Komme gerade aus der Vorpremiere. Er war besser als erwartet, aber schlechter als erhofft - sofern das irgendwie Sinn ergibt

Visuell natürlich umwerfend, und das bezieht sich jetzt nicht nur auf die Fantasy-Szenen. Im Gegenteil, kam es doch hier zumindest bei mir angesichts all der hohlen Action-Orgien teilweise schon fast zu einer Übersättigung. Aber man kann von ihm halten was man mag, Snyder weiß, wie er tolle Bilder einfangen und auf die Leinwand zaubern kann. Auch die Inszenierung der Action hat mir gut gefallen wenn ich auch - und mit dieser Meinung werde ich wohl ziemlich alleine dastehen - ich mir sogar etwas mehr Snyder-typische Zeitlupen gewüncsht hätte. Vor allem die zweite Fantasy-Traumwelt war teilweise recht hektisch inszeniert und drohte fast unübersichtlich zu werden - für Snyder eher untypisch. Am besten hat mir eigentlich die erste "Welt" gefallen, wobei optisch auch die letzte einiges hergab. Die 3. war jedoch auch durchaus interessant, mit dem Fantasy-Gegenwarts-Mix (Flugzeug gegen Drache). Vom Konzept her war wohl die 2. die beste, die in einer Art verzerrten zweitem Weltkrieg spielt, aber genau da hat mich wie gesagt die Action etwas weniger überzeugt (kleine Bemerkung am Rande: Zumindest heute bei der Vorpremiere gabs bei mir bei den Dialogzeilen der Deutschen englische Untertitel ).

Visuell also, wie es zu erwarten war, bestechend. Snyder zaubert hier einige Bilder und phantastisch-schräge Welten auf die Leinwand, wie man sie so noch nie zu sehen bekam. Vom Konzept her ist "Sucker Punch" jedoch leider fehlerbehaftet. Der Trailer vermittelt dein Eindruck, dass "Baby Doll" in die psychiatricshe Anstalt eingeliefert wird, dort in wenigen Tagen eine Lobotomie bekommen soll, sich mit anderen Patientinnen zusammentut und sich in ihre Phantasie flüchtet, um den Fluchtplan Schritt für Schritt, Gegenstand für Gegenstand, "Level" für "Level" umzusetzen. Falsch. Stattdessen flüchtet sie von der harschen Realität der psychiatrischen Anstalt in die harsche Traumwelt eines Bordells. Alle Figuren aus der Realität nehmen hier passende, nur halt auf diesen neuen Handlungsort angepasste, Rollen ein. Eben diese Traumwelt dominiert die Handlung des Films. Und von dieser reist sie dann wiederum in die Phantasie-Welten, in denen es nacheinander verschiedene Missionen zu erfüllen gibt. Ein Traum in einem Traum in einem Traum...

Mein Problem daran ist nichtmal, wie bekannt einem dies nach "Inception" vorkommt, sondern dass hier die Verknüpfung zwischen den Welten nicht klar ist. In "Inception" wusste man: Stirbst du im Traum, drohst du in den Limbus zurückzufallen und daraus möglicherweise nie wieder hervorzukommen. Hier ist uns zwar immer bewusst, welche Auswirkungen die Phantasiewelt auf die Traumwelt hat, doch jene auf die Realität bleibt uns verborgen. Dadurch fehlt es den Actionszenen leider gänzlich an Spannung und Dramatik, und den verschiedenen Todesopfern völlig an emotionaler Wirkung - da wir nur mitbekommen, wie sie in der Phantasiewelt udn dann auch in der Traumwelt sterben, jedoch nicht, was dies für die Realität bedeutet. Diese bekommen wir nämlich nur in den ersten und den letzten 10 Minuten (geschätzt) zu Gesicht - den Rest des Films befinden wir uns in den beiden von der Hauptfigur erfundenen Welten/Traumebenen.

Das allein wäre noch kein Beinbruch, wenn Snyder einen gänzlich oberflächlichen, tongue-in-cheek und rein auf oberflächliche, aber eben durchgehende Unterhaltung zugeschnittenen Film gemacht hätte. Hat er aber nicht. Die Actionszenen nehmen insgesamt wohl nicht mal30 Minuten des Films ein, was immer noch wie ein großer Brocken wirken mag, für einen reinen style over substance-Film aber einfach zu wenig ist. Generell ist "Sucker Punch" für einen solchen einfach nicht - durchgängig - unterhaltsam und temporeich genug. Außerdem zeigt die Inszenierung der dramatischen Szenen, dass Snyder hier mehr liefern wollte als reines eye candy. Aufgrund der angesprochenen Probleme beim Konzept scheitert er damit jedoch leider. Was hingegen gut gelungen ist, ist die Message des Films - finde ich zumindest. Diese wird zwar vor allem gegen Ende hin mit dem Holzhammer eingeprügelt, aber wenigstens ist es ihm hier gelungen, sie erfolgreich an die Zuschauer zu vermitteln - im Gegensatz zur Spannung und Dramatik zahlreicher Szenen zuvor.

Enttäuscht war ich auch von der musikalischen Untermalung. Nach dem diesbezüglich kongenialen Watchmen, wo er sich zahlreichen zur Epoche der Handlung passenden Liedern bediente, und diese perfekt mit den entsprechenden Szenen verknüpft hat (die Intro-Sequenz mit "The times are a-changing" ist meines Erachtens jetzt schon legendär; und auch der Einsatz von "All along the watchtower" und "Sound of Silence" war genial; selbst "Hallelujah", das einigen weniger gefallen hat, fand ich klasse, da es so ziemlich das letzte Lied war, dass man sich in diesem Moment erwartet hätte, und der Szene zudem dank des Textes eine ironische Note verlieh ["I did my best - it wasn't much" ]). Das Intro von "Sucker Punch" schien, sich hier in bester Tradition zu bewegen. Die dort verwendete Cover-Version von "Sweet Dreams" war nicht nur die perfekte Einleitung für die Traumwelten danach und passte daher wie die Faust aufs Auge, ich fand auch diese neue Interpretation genial. Leider war es das einzige Stück, dass mich überzeugt hat (und welches ich mir vom Soundtrack zulegen werde). Auch der ganze Rest waren Cover-Versionen, die jedoch bei weitem nicht so zu überzeugen konnten. Statt atmosphärisch waren sie in erster Linie laut. Hier habe ich sein Gespür für die perfekte musikalische Untermalung, dass er in "Watchmen" zur Schau gestellt hat, schmerzlich vermisst.

Auch inhaltlich hat der Film enttäuscht, wenn auch die Offenbarung am Ende des Films, was denn nun genau in der Realität passiert ist, den Film 5 Minuten vor 12 diesbezüglich noch einmal deutlich aufgewertet hat. Über jeden Zweifel erhaben sind hingegen die schauspielerischen Leistungen. Emily Browning & Co. geben hier wirklich alles, und liefern teilweise sogar bessere, glaubwürdigere Leistungen ab, als es der Film verdient. Wo man den SchauspielerInnen bei anderen ähnlichen Effektorgien oftmals ihre Langeweile anmerkt oder erkennt, dass sich angesichts der Oberflächlichkeit der Handlung einfach nicht sonderlich motiviert sind, oder auch einfach mit der ganzen Bluescreen-Arbeit nicht zurande kommen, schaffen sie es allesamt, ihren auf dem Papier hauchdünnen Figuren leben einzuhauchen und ihnen zumindest eine Spur an Tiefe zu verleihen. Schade nur, dass dieses Vertrauen, dass sie offenbar in Snyder und den Film gesetzt haben, nur bedingt verdient war...

Fazit: Trotz meiner Enttäuschung muss man Zack Snyder für "Sucker Punch" doch auch Respekt zollen. Dass er es geschafft hat, diesen Film so auf die Leinwand zu bringen und damit seine eigene Visionen derart ungefiltert zu präsentieren, ist schon beachtlich. Auch sorgt eben dies dafür, dass "Sucher Punch" vor allem in den Phantasiewelten mit einigen originellen Einfällen überzeugen kann. Auch visuell ist "Sucker Punch", wie nicht anders zu erwarten, bestechend. Die Musikauswahl hat mich hingegen nach dem dahingehend genialen "Watchmen" mit Ausnahme der "süßen Träume" zu Beginn eher enttäuscht. Das größte Problem liegt jedoch im Konzept des Traums im Traum, wodurch man leider sämtlichen Actionszenen jeglicher Spannung, Dramatik und Bedeutung beraubt. Was bleibt, ist eine beeindruckende Demonstration von Snyders visuellen Stärken, sowie der bittere Beigeschmack, dass Snyder der Regisseur von Snyder dem Drehbuchautor hier leider etwas im Stich gelassen wurde. 6/10