Die Piratenpartei hat sich über das Internet zusammengefunden, weil dort ihr Interessenschwerpunkt lag. Jedoch konnte sich auch diese Initiative nur entwickeln, weil das Engagement für ihre politischen Ziele irgendwann über anonymes Diskutieren, Chatten o.ä. hinaus ging. Ich hab es in Online-Diskussionen wie dieser hier allerdings noch nie erlebt, dass daraus irgendeine Art von Zusammenschluss Gleichgesinnter entstanden ist, die dann gemeinsam aktiv geworden sind. Meistens geht es vor allem darum, seine Meinung passiv kundzutun, dazu einige gesammelte Weisheiten zu kredenzen und sich dafür selbst ein bisschen auf die Schulter zu klopfen, während die ach so böse Obrigkeit mit der Verbalkeule kräftig eins auf die Mütze kriegt. Dahinter stehen selten konsequent gelebte Ideale, sondern lediglich von Medien-Hypes und Tagespolitik abhängige Stimmungen. Kaum wird die nächste Sau durch's Dorf getrieben, kommt auch schon der nächste Aufreger, über den sich die braven Bürger virtuell echauffieren können. Ändern können's ja eh nix.
Dunes angenervte Reaktion (die ich bei dem Thema sehr gut nachvollziehen kann) wird allerdings wahrscheinlich nicht nur dadurch kommen, dass man dieses Kapitalismugejammer derzeit vielerorts im Internet zu lesen bekommt, sondern auch, dass einem solche Diskussiönchen inzwischen häufig bei der Arbeit, beim Studium oder sonstwo im Alltag begegnen. Dort sieht man dann die selbsternannten Kapitalismuskritiker leibhaftig vor sich und kann meistens schon an ihrer Auswahl von Klamotten, Lebensmitteln, Auto u.a. feststellen, dass sie zwar Wasser predigen, aber privat dann doch am liebsten Wein schlürfen (sofern es ihn günstig bei Aldi & Co. für weniger als 5 Euro gibt
). Diese Art von Doppelmoral nervt einfach. Sich selbst als Bessermenschen darzustellen, weil man scheinbar die bessere Weltsicht vertritt, ohne diese jedoch in seinem Alltag konsequent zu leben, ist nichts als hohle Selbstinszenierung. Wenn Reiner hier im Thread z.B. auf den Kapitalismus schimpft und dafür dann an anderer Stelle regelmäßig ein Unternehmen wie Microsoft hochjubelt, das wohl ein kapitalistisches Musterbeispiel (im negativen Sinne) ist, wirkt das letztlich irgendwie absurd. Und ich finde schon, dass man von seinen Gesprächspartnern erwarten darf, dass sie hinter den Idealen stehen, die sie nach außen hin vertreten, und sie nicht nur hinausposaunen, weil das gerade angesagt ist.
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