Es fällt letztlich negativ auf seinen Doktorvater zurück, die Arbeit nicht vernünftig begleitet und überprüft zu haben. Durchaus möglich dass sich der Herr Professor da von Stellung und Adelstitel hat blenden lassen. Kein Wunder dass dieser Guttenberg nun in Schutz nimmt.
In den Nachdenkseiten schrieb ein Leser eine interessante Einschätzung dazu:
Ich halte dieses Szenario für wahrscheinlicher. Guttenberg wird garantiert auch nicht der einzige Angehörige unserer Politik- und Wirtschaftselite sein der mutmaßlich für diesen Doktortitel professionelle Hilfe in Anspruch genommen hat.s ist Teil eines “Sittengemäldes”, in das m. E. auch Universität und Doktorvater integriert sind. Denn Herr Lieb hat allen Grund, seine Vermutung, Guttenberg habe seine Diss. nicht selbst geschrieben, für völlig realistisch zu halten. Ich habe selbst viele Doktoranden betreut, darunter auch sehr intelligente und effizient arbeitende, aber keine(r) hätte eine “summa cum laude” neben einem solchen Job ohne Hilfe Dritter auch nur annähernd fertig gebracht. Eigentlich kann man das für unmöglich halten. Und wenn jemand in G.s Lage sich der Hilfe Anderer bedient hätte, dann wäre ich der erste gewesen, der das bemerkt hätte. Denn zur Betreuung gehören ja laufende inhaltliche Gespräche, in denen einem das nicht entgehen kann.
Und wenn jemand eine Arbeit selbst erdacht und geschrieben hat, dann schreibt er auch die Zusammenfassung selbst und übernimmt sie nicht einer Zeitung. Das machen nur Ghostwriters.
Hier geht es ja nicht um seine Ausbildung, es ist in der Tat für die Ausübung der Tätigkeit Wurst ob ein Politiker einen Doktortitel hat oder nicht - Joschka Fischer hatte nicht mal einen Hauptschulabschluss und selbst ich, der nicht eben ein Fischer-fan bin muss feststellen dass er seinen Job kompetenter ausübte als sein Nachfolger Dr. Westerwelle. Dennoch ist ein Doktortitel für eine Karriere auch abseits der Wissenschaften förderlich, da dieser Titel eben Intelligenz und Fleiß signalisiert. Für jene Dr. die den Titel in Eigenleistung erlangen ist das nämlich mit jahrelanger harter Arbeit verbunden. Wer ehrlich so einen akademischen Grad erwirbt genießt diese Vorschusslorbeeren daher meiner Ansicht nach auch zurecht.Voltago:
Wenn man mal bedenkt, dass es bisher noch nie jemanden gekümmert hat, welche Ausbildung die Politiker haben, kann ich den Wirbel überhaupt nicht verstehen.
Merkel hat ein Physikdiplom, ferner kann die Ausbildung doch gar nicht sein.
Nein, hier geht es um die Maßstäbe die Herr Guttenberg immer wieder sehr offensiv an sich selbst angelegt hat. Es war viel von Anstand, Haltung, Rückgrat die Rede, diesen angeblichen Urtugenden der Adeligen. Ich gebe hier Michael Spreng Recht, wenn er sagt dass jemand der bewusst eine hohe Messlatte für sich selbst auferlegt und damit "mehr" sein will als andere Politiker, sich auch daran messen lassen muss.
Guttenbergs wachsweicher Auftritt Gestern vor ein paar ausgesuchten Journalisten die nicht mal Fragen stellen durften wird diesem Selbstanspruch nicht im Mindesten gerecht, und entlarvt ihn als typischen Politiker: Er sieht gut aus, aber um seine Integrität ist es genauso dürftig bestellt wie bei vielen seiner Kollegen auch.
Ich denke nicht dass er wegen dieser Affaire seinen Posten räumt - zumindest nicht freiwillig - aber der Heiligenschein den ihm die Springer-Journalisten und Andere aufgesetzt haben, der ist definitiv weg.
Persönlich hätte ich mir gewünscht dass unsere Journalisten schon bei seiner mehr als zweifelhaften Rolle um den Kunduz-Bombenskandal so aggressiv nachgehakt hätten, hier ging es nämlich um 150 von der Bundeswehr getötete Zivilisten und nicht nur um eine vergleichsweise banale Doktorarbeit. Allerdings ist es wohl so dass die Journaille dem Bürger solche einfach strukturierten und leicht nachvollziehbaren Verfehlungen eher nahebringen kann als komplexe Verantwortungslosigkeiten wie eben den Kunduz-Skandal oder die Bankenkrise. Guttenbergs Plagiatsaffaire steht da in einer Reihe mit den diversen Bonusmeilen- und Dienstwagenaffairen die schon so einige seiner Kollegen in die Bredouille gebracht haben.
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