Ich kenne inzwischen mehrere Leute, die sich bewusst dafür entschieden haben, "nur" noch Dreiviertel- oder Halbtagsstellen anzunehmen. Das setzt zwar einen etwas bescheideneren Lebensstil voraus, aber immerhin hat man so auch was von der Kohle, für die man sich den Buckel krumm macht. Anstatt jeden Tag ausgebrannt nach Hause zu kommen, bleibt dadurch mehr Raum für das restliche Leben, das viele Leute neben ihrer Arbeit vernachlässigen (müssen).
Was du beschreibst, klingt wie die Erfahrungen vieler Geisteswissenschaftler, die zusammengekürzte Stellen bekommen, für die früher mehr Geld bzw. Personal verfügbar war. Die Tatsache, dass von dir ein gewisses Leistungspensum erwartet wird, heißt ja noch nicht, dass dies realistisch bzw. "normal" ist. Es kann auch schlichtweg das Resultat von Einsparmaßnahmen, schlechter Personalpolitik oder Mängeln in der Organisation deines Arbeitgebers sein. Deine Kollegen nehmen das wahrscheinlich so hin, weil sie ihren Job nicht verlieren wollen. Ob sie sich damit aber tatsächlich wohl fühlen, steht auf einem anderen Blatt. Wenn Geisteswissenschaftler sich über ihre oftmals belastenden oder prekären Arbeitsverhältnise beklagen, wird ihnen gern vorgehalten, dass sie in ihrem Job doch genau das tun können, was ihnen Spaß macht. Dafür würde es sich ja auch lohnen, ein paar Kompromisse in Kauf zu nehmen. Aus Arbeitgebersicht ist dieses Totschlagargument natürlich eine ganz wunderbare Erfindung. Doch dabei wird gern vergessen, dass überdurchschnittlich gute Arbeit nur dann zustande kommt, wenn auch die Rahmenbedingungen stimmen.
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