@bademeister: Offensichtlich ist mein Thema auf fruchtbaren Boden gestoßen. Zu deinen Kritikpunkten:[br]
- Das BGB ist über 100 Jahre alt, das StGB ist nicht viel jünger. Also ist das Grundgesetz nicht die Basis, sondern eine Verallgemeinerung der Einzelgesetze.
- Den Begriff der Würde zu erläutern fällt mir schon wesentlich schwerer. Würde bedeutet ursprünglich die zeremoniale Verehrung oder Anbetung einer Person (des Königs, der Geistlichen). Gewürdigt wurde nicht die Person, sondern das Amt. Im 21. Jahrhundert wird aber nicht mehr ein Amt verehrt, sondern die Leistungen des Trägers dieses Amtes, was mit Würde nichts mehr zu tun hat. Deshalb ist der Begriff der Würde aus dem aktiven Wortschatz verschwunden. Ob es vor dem Grundgesetz schon den Begriff der Würde des Menschen gab, kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall wurde versucht, einen alten Begriff auf eine neue Verhaltensweise zu übertragen.
- die multiplen Persönlichkeiten sind eine Folge des Internets. Auch hierzu muß ich etwas ausholen. Früher wohnten die Leute in kleinen Dörfern, wo jeder jeden kannte, aber schon das Nachbardorf unendlich weit weg war. In diesem Kontext entstand der Begriff der Ehre. Ehre ist das Ansehen, das ein Mitglied der Dorfgemeinschaft in den Augen der anderen genießt. Menschen ohne Ehre wurden aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Das bedeutete für den einzelnen die absolute Katastrophe, denn er kannte ja nichts anderes.
Mit der Industrialisierung wurde der Begriff der Ehre unbedeutend. Wenn es mir in einem Kontext nicht mehr gefällt, suche ich mir einfach einen anderen, in dem ich wieder versuchen kann, Ansehen zu erlangen.
Eine weiter Steigerung dieser Möglichkeiten bietet das Internet. Hier ich mir 1000 nicknames ausdenken, unter denen ich mich in den Foren bewegen kann. Ich habe Pseudonyme für verschiedene Zwecke, offizielle für den *Handel bei Ebay, lustige für Fan-Foren und unauffällige für gesetzwidriges Raubkopieren. Das meine ich mit den multiplen Persönlichkeiten.
- Was ein Mensch ist, darüber gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Das eine Ende ist die befruchtete Eizelle. Das hat den Vorteil einer genauen zeitlichen Begrenzung, aber sonst bringt das nichts. Mehr als ein Drittel der Eizellen werden abgestoßen und landen im Müll. Wenn menschliches Leben wirklich so wertvoll wäre, müßte man jede Monatsbinde in einen Kindersarg legen, denn es könnte ja sein...
Das andere Ende ist die Kindheit. Im Spiegel habe ich gelesen, das erst achtjährige Kinder sich in der interlektuellen Entwicklung signifikant vom Schimpasen unterscheiden. Mit anderen Worten, erst mit 8 ist man kein Affe mehr. *Das spiegelt sich übrigens auch in der Rechtsprechung wieder, denn Kinder unter 10 sind von der Sache her Leibeigene ihrer Eltern ohne eigene Rechte (bis auf das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit).
Aus diesem Grund gibt es in der Rechtsprechung keine Menschen, sondern Personen. Eine Person ist ein handlungsfähiger Mensch mit Rechten und Pflichten. Deshalb ist der "Mensch" in Artikel 1 ein juristischer Fremdkörper.
- unantastbar ist nur die Würde, nicht aber die Rechte eines Menschen. Die Rechte der Bürger können im staatlichen Interesse fast beliebig eingeschränkt werden(siehe z.B. Artikel 5(2) GG), solange die Würde gewahrt bleibt . Dummerweise weiß aber niemand so genau, was das ist (siehe oben).
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Mich erstaunt immer wieder, mit welcher fast religiöser Verehrung gebürtige Bundersbürger ihr Grundgesetz, die EG und die NATO verteidigen. Ich hatte bisher gedacht, daß das eine Sprechblase der Politiker wäre, aber irgendwie bekomme ich langsam den Eindruck, daß da schon etwas in die Muttermilch gemischt wird. Dummerweise habe ich von dieser Muttermilch nichts abbekommen, da ich erst 11 Jahre in diesem Staat lebe.