Es ist eine Haftpflichtprämie, die Tausende zum Aufgeben zwingen könnte; die flächendeckende Versorgung ist gefährdet. Im Frühjahr dieses Jahres kündigte ihr Versicherer den freiberuflichen Hebammen. Die meisten der rund 18 000 Hebammen in Deutschland arbeiten frei. Kurz nach Ostern der Schock: 3689 Euro Haftpflichtprämie muss jede ab 1. Juli jährlich an die neue Versicherung überweisen, egal ob sie eine oder 50 Mütter betreut. Das Berufsrisiko ist hoch. Die Zahl der erwiesenen Kunstfehler ist zwar nicht gestiegen, doch sprechen Gerichte betroffenen Eltern mittlerweile bis zu 4,5 Millionen Euro Schadenersatz zu. Solche Summen fallen auf alle zurück, auch auf die zwölf Frauen, die im Geburtshaus Charlottenburg arbeiten. Ihnen passierte in 23 Jahren noch nie ein gravierender Fehler.
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Doch der medizinische Fortschritt half, das Leben geschädigter Babys zu verlängern, mit Folgen für Kind, Eltern - und Geburtshelfer. Letztere müssen vor Gericht beweisen, nichts falsch gemacht zu haben. Das gelingt selten, so stiegen die Prämien. "Amerikanische Verhältnisse" nennt das der Berufsverband, macht dem Versicherer aber keine Vorwürfe. "Das sind seriöse Kalkulationen", sagt Martina Klenk, Präsidentin des Hebammenverbandes. Am 26. Mai trifft sich der Verband mit Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Der will etwas für die Frauen tun, ihr Anliegen werde sehr ernst genommen, heißt es im Ministerium. Ob ausgerechnet ein liberaler Minister ihren Wunsch nach einem steuerfinanzierten Fonds unterstützt, aus dem mehr Gehalt oder die Haftpflicht selbst bezahlt werden soll?
Die Hebammen stehen nicht mit leeren Händen da. Ihre Petition, die sie mit Fristende 17. Juni beim Bundestag zur Zeichnung eingereicht haben, könnte dieser Tage die 100 000. Unterschrift bekommen (
https://epetitionen.bundestag.de). Doch daraus leitet sich für den Gesetzgeber nur der Zwang ab, die Petenten vorzuladen. "Aber ich freue mich schon riesig", sagt Christine Schuppe, "dass wir den Menschen so wichtig sind."
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