Soweit ich mich informiert habe, werden bei einer Insolvenz von Karstadt 80 % der Arbeitnehmer ihren Job behalten, da diese in profitablen Kaufhäusern arbeiten (bei uns in München in der profitabelsten Einkaufsmeile Deutschlands zum Beispiel), und diese Häuser ergo auch weiterbestehen bzw. von anderen Unternehmen übernommen werden. Es geht dabei also nicht um die 50.000 Jobs des Gesamtkonzerns, sondern nur um einen Teil. Darüber hinaus sollte auch nicht vergessen werden, dass Karstadt im Privatbesitz einiger der reichsten Persönlichkeiten des Landes ist, u.a. Frau Schickedanz und den Besitzern der Privatbank Sal.Oppenheim.
Ich will hier aber nicht über Karstadt diskutieren, Staatsbeihilfen für Unternehmen sind ein anderes Thema. Ich sehe ein gesamtwirtschaftliches Problem, dass darin besteht dass nicht die Unterschicht dem Mittelstand das Lebensmark aussaugt, sondern die Oberschicht. Dennoch sieht der mittelständische Durchschnittsbürger vor Allem in denjenigen den Feind und Schmarotzer, der noch weniger hat als er. Tatsache ist aber, dass der Gewinner der zunehmenden Auspressung mittelständischer Arbeitnehmer nicht die Unterschicht ist (denn deren Leistungen werden seit 20 Jahren zusammengekürzt), sondern die Oberschicht, deren Anteil am Steueraufkommen seit beinahe 50 Jahren konstant, jedes Jahr, durch jede Krise und jeden Boom, zurück geht.
Nur ein Beispiel: Im Jahr 1960 betrug der Anteil Steuereinnahmen aus Arbeitseinkommen und Verbrauchssteuern (Also Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer etc.) 40 %, und der Anteil Steuereinnahmen aus Vermögen (also Besteuerung von Erbschaften, Aktien- und Immobilienbesitz etc.) ebenfalls 40 %. Das heißt dass die "Reichen" ebenso viel zum Gemeinwohl beitrugen wie Arbeiter und Angestellte.
Heute liegt der Steueranteil derjenigen die arbeiten müssen für ihr Einkommen bei über 75 %, während diejenigen die andere für sich arbeiten lassen, nur noch 12 % beisteuern. Das ist eine massive Steuerentlastung der Oberschicht auf Kosten der Mittelschicht. Hätten wir eine Vermögensbesteuerung wie in den USA - und das ist ein Land, was sicher nicht dafür bekannt ist seine Vermögenden mit hohen Steuern zu quälen - dann hätte unser Staat sofort 50 Milliarden Euro mehr in der Tasche. Zum Vergleich: Letztes Jahr betrugen die gesamten Ausgaben für Hartz IV 35 Milliarden. Unsere Oberschicht könnte uns also ohne merkliche Einbußen für ihren Lebensstil nicht nur die kompletten Hartz IV-Ausgaben abnehmen, sondern uns auch noch 15 Mrd für Bildung, Gesundheitswesen oder Kulturprogramme spendieren.
So lange dieses Missverhältnis nicht nur so bleibt, sondern jedes Jahr weiter zunimmt, bin ich nicht bereit auf ein paar Hartz IVlern rumzuhacken die 20 Euro zu viel im Monat bekommen. Eine arbeitsscheue Minderheit der Transferempfänger hat es immer gegeben, und sie ist nicht das Problem in unserem Land, da sie sich nicht einmal annähernd in ähnlichen Dimensionen auf unsere Kosten bereichert wie es die Gesellschaftsschicht tut, welche es ob ihrer Privilegierung nicht braucht.
Ich verstehe schon warum man lieber auf Arbeitslosen rumhackt. Einmal wird man damit von Massenmedien wie BILD und den Privatsendern ("Die Sozialfahnder" heißt glaube ich eine Sendung) indoktriniert (man muss kein Verschwörungstheoretiker sein um auch dahinter eine Agenda zu sehen), zum anderen kennt jeder von uns solche Personen die sich Leistungen erschleichen aus dem persönlichen Umfeld. Die richtig dicken Abzocker aber kennt so gut wie niemand, da sie sich eben in ganz anderen gesellschaftlichen Sphären bewegen als wir und sich sehr konsequent diesem Streit entziehen.
Als Lesezeichen weiterleiten