Bisher habe ich als Außenstehender die Diskussion zwar durchaus mit Interesse verfolgt, mich aber bewusst aus dieser internen deutschen Angelegenheit rausgehalten. Zumal mir hier auch der Einblick fehlt, um eine fundierte Meinung abzugeben. Aber wenn ich quasi schon angesprochen werde...
Ja, bei uns wurde der Bundespräsident schon immer direkt gewählt. Hat aus meiner Sicht aber insofern kaum Vor- oder Nachteile, als das ich den Posten generell für entbehrlich halte - zumindest so, wie er in Österreich gelebt wird (das ich nicht der Einzige bin, der so denkt, zeigt die stets geringe Wahlbeteiligung im Vergleich zur Nationalratswahl). Von den Kompetenzen her ist es bei uns, soweit ich das nach den bisherigen Artikeln und Kommentaren zur deutschen Präsidentschaftswahl beurteilen kann, in etwa so wie bei euch. Und ich weiß nicht, wie's in Deutschland ist, aber viele der Befugnisse, die der BP hat, wurden bei uns noch nie wirklich ausgenutzt (und nur um das klarzustellen: Angesichts unser beider Vergangenheit mit einer Diktatur WILL ich das auch gar nicht anders; das wäre einfach zu viel Macht in einer Hand). Er setzt seine Unterschrift unter die Gesetze, nimmt die Vorschläge zur Ministerbesetzung der Regierung an etc. Hat zwar auf dem Papier den Oberbefehl über die Streitkräfte, in Wahrheit ist dafür aber ohnehin der Verteidigungsminister zuständig. In erster Linie nimmt er repräsentative Aufgaben wahr, weshalb sich die Funktion teilweise auch mit der des Außenministers stark redundiert (kann man das so sagen, oder ist das jetzt eine eher eigenwillige Kreation von mir? *g*). In der Vergangenheit kam es genau deshalb zwischen beiden Posten auch schon zu gelegentlichen (kleineren) Reibereien und Konflikten.
Insofern ist mir eigentlich egal, wer den BP bei uns wählt, ob direkt oder der Nationalrat. Da es bei uns ohnehin kaum unabhängige Kandidaten gibt - und die wenigen, die's versuchen, üblicherweise chancenlos unter "ferner liefen" landen; wobei einigen durchaus auch ein gewisser Kuriositätsfaktor nicht abgesprochen werden kann, siehe die Kandidatur von Richard Lugner 1998 (?) - wäre wohl das Ergebnis sehr ähnlich; die Parteien würden ihre eigenen Kandidaten unterstützen, so wie das Wahlvolk den Kandidaten "ihrer" Partei unterstützt.
Viel wichtiger hielte ich es für Deutschland, wenn man vor den Wahlen endlich mal richtige TV-Diskussionen machen würde. Was das betrifft, haben wir euch ordentlich was voraus. Bei euch hat das ja den Aufwühlungscharakter und die Spontanität einer Schachpartie. Alles so reglementiert. Eine Frage zu einem Fachbereit, dann eine 2-minütige Antwort des einen, dann des anderen, dann je noch 1 Minute drauf antworten... *gähn*. Bei uns sind es tatsächlich DISKUSSIONEN. Natürlich mit Leitfaden, und selbstverständlich wird auf die Redezeit geachtet, damit nicht einer dauerquasselt und der andere gar nicht mehr zu Wort kommt, aber die beiden reden eben wirklich MIT- statt nur HINTEReinander. Was im übrigen nicht nur für die beiden Kanzlerkandidaten, sondern alle Spitzenkandidaten der im Nationalrat vertreteten Parteien gilt. Und zum Abschluss gibts dann nochmal eine "Elefantenrunde". Das ist nicht nur lebhafter und interessanter als das deutsche Modell (das man sich scheinbar von den ähnlich zugeknöpft agierenden Amerikanern abgeschaut hat), sondern verschafft einem sowohl von der Positionen als auch dem Charakter des Kandidaten ein viel besseres Bild.
Öhm. Das würde so in Ö nicht funktionieren, im Gegenteil. Hätten wir das gleiche System wie ihr, hätte sich Babsi Braun über einen deutlich höheren Stimmanteil freuen dürfen; so wurde ihr erfreulicherweise von der Mehrheit der Österreicher eine klare Absage erteilt.Der eine positive Effekt unserer repräsentativen Demokratie mit 5-Prozent-Hürde ist das praktisch nichtexistente Abschneiden der Rechtsextremen auf Bundesebene
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