Hannibal der Kanibale... Welch wohlklingender Name. In den Hannibal-Lector-Streifen wurde das Kannibalen-Thema äußerst wirksam verarbeitet und vom Publikum im wahrsten Sinne des Wortes verschlungen (Doppeldeutigkeit rules). Besonders die Essgewohnheiten Herrn Lectors hinterließen eine bleibende Faszination. Seine Art war die eines Gourmets. Das kaufte man ihm 100% ab.
In den letzten Tagen gewann dieses Thema wiederum an bizzarem Interesse. Bilder, in denen eine Kreissäge und ein großer Grill aus einem Haus getragen werden, finden sich in den Zeitungen. Eigentlich nix besonderes. Wenn man nicht den Gedanken damit verbinden würde, dass mit eben diesen Geräten Menschenfleisch zubereitet wurde. Stellt euch vor, wie jemand einen menschlichen Brustkorb per Kreissäge zerlegt und danach Rippchen davon grillt. So tat es der Kannibale aus der Nähe von Kassel angeblich nach eigener Aussage. Wie nahe bzw. wie fern liegt nun das Charisma des Gourmets? Hat die Realität Platz für spleenige Typen alá Hannibal Lector? Typen, die einem trotz ihrer eigensinnigen Essgewohnheiten irgendwie sympathisch sind? Wohl eher nicht. Die Angst, selbst verwurstet zu werden, einfach zu Nahrung verarbeitet in einem Gefrierfach zu landen, ist zu groß. Wir können es uns nicht vorstellen, die eigene Art zu essen. In anderen Kulturen und im Tierreich kommt das vor. Fleisch zu essen ist für die meisten von uns nichts ungewöhnliches. Wir denken bei all den Hackfleischbällchen und Steaks und Schnitzels usw. kaum darüber nach, dass und wie ein Tier dafür sterben musste. Ein Tier, das lebt, fühlt, denkt. Oder wollen wir Menschen uns anmaßen, ihm diese Eigenschaften abzusprechen? Wollen wir, um unser Gewissen und ganz besonders unseren Magen zu beruhigen, Tiere zu schlichten Produkten machen? So wie Dosenöffner oder Schoko-Riegel? Vom Menschen produziert, einzig für sein hochgeschätztes Wohlergehen. Ich weiß von Kindern, die glauben, dass beispielsweise Burger-Fleisch und dergleichen nicht aus getöteten Tieren gemacht, sondern anderweitig gewonnen wird. Vielleicht wie Schokolade oder Cornflakes. Andere Kinder glauben, die Tiere werden erst geschlachtet, wenn sie auf natürlichem Wege sterben.
Der Gegessene im aktuellen Kannibalen-Fall hat sich selbst angeboten. Er wollte es so. Über Internet fanden Mahlzeit und Koch zueinander. Per Anzeige. Tötung auf freiwilliger Basis also. Der Gegessene sah seinen einzigen Lebenszweck nur noch darin, verspeist zu werden. Tiere haben unserer Meinung nach denselben Zweck. Wer bestimmt hier in Betracht unserer eigenen Essgewohnheiten über Recht und Unrecht? Über Normalität und Perversion?

Ohne Kannibalismus negativ bzw. positiv bewerten zu wollen, möchte ich diese Überlegungen gerne zur Diskussion stellen.
Ich wählte dafür das Milliways, weil es dabei um Essgewohnheiten geht. Wodurch diese motiviert sind und inwieweit man sie akzeptieren kann, obliegt der eigenen Entscheidung.