Sarrazin – der Spalter der Nation
Die politische Elite ist empört, das Volk klatscht Beifall: Warum ist das so? Was ist die Folge?
In einem großen Meinungsartikel der lokalen Tageszeitung (www.pfaelzischer-merkur.de) vom 4.9.10 äußert sich der Politikwissenschaftler Dr. Misch von der Uni Trier in etwa wie folgt:
Es haben viele Leute den Eindruck, dass die politische Klasse die Befürchtungen im Thema Einwanderung nicht ernst nimmt, sogar wegdrückt und schönredet. Sarrazin einen Ausländerfeind zu nennen sei jedoch völlig deplatziert. Er konstatiert lediglich, dass es bestimmte Gruppen von Einwanderer gibt, die sehr erfolgreich sind, und welche die es nicht sind. Der Befund muslimische Einwanderer seien erfolgloser bei Bildung und Integration finde sich überall in Westeuropa und dies hat er nicht allein und erst jetzt ausgesprochen.
Laut Migrationsforscher Stefan Luft habe man gar bis in die 90iger Jahre das Thema Einwanderung in Deutschland mit einer Wahrnehmungsblockade versehen, welches bis zu Kontroversen ging, dass in Polizeiberichten nicht die Nationalität des Täters stehen darf. Erst die Ereignisse des 11. Sept. 2001 und später die Anschläge in London, Madrid oder die Ermordung von Theo van Gogh habe dies geändert.
Ärmere Schichten, die vielfach Tür an Tür mit Migranten wohnen, fühlen sich mancherorts tatsächlich wie fremd im eigenen Land, wenn immer mehr Vollverschleierte zu sehen seien in der ehem. Bäckerei um die Ecke der nächste Döner-Laden aufgemacht hat.
Die „bürgerliche Mitte“ fühlt sich bedroht eher durch das was sie hört, sieht oder liest, da sie weniger direkten Kontakt hat. Wohlhabende würden Zuwanderung zunächst als Bereicherung ansehen – Stichwort: Türkischer Gemüseladen; polnische Putzfrau; Abendessen beim Griechen – es sei ja alles halb so schlimm. Das ändert sich erst und schlagartig, wenn deren Kinder in eine Schule mit vielen Migranten kommen. Plötzlich wird nach einem Sündenbock gesucht. Es geht letztlich um die Angst.
Folge: Laut Focus-Umfrage können sich 20% der Deutschen vorstellen eine bürgerlich-konservative Partei rechts von der CDU zu wählen. Laut Misch ist deren Entstehung derzeit noch nicht absehbar, weil eine passende und bekannte Führungsfigur fehle, weil es trotz aller Problem hier noch etwas besser gehe als im übrigen Europa und weil es drittens noch kein gravierendes Ereignis, einen Auslöser gegeben habe, welches die Leute auf die Straßen gebracht hätte. Er meint hier z.B. oben erwähnte (Terror-)Attentate wie in England, Spanien oder Niederlande.
Wie ich schon erwähnte: Es muss (leider) wirklich erst was (schlimmes) passieren, bis sich zügig was ändert. (Was wäre wohl heute, wenn der Kofferbomber von Koblenz vor Jahren erfolgreich gewesen wäre ...?)
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