Ich erzähle mal hier kurz von der Wirklichkeit:
Im Bekanntenkreis ist ein Schlosser seit ca. 5 Monaten arbeitslos. Zuvor war er aus einer sicheren Festanstellung „ausgelagert“ worden in eine Zeitarbeitsfirma, ... gleiche Arbeit bei weniger Lohn! (Ach ja, das ist ja gar nicht der Sinn der Sache, es soll ja nur flexibler für den Arbeitgeber werden. Tja, ... Wunschvorstellung und Realität - auch hier so weit auseinander wie Westerwelles Vorstellungen zur realen Umwelt).
Weitere Folge war, dass die weiterhin fest Angestellten nun die Zeitarbeiter massiv gemobbt haben. Grund ist der, dass man wohl selbst Angst um die Wegnahme des eigenen Arbeitsplatzes hatte = es geht ja auch billiger. Damit das nicht passiert hat man diese Zeitarbeiter zu keiner Zeit unterstützt sondern schikaniert und dafür gesorgt, dass sie möglichst viele Fehler machen mussten. Er nannte es „Die Hölle von B.“
Nachdem nun dieses Martyrium beendet war, weil der Zeitvertrag nicht verlängert wurde, kommt nun das erfolglose Suchen nach einer neuen Arbeitsstelle. Hunderte Bewerbungen, gar bis zu 100 km selbst gefahren und persönlich vorgestellt ... doch überall nur Kurzarbeit und Einstellungsstopp.
Wo bitte soll hier noch mehr „gefordert“ werden?
Wo bleibt die Unterstützung vom Amt wenn es dort heißt, „wir wissen wie sie sich engagieren, aber wir haben einfach keine Arbeit für sie!“
Er ist Mitte 40 und damit schon auf dem „besten Weg“ in Hartz IV, nachdem er sein Leben lang gearbeitet und in die Sozialkassen eingezahlt hat. Wie soll man anschließend, evtl. gar nur mit einem „1 Euro Job“, weiter in die Sozialkassen einzahlen? Wie fühlt sich so jemand?
Die lieben Arbeitgeber ersetzen fleissig die festen Anstellungen mit Leih-/Zeitarbeitern (so auch bei meinem alten Arbeitgeber). Neben den Zeitverträgen (nun gar jeweils nur noch 6 Monate lang) werden die Callcenter vermehrt mit Zeitarbeitsleuten aufgefüllt. Jedes Schlupfloch wird ausgenutzt um keine festen Anstellungen zu haben! Wie ich jedoch erlebe und höre, sind die Hotlines jedoch weiterhin oft schlecht erreichbar und es fehlt eher an Personal. Somit gibt es keinen Grund nicht auch feste Arbeitsverträge zu haben, denn die Nachfrage ist doch vorhanden. Diese Leute würden sich dann auch mehr für die eigene Firma engagieren als solche, die nicht wissen wo sie in einem halben Jahr noch sind. Tja, ... das interessiert den Arbeitgeber aber wenig, denn er nutzt die Gesetze so wie es für ihn am einfachsten und billigsten ist.
Somit gehört eben ein echter Mindestlohn her (und kein Aufstocken des Mini-Lohns durch den Steuerzahler), es gehört diese sogenannte Flexibilität auf den Prüfstand um den deutlichen und massiven Missbrauch endlich zu beenden. Es brauch mir keiner zu kommen mit dem „Wettbewerb“ der das aber nicht erlaube. Wenn z.B. alle Friseure bundesweit einen Mindeslohn zahlen müssten, dann kann niemand davon ausbrechen und die Bedingungen sind für alle gleich. In anderen europäischen Ländern gibts da kein Problem damit, warum also hier soviel unnötiges Gezeter darum?
Und ja, seit ich politisches beobachte erlebe ich überall, egal mit welcher Regierung, das die Schere zwischen Arm und Reich weiter und weiter auseinander geht. Es ist der Lobbyarbeit der Reichen und sogenannten Wirtschaftsfachleuten zu verdanken, dass sie die Bedingungen schönreden und den Armen noch einreden sie seinen ganz alleine Schuld, wer arbeiten will bekommt auch Arbeit usw. ... den Spruch "Jeder ist seines Glückes Schmied" kann ich wirklich nicht mehr hören, denn er ist längst meilenweit von der Realität entfernt.
Wir sind nun doch wieder beim römischen Reich angekommen: Die arme Unterschicht wurde mit "Brot und Spielen" abgelenkt. Das Brot und die Spiele der Neuzeit ist die billige, aber oft ungesunde, Ernährung und der Flachbildfernseher zur Ablenkung mit Soaps und olympischen Spielen etc.
Helmut Schmidt: "Westerwelle hat nicht Recht"
http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,679648,00.html
"Ein Meister der Wichtigtuerei" sei Westerwelle ...
Als Lesezeichen weiterleiten