Die Theorie von den "fehlenden Jahrhunderten" ist ausgemachter Flachsinn, oder wissenschaftlich gesagt, der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass sie Realit?t beschreibt, ist extrem gering.

Weiss nicht, wer dieser Topper oder der Ilig ist und wie er auf seine Ideen gekommen ist, aber es gibt aus dem fraglichen Zeitabschnitt sowohl Dokumente als auch Bauten.

Hmmmh vielleicht ersma Grunds?tzliches...


Zur Zeitrechnung: Wir rechnen in Jahren seit Christi Geburt, von einem Fixpunkt an also (sagt man auch "absolute Chronologie" dazu). Diese Form der Zeitrechnung setzte sich jedoch erst im Hochmittelalter durch (ist zwar schon im 4. JH vorgeschlagen worden, hat sich aber nicht durchgesetzt).
Die Moslems fingen ?brigens schon vor den Christen an, in einer absoluten Chronologie zu rechnen, und zwar rechneten die von Anfang an in Jahren seit der Hegira (d.h. Auszug Mohammeds aus Mekka). Diese Zeitrechnungsmethode ist heute noch in vielen muslimischen L?ndern verbreitet, und mit ihr l?sst sich bestimmen, dass die Hegira in unserem Jahr 622 stattgefunden haben muss (was aber allein noch nicht widerlegt, dass bei uns Jahrhunderte fehlen).
Zuvor wurde nach bestimmten Personen datiert, also "im 4. Regierungsjahr von Kaiser Pillepalle". Personen, nach denen (in unserem Kulturraum) datiert wurde, waren r?mische/byzantinische Kaiser, P?pste, zuvor die r?mischen Konsuln, in Griechenland gabs die "Eponymen", das ist ein Amt, das es gab, damit nach den Typen datiert werden kann (zu dieser Form der Zeitrechnung sagt man "relative Chronologie".)

Nun haben sich die Zeiten, in denen die verschiedenen Zeitrechnungsarten verwendet wurden, ?berschnitten, also dass sowohl nach P?psten als auch nach Konsuln datiert wurde, oder sowohl seit Christ Geburt als auch nach einer Person oder in Jahren seit der Hegira und dem 4. Regierungsjahr von Kaiser soundso...
Es gibt Listen, mit denen sich die ganzen Chronologien ineinander umrechnen lassen, wo draufsteht, welche Chronologie grade welche ?berschneidet, und so l?sst sich von unsrer Zeitrechnung, teilweise ?ber Zwischenstufen (unsre Zeitrechnung ?berschneidet sich mit den Papstlisten und den Jahren seit der Hegira, die ?berschneidet sich wiederum mit den ostr?mischen Kaisern und den Konsuln, die wieder mit ?lteren Sachen...) zur?ckrechnen.

Sogar ziemlich weit und relativ genau: So konnte man auf bestimmte, in den schriftlichen Quellen erw?hnte astronomische Ereignisse zur?ckrechnen (Beispielsweise ist die Sonnenfinsternis w?hrend der Schlacht von Kynoskephalai 197 v. Chr. quellenm??ig erw?hnt, und man hat ausgerechnet, dass in der Gegend (Nordgriechenland) zum fraglichen Zeitraum tats?chlich eine Sonnenfinsternis gab). Diese Deckung von astronomischen und chronologischen Daten w?re, wenn Jahrhnderte fehlen, nicht mehr gegeben.

Bekannt sind auch M?nzpr?gungen aus jener Zeit. Die werden mit dem Namen des jeweiligen Herrschers ausgegeben, und es gibt auch Pr?gungen von Karl d. Gr. (okay, k?nnen gef?lscht sein...)

Ein anderes Gegenargument, dass mir spontan einf?llt, ist die sehr rege Schreibt?tigkeit im Orient w?hrend der "fehlenden Jahrhunderte". Die Muslime datieren ja seit der Hegira, und diese Datierungsmethode war auch den Christen bekannt. Nun schl?gt sich der Aufstieg des Islam in Dokumenten christlichen Dokumenten nieder, die nach Kaisern datiert sind, die in den angeblich "fehlenden Jahrhunderten" regierten (nicht Karl d. Gr., sondern ostr?mische Kaiser). Das l?sst sich wiederum mit Dokumenten abgleichen, die in unserer Gegend geschrieben wurden (es gibt zwar wenig, und auch nur Abschriften, aber es gibt was, z. B. die Bonifatius-Briefe).
Die Muslime und Christen jedoch produzierten zu jener Zeit im Orient eifrig Propagandaschriften, in denen sie auf politische Geschehnisse ihrer Zeit eingehen. Diese lassen sich datumsm?ssig festmachen (teilweise nur durch die inhaltlichen Bez?ge zueinander, aber das ist ja auch schoon was...)

Zum Thema "zu dieser Zeit gab es keine Baut?tigkeit": Bei uns vielleicht wenig (aber schon, in meiner Gegend gibt es auf der Reichenau ein Ex-Kloster, wo die ?ltesten Anlagen aufs 8. JH zur?ckgehen. Auch laut der schriftlichen ?berliederung erfolgte die Klostergr?ndung zu dieser Zeit), aber im Orient wurde eifrig gebaut. Bekanntestes Beispiel ist vielleicht der Felsendom in Jerusalem. An dem hat man eine Inschrift gefunden, dass das Ding 691 n. Chr. fertig oder angefangen wurde (das steht da in Jahren seit der Hegira, aber das l?sst sich einfach in Jahre n. Chr. umrechnen. ?brigens fanden sowohl diese als auch andere Ma?nahmen des Bauherrn, Kalif Abd Al Maliks, ihren Eingang in christliche Quellen).

Dass man, um Kaiser Otto zu gefallen, Dokumente und M?nzen in Mittel- und Westeuropa + Italien gef?lscht hat, kann ich mir noch so halbwegs vorstellen (wenn auch die Wahrscheinlichkeit, dass man das so durchg?ngig und einheitlich, wie das der Fall ist, geschafft hat, sehr gering ist).

Aber haupts?chlich scheint mir schleierhaft, weshalb Muslime und Byzantiner, die weder f?r Otto noch den Papst was ?brig hatten, massenhaft Schriftst?cke f?lschen und gefakte Inschriften meisseln sollten.

Das w?r eigentlich alles, was mir zum Thema "fehlende Jahrhunderte" einf?llt. (hmmmh kommt mir grade alles ziemlich verworren vor, hab ich mir grad aus den Fingern gesaugt...) Kann mir nicht vorstellen, dass das jemand in den Geschichtwissenschaften ernst nimmt.



Was sind denn Topper und Ilig f?r Typen?

/edit mir f?llt noch ein: welche Belege bringen die f?r ihre "Theorie"?
Was sind ihre Quellen?
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Das Reh springt hoch, das Reh springt weit
Warum auch nicht - es hat ja Zeit...