OK, nachdem du hier nun Spekulationen und Mutmaßungen in die Runde geworfen hast wie geschnitten Brot, wäre es nett, auch mal etwas Handfestes beizusteuern. Woher nimmst du die Behauptung, dass sich terroristische Auswüchse wie z.B. die Taliban mit "der kulturellen (islamischen) Prägung/Sozialisation erklären lassen"?
Wie lassen sich dann andere nicht-religiöse Terrororganisationen erklären? Ist z.B. die RAF durch die Sozialisation im Wirtschaftswunderland entstanden? Oder waren vielleicht doch die Nachwehen des Nationalsozialismus ein entscheidender Faktor dafür (oder anders gesagt: eine politisch instabile Situation, verbunden mit grausamen Menschenrechtsverletzungen, ähnlich wie sie auch durch Kriege, Diktaturen und Aufstände in vielen Islam-geprägten Ländern in den letzten Jahrzehnten stattfanden)?
Und noch eine andere Frage: Warum müssen sich in unserer westlich-säkular geprägten Welt eigentlich vor allem religiöse Menschen für die Verbrechen aus dem (oft sehr weitläufigen) Umfeld ihrer Glaubensgemeinschaft rechtfertigen? Ist es etwa so, dass die Vertreter des Atheismus eine komplett weiße Weste tragen? Was ist mit all den nicht-religiösen Verbrechen an Menschen, Tieren und Umwelt, die allein in der jüngsten Vergangenheit begangen wurden? War der 1. und 2. Weltkrieg religiös motiviert? Nein. Und was ist mit der Zerstörung des Regenwalds und anderer Teile unserer Erde? Sie alle basieren auf einem atheistisch-pragmatisch geprägten Weltbild. Um unseren westlichen Wohlstand am Leben zu erhalten, müssen Menschen in anderen Regionen der Welt hungern und unter unwürdigen Bedingungen arbeiten. Was meint ihr, woher die Rohstoffe kommen (bzw. wer sie abbaut), mit denen z.B. die Displays unserer schicken Handys funktionieren? Wenn ich greeens Logik folge, ist jeder, der sich nicht mindestens täglich gegen solche Verbrechen ausspricht, selbst mit daran beteiligt und verdient es, dafür geächtet zu werden. Könnten wir unter diesen Bedingungen überhaupt noch in den Spiegel schauen und die Klamotten tragen, die wir gerade billich bei H&M, Primark und Co. erworben haben?
Wie wäre es also, wenn man uns Deutschen zu unserem Lebensstil/-umfeld regelmäßig vorwurfsvolle Fragen stellen würde - so wie es sich viele Migranten allein wegen ihrer Herkunft und Religion gefallen lassen müssen. Möglichkeiten gäbe es da jede Menge:
"Haben sie schon mal an die Gifte in den Farbstoffen gedacht, mit denen die Menschen belastet werden, die ihr T-Shirt hergestellt haben?"
oder
"Befürworten Sie, dass Kinder und Jugendliche in Afrika in schlecht abgesicherte Minen kriechen, damit Sie sich hier ein billiges Handy kaufen können?"
oder
"Schmecken Ihnen die Lebensmittel, für die tagtäglich riesige Flächen/Gewässer gerohdet, überdüngt und vergiftet werden?"
oder
"Wie geht es Ihnen damit, Produkte in Ihrem Haushalt zu nutzen, von deren Einnahmen diktatorische und demokratiefeindliche Regime profitieren?"
oder
"Guten Tag, hatte ihr (Ur-)Opa damals im 2. Weltkrieg eigentlich auch Spaß am Vergewaltigen und Morden?"
oder
"Haben Sie schon all die Verwandten kennen gelernt, die ihr (Ur-)Opa im 2. Weltkrieg bei der Vergewaltigung von Frauen im Feindgebiet gezeugt hat?"
oder
"War ihre (Ur-)Oma auch in Adolf Hitler verliebt?"
oder oder oder...
Was würde es bringen, seinen Mitmenschen solche Fragen/Vorwürfe ständig gegen den Kopf zu knallen? Würde sich dadurch irgendwas zum Besseren verändern? Oder würden sich die Fronten letztlich nur verhärten und die gegenseitige Ausgrenzung zunehmen?
Der westlich-atheistische Lebensstil braucht nicht mal eine Bibel oder einen Koran, um seine Verbrechen zu rechtfertigen - nein, das ist sowas wie ein ganz selbstverständlicher Nebeneffekt. Das Gesetz des Marktes, das Recht des vermeintlich Stärkeren, die Ignoranz der Gleichgültigen...
Was ich damit sagen will: Auch nicht-religiöse Menschen sollten sich mal an die eigene Nase fassen und nicht glauben, dass ihre Lebensweise gerechter, intelligenter oder zivilisierter wäre als die von religiösen Menschen. Sie verschließen vor den unangenehmen Nebenwirkungen ihres Lebensstils genauso die Augen wie es die häufig angeprangerten Religionsfanatiker tun. Letztlich leidet also auch der atheistische Teil der Menschheit unter chronischer "mangelnder Selbstreflexion und einem Glauben an die eigene Unfehlbarkeit" (Zitat von Prof. spek. Grüüünschnäbelchen).
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