Dein Gedächtnis scheint Heute besonders kurz zu sein, denn Du bist derjenige der den Nazivergleich in die Diskussion eingeführt hat. Dann musst Du Dir eine Replik darauf schon gefallen lassen.
Man kann nicht pauschal Millionen Menschen wegen der Mitgliedschaft zu solchen Vereinigungen abkanzeln, das sind individuelle Lebenswege, egal ob es sich um die Nazizeit oder die DDR handelt. Jeder hat seine eigenen Gründe, Manche waren Überzeugungstäter, viele Andere waren Mitläufer, wieder Andere traten ein weil es ihrer Karriere z.B. im Beamtenapparat förderlich war.für das eintreten in die wehrmacht, nsdap oder SS gab es damals andere gründe als für den beitritt in die SED. letzteres war ebenfalls oft mit zwängen verbunden, allerdings lassen sich diese umstände nicht mit dem gleichsetzen, was in der nazizeit z.b. ein kriegsverweigerer zu erwarten hatte. viele SED-leute sind, meiner ansicht nach, überzeugungstäter - aber gleichermaßen stellten sie sich nach der wiedervereinigung als geschickte wendehälse heraus. es tauchen immer wieder berichte über ehemalige parteimitglieder auf, die in der BRD sofort unbehelligt karriere machen konnten, obwohl sie sich vorher jahrelang für die SED die hände schmutzig gemacht hatten.
Unter diesen Menschen haben es nicht nur Mitglieder der Linkspartei zu Amt und Würden gebracht, man denke da nur an unsere FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda Merkel, oder Ex-MP Althaus der gerne nicht systemkonforme Schüler an die Stasi verpfiff. Wenn diese Politiker eine Einzelfallbetrachtung verdient haben, dann auch jeder Linksparteiler.
Was mich bei diesen Diskussionen oft stört ist die "holier than thou" Einstellung vieler Wessis und westdeutscher Politiker, als wäre hier 1949 eine lupenreine Demokratie wie gepellt aus dem Ei geschlüpft, als gäbe es nicht diesen kitschigen Gründungsmythos des Wirtschaftswunders das doch bei näherer Betrachtung hauptsächtlich von z.T. hochrangigen Nazi-Funktionseliten geschaffen wurde.
Der Versuch den Gesprächspartner auf persönlicher Ebene zu beleidigen war noch nie ein Beleg dafür die schlüssigere Argumentation zu besitzen.die Linke geht mit diesem thema bis heute sehr schwammig um und es gibt nicht wenige mitglieder, die mit der DDR-zeit sehr verharmlosend umgehen. ich hab mir das ganze nicht nur aus der theoretischen distanz eines naseweißen politikstudenten angeschaut
Es gibt und gab am linken Rand zu allen Zeiten Spinner - ich denke da nur an Sartre der wie viele linke Intellektuelle ein bekennender Mao-Fan war - wie auch am rechten Rand, die waren dann eben Fans von Pinochet., sondern war selbst oft genug auf festlichkeiten linker gruppierungen eingeladen. einerseits wegen hochschulpolitischer podiumsdiskussionen, die ich moderierte. andererseits aus journalistischen gründen. wenn man dann sieht, wieviele ewig gestrige betonköpfe sich unter dem deckmantel linker politik auf solchen veranstaltungen tummeln, kann es einem ganz übel werden. da gibt es nicht nur diejenigen, die rührseelig in süßlicher DDR-nostalgie schwelgen, sondern auch solche, die figuren wie dem diktatur Slobodan Milošević huldigen.
Nun, die FDP-Stiftung unterstützt dann schon mal einen Putsch in Honduras gegen den gewählten Präsidenten, weil der den Großgrundbesitzern zu Leibe rücken wollte. Eine Distanzierung von solchen höchst fragwürdigen aussenpolitischen Praktiken wirst Du aber bei Guido und Co. niemals hören, und in den Massenmedien so gut wie nichts lesen.die Linke hat sich, meines wissens nach, nie eindeutig von diesen splittergruppen distanziert.
Verstehe mich nicht falsch: Ich sehe dieselben Probleme bei der Linkspartei. Sie sind sogar ein Grund wieso ich dieser Partei bisher die Stimme verwehrt habe. Ich wehre mich aber entschieden gegen zwei Dinge, Erstens solche Pauschalaussagen wie Du sie hier triffst, und zweitens dieses Messen mit zweierlei Maß dass die Journaille stets bei der Linkspartei anlegt. Wenn man sich kritisch mit der Linkspartei auseinandersetzt, muss man sich auch ebenso kritisch mit den anderen Parteien auseinandersetzen, da gibt es mindestens ebenso viele Leichen im Keller.
Aus meiner Sicht ist dieses penetrante Herumhacken auf der Vergangenheit auch ein Versuch zu überdecken, dass Lafontaine und Gysi die Konsequenzen dieser neoliberalen Politik als so ziemlich einzige nahmhafte Politiker schon seit mindestens einer Dekade vorausgesehen haben, während die restlichen Parteien bis zur Finanzkrise diesem markthörigen Dogma anhingen und zum großen Teil immer noch anhängen. Dass einem "Verräter" und "Drückeberger" wie Lafontaine von der Geschichte Recht gegeben wurde ist für viele SPDler, Grüne und Co. und die daran hängende Journalistenmischpoke unverzeihlich.
Wenn man sich doch nur halb so leidenschaftlich mit unserem heutigen Land und den Lösungsideen von Herrn Gysi und Lafontaine zu diesem Land auseinandersetzen würde wie mit einem Land das seit 20 Jahren Geschichte ist. Das scheint doch vor Allem Lebensaufgabe jener Politiker und Journalisten zu sein die nullkommanull Vorstellungen und Lösungen haben um die immer eklatanter werdenden Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten im heutigen Deutschland endlich anzugehen.
Jede Fusion muss erst mal gestemmt werden. Die Frage ist wo die Linkspartei als neue Partei sich hinentwickelt, und hinentwickeln soll. Die von den anderen Parteien abgesprochene Koalitionsfähigkeit der Linken hat nämlich nur vorgeschoben etwas mit DDR-Mummenschanz zu tun mit dem weder die West-Linken noch die West-SPDler irgendeine persönliche Erfahrung haben, sondern sehr viel mehr mit dem Wahlprogramm der Linken das wie ein Stachel im Fleisch der SPD und ihrer nach wie vor personell und programmatisch völlig unaufgearbeiteten Agendapolitik sitzt. Selbst wenn die Linke jeden einzelnen Ex-SED'ler Morgen rausschmeißt und die DDR als die Reinkarnation des Teufels brandmarkt, bleibt dieser Hauptgrund für ihre zugesprochene Koalitionsunfähigkeit bestehen.in ihrer fusions-euphorie haben sie sowieso eher alles einkassiert, was gerade zu haben war. wachstum und stimmenfang standen weiter oben als demokratische werte.
Ich für meinen Teil begrüße eine Linke ohne SED-Bonzen, aber keine Linke mit einem weichgespülten Programm in Sozial- und Wirtschaftsfragen nur um für Politiker koalitionsfähig zu sein die uns mit Hartz IV und Hedgefonds beglückt haben.
Ich habe nicht den Eindruck dass die Mehrheit der Linken für die Einführung des Sozialismus ist, sondern eher für eine Sozialdemokratie mit starkem Staat wie sie Willy Brandt vertreten hat. Darüber hinaus sind die Linken genauso in der Realpolitik verhaftete Pragmatiker wie Politiker anderer Parteien auch, dort wo sie in der Regierungsverantwortung stehen (siehe Berlin) wird das Wahlprogramm ganz schnell an die Realität und an die Machtverhältnisse als Juniorpartner in einer Koalition angepasst.natürlich kann man behaupten, ich wäre persönlich befangen. das bin ich auch als ex-DDR-bürger. vor allem bin ich deshalb befangen, weil ich in unserem umfeld viele SED-bonzen nach der wende davon kommen sah. ohne jegliche konsequenz. das waren leute, die ihre mitmenschen ausspioniert haben und die ganze familien unter druck setzten. diese leute haben verbrechen begangen und mussten nicht dafür gerade stehen. die Linke könnte dazu beitragen, einen sauberen sozialismus zu entwickeln, indem sie ihre mitglieder intensiver auf ihre vergangenheit überprüfen lässt. sowas passiert aber nur, wenn mal wieder ein paar skandälchen durch wie boulevardpresse geistern.
wenn dieser partei ernsthaft daran gelegen wäre, ein klares signal gegen den machtmissbrauch in der DDR zu senden, hätten sie Gauck mitnominiert.
Was Gauck angeht, so ist er für mich wegen seiner Wirtschaftsliberalität in diesen Zeiten alles Andere als ein geeigneter Kandidat, aber in jedem Fall deutlich geeigneter als der ebenso wirtschaftsliberale kantenlose Wulff, bei dem jede Vorstellung von Überparteilichkeit sich von Vorneherein in dieselbe heiße Luft auflöst mit der er auch die Niedersachsen jahrelang beglückte.
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