-Seiten, noch nicht berücksichtigt. Näheres dazu gibt's beispielsweise hier:
http://www.heise.de/newsticker/Kinde...meldung/136769
Also ich bin ehrlich gesagt auch enttäuscht über die Berichterstattung der Medien. Von intensiv berichtet kann da meiner Ansicht nach keine Rede sein. Online gab's dazu natürlich einiges, im Printbereich auch noch die ein oder andere ausführlichere Auseinandersetzung mit der Thematik, aber im Fernsehen gab's dazu nicht viel. Klar wurde in den Nachrichten kurz darüber berichtet. Ausführlich und kritisch beleuchtet wurde da aber nix. Ich vermisse, dass sich mal die Magazine oder Talkshows der Öffentlich-Rechtlichen Sender mit der Thematik beschäftigen.In den vormals gescholtenen klassischen Medien wurde das Thema eigentlich intensiv behandelt, als es noch aktuell war, also vor knapp einen Monat und auch angesprochen das es wohl ein Problem mit der Formulierung geben könnte die über den Schutz von Kindern hinausgeht. Nur findet sich dazu nichts in dem Text?
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