Es ist keiner der berühmten "Sachzwänge" in Afghanistan bis zum bitteren Ende - dem Abzug der USA - mitzumachen, denn viele unserer Verbündeten haben sich dort bereits zurückgezogen oder ihre Kontingente verkleinert. Es ist eine politisch gewollte Strategie die ganz eng mit dem Bedürfnis zusammenhängt, endlich wieder in der Weltpolitik mitmischen zu wollen. Siehe auch die starken Bemühungen seit Schröder, einen ständigen Sitz im UN-Weltsicherheitsrat zu ergattern. Diese Art Macht gibt es aber so wie jedwede Macht nicht zum Nulltarif. Wer mitreden will, ob in UN oder NATO, muss nicht nur sein Scheckbuch zücken, sondern auch Soldaten schicken. Gemessen an seiner Wirtschaftsmacht hat Deutschland aufgrund seiner Geschichte sich 50 Jahre lang aus militärischen Auseinandersetzungen herausgehalten, mit dem entsprechenden Verlust an Mitspracherecht und -Macht in der internationalen Gemeinschaft. Viele eher pazifistisch gesinnten Menschen haben wohl geglaubt, unsere Elite würde deshalb auch weiterhin auf solche außenpolitischen Macht- und Gestaltungsmöglichkeiten verzichten. Der Schock dieser Fehleinschätzung hat sicherlich auch damit zu tun dass die Ex-Pazifistenpartei der Grünen Schluss mit der gewaltlosen Scheckbuchdiplomatie gemacht hat, und nicht die Falken in der Union.
Die Fragen die wir uns stellen müssen, sind: Was habe ich als deutscher Durchschnittsbürger davon, wenn mein Land z.B. im Weltsicherheitsrat sitzt? Was habe ich davon, wenn unsere Stimme in der NATO mehr Gewicht hat? Mit den bekannten Kosten und Risiken dieser größeren Mitsprache.
Die Realität in Afghanistan sieht so aus dass sich viele NGO so weit von uniformierten Soldaten fern halten wie nur möglich, da den engagierten Helfern jeder NATO-Soldat praktisch eine Zielscheibe auf den Bauch pinselt. Die Soldaten machen den Einsatz von humanitärer Hilfe zumindest dort also nicht einfacher.und wer schützt/verteidigt dann die humanitären hilfskräfte oder die landesbevölkerung?
Der Unterschied unserer Bewertung obliegt wohl der Tatsache, dass Sauron eher eine Figur wie Adolf Hitler oder Stalin ist, also jemand mit dem unbedingten Willen und auch beträchtlichen Möglichkeiten, die Weltherrschaft zu erlangen. Afghanische Stammeskämpfer besitzen weder das Eine, noch das Andere. Diese Menschen kämpfen seit Jahrhunderten gegen diverse ausländischen Mächte auf ihrem Boden und in Perioden ohne fremde Besatzungsmächte kämpfen sie gegeneinander. Uns Westeuropäern fällt es natürlich schwer solch eine Stammeskultur zu verstehen, da unser Staatswesen und Nationalstaatsbildung deren Tribalismus um mindestens 200 Jahre voraus ist. Man stelle sich einmal vor, Baiern, Franken, Badener, Hessen, Sachsen und Westfalen würden seit Jahrhunderten permanent blutige Kriege gegeneinander führen, verschiedene Sprachen sprechen und sich mit Inbrunst hassen. Für uns ist das ferne Vergangenheit, für den "Afghanen" (den es so gar nicht gibt) tägliche Realität.
Die "Terroristen" (al qaida) haben sich schon vor Jahren aus dem Konflikt in Afghanistan zurückgezogen und es sich in anderen Ländern wie dem Jemen gemütlich gemacht. Die Ressourcen die wir in Afghanistan investieren bekämpfen also nicht den internationalen Terrorismus, sondern intervenieren in einem Jahrhunderte alten Stammeskonflikt der noch Lange nach unserem Rückzug weitergekämpft werden wird. Man muss das immer wieder herausstellen, da Terroristen (al qaida und Co.) und Stammeskämpfer (Taliban, Nordallianz und Co.) ständig in einen Topf geworfen werden. Wir sind ursprünglich nach Afghanistan gegangen um al qaida von dort zu vertreiben, nicht um uns in irgendwelche Stammeskriege einzumischen. Diese Mission ist aber laut unseren eigenen Geheimdiensten seit mind. 5 Jahren erfüllt, da die Terroristen weg sind. Das wirft die Frage auf, was wir dort eigentlich noch zu suchen haben.
Wenn unser Land Krieg führt, hat jeder Bürger ein Recht zu wissen wofür unsere Soldaten dort eigentlich kämpfen und ihr Leben riskieren. Die bisherigen Begründungen wie die des "bewaffneten technischen Hilfswerks" oder "Deutschlands Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt" haben sich jedenfalls als Schimären erwiesen oder sind mittlerweile überholt. Was sind konkret unsere aktuellen Ziele dort? Wie soll es mit dem Land weitergehen wenn wir abziehen? Glaubt denn hier auch nur einer den Lippenbekenntnissen unserer Politiker, dass das Land in 4 Jahren an die afghanische Regierung und Armee übergeben werden kann, anstatt sofort wieder in Stammesgebiete zu zerfallen? Karzai umwirbt die Taliban nicht umsonst immer heftiger, weil er genau weiß dass die Taliban wieder mit am Regierungstisch sitzen sobald wir weg sind. Welchen Sinn haben dann aber 13 Jahre Besetzung gehabt, wenn wir, abgesehen von der al qaida Präsenz die schon seit Jahren weg ist, das Land wieder in dem Zustand verlassen indem wir einmarschiert sind?







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