@Teylen: Na das ist ja mal 'ne interessante Mischung!
Ich nehme gerade die neue Nähe der o.g. Bücher zu meinem Bett zum Anlass, mehr oder minder systematisch darin herumzulesen. Im Moment lese ich halb quer, halb 'richtig', Imajica wieder - erst zum zweiten Mal, und wow, ich hatte fast vergessen, was für ein abgefahrenes Buch das ist. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich es für ein wirklich gelungenes Buch halte; es ist auf jeden Fall ein ziemlich "unaufgeräumtes" Buch. Vollgestopft, unübersichtlich und nicht immer elegant um eine irgendwie zentrale gender-zentrierte Religionskritik-Sache (oder so was ähnliches) herumgefaltet. Zu viele Figuren, zu viele Handlungsstränge; zu viele *unsympathische* Figuren, zu viele unklare Motivationen auch, vielleicht. (Zu viel vage Mystik vielleicht ebenfalls.) Vor allem aber hat Clive Barker versucht, so viel Welt in das Buch zu packen, dass es vor Details fast platzt und man dennoch nur eine sehr ungenaue Ahnung von den "Four Dominions" bekommt. Das ist keine Welt wie die von Tolkien, in der man jeden knackenden Ast unter den Sohlen und jeden Regentropfen auf dem Kopf spürt. Aber sie ist auch zu fremd, um ein solches Maß der Einfühlung möglich zu machen. So etwas vertrautes wie ein Wald oder ein Regenschauer begegnet einem dort selten. Man fühlt sich eher wie in einem Gemälde von Dali - nur, dass man von dem Gemälde bloß einen verschwindend kleinen Ausschnitt sieht, bevor man - schwuppdiwupp - schon ins nächste Gemälde transportiert wird. Das natürlich wieder genauso fremd und verstörend und dabei irgendwie auch wunderbar ist, und das man nur genauso flüchtig wahrnimmt, bevor man unvermittelt an den nächsten Schauplatz verfrachtet wird. Und so weiter. Imajica ist ein Buch wie ein Kaleidoskop, gefüllt mit Schnipseln von Dalí- und Brueghel-Bildern. Irgendwo zwischen diesen Schnipseln verstecken sich ein paar Gestalten und Geschichten, die berühren - Clem und sein an AIDS verstorbener Freund Taylor; Gentle und Pie und ihre überaus eigenartige Liebes(etc.)geschichte... und noch mehr, aber ich will hier nicht spoilen. Aber man muss diese Gestalten und Geschichten praktisch ausgraben unter den erdrutschartigen Weltablagerungen. Kein Buch zum Verschenken. Kein Buch für Leute, die beim Lesen keine Ausgrabung auf sich nehmen wollen (und das wollen erfahrungsgemäß die wenigsten). Aber eines, in dem viele Dinge stecken, die mich nicht ganz loslassen.
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