Man muss "dem Staat" gar nicht unterstellen, das er "Böses" will. Aber blindes Vertrauen und hoffen, dass "die" schon alles richtig machen werden, ist auch nicht angebracht.
Solchen Theorien, dass das Thema Kinderpornographie nur vorgeschoben wird, um ein Bein in die Tür zu bekommen und das eigentliche Ziel ein Überwachungsstaat bzw. ein völlig überwachtes Internet ist, stehe ich auch eher skeptisch gegenüber. Allerdings sehe ich trotzdem die Gefahr, dass dieses Gesetz ein erster Schritt in die Richtung ist, ob geplant oder nicht.
Ich denke, dass die Motivation vor allem im Wahlkampf liegt. Mit einem solchen Thema kann man eben (vermeintlich?) gut Punkte sammeln. Gerade Frau von-der-Leyen ist jemand, dem es viel um gute Publicity geht (hatte übrigens auch die meisten Talkshow-Auftritte aller Minister, wie neulich in der Zeitung stand; für welchen Zeitraum die Statistik ging, weiß ich jetzt nicht, letztes Jahr, aktuelle Legislaturperiode o.ä.). Mag sogar sein, dass Frau von-der-Leyen durch und durch gute Absichten hatte, als sie das Gesetz auf den Weg brachte, aber der Zweck heiligt eben nicht die Mittel.
Unabhängig von der Motivation oder den wahren Hintergründen: warum sollte man dem Staat etwas erlauben, was viele problematische "Nebenwirkungen" hat, ohne nennenswerten Nutzen zu bringen?
Sehe diese Aktion auch sehr kritisch. Natürlich muss es auch der Befürworter-Seite gestattet sein Unterschriften zu sammeln, aber ich bezweifele, dass dies auf eine vernünftige Art und Weise geschieht. Da wird sich vermutlich einfach hingestellt und gesagt, man sammele Unterschriften gegen Kinderpornos, eine genaue Erläuterung des Gesetzes wird's wohl kaum geben. Dass die Anzahl der Unterzeichner recht hoch sein wird (ohne dass die genau wissen, für was sie da eigentlich ihre Stimme hergeben) ist zu befürchten.
Hier mal noch ein paar Meldungen zur aktuellen Entwicklung:
http://www.heise.de/newsticker/Gepla...meldung/137868
Das Hamburger Landgericht hatte in einer nun bekannt gewordenen Entscheidung vor einiger Zeit entschieden, dass ein provider nicht verpflichtet ist eine Website (es ging nicht um Kinderpornos, sondern Urheberschutz/Filmindustrie) zu sperren. Klingt auf den ersten Blick gut. Das Problem ist aber die Begründung: der technische Aufwand eine einzelne Seiten zu sperren sei dem Provider nicht zuzumuten. Davon abgesehen war das Gericht aber nicht gegen eine Sperrung. Wenn nun einmal flächendeckend Sperrsysteme bei den Providern installiert sind, zählt dieses Argument natürlich nicht mehr. Die Befürchtungen, dass es keineswegs beim Sperren von Kinderpornos bleiben wird, ist also offenbar nicht unbegründet.
http://www.heise.de/newsticker/Kinde...meldung/137908
Der dt. Kinderschutzbund setzt sich ebenfalls für Sperren ein. Begrüßen tue ich dies natürlich nicht, aber immerhin scheinen die die Thematik auch etwas differenzierter zu betrachten. Eine rein vom BKA geführte Liste lehnen sie ab und auch die oben schon erwähnte Unterschriftenaktion der Kinderhilfe (die beiden Organisationen nicht verwechseln) sehen sie kritisch. Des weiteren wollen sie, dass nicht nur mittels DNS gesperrt wird, sondern wirksamere Methoden eingesetzt werden. Eine Forderung die ich sogar verstehen kann, wenn man die Sperren für ein geeignetes Mittel hält. Deswegen finde ich es auch nicht so sinnvoll mit der schlechten Wirksamkeit von DNS-Sperren gegen das Gesetz zu argumentieren. Wobei man noch sagen muss, dass das Gesetz die tech. Umsetzung ohnehin offen lässt, "bessere" (sprich schwerer umgehbare) Systeme also davon abgedeckt sind. Etwas seltsam ist jedoch, dass bei deren Bündnis/Aktion der Videotheken-Verband IVD im Boot sitzt.
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