Ist ein bisschen ruhig hier im Forum in Bezug auf GoT geworden. Da ich die deutsche Pay-TV Ausstrahlung nebenbei auch mitverfolgt habe, breche ich die Stille und versuche mich jetzt nochmal an einem kleinen Résumé:

Die Serie hat, gegenüber der US-Premiere, für mich jetzt leider ein wenig abgebaut. Zumal mir nun die Begeisterung des Neuen weitgehend gefehlt hat, wurden vor allem von der technischen Seite her, die Mankos ziemlich deutlich. Vor allem die ersten Folgen leiden, abgesehen von manch inhaltlich unnötiger Änderung (bspw. Sandors Background), unter uneinheitlichem Szenenfluss, zu viel Sex- und Exposition, völliges Fehlen von Subtilität, und ein paar gegenüber dem Rest abfallenden Darstellern, darunter Sophie Turner, Kit Harrington (er eigentlich bis zum Schluss) und leider auch offensichtlich Lena Headey. Ihre eigenwillig langweilige Interpretation der "scheming bitch" mit dem immer gleich aufgesetzten angestrengtem Blick, der eher danach aussieht, als ob sie ihre Brille aufgrund von Kurzsichtigkeit vermissen würde, nimmt der Figur jegliches Feuer. Die budgetarischen Einschränkungen machen dann eher der 2. Hälfte zu schaffen. Daenerys 50-Mann Khalasar wirkt oberpeinlich, genauso wie fast jede andere Szene bei der es auf visuelle Größe, die der Serie völlig abgeht, ankommt.

Klingt jetzt vielleicht so, als würde ich die Serie plötzlich unnötig übermäßig Kritisieren - nein ich versuche nicht einfach so auf Hipster zu machen weil es gerade in ist gehypte Sachen niederzumachen -, aber das waren so die Dinge, die mir jetzt bei der 2. Sichtung nach etwas Abstand sofort stärker ins Auge gesprungen sind. In den Wertungen meiner Reviews kam die Serie wohl so auf knapp 8 von 10 Punkten. Heute wäre ich wohl knausriger und würde Game of Thrones aufgrund der Mankos von oben etwas niedriger bei knapp 7 Pünktchen (auch wenn ich sonst nicht viel auf Punktwertungen gebe) einordnen wollen. Dafür werden am Anfang bis Folge 4 oder 5 teilweise falsche Schwerpunkte oder einfach zu unbeholfen manche Szene in Kontext gesetzt. Es bleibt für mich eine gute Serie, die vielleicht vorlagengetreuste Umsetzung eines Fantasybuches bisher, aber eben weit vom Perfektionismus manch anderer (erster Staffeln von) HBO-(Mini-)Serien (Deadwood, Band of Brothers, John Adams, Carnivale und eingeschränkt auch Boardwalk Empire) entfernt.

Gut gefallen mir weiterhin die meisten Kinderdarsteller, sei es nun die von Bran oder Arya, aber auch Jack Gleeson als Joffrey legt sich im Verlaufe der Staffel gewaltig ins Zeug. Zwar sieht man ihm im Gegensatz zur Vorlage an, dass er nichts Gutes im Schilde führt und sich hinter seinem Gesicht quasi ein kleiner Psychopath verbirgt, aber das macht nichts. Er spielt einen Arschlocharakter und hat Spaß dabei. Auch Samwell Tarly, Barristan Selmy, sowie Jorah Mormont kommen in der Verfilmung meiner Meinung nach besser weg, als in der Vorlage. Ersterer weil nicht so nervig weinerlich, Selmy weil er mehr Präsenz trotz gekürztem Abgang hat und Ian Glenns Stimme ist purer Sex in meinen Ohren. Da stört es mich auch nicht, dass man einen viel attraktiveren Darsteller für die Rolle als von der Vorlage gefordert gecastet hat. Das allgemeine Design hat man mehrheitlich auch ganz gut hinbekommen. Vor allem die Rüstungen (mit Ausnahme der Lannister- und City Watch-Helme) und Kostüme sehen wirklich ordentlich, vor allem sehr detailreich und zweckmäßig aus.

Etwas verloren wirkt hingegen Winterfell. In den Büchern noch von einer Art Siedlung,Bauernhöfen und Feldern umgeben, fragt man sich in der Serie, wie sich die Festung allein in harten Zeiten versorgen will. Die Eyrie fällt mit ihren fantasyesquem Design sowieso etwas aus dem Rahmen. Die Heereslager wirken ohne Bewachung und Befestigung (und wenns nur ein paar angespitzte Pfähle wären) achtlos in die Landschaft geklatscht. Tyrion hätte mit seinen Bergclans einfach das Lager seines Vaters überrenen können, wenn er das gewollt hätte, wenn man ihn so erst bemerkt, wenn er quasi vor dem Einlass steht. Sind zwar eher Kleinigkeiten, aber diese Dinge stoßen mir etwas säuerlich auf, wenn ich sowas sofort bemerke. Einfach in der 2. Staffel in diesem Bezug noch ein klein wenig mehr Acht geben und ich bin in dem Punkt wunschlos glücklich.

Apropos wunschlos glücklich: Über die deutsche Synchro kann ich das nicht so ganz sagen, obwohl sie recht brauchbar ist. Zumindest die meisten Stimmen sind recht passend gewählt (Little... pardon Kleinfinger geht etwas seine Durchtriebenheit ab, Daenerys wirkt in den späteren Folgen durch ihre zu hohe unschuldige Stimme zu kindlich und Jorah verblasst zu seiner Originalstimme gänzlich) und es gibt kaum wirkliche inhaltliche Synchrofehler, also kein 2. Babylon 5. Was mich hier mehr stört ist die Übersetzung der Namen ins Deutsche. Sicherlich die meisten Namen wurden 1:1 ins Deutsche übertragen und bei denen es kein Pendant gibt wurde etwas getrickst. Trotzdem kommt der Fluss Trident vor. Warum nicht Dreizack? Warum Lennister anstatt Lannister? Auch die Aussprache mancher Namen wirkt gewöhnungsbedürftig. Tivin Lennister, Braaahhhnn, Ariiia, wirklich? :alien_ugh:

Rückblickend betrachtet kann man sicher sagen, dass das Team hinter der Serie in der ersten Staffel noch nicht ganz eingespielt war, wie das eigentlich überwiegend auch bei der Konkurrenz der Fall ist. Mit den letzten 4 Folgen hat man dann eigentlich ein gutes, aber im Vgl. zur Vorlage ein sehr viel höheres Erzähltempo gefunden und so kleine Lapsi wie im Anfang, wo die Darsteller teilweise ihren Text heruntergerattert haben, erblieben uns erspart. Vor allem Alan Taylors Regie ist der Serie zu Gute gekommen. Die letzten beiden von ihm inszenierten Folgen sind einfach ein Hochgenuss, bei denen die Schlüsselszenen nichts an ihrer Wirkung verlieren. Die Finalfolge selbst, die jeder wichtigen Figur neue Motivation oder ein Ziel verleiht und damit quasi schon einen Ausblick auf das was kommen wird gibt, macht so Lust auf Mehr und lässt niemanden einfach so im Regen stehen.

Zu mehr Änderungen gegenüber der Vorlage wird es wohl in der 2. Staffel kommen (müssen). Was bisher so durchgesickert ist, wird man sich wohl einigen Dingen zuwenden die im Buch nur "off page" abgehandelt wurden, andere Ereignisse nimmt man wohl schon vorweg, da sonst einige Charaktere nichts zu tun hätten und andere Handlungen wird man wohl entweder gänzlich streichen oder in die Verfilmung des 3. Bandes über gerüchteweise 2. Staffeln integrieren, da die betreffenden Figuren bisher nicht gecastet wurden. Änderungen sind per se nichts Schlechtes, vor allem hier nicht. Bei einer Geschichte, die sich eher in die Breite als nach Vorn zu einem wie auch immer gearteten Ende entwickelt, ist das nicht nur bequemer sondern sogar nötig. Ich beziehe mich da jetzt nicht nur auf Randfiguren, die untertauchen werden, sondern auf möglicherweise große Handlungsteile die gestrichen oder sehr stark angepasst werden müssen. Lieber damit jetzt schon anfangen, bevor man den Punkt erreicht, wie es nicht mehr anders geht und man dann vielleicht vor einem harten Bruch steht oder sich in eine Situation geschrieben hat, aus der man so leicht nicht wieder herauskommt (*Hust* George Martin *Hust*). Das wird vielleicht den ein oder anderen Bücherfreund sehr ärgern, aber was nützt die komplizierteste und undurschaubarste Situation, wenn die Handlung absolut kein Vorwärtsmomentum aufweist?

Long story short oder tl;dr: Auch in deutsch für mich (noch immer) eine gute Serie, der es etwas an visueller Größe mangelt und hier und da abseits jeder Subtilität besonders anfang etwas überladen und teilweise auch unbeholfen daherkommt. Story, Welt und Charaktere wiegen die Mankos aber weitestgehend wieder auf. Die Serie dürfte sich aber zwangsweise in Zukunft weiter von ihrer Vorlage entfernen.


Und weils so schön war, hier das Review (läuft unter der Überschrift "They killed ma nigga Ned!") eines Youtube-Users zur 9. Folge, der sich für meinen Geschmack ein bisschen zu stark in die Charaktere versetzt hat:



Keine Sorge, er hat danach als Entschädigung ein von Sean Bean signiertes GoT-Poster geschenkt bekommen.


Und noch ein paar mehr oder weniger witzige Sachen: